Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (3. Kammer) - 3 K 2176/15.TR

Tenor

Der Beklagte wird aus dem Dienst entfernt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Disziplinarverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

2

Der am ... in D... geborene Beklagte steht als Studienrat im Dienst des klagenden Landes. Im Jahr 1991 erlangte er an der Beruflichen Schule am E... – ... – Fachgymnasium – wirtschaftlicher Zweig - in ... die Allgemeine Hochschulreife mit der Note 2,5. In der Zeit vom 1. Oktober 1991 bis zum 31. März 1993 absolvierte er den Wehrdienst bei der Flugabwehrraketengruppe 39 in G.... Beginnend mit dem Sommersemester 1993 bis zum Wintersemester 2000/2001 studierte der Beklagte an der ... –Universität in D... Wirtschaftspädagogik. Er schloss das Studium am 27. August 2001 mit dem Diplom in den Fächern Pädagogik, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftspolitik, Wahlfach Produktionswirtschaft, Wahlpflichtfach Wirtschafts- und Sozialgeschichte ab. Im Anschluss daran trat der Beklagte am 1. November 2001 als Studienreferendar in den Dienst des Klägers. Das Referendariat absolvierte er an dem Staatlichen Studienseminar für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen in D.... Ausbildungsschule war die Berufsbildende Schule Wirtschaft in F.... Am 22. September 2003 legte der Beklagte die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen mit der Gesamtnote „befriedigend“ ab. In der Folge wurde er am 14. November 2003 als Studienrat zur Anstellung in den Dienst des klagenden Landes eingestellt. Zur Dienstleistung wurde er seiner bisherigen Ausbildungsschule, der Berufsbildenden Schule Wirtschaft F..., zugewiesen. Nach Eingang von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen wurde die Probezeit des Beklagten mit Schreiben des klagenden Landes vom 6. Juli 2006 um ein Jahr verlängert. Mit Wirkung zum 3. November 2007 wurde er nach Vorlage einer Aufstellung der zum August 2007 noch offenen Pfändungen und der Zusicherung, seine finanziellen Verhältnisse zu ordnen, zum Studienrat ernannt. Verwendet wurde er weiterhin an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft F....

3

In der Zeit vom 26. März 2009 bis einschließlich 31. Juli 2009 wurde der Beamte aus Gründen des vorliegenden Disziplinarverfahrens an die Berufsbildende Schule Technik in H... abgeordnet. Eine weitere Abordnung an diese Schule erfolgte vom 20. August 2009 bis 31. Juli 2010. Im Anschluss wurde der Beamte im Wege einer vorläufigen Maßnahme ab dem 16. August 2010 an die Berufsbildende Schule I... abgeordnet. Ein hiergegen gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde vom Verwaltungsgericht H... rechtskräftig abgelehnt (...). In der Zeit der Abordnung an die Berufsbildende Schule I... war der Beklagte durchgängig erkrankt.

4

Ausweislich eines amtsärztlichen Attestes vom 16. November 2009 wurde dem Beklagten bescheinigt, dass die Frage der Dienstfähigkeit erst nach Durchführung einer stationären Behandlung geklärt werden könne. Eine solche wurde nicht durchgeführt.

5

Die Leistungen des Beklagten wurden mit dienstlicher Beurteilung vom 22. Juni 2004 innerhalb der Probezeit mit „Gut“ bewertet. Vor Ablauf der um ein Jahr verlängerten Probezeit erhielt der Beklagte am 24. September 2007 eine dienstliche Beurteilung mit dem Ergebnis „Befriedigend“.

6

Dem Beklagten wurde mit Bescheid der Berufsbildenden Schule Technik, H..., die Nebentätigkeit “Dozent bei der IHK H...“ ab dem 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 im Umfang von fünf Unterrichtsstunden in der Woche genehmigt.

7

Der Beklagte ist verheiratet.

8

Disziplinarrechtlich ist der Beamte bislang nicht in Erscheinung getreten.

9

Ein seit Februar 2009 bei der Staatsanwaltschaft F... unter dem Az. ... geführtes Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 29. Januar 2010 nach § 153 a StPO vorläufig und nach Erfüllung der Auflage, 2400 € an den Weißen Ring zu zahlen, am 11. Juni 2010 endgültig eingestellt. In der Einstellungsverfügung heißt es:

10

„…Nach dem Ergebnis der Ermittlungen besteht hinreichender Tatverdacht für folgendes Vergehen:

11

Straftat: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung

Tatzeit: Februar 2005 und Frühsommer 2008

Tatort: F...

12

Da das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung durch Auflagen bzw. Weisungen beseitigt werden kann und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht, wird von der Erhebung der öffentlichen Klage gemäß § 153 a StPO endgültig abgesehen, falls folgende Auflagen bzw. Weisungen erfüllt werden:….“

13

Mit Verfügung des damaligen Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion wurde am 16. Juli 2009 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren wegen der Strafanzeigen der Schülerinnen J... (jetzt J...) und K... sowie eines distanzlosen Verhalten durch unangemessene Kommunikation eingeleitet. Das Disziplinarverfahren wurde wegen des laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgesetzt.

14

Im Anschluss an die vorläufige Einstellung des Strafverfahrens wurde das ausgesetzte Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 1. April 2010 fortgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Disziplinarverfahren vor dem Hintergrund der trotz Einstellung des Strafverfahrens nach wie vor bestehenden disziplinarrechtlichen Relevanz des im Strafverfahren festgestellten hinreichenden Tatverdachts der Freiheitsberaubung zulasten der Zeugin J... (jetzt J...) und des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen zulasten der Zeugin C... (jetzt B...) sowie einer unangemessenen Art der Kommunikation mit Schülerinnen fortgeführt werde. Dem Beklagten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

15

Hiervon machte der Beklagte mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 30. April 2010 Gebrauch. Er stellte die Vorwürfe insgesamt in Abrede und behauptete seinerseits ein Komplott der Schülerschaft. Die Aussagen der Schülerinnen und Schüler im Strafverfahren seien nicht glaubwürdig, weshalb das Disziplinarverfahren einzustellen sei. Die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte belege, wie groß die Fantasie der Schülerinnen und Schüler sei. Es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern er in unangemessener Weise mit den ihm anvertrauten Schülern kommuniziert habe. Er sei ein beliebter und anerkannter Lehrer, weswegen er auch Vertrauenslehrer gewesen sei. Aus Unterschriftenlisten von Schülerinnen und Schülern gehe dies hervor.

