Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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| | Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Prostituiertenschutzgesetz. |
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| | Mit Schreiben vom 29.09.2017 zeigte die Klägerin gemäß § 37 Abs. 2 ProstSchG an, dass unter der Anschrift R in S bereits vor dem 01.07.2017 ein Prostitutionsgewerbe betrieben wurde. Am 23.10.2017 erfolgte durch die Klägerin eine Gewerbe-Ummeldung nach § 14 GewO/§ 55c GewO, wonach an der Betriebsstätte R in S neben dem bisherigen Kosmetiksalon ab dem 01.11.2017 eine Prostitutionsstätte (erotische Massagen) betrieben wird. |
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| | Am 18.12.2017, 02.01.2018 und am 05.09.2018 beantragte die Klägerin bei der Stadt S, ihr eine Erlaubnis nach § 12 ProstSchG zu erteilen. Nach dem Inhalt der Anträge bezieht sich der Erlaubnisantrag auf eine Prostitutionsstätte (Massagestudio) gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG. Aus dem beigefügten Betriebskonzept ergibt sich, dass Geschlechts- und Oralverkehr in der Betriebseinrichtung ausgeschlossen ist. Weiter wird im Betriebskonzept dargelegt, der Betrieb existiere seit mehr als 10 Jahren und sei unter Prostituierten bekannt. Diese meldeten sich selbständig im Unternehmen an. Eine Rekrutierung von Prostituierten in der Öffentlichkeit finde nicht statt. Die Prostituierten, die in der Betriebsstätte ihre Leistungen anbieten wollten, meldeten sich für einen regelmäßig kurzen Zeitraum an. Die Prostituierten könnten weisungsunabhängig ihrer Tätigkeit nachgehen. Sie selbst erhalte von den Besuchern keine Vergütung, die Prostituierten müssten jedoch für das Vorhalten der Einrichtung 50 Prozent der Bruttoeinnahmen abliefern. |
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| | Das Baurechtsamt der Beklagten führte in seiner Stellungnahme vom 14.01.2019 aus, das Baugrundstück liege im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk S“ vom 04.10.2012. In § 2 Abs. 1 dieses Bebauungsplans sei geregelt, dass Bordelle und bordellartige Betriebe nicht zulässig seien. Eine Bestandschutzregelung enthalte die Satzung nicht. Die Satzung sehe auch keine Ausnahmen für Bordelle oder bordellartige Betriebe vor. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheide aus, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Ziel der Satzung sei die Steuerung von Vergnügungsstätten, Wettbüros, Bordellen und bordellähnlichen Betrieben. In den Innenstadtrandlagen wie dem S Westen sollten Trading-Down-Prozesse durch derartige Nutzungen vermieden werden. Die Erteilung einer Befreiung würde die Grundzüge dieser Planung berühren. |
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| | Mit Bescheid vom 21.01.2019 lehnte die Stadt S den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 12 ProstSchG ab und führte zur Begründung aus, die Klägerin habe eine Genehmigung des Baurechtsamts für die Nutzung der Räumlichkeiten in der R in S zur Ausübung der Prostitution nicht vorlegen können. Das Objekt sei baurechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig. Bordelle seien nach § 2 Abs. 1 des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk S“ vom 04.10.2012 unzulässig. Nach Auffassung des Baurechtsamts sei eine Genehmigungsfähigkeit des Objekts ausgeschlossen. Das streitgegenständliche Prostitutionsgewerbe widerspreche deshalb aufgrund der örtlichen Lage dem öffentlichen Interesse gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG, so dass eine Erlaubnis nicht erteilt werden könne. |
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| | Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.02.2019 Widerspruch ein und brachte zur Begründung vor, die Genehmigungsbehörde habe eine Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Prostitutionsstätte ohne Berücksichtigung bauplanungsrechtlicher Vorgaben vorzunehmen. Im angefochtenen Bescheid habe die Genehmigungsbehörde eine eigenständige Prüfung nach § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG nicht durchgeführt. Auf die Einschätzung des Baurechtsamts könne die Ablehnung nicht gestützt werden. Der insoweit in Bezug genommene Bebauungsplan sei nichtig. In 22 von 23 Stadtbezirken im Stadtgebiet von S seien durch Bebauungspläne Prostitutionsstätten ausgeschlossen worden. Die Regulierung des Prostitutionswesens für das gesamte Stadtgebiet von S über Bebauungspläne verstoße gegen Art. 297 EGStGB. Eine Sperrgebietsverordnung dürfe eine öffentlich nicht wahrnehmbare Ausübung der Prostitution nur unter der Voraussetzung unterbinden, dass diese eine konkrete Belästigung der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinungen der Prostitution hervorrufe. Durch das am 01.07.2017 in Kraft getretene Prostituiertenschutzgesetz komme ein Wandel der gesellschaftlichen Akzeptanz der Prostitution zum Ausdruck. Dies verbiete, die Ausübung der Prostitution außerhalb ausgewiesener Toleranzzonen als Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einzustufen, ohne die aus ihrer Ausübung resultierenden schädlichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft, insbesondere auf dort lebende Jugendliche und Kinder, konkret zu bewerten. |
