| Die Klage hat keinen Erfolg. |
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| Sie ist auf die Vornahme einer Handlung der Beklagten gerichtet und damit als allgemeine Leistungsklage statthaft. |
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| Der Kläger hat insbesondere die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog erforderliche Klagebefugnis. Es ist jedenfalls möglich, dass er in seinen Rechten aus § 10 Abs. 2 GemO i.V.m. § 6 Abs. 1 L-BGG, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG verletzt ist, weil er das Bezirksamt S. nicht betreten kann und so nicht ausgeschlossen werden kann, dass er bei der Inanspruchnahme der dort angebotenen Leistungen benachteiligt wird. |
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| Es liegt auch das für die Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Grundsätzlich indiziert die Klagebefugnis das Rechtsschutzbedürfnis. Kann ein Bürger die Möglichkeit einer Rechtsverletzung geltend machen, muss er grundsätzlich gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Schoch/Schneider, VwGO, Vor § 40, Rn. 80). Das Rechtsschutzbedürfnis ist hier nicht aufgrund besonderer Umstände zu verneinen. Der Kläger muss sich nicht etwa auf einen einfacheren Weg als die Klage verweisen lassen. Er hat sich bereits erfolglos mit seinem Anliegen an die Beklagte gewandt. Auch ist das Rechtsschutzbedürfnis hier nicht wegen eines verfrühten Anrufens des Gerichts – einem Fall des vorbeugenden Rechtsschutzes – ausgeschlossen. Da der Kläger bereits gegenwärtig von dem Zutritt zum Bezirksamt im Ortsteil S. ausgeschlossen ist, wendet er sich mit seiner Klage gegen die Beseitigung eines Zustands, den er gegenwärtig als Benachteiligung wahrnimmt. Von ihm zu verlangen, dass er zunächst einen Antrag zur Vornahme einer bestimmten Dienstleistung im Bezirksamt S. stellt, von der er aufgrund der fehlenden Barrierefreiheit ausgeschlossen wird, wäre als bloße Förmelei zu betrachten. Die Frage, ob es sich bei der faktischen Verweigerung des Zutritts zu den Räumlichkeiten des Bezirksamts um eine rechtswidrige Benachteiligung handelt, ist eine Frage der Begründetheit, von deren gerichtlicher Prüfung der Kläger hier nicht ausgeschlossen werden darf. |
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| Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, von der Beklagten zu verlangen, weitere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihm den Zugang in das Bezirksamt S. zur Inanspruchnahme der dort angebotenen Dienstleistungen zu ermöglichen. |
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| a) Gemäß § 10 Abs. 1 GemO schafft die Gemeinde in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen. Die Einwohner sind im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde nach gleichen Grundsätzen zu benutzen (§ 10 Abs. 2 GemO). Die Benutzung muss unter Beachtung der besonderen Gleichbehandlungsrechte von Menschen mit Behinderung ermöglicht werden. Diese ergeben sich zum einen aus dem Landes-Behindertengleichstellungsgesetz und zum anderen aus dem Grundgesetz. |
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| Der Landesgesetzgeber hat das Landes-Behindertengleichstellungsgesetz zur Umsetzung der internationalen Verpflichtungen aus dem UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 (vgl. § 1 Satz 1 L-BGG) erlassen. Dieses gilt für die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen der Landesverwaltung einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen sowie für Gemeinden, Gemeindeverbände, die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie die Gerichte und Staatsanwaltschaften, soweit sie in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden (§ 2 Nr. 1 L-BGG). Nach § 6 Abs. 1 L-BGG dürfen öffentliche Stellen im Sinne von § 2 L-BGG Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 3 L-BGG liegt eine Benachteiligung vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, durch die Formulierung soll das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot nach dem Willen des Gesetzgebers konkretisiert werden und unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen gleichermaßen erfassen (vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 21. Oktober 2014, LT-Drs. 15/5936, S. 21). Das Verbot der Ungleichbehandlung ohne zwingenden Grund trage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, der zufolge eine rechtliche Schlechterstellung von Menschen mit Behinderungen nur dann zulässig sei, wenn zwingende Gründe dafür vorlägen (vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 21. Oktober 2014, LT-Drs. 15/5936, S. 21 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 19. Januar 1999 – 1 BvR 2161/94 –, juris, Rn. 55 f.). |