16

Mit Schreiben vom 19. August 2010 wurde dem Beklagten Gelegenheit gegeben, sich zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung zu äußern. Über die Möglichkeit der Mitbestimmung des Personalrats wurde der Beamte belehrt. Auf Antrag des Beklagten stimmte der Bezirkspersonalrat unter dem 30. September 2010 der beabsichtigten Maßnahme zu.

17

Unter dem 15. Oktober 2010 wurde der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 22. Dezember 2010 wurde auf Antrag des Beklagten die vorläufige Dienstenthebung ausgesetzt (...). Auf die Beschwerde des klagenden Landes lehnte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 25. März 20011 den Aussetzungsantrag des Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses des erkennenden Gerichts ab. Unter dezidierter Darlegung eines noch weiterhin bestehenden Aufklärungsbedarfs hinsichtlich der gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe wurde die Entscheidung darauf gestützt, dass ein Verbleiben des Beamten im Dienst die Ordnung des Dienstbetriebes im Sinne des § 45 Abs. 1 S. 2 Landesdisziplinargesetz wesentlich beeinträchtigen würde (...). Im Anschluss daran wurde dem Beklagten mit Datum vom 4. April 2011 mitgeteilt, dass er den Dienst nicht aufnehmen solle.

18

Ein Antrag des Beklagten vom 1. März 2011 auf gerichtliche Fristsetzung lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 11. April 2011 (...) ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 30. Mai 2011 (...) zurück.

19

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 wurde dem Beklagten das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt. Ihm wurde Gelegenheit zur abschließenden Äußerung und Beantragung weiterer Ermittlungen gegeben.

20

Auf Beteiligungsantrag des Beklagten stimmte der Bezirkspersonalrat für Berufsbildende Schulen mit Schreiben vom 24. Juni 2015 der Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beamten aus dem Dienst zu.

21

Am 27. Juli 2015 hat der Kläger die vorliegende Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beamten aus dem Dienst erhoben.

Dem Beklagten wird vorgeworfen:

1.

22

Aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte gehe hervor, dass der bis zum 31. Januar 2006 an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft F... eingesetzte Schulleiter mit dem Beklagten ein Gespräch über dessen kritikwürdiges Verhalten geführt habe. Der Beklagte habe Schwierigkeiten gehabt, in verbaler Hinsicht die nötige Distanz zu seinen Schülern zu wahren.

23

Auch seitens des vor dem Jahr 2007 an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft gewählten örtlichen Personalrats seien Gespräche in diesem Kontext mit dem Beklagten geführt worden mit dem Ziel, diesem die Pflichten als Lehrer zu verdeutlichen. Das Gespräch habe damals der Vorsitzende des Örtlichen Personalrats, Herr Oberstudienrat i.R. L..., geführt. Der Beklagte sei aufgefordert worden, sexuell orientierte Äußerungen im Unterricht zu unterlassen. Auch das damalige Mitglied des örtlichen Personalrats, Herr Oberstudienrat M..., habe ein Gespräch mit dem Beklagten über dessen Verhalten gegenüber Schülerinnen und Schülern geführt. Ziel der Gespräche sei es gewesen, eine Verhaltensänderung des Beklagten zu erreichen.

2.

24

Ausweislich des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens Az. ... habe der Beklagte sich einer Freiheitsberaubung zu Lasten der Schülerin J... (jetzt J...) schuldig gemacht. Er habe seine damalige Schülerin mit der Begründung, sie sprechen zu müssen, aus dem Unterricht eines anderen Lehrers herausgeholt. Er sei mit der Schülerin in den Computerraum gegangen und habe dort die Tür von innen verschlossen. Die Schülerin habe den Beklagten aufgefordert, die Türe wieder zu öffnen, andernfalls werde sie schreien. Der Beklagte habe das Mädchen sodann gehen lassen.

25

Die dahingehende Aussage im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren habe die Zeugin im behördlichen Disziplinarverfahren – schriftsätzlich - wiederholt.

26

Soweit der Beklagte sich dahingehend einlasse, er habe keinen Schlüssel zu dem betreffenden Computerraum besessen, treffe dies nicht zu. Der Beklagte habe seit dem 5. November 2001 einen Schlüssel GS II besessen, der ihm gegen Unterschrift in der Schule ausgehändigt worden sei. Ein Wechsel dieser Schlösser habe im Jahr 2009 stattgefunden, d.h. zu einem Zeitpunkt, der nach dem Vorfall mit der Schülerin J... (jetzt J...) gelegen habe.

27

Eine für einen Lehrer nachvollziehbare vernünftige Begründung, sich mit einer Schülerin aus dem laufenden Unterricht allein in einen anderen Raum zu begeben und diesen zu verschließen, sei nicht erkennbar. Unabhängig von der strafrechtlichen Würdigung der für die Schülerin aus der Situation resultierenden Zwangslage widerspreche eine derartige Verhaltensweise etablierten pädagogischen Grundsätzen.

3.

28

Ausweislich des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens Az. ... habe der Beklagte sich zudem eines sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen zum Nachteil der Schülerin ... C... (jetzt B...) schuldig gemacht. Der Beklagte habe die damals 15-jährige Schülerin in seinem Auto mit nach D... genommen, damit diese dort einen Krankenbesuch habe abstatten können. Daran anschließend habe er sich mit dem Mädchen in seine Wohnung begeben. Dort habe die Schülerin C... (jetzt B...) mit Hilfe des Lösungsbuches des Beklagten ihre Hausaufgaben erledigen wollen. Daraufhin habe der Beklagte für das Überlassen des Buches gefragt, ob er „auch etwas machen dürfe“. Dem habe die Schülerin, ohne darüber nachzudenken, was gemeint sein könne, zugestimmt. Dann habe der Beklagte vor der Schülerin onaniert. Das Vorkommnis habe sich im Wohnzimmer in der Wohnung des Beklagten abgespielt.