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| | Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2020 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, eine Baugenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben liege nicht vor. Die Ausübung der Prostitution im Gebäude R sei durch eine Baugenehmigung nicht gedeckt; vielmehr seien die Räumlichkeiten lediglich als Laden mit Nebenräumen genehmigt. Beim Übergang von der genehmigten gewerblichen Nutzung zur Nutzung zu Zwecken der Prostitution als Bordell bzw. bordellartigen Betrieb handele es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Die Nutzung sei gebietsunverträglich und nicht genehmigungsfähig. Die Betriebsstätte befinde sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk S“ vom 04.10.2012. Bordelle und bordellartige Betriebe seien nach § 2 Abs. 1 des Bebauungsplans unzulässig. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht. Denn Ziel der Satzung der Stadt S sei gerade, u. a. Bordelle und bordellartige Betriebe zu steuern, um in Innenstadtrandlagen sog. Trading-Down-Prozesse zu vermeiden. Die Erteilung einer Befreiung würde die Grundzüge dieser Planung berühren. Auf einen Bestandschutz könne sich die Klägerin nicht berufen; ihr Prostitutionsbetrieb sei erst nach Inkrafttreten des maßgeblichen Bebauungsplans aufgenommen worden. Wegen des eindeutigen Baurechtsverstoßes könne die Klägerin keine Baugenehmigung erhalten. Dementsprechend stehe die Erteilung der beantragten Erlaubnis im Widerspruch zum öffentlichen Interesse, so dass der Versagungsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG vorliege. Eine Umgehung des Art. 297 EGStGB durch den Erlass verschiedener Bebauungspläne im Stadtgebiet von S sei nicht anzunehmen. Der Erlass einer Verordnung nach Art. 297 EGStGB diene dem Schutz ordnungsrechtlicher Belange. Demgegenüber trage § 1 Abs. 9 BauNVO städtebaulichen Belangen Rechnung. |
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| | Am 25.08.2020 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, der Gesetzgeber habe mit § 12 Abs. 7 ProstSchG klarstellen wollen, dass die Erlaubnispflicht nach dem Prostituiertenschutzgesetz Erlaubnisse und Anzeigepflichten nach anderen Gesetzen nicht ersetze. Während das Gaststättenrecht eine Prüfung auch bauordnungsrechtlicher Belange zulasse, sei dies aufgrund § 12 Abs. 7 ProstSchG ausdrücklich ausgeschlossen. Auch die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Abgrenzung zwischen dem Gaststättenrecht und dem Baurecht lasse sich auf das Prostituiertenschutzgesetz nicht übertragen. Die Ablehnung der Genehmigung könne nicht auf die Einschätzung des Baurechtsamts hinsichtlich fehlender bauplanungsrechtlicher Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens gestützt werden. Der insoweit in Bezug genommene Bebauungsplan sei nichtig. Im Stadtgebiet von S würden in 22 von 23 Stadtbezirken über Bebauungspläne Prostitutionsstätten ausgeschlossen. Nur in einem Stadtgebiet sei die Zulassung von Prostitutionsstätten ausnahmsweise und mit Einschränkungen zulässig. Durch diese Regulierung des Prostitutionswesens für das gesamte Stadtgebiet von S werde Art. 297 EGStGB verletzt. Die Regulierung des Prostitutionswesens für das gesamte Stadtgebiet von S über Bebauungspläne sei unzulässig, weil die Bebauungspläne einer Sperrgebietsverordnung für Prostitutionsstätten gleichkämen und damit die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Sperrgebietsverordnung in Art. 297 EGStGB verletzt werde; denn die Stadtverwaltung S sei für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung nicht zuständig. Die Bebauungspläne der Stadt S, die in 22 von 23 Stadtgebieten flächendeckend Prostitutionsstätten ausschlössen, seien der Gefahrenabwehr zuzuordnen und verstießen damit gegen Art. 297 Abs. 1 und 3 EGStGB. Soweit die Beklagte Prostitutionsstätten im Bebauungsplan S Mitte nicht ausschließe, stünden die dort vorgesehenen Flächen tatsächlich nicht zur Verfügung. Deshalb seien die von der Stadt S aufgestellten Bebauungspläne abwägungsfehlerhaft. Mit dem Ausschluss des Prostitutionswesens in 22 von insgesamt 23 Stadtbezirken über Bebauungspläne habe die Beklagte ihre Kompetenzen im Rahmen der kommunalen Planungshoheit nach Art. 28 GG mit der Folge einer Verletzung von Art. 297 Abs. 1 EGStGB überschritten. Es liege eine offensichtliche Umgehung des nach Bundesrecht zuständigen Landesgesetzgebers zur Steuerung der Prostitutionsausübung im Rahmen der Gefahrenabwehr vor. Der ausgewiesene Bereich für Prostitutionsstätten widerspreche zudem dem Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB. Die von der Beklagten herangezogene Verwaltungsvorschrift habe keine Außenwirkung. Über Verwaltungsvorschriften könnten keine ausschließlichen, dem Gesetzgeber zustehenden Kompetenzen begründet werden. Aufgrund der Nichtigkeit der zugrundliegenden Bebauungspläne beurteile sich das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach den allgemeinen bauplanungsrechtlichen Vorgaben. Ihre Betriebsstätte gliedere sich in die vorhandene Bebauung ein und sei genehmigungsfähig. Die Frage der bauplanungsrechtlichen Einordnung von Prostitutionsstätten und deren bauordnungsrechtliche Zulässigkeit sei regelmäßig nicht einfach rechtlich einzuschätzen. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG erfasse nur Rechtsgüter, die dem Schutz der Jugend und dem öffentlichen Anstand dienten. Im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG sei lediglich eine rein äußerlich vom Gebäude ausstrahlende Gefährdung zu überprüfen. Im Rahmen des Art. 297 EGStGB könne die Ausübung der Prostitution außerhalb ausgewiesener Toleranzzonen nicht als Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eingestuft werden, ohne die aus ihrer Ausübung resultierende schädliche Auswirkung auf die Nachbarschaft, insbesondere auf die dort lebenden Jugendlichen und Kinder konkret zu bewerten. Diese Überprüfung habe vorliegend nicht stattgefunden. Der von der Beklagten vorgenommene systematische Ausschluss von Prostitutionsstätten verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Palette von Prostitutionsstätten im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 ProstSchG sei umfangreich. Deren Gemeinsamkeit beschränke sich auf den wesentlichen Betriebsgegenstand der Ausübung der Prostitution, sie hätten aber auf der Grundlage der baulichen Vielgestaltigkeit unterschiedliche bodenrechtliche Auswirkungen. Die große Spanne von Betriebskonzepten von Prostitutionsstätten könne deshalb nicht den Begriffen der „milieubedingten Unruhe“ und dem „Trading-Down-Effekt“ zugeordnet werden. Der Begriff der „milieubedingten Unruhen“ beziehe sich vornehmlich auf das von der Straßenprostitution geprägte Erscheinungsbild der gewerblichen Betätigung von Prostituierten. Spätestens seit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 finde die Prostitutionsausübung hauptsächlich in Prostitutionsstätten und Prostitutionsfahrzeugen statt. Mit der Verlagerung der Straßenprostitution in ortsfeste Einrichtungen könne der Begriff der „milieubedingten Unruhen“ bauplanungsrechtlich keine Berücksichtigung mehr finden. Im Umfeld von Prostitutionsstätten gebe es seit Langem keine auf die Umgebungsbebauung ausstrahlenden Beeinträchtigungen mehr. |
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| | Mit Schriftsatz vom 21.12.2021 trug die Klägerin weiter vor, mit dem Bebauungsplan „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen in L im Stadtbezirk S“ habe die Stadt S die letzte noch bestehende räumliche Lücke zum Betrieb bauplanungsrechtlich zulässiger Prostitutionsstätten geschlossen. Im gesamten Stadtgebiet von S bestehe nunmehr ein vollständiger Ausschluss von Prostitutionsstätten. Mit dem Verbot von Prostitutionsstätten umgehe die Beklagte die Regulierungskompetenz des Prostitutionswesens nach Art. 279 EGStGB und verletze das öffentlich-rechtliche Ordnungsrecht. |
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| | den Bescheid der Stadt S vom 21.01.2019 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.08.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Erlaubnis zum Betrieb der Prostitutionsstätte im Gebäude R in S zu erteilen; |
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| | hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. |
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| | Sie trägt vor, eine Erlaubnis nach dem Prostituiertenschutzgesetz komme nur in Betracht, wenn die beabsichtigte Nutzung des Objekts zu Prostitutionszwecken baurechtlich genehmigt oder zumindest genehmigungsfähig sei. Das Gebäude in R sei nur als Laden mit Nebenräumen baurechtlich genehmigt. Nach dem maßgeblichen Bebauungsplan „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk S“ sei eine Nutzung des Grundstücks R zu Prostitutionszwecken nicht genehmigungsfähig. Ein Verstoß gegen Art. 297 EGStGB liege nicht vor. Die Festsetzung von Sperrgebieten nach Art. 297 EGStGB diene der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen, also zum Zweck der Gefahrenabwehr. Bebauungspläne hätten hingegen keinen ordnungsrechtlichen Ansatz. Vielmehr handele es sich um bodenrechtliche Regelungen, die Kernbestandteil der kommunalen Planungshoheit seien. Dass auf der Gemarkung S Bordelle nur im City-Bereich zulässig seien, sei eine zulässige und rechtmäßige Steuerung der Ansiedelung solcher Betriebe. |
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| | Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Behördenakte verwiesen. |
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| | Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihr die Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Prostituiertenschutzgesetz - ProstSchG - zum Betrieb der Prostitutionsstätte im Gebäude R in S zu erteilen. |
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| | Der geltend gemachte Anspruch beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. |