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| Gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt eine Benachteiligung nicht nur bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation des Menschen mit Behinderung wegen seiner Behinderung verschlechtern, indem ihm etwa der tatsächlich mögliche Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen verwehrt wird oder Leistungen, die grundsätzlich jedermann zustehen, verweigert werden. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 1 BvR 9/97 –, juris, Rn. 69; konkret für die Benutzung von öffentlichen Einrichtungen: Hamburgisches OVG, Beschluss vom 14. Februar 2011 – 3 Bf 102/09.Z –, juris, Rn. 13). |
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| Ein Anspruch auf Zugang zu einer kommunalen Einrichtung besteht allerdings nicht unbegrenzt. Er besteht nur im Rahmen des geltenden Rechts und wird so durch den Widmungszweck begrenzt (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO, 4. Auflage, 9. Erg.-Lfg. Dezember 1995, § 10, Rn. 18). Das Bezirksamt ist von der Beklagten dahingehend gewidmet, den Einwohnern des Teilorts S. zu ermöglichen, viele kommunale Dienstleistungen nicht nur in der Stadtverwaltung der Beklagten, sondern auch vor Ort in Anspruch zu nehmen (vgl. https://www.schwaebisch-gmuend.de/bezirksamt-strassdorf.html, zuletzt abgerufen am 12. August 2021). |
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| b) Nach diesen Maßgaben liegt in dem Umstand, dass der Kläger das Bezirksamt nicht betreten kann, zwar eine unterschiedliche Behandlung gegenüber Menschen ohne Behinderung vor. Allerdings ist diese nach Auffassung der Kammer durch die dem Kläger von der Beklagten auf anderem Weg als im Bezirksamt selbst angebotenen Dienstleistungen zureichend ausgeglichen, so dass eine Benachteiligung des Klägers nicht festgestellt werden kann. |
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| Der Kläger wird im Hinblick auf die im Bezirksamt S. angebotenen Dienstleistungen anders behandelt als andere Einwohner des Ortsteils S.. Durch den Umstand, dass die Räumlichkeiten des Bezirksamts nur unter Überwindung von vier Stufen zu erreichen sind, kann er nicht wie andere Einwohner der Beklagten, die dort angebotenen Dienstleistungen im Gebäude selbst in Anspruch nehmen. Hierzu zählen nach dem Zuständigkeitskreis des Bezirksamts im Wesentlichen die Stellung von Anträgen, die Verlängerung von Ausweisdokumenten und anderen amtlichen Bescheinigungen und die damit verbundene Abholung der Dokumente, die Einsichtnahme in Niederschriften des Ortschaftsrates und örtliche Baupläne sowie -anträge und Eheschließung. |
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| c) Hierin liegt jedoch keine rechtswidrige Benachteiligung des Klägers i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. |
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| Eine solche folgt hier nicht schon aus einer tatsächlichen Unmöglichkeit des Zutritts des Klägers zum Bezirksamt S.. Denn dieser ist dem Kläger lediglich aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht möglich und nicht aufgrund einer Anordnung der Beklagten. |
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| Des Weiteren kommt eine Benachteiligung des Klägers nicht durch die Verweigerung der Dienste in Betracht, die den Einwohnern S.s im Bezirksamt angeboten werden. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger das Bezirksamt S. nicht betreten kann, folgt nicht, dass er durch die öffentliche Gewalt von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen wird. Denn sämtliche Dienstleistungen, die im Bezirksamt S. angeboten werden, werden zumindest auch im barrierefrei zugänglichen Rathaus im Hauptort der Beklagten angeboten. Das gilt insbesondere auch – nach entsprechender Terminvereinbarung – für die Einsicht in örtliche Bebauungspläne, Bauanträge und Niederschriften des Ortschaftsrates S.. Dadurch wird der (faktische) Ausschluss des Klägers von der Inanspruchnahme der Dienstleistungen in S. durch auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahmen der Beklagten angemessen kompensiert. |