29

Die Aussage der Zeugin C... (jetzt B...) sei insbesondere infolge der gefertigten Skizze von der Wohnung des Beklagten, die mit der vom Beklagten zu den Akten gereichten in wesentlichen Zügen übereinstimme, glaubhaft. Auch seien keine Anhaltspunkte für eine Belastungstendenz ersichtlich.

4.

30

Durch Kommunikationen des Beklagten mit seinen Schülern und Schülerinnen über „wer kennt wen“ und Handy und die Verwendung von sexuell orientierten Anspielungen, wie z.B. „N...“ in Bezug auf die damalige Schülerin O..., habe der Beklagte die notwendige Distanz zu seinen Schülerinnen und Schülern verletzt. Ob betroffene Schülerinnen und Schüler ein derartiges Verhalten tolerieren, sei für die Frage der Angemessenheit im Lehrer–Schülerverhältnis nicht maßgeblich. Es sei Aufgabe eines Lehrers, durch vorbildhaftes Verhalten im Sinne seiner Erziehungsaufgabe darauf hinzuwirken, dass gegenseitiger Respekt den Umgang miteinander präge. Die Verwendung persönlicher Spitznamen, die sexuelle Anspielungen enthielten, laufe dem zuwider.

31

Mit dem aufgezeigten Verhalten habe der Beklagte innerhalb und außerhalb des Dienstes gefehlt. Der Beklagte habe das vertrauensvolle Lehrer– Schülerverhältnis missbraucht und das für die Ausübung des Amtes erforderliche Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit erschüttert. Dabei sei in Bezug auf die Schülerin J... (jetzt J...) unerheblich, ob sie sich tatsächlich ohne weiteres hätte aus dem Raum entfernen können. Dies entfalte allenfalls strafrechtliche Relevanz. Disziplinarrechtlich bedeutsam sei, dass die Schülerin sich dort nicht aus freien Stücken aufgehalten und die Begegnung keinerlei schulischen Bezug gehabt habe. Allein aus der Angabe der Zeugin, sie werde schreien, habe sich für den Beklagten, der der Zeugin allein von der Körpergröße her überlegen gewesen sei, klar deren Befindlichkeit ergeben.

32

Nach dem Vorfall mit der Zeugin C... (jetzt B...) und dem Gespräch mit dem ehemaligen Schulleiter hätte es dem Beklagten oblegen, alles daran zu setzen, sich dienstlich und außerdienstlich einwandfrei zu verhalten. Auch die Appellwirkung der Gespräche mit Mitgliedern des örtlichen Personalrates hätte ihm zur Mahnung gereichen müssen. Ein Bemühen des Beklagten, sein Verhalten zu ändern, sei aufgrund der Zeugenaussagen der früheren Mitglieder des örtlichen Personalrates nicht erkennbar. Eine entsprechende Verhaltensweise habe der Beklagte bereits zuvor im Zusammenhang mit der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit hinsichtlich einer ungeordneten Schuldenwirtschaft an den Tag gelegt. Nach Bekanntwerden von Vorwürfen der o.g. Zeuginnen habe der Beklagte zudem den Versuch unternommen, die Zeuginnen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung zu veranlassen. In dieses Verhalten sei auch einzuordnen, dass der Beklagte nach einer Sitzung des Bezirkspersonalrates anlässlich seines Disziplinarverfahrens Strafanzeige gegen teilnehmende Personen erstattet habe.

33

Seine Einlassung, die Schülerinnen und Schüler hätten gegen ihn ein Komplott veranstaltet, greife angesichts des eklatanten Fehlverhaltens in verschiedenen Jahrgängen und Klassen nicht. Der Beklagte habe über Jahre hinweg ein aus unangemessenen und egoistischen Motiven heraus gesteuertes Verhalten gegenüber der Schülerschaft an den Tag gelegt. Da er dies bis zuletzt in Abrede gestellt habe, sei festzuhalten, dass von Einsicht in ein Fehlverhalten keine Rede sein könne. Er habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit durch das immer wiederkehrende Versagen im Kernbereich seiner Pflichten endgültig verloren.

34

Der Kläger beantragt,

35

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

36

Der Beklagte beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Er rügt zunächst die lange Dauer des Disziplinarverfahrens.

39

Der Kläger habe zudem Beweisanträge zur Entlastung nicht verfolgt. Auch habe er es unterlassen, bezüglich der Glaubwürdigkeit der Belastungszeuginnen, die vom Oberverwaltungsgericht H... in seinem Beschluss vom 25. März 2011 (...) aufgezeigten Vernehmungen der Mutter und des damaligen Freundes der Zeugin C... (jetzt B...), Herrn P..., durchzuführen. Es sei weiterhin eine Ermittlungsführerin bestimmt worden, die im Disziplinarverfahren wahrheitswidrige Behauptungen über ihn verbreitet habe.

Die in der Sache gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien nicht haltbar:

1.

40

Soweit ihm eine Überschuldung vorgeworfen werde, verweise er darauf, dass er mit seiner heutigen Ehegattin und mit Hilfe der Volksbank D... mit vielen Gläubigern eine Vereinbarung getroffen habe, um die aufgelaufenen Schulden zurückzuzahlen. Hieraus ergebe sich auch, dass er sich sehr wohl aufgrund damals geführter Personalgespräche lernfähig gezeigt habe.

2.

41

Bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, dass kein hinreichender Tatverdacht wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen zulasten der Zeugin C... (jetzt B...) bestanden habe. Aus diesem Grunde sei gegen ihn auch keine Anklage erhoben worden.