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| | Bei der Betriebsstätte der Klägerin handelt es sich um ein erlaubnispflichtiges Prostitutionsgewerbe im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG. Ein Prostitutionsgewerbe betreibt nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG, wer gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person anbietet oder Räumlichkeiten hierfür bereitstellt, indem er eine Prostitutionsstätte betreibt. Prostitutionsstätten sind Gebäude, Räume und sonstige ortsfeste Anlagen, die als Betriebsstätte zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt werden (§ 2 Abs. 4 ProstSchG). Der Begriff „Prostitutionsgewerbe“ wird als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäftsmodelle gewerblicher Tätigkeit verstanden, wozu auch das bloße Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur für sexuelle Dienstleistungen zählt; die Einordnung als Prostitutionsstätte gilt unabhängig davon, ob die Wohnung zugleich auch zum Zweck des Wohnens oder Schlafens genutzt wird, sofern die Bereitstellung jedenfalls auch gezielt zur Ausübung der Prostitution erfolgt (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.03.2019 - 22 CS 19.297 - juris Rn. 18). Dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin stellt die Räume im Gebäude R in S durch die Vermietung an Prostituierte gezielt zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung. Sie steuert die Nutzung der Wohnung maßgeblich, indem sie Prostituierte akquiriert, und zieht einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution, da die Prostituierten 50 Prozent der Bruttoeinnahmen an die Klägerin abliefern müssen. |
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| | Im vorliegenden Fall liegt der Versagungsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG vor. Nach dieser Bestimmung ist die Erlaubnis zu versagen, wenn die örtliche Lage des Prostitutionsgewerbes dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere, wenn sich dadurch eine Gefährdung der Jugend oder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder Gefahren oder sonstige erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lassen. |
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| | Das Amt für öffentliche Ordnung der Beklagten war zu einer selbständigen Prüfung der baurechtlichen Belange befugt (a.) und der Betrieb der Prostitutionsstätte der Klägerin ist vorliegend bauplanungsrechtlich unzulässig, was dazu führt, dass die örtliche Lage des von der Klägerin betriebenen Prostitutionsgewerbes dem öffentlichen Interesse widerspricht (b.). |
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| | a) Das Amt für öffentliche Ordnung der Beklagten hat ohne Rechtsfehler die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit als dem öffentlichen Interesse widersprechender Belang berücksichtigt. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG ist § 4 Abs. 1 Nr. 3 Gaststättengesetz (GastG) nachgebildet, wonach die Erlaubnis für ein Gaststättengewerbe zu versagen ist, wenn der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht. In der Begründung zum Prostituiertenschutzgesetz ist insoweit ausgeführt (BT-Drucks. 18/8556 S. 79): „Eine Versagung der Erlaubnis hat auch zu erfolgen, wenn aufgrund des Betriebskonzepts des Prostitutionsgewerbes oder dessen örtlicher Lage eine Gefährdung der in Nummer 5 genannten Schutzgüter zu befürchten ist. Die Vorschrift ist dem § 4 Absatz 1 Nummer 3 des Gaststättengesetzes nachgebildet (vgl. zu dieser Vorschrift: BVerwG Urteil vom 17.10.1989 - 1 C 18/87). Hier besteht von Seiten der Erlaubnisbehörde materieller Prüfungsbedarf, ob ein solcher Versagungsgrund vorliegt. Die Behörde kann sich zur Prüfung dabei gegebenenfalls bei den zuständigen Baubehörden informieren, und auf deren Prüfungen zu baunutzungs- und bauplanungsrechtlichen Belangen Bezug nehmen.“ Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG eine zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG gleichlaufende Regelung schaffen und die anerkannte Auslegung dieser Norm durch das Bundesverwaltungsgericht für das Prostituiertenschutzgesetz übernommen wissen wollte (vgl. VGH München, Beschl. v. 30.03.2021 - 22 ZB 20.1972 - juris Rn. 13). |
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| | Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung das Verhältnis zwischen gaststättenrechtlicher Erlaubnis und Baugenehmigung geklärt. Es hat festgehalten, dass ein Gaststättenbetrieb, der wegen seiner örtlichen Lage ganz oder teilweise den Vorschriften des Bauplanungsrechts widerspricht, zugleich dem öffentlichen Interesse im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG zuwiderläuft, weshalb die Gaststättenerlaubnis versagt werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). Aus den zitierten Teilen der Gesetzesbegründung folgt daher der Wille des Gesetzgebers, im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG eine Ablehnung des Antrags auch deshalb zu ermöglichen, weil die zur Genehmigung gestellte Prostitutionsstätte mit den bauplanungsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar ist. Die Beklagte war folglich nicht gehindert, bauplanungsrechtliche Fragen zum Gegenstand ihrer Prüfung nach dem Prostituiertenschutzgesetz zu machen (vgl. VG Regensburg, Beschl. v. 12.12.2020 - RO 4 S 20.81 - juris Rn. 28). |