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| aa) Es lässt sich nicht generell und abstrakt feststellen, wann ein Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch Förderungsmaßnahmen so weit kompensiert ist, dass er nicht benachteiligend wirkt. Ob die Ablehnung einer vom Behinderten erstrebten Ausgleichsleistung und der Verweis auf eine andere Entfaltungsalternative als Benachteiligung anzusehen sind, wird regelmäßig von Wertungen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und prognostischen Einschätzungen abhängen. Nur aufgrund des Gesamtergebnisses dieser Würdigung kann darüber befunden werden, ob eine Maßnahme im Einzelfall benachteiligend ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 1 BvR 9/97 –, juris, Rn. 69). |
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| Zu berücksichtigende Wertungen ergeben sich vorliegend zunächst aus der UN-Behindertenrechtskonvention. Dieser völkerrechtliche Vertrag kann als Auslegungshilfe zur Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte herangezogen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09 –, BVerfGE 128, 282-322, Rn. 52 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 – 2 BvR 1481/04 –, BVerfGE 111, 307-332, Rn. 32). |
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| Gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 UN-BRK ist Zweck dieses Übereinkommens, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 UN-BRK). Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen für die Allgemeinheit Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung zur Verfügung stehen und ihren Bedürfnissen Rechnung tragen (Artikel 19 lit. c) UN-BRK). |
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| Weitere zu berücksichtigende Wertungen ergeben sich aus den Grundrechten, hier insbesondere aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie dem Recht auf Achtung der Privatsphäre (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), soweit die streitgegenständlichen Dienstleistungen mit der Weitergabe persönlicher Daten und der Angabe von privaten Informationen verbunden sind. |
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| bb) Unter Einstellung dieser Wertungen in die hier vorzunehmende Gesamtbetrachtung, ist eine Kompensation für den Kläger nur dann ausreichend, wenn sie die Grundfreiheiten der Menschen mit Behinderung gewährleistet und die ihnen innewohnende Würde achtet. Vorliegend bedeutet dies konkret, dass der Zugang zu den Dienstleistungen dem Kläger in einer Weise zu gewährleisten ist, die ihm eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen ermöglicht. Zudem muss bei der Vornahme der Amtsgeschäfte die jeweils erforderliche Diskretion zum Schutz seiner persönlichen Daten und Privatsphäre durch geeignete Maßnahmen sichergestellt sein. Dabei darf ein zu erwartender zusätzlicher Organisationsaufwand, der etwa für die Absprache von Terminen und dadurch entsteht, dass der Kläger die Bearbeitung seiner Verwaltungsangelegenheiten und die Einsicht von Dokumenten nur in anderen Räumlichkeiten als denen des Bezirksamts vornehmen kann, diesen nicht unzumutbar belasten. Insbesondere darf ihm dadurch nicht erschwert werden, seine Rechte in Anspruch zu nehmen, und es muss gewährleistet sein, dass er etwaige Rechtsbehelfsfristen einhalten kann. Bei der Einsicht von Bebauungsplänen muss ihm entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 HS 2 BauGB ermöglicht werden, über den Inhalt der Pläne in der gleichen Form wie andere Personen auf Verlangen Auskunft zu erhalten. |
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| Die geeigneten Maßnahmen zur hinlänglichen Kompensation unterscheiden sich in ihrem Aufwand und letztlich im Hinblick auf die Kosten. Dabei handelt es sich um Fragen, die den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung betreffen. Daher liegt es im Ermessen der Beklagten, welche der verschiedenen geeigneten Maßnahmen sie ergreift, um eine ausreichende Förderung zu erreichen. |
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| cc) Nach diesen Maßgaben liegen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die von der Beklagten ergriffenen bzw. angekündigten Alternativangebote zur Inanspruchnahme der Dienstleistungen im Bezirksamt S. nicht hinlänglich sind. |