42

Die Belastungszeugin sei völlig unglaubwürdig. Es wäre nicht nachvollziehbar, dass, sollte der Vorfall in seiner Wohnung tatsächlich stattgefunden haben, die Zeugin C... (jetzt B...) dann wieder mit ihm von D... nach F... gefahren wäre und mit dem Freund, der Mutter und ihm im McDonald‘s noch zusammen eine Mahlzeit eingenommen hätte. In der polizeilichen Vernehmung am 15. April 2009 habe die Zeugin zudem angegeben, dass sie den Beklagten ca. einen Monat später auf den Vorfall angesprochen und ihm gesagt habe, dass er einiges bei ihr kaputtgemacht habe. Auch dies sei nicht plausibel.

43

Hinzu komme, dass die Zeugin für Ihre Mutter zu diesem Zeitpunkt völlig unauffällig gewesen sei. Nach eigener Darstellung habe sie sich ihrer Mutter erst einen Monat später anvertraut. Die Mutter habe unverzüglich entsprechende Schritte einleiten wollen, habe dies aber dann offensichtlich unterlassen, weil sie der eigenen Tochter nicht geglaubt habe.

44

Die Schilderungen der Zeugin C... (jetzt B...) zu seiner Wohnung bestätigten deren Unglaubwürdigkeit. Er wohne nicht – wie von dieser behauptet - in einem 4 bis 6- Familienhaus, sondern in einem 2– Familienhaus. Die Besonderheit der Wohnung liege darin, dass sie einen Knick habe, so dass Ortsfremde oft, statt die Wohnung zu verlassen, im Gäste-WC landeten. Außerdem verfüge das Haus über einen 800 m² großen Garten. Die Zeugin habe sich noch nicht einmal an die Straße erinnern können, in der er wohne.

45

Schließlich habe die Zeugin wahrheitswidrig behauptet, sie habe im Jahr 2006 nicht freiwillig an der vom ihm geleiteten Theater–AG teilgenommen. Die Teilnahme daran sei freiwillig gewesen und der Umstand der Teilnahme bestätige, dass der geschilderte Vorfall nicht stattgefunden habe.

3.

46

Der von der Zeugin J... (jetzt J...) geschilderte Vorfall habe ebenso nicht stattgefunden. Bereits im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren habe die Zeugin in sich widersprüchliche Aussagen zu einem angeblichen Versenden eines Bildes eines Geschlechtsteils gemacht. Nachdem es habe ausgeschlossen werden können, dass er ihr ein Bild eines Geschlechtsteiles über WKW gesendet habe, habe sie später behauptet, der Kontakt sei über SMS und MMS erfolgt. In der ersten Vernehmung habe die Zeugin jedoch angegeben, es habe keinerlei Kontakte mit ihm über Handy, SMS oder normale Mails gegeben. Erst in der zweiten Vernehmung habe sie behauptet, sie habe den Absender der MMS mit dem Bild eines Gliedes anhand der Handynummer dem Beklagten zuordnen können. Zudem habe die Zeugin den Ort des Computerraums völlig falsch dargestellt. Darüber hinaus habe er nie einen Schlüssel des Computerraumes besessen. Bezeichnenderweise sei das Schließsystem nach dem Vorfall ausgetauscht worden, damit eine entsprechende Überprüfung nicht stattfinden könne. Im Übrigen sei der Computerraum der BBS F... durchgehend belegt gewesen. Dies bedeute wiederum, dass er mit der Zeugin J... gar nicht im Computerraum habe gewesen sein können.

47

Entlastende Beweise zu seinen Gunsten seien insgesamt nicht erhoben worden. Dementsprechend habe der Kläger es auch versäumt, den unterrichtenden Lehrer der Zeugin J... (jetzt J...) zu ermitteln, der sich sicherlich daran hätte erinnern können, ob er die Zeugin aus dem Unterricht heraus gerufen habe oder nicht. Heute sei dies nicht mehr nachzuvollziehen. Merkwürdigerweise existierten auch keine Klassenbücher mehr.

48

Von einer Anklage wegen Freiheitsberaubung sei selbst im Strafverfahren abgesehen worden. Diese sei insbesondere dadurch widerlegt, dass die Zeugin selbst angegeben habe, dass sie in der Lage gewesen sei, zur Tür zu gehen, diese aufzuschließen und den Raum zu verlassen. Nach Schilderung der Zeugin habe er sie schließlich auch gehen lassen.

49

Das Angebot der Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Auflage habe er nur angenommen, da ansonsten Anklage erhoben worden wäre und eine mündliche Verhandlung stattgefunden hätte. Das Verfahren hätte sich hierdurch mindestens um weitere sechs Monate verzögert. Außerdem sei ihm damals durch den zuständigen Personalsachbearbeiter des Klägers versichert worden, ihn wieder einzustellen, wenn er strafrechtlich nicht verurteilt werde. Diese Zusage habe der Kläger jedoch nicht eingehalten.

4.

50

Sofern ihm vorgehalten werde, dass mit ihm Gespräche zur Wahrung der nötigen Distanz geführt worden seien, sei es richtig, dass der Oberstudienrat L... und der damalige Schulleiter diesbezüglich mit ihm jeweils ein Gespräch geführt hätten. Daraufhin habe er jedoch sein Verhalten geändert und es sei zu keinen weiteren Beanstandungen gekommen. Infolgedessen habe er die Fahrt mit der Schülerin C... (jetzt B...) nach D... auch mit deren Eltern und dem damaligen Direktor der BBS, Herrn Q..., abgesprochen.

51

Sofern ihm vorgehalten werde, dass er mit Schülern über WKW kommuniziere, vermisse der Kläger jeglichen Bezug zur schulischen Realität. In einigen Bundesländern sei die Kommunikation über Facebook sogar gewünscht. Auch sei die Plattform „Moodle“ eingeführt worden, damit Lehrer und Schüler über diese Plattform schulische Belange kommunizieren könnten. Er sei damals Vertrauenslehrer gewesen und eine Kommunikation gehöre zur außerschulischen Betreuung.

52

Dass er die Schülerin O... mit „N...“ bezeichnet habe, sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass diese auf mehrfache Ermahnung im Unterricht nicht reagiert habe. Sodann habe er diesen ihm bekannten Spitznamen der Schülerin verwendet, um Gehör zu finden. Dies belege, dass er sehr um seine Schüler bemüht gewesen sei.