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| | Zwar entfaltet die feststellende Regelung der Baugenehmigung im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren insoweit Bindungswirkung, als Rechtsfragen betroffen sind, deren Beurteilung in die originäre Regelungskompetenz der Baurechtsbehörde fällt oder zu ihr zumindest den stärkeren Bezug aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 17). Bei Fehlen entsprechend bindender Vorentscheidungen ist aber die Gaststättenbehörde zur Prüfung der örtlichen Lage und damit auch des Bauplanungsrechts berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). Die Gaststättenbehörde ist nach dieser Rechtsprechung an der Prüfung auch nicht deshalb gehindert, weil sie - anders als die Bauaufsichtsbehörde - baurechtliche Vorfragen nicht mit Bindungswirkung entscheiden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). Eine vergleichbare Konstellation liegt hier vor. Die gegenwärtige Nutzung der Prostitutionsstätte ist baurechtlich nicht genehmigt. Es fehlt an bindenden Vorentscheidungen der Baurechtsbehörde. Daher war die nach dem Prostituiertenschutzgesetz zuständige Behörde zu einer eigenständigen Prüfung baurechtlicher Vorfragen im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG befugt (vgl. VG Regensburg, Beschl. v. 12.12.2020, a.a.O., Rn. 30). Die Beklagte hat die beantragte Erlaubnis gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG versagt, da die Prostitutionsstätte der Klägerin bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren muss daher geprüft werden, ob dieser benannte Versagungsgrund vorliegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). |
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| | Entgegen dem Vorbringen der Klägerin schließt § 12 Abs. 7 ProstSchG nicht aus, dass im Verfahren nach dem Prostituiertenschutzgesetz bauplanungsrechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden können. Nach § 12 Abs. 7 ProstSchG bleiben Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immissionsschutzrechtes unberührt. Damit besagt diese Bestimmung lediglich, dass durch die Erlaubnis nach § 12 ProstSchG keine Konzentrationswirkung eintritt (vgl. BT-Drucks. 18/8556 S. 77). |
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| | b) Der Betrieb der Prostitutionsstätte der Klägerin ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Dies hat zur Folge, dass die von der Klägerin betriebene Prostitutionsstätte aufgrund ihrer örtlichen Lage dem öffentlichen Interesse im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG widerspricht, so dass die von der Klägerin beantragte Erlaubnis zwingend zu versagen ist. |
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| | Das Grundstück R in S liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk S“ vom 04.10.2012 (im Folgenden: Bebauungsplan „Vergnügungsstätten“). Die Prostitutionsstätte der Klägerin widerspricht hinsichtlich ihrer Art der baulichen Nutzung § 2 des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten“. Nach § 2 Abs. 1 des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten“ sind Bordelle und bordellartige Betriebe nicht zulässig. Vorliegend handelt es sich um einen bordellartigen Betrieb und nicht um Wohnungsprostitution (vgl. zur Abgrenzung VGH Mannheim, Urt. v. 24.07.2002 - 5 S 149/01 - juris Rn. 23; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.10.2019 - OVG 2 B 2.18 - juris Rn. 57). Denn die Prostituierten halten sich in den Massageräumen nicht länger als einige Wochen oder Monate auf und begründen dort nicht ihren Lebensmittelpunkt mit einer eigenen Häuslichkeit, da sie dort nicht wohnen. |
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| | Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten“ bestehen nicht. Die Festsetzungen in diesem Bebauungsplan über die Unzulässigkeit von Vergnügungsstätten, Bordellen und bordellartigen Betrieben sowie von Wettbüros beruhen auf § 1 Abs. 9 BauNVO. Sie stellen sich als nach § 1 Abs. 9 BauNVO zulässige Feindifferenzierungen der planerischen Festsetzungen dar. Diese Vorschrift wird entgegen der Ansicht der Klägerin nicht durch Art. 297 EGStGB als die spezielle Norm für das Verbot der Ausübung von Prostitution verdrängt. Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann die Landesregierung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes in einer Rechtsverordnung die Ausübung der Prostitution u.a. in bestimmten Bereichen einer Stadt verbieten. Die Festsetzung von Sperrgebieten auf der Grundlage von Art. 297 EGStGB dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 - juris Rn. 16; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 - 6 C 28/13 - juris Rn. 15), also dem Zweck der Gefahrenabwehr. Soweit es um ordnungsrechtliche Regelungen geht, ist diese Vorschrift somit lex specialis zu anderen Regelungen, die denselben Regelungsgehalt im Bereich der Gefahrenabwehr beinhalten. Der Bebauungsplan „Vergnügungsstätten“ verfolgt mit der Regelung über die Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen, Bordellen und Wettbüros jedoch keinen ordnungsrechtlichen Ansatz. Vielmehr handelt es sich um bodenrechtliche Regelungen im Rahmen der Bauleitplanung, die ihrerseits Kernbestandteil der kommunalen Planungshoheit des Art. 28 GG ist. Die Bauleitplanung dient dazu, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten (vgl. § 1 Abs. 1 BauGB). Sie ist ein Instrument zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets. Festsetzungen im Bebauungsplan sind somit städtebaulich und nicht ordnungsrechtlich motiviert (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 26.04.2016 - 8 S 205/14 - juris Rn. 38). Eine Kollision zu Sperrgebietsverordnungen nach Art. 297 EGStGB, für deren Erlass nach Bundesrecht die Landesregierung zuständig ist, besteht daher entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. |