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| Soweit der Kläger begehrt, persönlich Anträge beim Bezirksamt abzugeben oder dort amtliche Dokumente wie etwa Ausweise entgegenzunehmen, ist es ihm zumutbar, nach kurzer telefonischer Voranmeldung dies vor den Räumlichkeiten des Bezirksamts S. zu tun. Die bloße Übergabe von Dokumenten erfolgt innerhalb weniger Ausgenblicke und erfordert regelmäßig keine besondere Diskretion. |
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| Für Angelegenheiten, die ein persönliches Erscheinen des Klägers erfordern – wie etwa die Verlängerung von Ausweisdokumenten – ist es dem Kläger (noch) zumutbar, in das barrierefreie Rathaus im Hauptort der Beklagten zu kommen. Der Kläger fährt Auto und hat eigenen Angaben zufolge bislang alle Dienstleistungen auch in diesem Rathaus erledigen können. Die Wegstrecke vom Wohnort des Klägers bis zum Rathaus im Hauptort beträgt mit dem Auto ca. 9 Minuten (nach Auskunft einer entsprechenden Anfrage bei https://www.google.com/maps/, zuletzt abgerufen am 12. August 2021). Diese Dauer erscheint auch im Hinblick auf den Hinweis des Klägers hinnehmbar, dass jede Autofahrt einen nicht unerheblichen Zeitaufwand für Be- und Entladen des Autos erfordert. Bei einer unterstellten Ladezeit von jeweils fünf Minuten ist für den Kläger das Rathaus innerhalb von 20 Minuten zu erreichen. Diese Dauer bewegt sich im Rahmen dessen, was auch andere Einwohner der Beklagten aufwenden müssen, um die im Bezirksamt angebotenen Dienstleistungen der Beklagten in Anspruch nehmen zu können. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass für den Fußweg von der Anschrift des Klägers bis zum 900 Meter entfernten Bezirksamt S. 11 Minuten einzuplanen sind (nach Auskunft einer entsprechenden Anfrage bei https://www.google.com/maps/, zuletzt abgerufen am 12. August 2021). Der Vortrag des Klägers, es sei ihm nicht zumutbar, zum Rathaus im Hauptort zu fahren, da es dort nur einen Behindertenparkplatz gebe, der ständig belegt sei, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Wertung. Zum einen ist die Behauptung des Klägers nicht substantiiert, dass der Parkplatz dauerhaft belegt ist. Zum anderen läge es an der Beklagten – sollte der Vortrag zutreffen – eine Entscheidung darüber zu treffen, ob weitere Behindertenparkplätze eingerichtet werden können oder ob dem Kläger anderweitig die Inanspruchnahme der Dienstleistungen in Ausweichräumlichkeiten wie etwa in der Begegnungsstätte im D.-Zentrum angeboten werden können. |
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| Nach diesen Ausführungen ist es dem Kläger auch zumutbar, im Rathaus des Hauptortes die örtlichen Baupläne und -anträge sowie die Niederschriften der Ortschaftsratssitzungen einzusehen. Das gilt vor dem Hintergrund, dass nach Auskunft der Beklagten auch andere Einwohner nur zu den Öffnungszeiten des Bezirksamts und je nach Einsichtsbegehren auch erst nach Vereinbarung eines Termins Einsicht nehmen können. Dass dem Kläger dort keine entsprechende Auskunft über den Inhalt der Bebauungspläne gewährt werden würde, hat er nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Eine nicht mehr hinnehmbare Belastung des Klägers folgt nicht aus seinem Vortrag, er habe vor einer Woche einen Antrag auf Akteneinsicht in die Unterlagen zum neuen „Baugebiet S. Süd 3. Erweiterung“ beantragt und noch keine Antwort erhalten. Nach dem Vortrag der Beklagten ist die Verzögerung einer Antwort der gegenwärtigen Ferienzeit geschuldet. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass etwaige Rechtsbehelfsfristen ablaufen. |
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| Schließlich ist es dem Kläger auch zumutbar, seine beabsichtigte Eheschließung in einer anderen geeigneten und barrierefreien Räumlichkeit in S. vornehmen zu lassen. Die volle Teilnahme in allen Lebensbereichen gebietet es, dass der Kläger, der eigenen Angaben zufolge seit 22 Jahren in S. lebt, dort seine Eheschließung vornehmen lassen kann. Der Beklagten stehen beispielsweise mit der Begegnungsstätte im D.-Zentrum auch geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung, um dies zu ermöglichen. Im Hinblick darauf, dass eine Mitarbeiterin des Standesamts die Vorbereitung der Eheschließung beim Kläger zu Hause besprochen hat, bestehen für die Kammer keine Zweifel daran, dass die Beklagte in dieser Angelegenheit dem Kläger in hinreichendem Maße entgegenkommt. |