53

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B... (früher C...), P..., A..., R..., S..., T..., J... (früher J...) und L.... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die jeweiligen Niederschriften vom 14. Januar und 15. März 2016 verwiesen.

54

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Personal– und Verwaltungsakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht ebenso vor wie die Strafakte der Staatsanwaltschaft Y... (...) und die Gerichtsakten ... und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

55

Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht, welches unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzung und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten die Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht (§§ 11 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1 Nr. 5 und 8 Landesdisziplinargesetz vom 2. März 1998 (GVBl S. 29), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juni 2015 (GVBl S. 93) – LDG –). Aufgrund des eingetretenen irreparablen Vertrauensverlustes und der nicht wiedergutzumachenden Ansehensschädigung ist eine mildere disziplinarrechtliche Ahndung des Dienstvergehens nicht angezeigt.

56

Das behördliche Disziplinarverfahren weist keine wesentlichen Mängel auf (§ 64 LDG). Die vom Beklagten geltend gemachten Einwände greifen nicht. Soweit er sich zunächst auf die lange Verfahrensdauer und damit auf eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes beruft, vermag ein dahingehender Mangel des Verfahrens nicht zur Einstellung des Disziplinarverfahrens führen. Allenfalls kann eine lange Verfahrensdauer beim Disziplinarmaß zu Gunsten des Beamten berücksichtigt werden, solange kein endgültiger Vertrauensverlust im Sinne des § 11 Abs. 2 LDG vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 1998 – 1 D 71.97 – und vom 8. September 2004 – 1 D 18.03 –, juris), wie noch auszuführen sein wird.

57

Die vom Beklagten darüber hinaus gerügte mangelhafte Sachaufklärung durch den Kläger im behördlichen Disziplinarverfahren bliebe, selbst wenn sie vorläge, im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich unbeachtlich, weil auch im Disziplinarrecht der gerichtliche Untersuchungsgrundsatz gilt (§ 21 LDG i.V.m. § 86 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –), der die Disziplinargerichte zur umfassenden Aufklärung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und der für den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände von Amts wegen verpflichtet. Dementsprechend regelt § 67 Abs. 1 LDG, dass das Verwaltungsgericht die erforderlichen Beweise erhebt, so dass das gerichtliche Disziplinarverfahren insgesamt ein Spiegelbild zum behördlichen Verfahren bildet und durch entsprechende Maßnahmen Versäumnisse im behördlichen Verfahren nachgeholt und damit geheilt werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 2 B 69.10 –, juris).

58

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die bereits im behördlichen Disziplinarverfahren gebotene umfassende Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung, wie bereits das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss über die Aussetzung der gegen den Beklagten verfügten vorläufigen Dienstenthebung vom 22. März 2011 (...) ausdrücklich ausgeführt hat, im gerichtlichen Verfahren zu erfolgen hat, und vorliegend auch erfolgt ist.

59

Über die vom Beklagten innerhalb der ihm gesetzten Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Disziplinarklage erfolgten Verfahrensrügen hinaus, weist das Gericht darauf hin, dass die Klageschrift nicht frei von Verfahrensfehlern ist. Nach § 61 Abs. 2 LDG muss die Klageschrift neben der Darstellung der persönlichen und beruflichen Verhältnisse des Beamten und des Gangs des Disziplinarverfahrens die Tatsachen darlegen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird. Dies erfordert, dass Ort und Zeit der einzelnen vorgehaltenen Handlungen möglichst genau angegeben und die einzelnen Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden (Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Kommentar, Stand November 2015, zu § 52 BDG, Rn. 13 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Nur durch die Erfüllung dieser Anforderungen wird sichergestellt, dass sich der Beamte gegen die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Diesen Anforderungen genügt die Klageschrift, in der es unter D) lautet: „Der Beklagte Beamte hat aufgrund der nachfolgend genannten Verhaltensweisen und Vorkommnisse ein Dienstvergehen begangen:“ und sodann unter Ziffn. 1 bis 4 Ausführungen enthält, im Anschuldigungspunkt 1. nicht und im Anschuldigungspunkt 4. nur teilweise.

60

Unter dem Anschuldigungspunkt 1. werden lediglich mit dem Beklagten geführte Gespräche aufgelistet, ohne ein darauf begründetes Fehlverhalten des Beklagten substantiiert darzustellen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin des Klägers hierzu nach entsprechendem Hinweis des Gerichts klargestellt, dass die in der Klageschrift unter Ziff. 1 ausgeführten Gespräche keinen gesonderten Anschuldigungspunkt darstellen sollen, sondern lediglich colorandi causa Erwähnung gefunden haben.

61

Soweit dem Beklagten unter Ziff 4. der Klageschrift „Kommunikationen über WKW und Handy mit seinen Schülerinnen und Schülern“ vorgehalten werden, fehlt es ebenso an der Darstellung eines im Disziplinarverfahren verifizierbaren Sachverhalts im Sinne des § 61 Abs. 2 LDG. Den dahingehenden Mangel der Klageschrift konnte das Gericht jedoch nach freiem Ermessen nach Maßgabe des § 64 Abs. 2 LDG unberücksichtigt lassen. Angesichts der bereits langen Dauer des Disziplinarverfahrens wäre das Disziplinarverfahren bei einer Aussetzung zum Zwecke der Behebung des Mangels erneut unangemessen verzögert worden. Zudem wäre diese Anschuldigung ihrem Gehalt nach nicht geeignet gewesen, die Art und Höhe der ohnehin zu erwartenden Disziplinarmaßnahme entscheidend zu beeinflussen (§ 66 LDG). Dem Beschleunigungsgebot war daher Vorrang zu geben.

62

Darüber hinausgehende Verfahrensfehler sind weder vom Beklagten geltend gemacht noch nach den gegebenen Umständen ersichtlich.