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| | Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen nicht vor. Im Fall der Erteilung einer Befreiung würden Grundzüge der Planung berührt. |
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| | Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - juris Rn. 37). Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - juris Rn. 37). |
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| | Der Bebauungsplan „Vergnügungsstätten“ verfolgt nach seiner Begründung das Ziel, die heute vorhandenen Nutzungen, insbesondere für Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Dienstleistungen und zum Teil für Einzelhandelsbetriebe und produzierendes Gewerbe zu erhalten. In der Begründung zu diesem Bebauungsplan ist weiter ausgeführt, die bestehenden Vergnügungsstätten insbesondere in den Innenstadtrandlagen, den Randlagen der Stadtteilzentren und innerhalb der Gewerbegebiete führten zu städtebaulich-funktionalen Unverträglichkeiten. Diese Nutzungskonflikte, die zu „Trading-down-Prozessen“ führen könnten, gelte es zu vermeiden. Es bestehe die Gefahr einer Verzerrung des sensiblen Boden- und Mietpreisgefüges und dadurch die Gefahr der Verdrängung der gebietsbestimmenden Nutzungen. Generell seien Beeinträchtigungen und Nutzungsunverträglichkeiten mit den hohen Wohnanteilen zu erwarten. Die Ansiedlung von Bordellen und bordellartigen Betrieben hätte extrem negative Auswirkungen auf die Eigenart der Gebiete, auf das Bodenpreisniveau, auf die bestehende Nutzungsmischung, auf die hohen Wohnanteile und die dem Wohnen dienenden Einrichtungen sowie auf die sozialen und kulturellen Einrichtungen. Der räumliche Ausschluss von Bordellen und bordellartigen Betrieben gehört demnach erkennbar zu den Grundzügen der Planung, so dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB schon aus Rechtsgründen nicht erteilt werden kann; das der Behörde nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen ist nicht eröffnet. Dementsprechend hat auch der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag keinen Erfolg. |
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| | Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihr die Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Prostituiertenschutzgesetz - ProstSchG - zum Betrieb der Prostitutionsstätte im Gebäude R in S zu erteilen. |
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| | Der geltend gemachte Anspruch beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. |
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| | Bei der Betriebsstätte der Klägerin handelt es sich um ein erlaubnispflichtiges Prostitutionsgewerbe im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG. Ein Prostitutionsgewerbe betreibt nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 ProstSchG, wer gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person anbietet oder Räumlichkeiten hierfür bereitstellt, indem er eine Prostitutionsstätte betreibt. Prostitutionsstätten sind Gebäude, Räume und sonstige ortsfeste Anlagen, die als Betriebsstätte zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt werden (§ 2 Abs. 4 ProstSchG). Der Begriff „Prostitutionsgewerbe“ wird als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäftsmodelle gewerblicher Tätigkeit verstanden, wozu auch das bloße Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur für sexuelle Dienstleistungen zählt; die Einordnung als Prostitutionsstätte gilt unabhängig davon, ob die Wohnung zugleich auch zum Zweck des Wohnens oder Schlafens genutzt wird, sofern die Bereitstellung jedenfalls auch gezielt zur Ausübung der Prostitution erfolgt (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.03.2019 - 22 CS 19.297 - juris Rn. 18). Dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin stellt die Räume im Gebäude R in S durch die Vermietung an Prostituierte gezielt zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung. Sie steuert die Nutzung der Wohnung maßgeblich, indem sie Prostituierte akquiriert, und zieht einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution, da die Prostituierten 50 Prozent der Bruttoeinnahmen an die Klägerin abliefern müssen. |
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| | Im vorliegenden Fall liegt der Versagungsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG vor. Nach dieser Bestimmung ist die Erlaubnis zu versagen, wenn die örtliche Lage des Prostitutionsgewerbes dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere, wenn sich dadurch eine Gefährdung der Jugend oder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder Gefahren oder sonstige erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lassen. |
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| | Das Amt für öffentliche Ordnung der Beklagten war zu einer selbständigen Prüfung der baurechtlichen Belange befugt (a.) und der Betrieb der Prostitutionsstätte der Klägerin ist vorliegend bauplanungsrechtlich unzulässig, was dazu führt, dass die örtliche Lage des von der Klägerin betriebenen Prostitutionsgewerbes dem öffentlichen Interesse widerspricht (b.). |