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| Dieses Entgegenkommen hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung anschaulich dargelegt. Sie hat dem Kläger auf die erstmalige Beanstandung der Möglichkeit zur Einsichtnahme einer im Eingangsbereich des Bezirksamts angebrachten Schautafel, zugesagt diese an die Außenwand zu verlegen bzw. durch einen Aufsteller auf dem Parkplatz zu ersetzen. |
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| 2. Nach diesen Ausführungen hat der Kläger auch keinen Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG darauf, von der Beklagten zu verlangen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, ihm den Zugang in das Bezirksamt S. zur Inanspruchnahme der dort angebotenen Dienstleistungen in zumutbarere Weise zu ermöglichen. Bei dem grundrechtlichen Gewährleistungsrecht sind im Ergebnis die gleichen Wertungen einzubeziehen, wie bei dem Anspruch aus § 10 Abs. 2 GemO. |
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| 3. Aus diesen Gründen folgt ein solcher Anspruch auch nicht aus § 6 Abs. 1 L-BGG, wobei offenbleiben kann, ob das hierin verankerte Benachteiligungsverbot einen Anspruch vermittelt. |
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| 4. Der Kläger kann von der Beklagten nicht aus § 7 Abs. 1 L-BGG verlangen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihm den Zugang in das Bezirksamt S. – insbesondere durch die Herstellung von Barrierefreiheit – zur Inanspruchnahme der dort angebotenen Dienstleistungen in zumutbarere Weise zu ermöglichen. Gemäß § 7 Abs. 1 L-BGG sind bei Neubau- und Umbaumaßnahmen bauliche und andere Anlagen nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften, insbesondere der Landesbauordnung Baden-Württemberg, barrierefrei herzustellen. Die Barrierefreiheit wird in § 3 Abs. 2 Satz 1 L-BGG eigenständig definiert und geht über die bloße Beseitigung von Benachteiligungen hinaus: Barrierefrei sind Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Nach der Gesetzesbegründung zum L-BGG (Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 21. Oktober 2014, LT-Drs. 15/5936, S. 21) trifft die Vorschrift des § 7 Abs. 1 L-BGG Bestimmungen zu der in § 3 Abs. 2 definierten Barrierefreiheit. Aus ihr lässt sich keine Verpflichtung zur Umgestaltung bestehender baulicher und anderer Anlagen ableiten, da die gewählte Begrifflichkeit nur Neubau- und Umbaumaßnahmen erfasst. Die Regelung soll daher nach dem Willen des Gesetzgebers keinen Anspruch zur Umgestaltung bestehender baulicher und anderer Anlagen vermitteln (vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 21. Oktober 2014, LT-Drs. 15/5936, S. 21; ferner s. unter 1.). Zudem wurde weder vorgetragen und noch liegen insoweit Anhaltspunkte vor, dass das Bezirksamt seit Inkrafttreten des Landes-Behindertengleichstellungsgesetzes am 1. Januar 2015 umgebaut worden ist, so dass offenbleiben kann, ob der Kläger aufgrund einer vorangegangen Umbaumaßnahme die Herstellung von Barrierefreiheit verlangen könnte. |
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| 5. Ein Anspruch des Klägers auf weitergehende Maßnahmen der Beklagten folgt zudem nicht aus den Vorschriften des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG). Gemäß § 1 Abs. 1a sind Träger öffentlicher Gewalt und damit Verpflichtete im Sinne dieses Gesetzes nur Dienststellen und sonstige Einrichtungen der Bundesverwaltung einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, bundesunmittelbaren Anstalten und bundesunmittelbaren Stiftungen des öffentlichen Rechts (Nr. 1), Beliehene, die unter der Aufsicht des Bundes stehen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (Nr. 2), und sonstige Bundesorgane, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (Nr. 3). Die Beklagte zählt als kommunale Gebietskörperschaft nicht zum Kreis der Verpflichteteten. |
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| 6. Schließlich kann der Kläger weitergehende Maßnahmen auch nicht unmittelbar aus den Vorschriften der UN-Behindertenrechtskonvention verlangen. Nach Art. 1 Abs. 2 UN-BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Eine unmittelbare Verpflichtung der Beklagten begründet sich dadurch nicht. Dasselbe gilt für Art. 9 Abs. 1 und 19 lit. c) UN-BRK. |
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