63

In der Sache steht fest, dass der Beamte sich eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Nach § 47 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) – BeamtStG - begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist nach Abs. 1 S. 2 dieser Vorschrift nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

64

Zu den elementaren und im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unabdingbaren beamtenrechtlichen Verhaltensgeboten gehört es, dass der Beamte sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs– und vertrauenswürdig verhält (§ 34 S. 3 BeamtStG), d.h. sein Verhalten gesetzmäßig ist. Gegen diese Pflicht hat der Beklagte dadurch, dass er außerdienstlich vor einer in seinem Obhutsverhältnis stehenden Schülerin onaniert, innerdienstlich eine in seinem Obhutsverhältnis stehende Schülerin in einen Unterrichtsraum eingeschlossen und diese aus egoistischen Motiven in unangemessener Weise mit seiner Nähe konfrontiert hat und durch die Verwendung des sexuell anzüglichen Namens „N...“ in Bezug auf eine Schülerin verstoßen (I.), mit der Folge, dass aufgrund des dadurch bewirkten endgültigen Vertrauensverlustes seine Entfernung aus dem Dienst unausweichlich ist (II.).

I.

Dieser rechtlichen Würdigung legt das erkennende Gericht folgende Feststellungen zugrunde:

1.

65

Seit dem Jahr 2004 war der Beklagte Klassenlehrer und Lehrer der zum damaligen Zeitpunkt 15-jährigen Zeugin B... (vormals C...) u.a. in den Fächern Rechnungswesen und Betriebswirtschaftslehre. Entsprechend einer Absprache mit der Schulleitung und den Eltern der Zeugin nahm der in D... wohnende Beklagte die Zeugin im Februar 2005 in seinem Auto mit nach D..., damit diese dort einen Klassenkameraden, der an Leukämie erkrankt war, besuchen konnte. Nach dem gemeinsam abgestatteten Krankenbesuch nahm der Beklagte seine Schülerin mit in seine Wohnung. Dort angekommen, nahm die Zeugin auf dem Sofa im Wohnzimmer Platz und fragte den Beklagten, ob sie die Hausaufgaben mit seinem Lösungsbuch machen dürfe. Der Beklagte stimmte zu, fragte die Zeugin jedoch, ob er dafür auch etwas machen könne. Die Zeugin bejahte dies ohne Vorahnung spontan, woraufhin der Beklagte seine Hose öffnete, sein Glied anfasste und vor der Zeugin onanierte. Dabei saß der Beklagte zuletzt neben der Zeugin auf dem Sofa und fragte diese, ob sie mit ihren künstlichen Fingernägeln an seine unbekleideten Oberschenkel fassen und auch seine Eichel, die weichste Stelle der Haut, berühren wolle. Die Zeugin lehnte dies ab und gab dem Beklagten zu verstehen, dass ihr all dies höchst unangenehm sei. Offen ist, ob es in der Folge zu einem Samenerguss kam. Aus Scham schenkte die Zeugin dem Beklagten keine große Beachtung und erledigte weiterhin ihre Hausaufgaben. Der Beklagte schloss seine Hose wieder und fuhr die Zeugin mit dem Auto zurück nach F..., wo er gemeinsam mit der Mutter der Zeugin noch eine Tasse Kaffee getrunken hat. Die Zeugin verlor nach diesem Vorfall jeglichen Respekt vor dem Beklagten und gab ihm dies auch deutlich zu verstehen.

66

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Aussage der Hauptbelastungszeugin im Strafverfahren am 15. April 2009 und der sowohl durch die beauftragte Richterin als auch durch die Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgten Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung.

67

Das erkennende Gericht ist von der persönlichen Schuld des Beklagten überzeugt. Der Begriff der Überzeugung schließt allerdings die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Geschehensablaufs nicht aus; denn im Bereich der vom Tatrichter zu würdigenden Tatsachen ist der menschlichen Erkenntnis ein absolut sicheres Wissen über den Tathergang, demgegenüber andere Möglichkeiten seines Ablaufs unter allen Umständen ausscheiden müssten, verschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2012 – 2 WD 34/10 –juris). Nach Würdigung sämtlicher Zeugenaussagen und aller Umstände, denen eine indizielle Bedeutung für die Schuld oder Unschuld des Beklagten zukommt, konnte die Kammer mögliche Zweifel überwinden und sich vom oben dargestellten Sachverhalt überzeugen.

68

An der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin bestehen auch unter Berücksichtigung der vielfältigen Einwände des Beklagten nach Auffassung der erkennenden Kammer keine durchgreifenden Zweifel. Wesentlich nimmt die Kammer dabei in den Blick, dass die Zeugin in ihrer Vernehmung vor der erkennenden Kammer nunmehr zum dritten Mal einen im Kern gleichbleibenden und in sich stimmigen Sachverhalt geschildert hat. Bereits bei ihrer Vernehmung am 15. April 2009 anlässlich eines gegen den Beklagten wegen eines Vorfalls im Jahr 2008 eingeleiteten Strafverfahrens schilderte die Zeugin den Kernvorfall des Onanierens in der Wohnung des Beklagten genauso wie in den nachfolgenden gerichtlichen Vernehmungen. Dabei blieb auch der wesentliche Verlauf der Ereignisse, d.h. Fahrt nach D..., Krankenhausbesuch, Fahrt zum Beklagten, Frage nach dem Lösungsbuch, Stellen der Gegenfrage, ob er auch etwas dafür tun könne, das Onanieren und die Fahrt nach Hause in sämtlichen Vernehmungen identisch. Der Umstand, dass nicht nur zwischen dem Vorfall im Jahr 2005 und der ersten Vernehmung der Zeugin im Jahr 2009 bereits ein langer Zeitraum verstrichen war, und das fragliche Ereignis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Vernehmung nunmehr zehn Jahre zurück liegt, die Zeugin dennoch stringent, in sich schlüssig und ohne Widersprüche ein nach wie vor identisches Kerngeschehen schildert, begründet bereits die volle Überzeugungsgewissheit des Gerichts, dass sich der angeschuldigte Vorfall so zugetragen hat, wie von der Zeugin dargelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung konnte das Gericht sich von einer gefestigten Persönlichkeit überzeugen, die mit Bedacht und nach reiflichem Überdenken einer möglichen Schuldfrage, einen Vorfall geschildert hat, der sich nach menschlichem Ermessen nachvollziehbar in ihre Erinnerung eingegraben hat.