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| | a) Das Amt für öffentliche Ordnung der Beklagten hat ohne Rechtsfehler die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit als dem öffentlichen Interesse widersprechender Belang berücksichtigt. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG ist § 4 Abs. 1 Nr. 3 Gaststättengesetz (GastG) nachgebildet, wonach die Erlaubnis für ein Gaststättengewerbe zu versagen ist, wenn der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht. In der Begründung zum Prostituiertenschutzgesetz ist insoweit ausgeführt (BT-Drucks. 18/8556 S. 79): „Eine Versagung der Erlaubnis hat auch zu erfolgen, wenn aufgrund des Betriebskonzepts des Prostitutionsgewerbes oder dessen örtlicher Lage eine Gefährdung der in Nummer 5 genannten Schutzgüter zu befürchten ist. Die Vorschrift ist dem § 4 Absatz 1 Nummer 3 des Gaststättengesetzes nachgebildet (vgl. zu dieser Vorschrift: BVerwG Urteil vom 17.10.1989 - 1 C 18/87). Hier besteht von Seiten der Erlaubnisbehörde materieller Prüfungsbedarf, ob ein solcher Versagungsgrund vorliegt. Die Behörde kann sich zur Prüfung dabei gegebenenfalls bei den zuständigen Baubehörden informieren, und auf deren Prüfungen zu baunutzungs- und bauplanungsrechtlichen Belangen Bezug nehmen.“ Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG eine zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG gleichlaufende Regelung schaffen und die anerkannte Auslegung dieser Norm durch das Bundesverwaltungsgericht für das Prostituiertenschutzgesetz übernommen wissen wollte (vgl. VGH München, Beschl. v. 30.03.2021 - 22 ZB 20.1972 - juris Rn. 13). |
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| | Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung das Verhältnis zwischen gaststättenrechtlicher Erlaubnis und Baugenehmigung geklärt. Es hat festgehalten, dass ein Gaststättenbetrieb, der wegen seiner örtlichen Lage ganz oder teilweise den Vorschriften des Bauplanungsrechts widerspricht, zugleich dem öffentlichen Interesse im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG zuwiderläuft, weshalb die Gaststättenerlaubnis versagt werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). Aus den zitierten Teilen der Gesetzesbegründung folgt daher der Wille des Gesetzgebers, im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG eine Ablehnung des Antrags auch deshalb zu ermöglichen, weil die zur Genehmigung gestellte Prostitutionsstätte mit den bauplanungsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar ist. Die Beklagte war folglich nicht gehindert, bauplanungsrechtliche Fragen zum Gegenstand ihrer Prüfung nach dem Prostituiertenschutzgesetz zu machen (vgl. VG Regensburg, Beschl. v. 12.12.2020 - RO 4 S 20.81 - juris Rn. 28). |
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| | Zwar entfaltet die feststellende Regelung der Baugenehmigung im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren insoweit Bindungswirkung, als Rechtsfragen betroffen sind, deren Beurteilung in die originäre Regelungskompetenz der Baurechtsbehörde fällt oder zu ihr zumindest den stärkeren Bezug aufweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 17). Bei Fehlen entsprechend bindender Vorentscheidungen ist aber die Gaststättenbehörde zur Prüfung der örtlichen Lage und damit auch des Bauplanungsrechts berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). Die Gaststättenbehörde ist nach dieser Rechtsprechung an der Prüfung auch nicht deshalb gehindert, weil sie - anders als die Bauaufsichtsbehörde - baurechtliche Vorfragen nicht mit Bindungswirkung entscheiden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). Eine vergleichbare Konstellation liegt hier vor. Die gegenwärtige Nutzung der Prostitutionsstätte ist baurechtlich nicht genehmigt. Es fehlt an bindenden Vorentscheidungen der Baurechtsbehörde. Daher war die nach dem Prostituiertenschutzgesetz zuständige Behörde zu einer eigenständigen Prüfung baurechtlicher Vorfragen im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG befugt (vgl. VG Regensburg, Beschl. v. 12.12.2020, a.a.O., Rn. 30). Die Beklagte hat die beantragte Erlaubnis gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG versagt, da die Prostitutionsstätte der Klägerin bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren muss daher geprüft werden, ob dieser benannte Versagungsgrund vorliegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18/87 - juris Rn. 24). |
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| | Entgegen dem Vorbringen der Klägerin schließt § 12 Abs. 7 ProstSchG nicht aus, dass im Verfahren nach dem Prostituiertenschutzgesetz bauplanungsrechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden können. Nach § 12 Abs. 7 ProstSchG bleiben Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immissionsschutzrechtes unberührt. Damit besagt diese Bestimmung lediglich, dass durch die Erlaubnis nach § 12 ProstSchG keine Konzentrationswirkung eintritt (vgl. BT-Drucks. 18/8556 S. 77). |
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| | b) Der Betrieb der Prostitutionsstätte der Klägerin ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Dies hat zur Folge, dass die von der Klägerin betriebene Prostitutionsstätte aufgrund ihrer örtlichen Lage dem öffentlichen Interesse im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG widerspricht, so dass die von der Klägerin beantragte Erlaubnis zwingend zu versagen ist. |