69

Dabei übersieht das erkennende Gericht nicht, dass die Zeugin erstmals im Rahmen der Vernehmung durch die beauftragte Richterin am 14. Januar 2016 Details zum Kerngeschehen (z.B. Aufforderung, die entblößten Beine und auch die Eichel anzufassen) offengelegt hat, die bislang im Verborgenen lagen und zunächst den Anschein eines wesentlich gesteigerten und damit mit Glaubwürdigkeitszweifeln behafteten Vorbringens gesetzt haben. Unter Würdigung der wiederholten stringenten Darlegung des Kerngeschehens, der nachvollziehbaren Erklärung zum widersprüchlichen Aussageverhalten und des persönlichen Eindrucks von der Zeugin sowie unter Berücksichtigung der im Laufe des Disziplinarverfahrens offen zu Tage getretenen Persönlichkeit des Beklagten und der übrigen im Raum stehenden Verfehlungen, wird den Zweifeln jedoch jegliche Grundlage entzogen.

70

Die Zeugin selbst hat auf Vorhalt ihres gesteigerten Vorbringens spontan und authentisch dargelegt, dass sie zum Zeitpunkt der polizeilichen Vernehmung im Jahr 2009 nicht die volle Wahrheit gesagt habe. Sie habe das Ganze eigentlich komplett aus ihrem Kopf haben wollen und sei noch nicht in der Lage gewesen, offen über die Dinge zu reden. Sie habe Angst gehabt, man könne ihr – wegen der geschilderten Erpressung des Beklagten - den Schulabschluss aberkennen. Sie sei etwa seit ihrem 18. Lebensjahr (2007) depressiv gewesen und habe von daher die Ereignisse nicht bis ins Detail schildern können und wollen. Ihre handschriftlichen Aussagen im Disziplinarverfahren (Oktober 2014, Februar 2015) habe sie gemeinsam mit ihrer damaligen Therapeutin verfasst. Sie habe sich selbst gehasst und sich Vorwürfe gemacht, dass sie zu diesem Vorfall geschwiegen habe. Dieser Vortrag erscheint glaubwürdig und findet seine Bestätigung darin, dass die Zeugin in ihrer schriftlichen Aussage vom Februar 2015 die Ermittlungsführerin darum gebeten hat, von weiteren Fragen abzusehen, da sie all dies auch noch nach zehn Jahren sehr belaste. Vor der beauftragten Richterin gab die Zeugin an, dass sie sich auf Anraten ihrer neuen Therapeutin entschlossen habe, im Verfahren auszusagen. All dies belegt umso mehr die innere Zerrissenheit der Zeugin seit dem Vorfall im Jahr 2005 und gleichzeitig, dass sie nunmehr besonnen die damaligen Ereignisse reflektiert und diese – auch noch zu einem sehr späten Zeitpunkt – mit Bedacht wahrheitsgemäß dargelegt hat.

71

Dass sich dabei ihre Erinnerung auf das markante Kerngeschehen konzentriert hat und Erinnerungen an Randgeschehen demgegenüber weitgehend ausgeblendet wurden, erscheint aufgrund des langen Zeitablaufs, der Tatsache, dass die Zeugin zum Tatzeitpunkt erst 15 Jahre alt war und der geistigen und sittlichen Entwicklung der Zeugin seit diesem Zeitpunkt ebenso nachvollziehbar. Vielfach war die Zeugin nicht in der Lage, Randdetails auch auf Nachfrage und Vorhalt in Erinnerung zu rufen. So war sie nicht mehr in der Lage, Einzelheiten der Fahrt ins Krankenhaus, der Fahrt zum Beklagten und nach Hause oder die genauen Abläufe in der Wohnung des Beklagten zu schildern. Unabhängig davon, dass auch das Eingeständnis von Erinnerungslücken die Glaubwürdigkeit der Zeugin untermauert, muss im Gesamtkomplex aber auch gesehen werden, dass es sich bei den Fragen, ob und wann die Zeugin mit oder ohne den Beklagten eine Zigarette geraucht hat, welche Größe das im Wohnzimmer befindliche CD- Regal hatte und ob man bei McDonald‘s noch ein gemeinsames Essen zu sich genommen hat, um derart untergeordnete Einzeldetails handelt, dass aus den dahingehend vagen Angaben weder die Unglaubhaftigkeit des Vortrags noch die Unglaubwürdigkeit der Zeugin hergeleitet werden kann.

Von daher sei lediglich ergänzend noch zu einzelnen Vorhaltungen des Beklagten Folgendes angemerkt:

72

Die Skizze der Zeugin von seiner Wohnung bestätigt entgegen der Auffassung des Beklagten gerade deren Glaubwürdigkeit. Bereits ein erster Blick über die Skizzen der Zeugin und die des Beklagten widerlegt die Behauptung des Beklagten, dass die Zeugin nie in seiner Wohnung gewesen sei. Markante Details, wie die Raumaufteilung sowie der Zugang zur Wohnung und auch – wie bereits vom Kläger angemerkt – die Lage des Balkons im Wohnzimmer sind in beiden Skizzen nahezu identisch. Dass die tatsächlichen Gebrauchszwecke der Zimmer nicht mit denjenigen in der Skizze der Zeugin übereinstimmen, ist nachvollziehbar, da die Zeugin zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, die Wohnung des Beklagten begangen zu haben. Wesentlich vermochte die Zeugin vor der beauftragten Richterin den Zuschnitt des Wohnzimmers des Beklagten, die Möblierung, insbesondere auch mit einem Esstisch an der vom Beklagten ebenso angegebenen Stelle, zu beschreiben. Von sich aus erwähnte die Zeugin ein CD– Regal im Wohnzimmer des Beklagten, was darauf schließen lässt, dass es auch der Zeugin sichtlich ins Auge gefallen ist. Dass sie die genauen Ausmaße dieses Regals, wie aus einem vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Foto ersichtlich, nicht thematisierte, lässt nicht auf ihre Unglaubwürdigkeit schließen. Ein derartiger Umkehrschluss widerspräche auch jeglicher Lebenserfahrung.