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| | Das Grundstück R in S liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk S“ vom 04.10.2012 (im Folgenden: Bebauungsplan „Vergnügungsstätten“). Die Prostitutionsstätte der Klägerin widerspricht hinsichtlich ihrer Art der baulichen Nutzung § 2 des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten“. Nach § 2 Abs. 1 des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten“ sind Bordelle und bordellartige Betriebe nicht zulässig. Vorliegend handelt es sich um einen bordellartigen Betrieb und nicht um Wohnungsprostitution (vgl. zur Abgrenzung VGH Mannheim, Urt. v. 24.07.2002 - 5 S 149/01 - juris Rn. 23; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.10.2019 - OVG 2 B 2.18 - juris Rn. 57). Denn die Prostituierten halten sich in den Massageräumen nicht länger als einige Wochen oder Monate auf und begründen dort nicht ihren Lebensmittelpunkt mit einer eigenen Häuslichkeit, da sie dort nicht wohnen. |
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| | Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten“ bestehen nicht. Die Festsetzungen in diesem Bebauungsplan über die Unzulässigkeit von Vergnügungsstätten, Bordellen und bordellartigen Betrieben sowie von Wettbüros beruhen auf § 1 Abs. 9 BauNVO. Sie stellen sich als nach § 1 Abs. 9 BauNVO zulässige Feindifferenzierungen der planerischen Festsetzungen dar. Diese Vorschrift wird entgegen der Ansicht der Klägerin nicht durch Art. 297 EGStGB als die spezielle Norm für das Verbot der Ausübung von Prostitution verdrängt. Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann die Landesregierung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes in einer Rechtsverordnung die Ausübung der Prostitution u.a. in bestimmten Bereichen einer Stadt verbieten. Die Festsetzung von Sperrgebieten auf der Grundlage von Art. 297 EGStGB dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 - juris Rn. 16; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 - 6 C 28/13 - juris Rn. 15), also dem Zweck der Gefahrenabwehr. Soweit es um ordnungsrechtliche Regelungen geht, ist diese Vorschrift somit lex specialis zu anderen Regelungen, die denselben Regelungsgehalt im Bereich der Gefahrenabwehr beinhalten. Der Bebauungsplan „Vergnügungsstätten“ verfolgt mit der Regelung über die Zulässigkeit von Vergnügungseinrichtungen, Bordellen und Wettbüros jedoch keinen ordnungsrechtlichen Ansatz. Vielmehr handelt es sich um bodenrechtliche Regelungen im Rahmen der Bauleitplanung, die ihrerseits Kernbestandteil der kommunalen Planungshoheit des Art. 28 GG ist. Die Bauleitplanung dient dazu, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten (vgl. § 1 Abs. 1 BauGB). Sie ist ein Instrument zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets. Festsetzungen im Bebauungsplan sind somit städtebaulich und nicht ordnungsrechtlich motiviert (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 26.04.2016 - 8 S 205/14 - juris Rn. 38). Eine Kollision zu Sperrgebietsverordnungen nach Art. 297 EGStGB, für deren Erlass nach Bundesrecht die Landesregierung zuständig ist, besteht daher entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. |
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| | Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen nicht vor. Im Fall der Erteilung einer Befreiung würden Grundzüge der Planung berührt. |
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| | Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - juris Rn. 37). Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - juris Rn. 37). |
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| | Der Bebauungsplan „Vergnügungsstätten“ verfolgt nach seiner Begründung das Ziel, die heute vorhandenen Nutzungen, insbesondere für Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Dienstleistungen und zum Teil für Einzelhandelsbetriebe und produzierendes Gewerbe zu erhalten. In der Begründung zu diesem Bebauungsplan ist weiter ausgeführt, die bestehenden Vergnügungsstätten insbesondere in den Innenstadtrandlagen, den Randlagen der Stadtteilzentren und innerhalb der Gewerbegebiete führten zu städtebaulich-funktionalen Unverträglichkeiten. Diese Nutzungskonflikte, die zu „Trading-down-Prozessen“ führen könnten, gelte es zu vermeiden. Es bestehe die Gefahr einer Verzerrung des sensiblen Boden- und Mietpreisgefüges und dadurch die Gefahr der Verdrängung der gebietsbestimmenden Nutzungen. Generell seien Beeinträchtigungen und Nutzungsunverträglichkeiten mit den hohen Wohnanteilen zu erwarten. Die Ansiedlung von Bordellen und bordellartigen Betrieben hätte extrem negative Auswirkungen auf die Eigenart der Gebiete, auf das Bodenpreisniveau, auf die bestehende Nutzungsmischung, auf die hohen Wohnanteile und die dem Wohnen dienenden Einrichtungen sowie auf die sozialen und kulturellen Einrichtungen. Der räumliche Ausschluss von Bordellen und bordellartigen Betrieben gehört demnach erkennbar zu den Grundzügen der Planung, so dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB schon aus Rechtsgründen nicht erteilt werden kann; das der Behörde nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen ist nicht eröffnet. Dementsprechend hat auch der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag keinen Erfolg. |
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