73

Auch die vom Beklagten monierte Schilderung der Größe des sich der Wohnung anschließenden Gartens, lässt keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin aufkommen. Auf Nachfrage der beauftragten Richterin im Termin zur Zeugenvernehmung gab die Zeugin spontan an, dass man vom Balkon aus auf einen „großen“ Garten sehen konnte. Dass sie diesen Umstand nicht bereits im Jahr 2009 im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren von sich aus angegeben hat, begründet unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt die Unglaubhaftigkeit des geschilderten disziplinarrechtsrelevanten Vorfalls, widerspräche im Gegenteil angesichts des Tatgeschehens jeglicher Lebenserfahrung.

74

Die im Übrigen vom Beklagten vorgetragenen Ungereimtheiten, wie z.B., dass die Zeugin hätte wissen müssen, dass der Beklagte Raucher sei, dass er künstliche Fingernägel ebenso wie Weberkuchen hasse und von daher einen solchen auch nicht besessen habe, dass er jeden Schultag 8 Stunden Unterricht abzuhalten gehabt habe und daher unter Einrechnung der Fahrtzeit nach D... und F... der Vorfall zeitlich schon nicht habe stattfinden können, dass die Zeugin dem Beklagten einen Liebesbrief geschrieben habe und sie weiterhin freiwillig an der Theater AG teilgenommen habe, sind ebenso allesamt nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Zeugin infrage zu stellen. Insofern fehlt bereits die Darlegung dessen, inwieweit diese Fragen final geeignet wären, Einfluss auf das Beweisthema und die Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu nehmen.

75

Die Zeugin hat zu keinem Zeitpunkt bestritten, freiwillig an der Theater-AG teilgenommen zu haben. Das dahingehende unbefangene Verhalten nach dem angeblichen Vorfall passt wiederum vielmehr zu den Schilderungen der Zeugin, dass sie mehr oder weniger mit diesem Vorfall alleine war und damit leben musste - denn offenkundig hat die Zeugin, wie die Vernehmung ihrer Mutter C... bestätigte, selbst bei dieser kein Gehör gefunden - dies letztlich auch wollte, da sie den Schulabschluss anstrebte und nachfolgend auch Angst hatte, dieser könne ihr wieder aberkannt werden, wenn bekannt würde, dass sie den Beklagten in irgendeiner Weise nach diesem Vorfall unter Druck gesetzt habe. Dies fand seine Konsequenz schließlich darin, dass sie den Vorfall nicht zur Anzeige gebracht hat, was sie unschwer auch ohne die Hilfe ihrer Mutter hätte tun können. Letzteres belegt wiederum, dass die Aussage der Zeugin B... (ehemals C...) am 15. April 2009 ohne Belastungstendenz erfolgt ist. Hätte sie dem Beklagten schaden wollen, hätte sie dies bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt tun können. Hiermit einhergehen die Beteuerungen der Zeugin B... (ehemals C...) vor der Polizei und dem Gericht, dass sie keinen Groll gegen den Beklagten hege, dass sie jedoch der Meinung sei, dass so etwas im Schüler-Lehrerverhältnis nicht passieren dürfe. Sie habe lange Zeit gebraucht, um unter anderem dieses Geschehen aufzuarbeiten. Auch dies belegt, dass die Zeugin diesen Vorfall aus eigenem Entschluss heraus nicht offengelegt hätte.

76

Gründe, weshalb die Zeugin sich die in Rede stehende Verfehlung des Beklagten anlässlich ihrer Zeugenaussage im Strafverfahren ausgedacht haben könnte, hat auch der Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Sein Einwand, die Zeugin B... sei in ihn verliebt gewesen und habe aus verschmähter Liebe heraus gehandelt, begründet nicht, weshalb die Zeugin vier Jahre nach dem Vorfall, d.h. zu einer Zeit, zu der zu ihm keinerlei Verbindung mehr bestanden hat, eine Aussage zu seinen Lasten gemacht haben soll. Dabei kann zugunsten des Beklagten sogar unterstellt werden, dass die Zeugin dem Beklagten, in den offensichtlich eine Vielzahl von Schülerinnen verliebt war, wie die Zeugin A... im Termin zur mündlichen Verhandlung schilderte, und was nach den Aussagen der Zeugin R... vom 26. November 2009 und auch vor dem erkennenden Gericht keine außergewöhnliche Besonderheit im Verhältnis einer jungen Schülerin zu einem beliebten Lehrer ist, einen Liebesbrief geschrieben hat.

77

Die im Weiteren vom Beklagten aufgeworfenen Fragen, wie z.B. dass ein Acht–Stunden–Unterrichtstag bereits das Geschehen ausschließe, dass er künstliche Fingernägel ebenso wie Weberkuchen hasse etc., entfalten ersichtlich keine Entscheidungsrelevanz. Selbst wenn der Beklagte künstliche Fingernägel oder Weberkuchen hassen würde, würde dies nicht ausschließen, dass er dennoch die Frage mit den Fingernägeln gestellt hat und Weberkuchen vorrätig hatte. Auch ist nicht nachvollziehbar, weshalb ein Acht–Stunden–Unterrichtstag das geschilderte Geschehen unglaubwürdig machen soll. Insgesamt gesehen drängte sich von daher dem Gericht auch unter Amtsermittlungsgrundsätzen kein weitergehender Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der von der Zeugin B... (ehemals C...) gemachten Aussage sowie deren Glaubwürdigkeit auf.

78

Dies gilt letztlich auch vor dem Hintergrund der Aussagen der zu diesem Beweisthema weiterhin vernommenen Zeugen.

79

Der Zeuge P... konnte immerhin bestätigen, dass es irgendeinen Vorfall um das entblößte Glied des Beklagten in Gegenwart seiner ehemaligen Freundin ... gegeben hat. Dass er sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte, mag einerseits dem Umstand des langen Zeitablaufs und andererseits der Tatsache geschuldet sein, dass dem Zeugen das Beweisthema sichtlich unangenehm war.

80

Die Zeugin A... konnte sich nach dem langen Zeitraum nicht mehr daran erinnern, ob ihr die Zeugin B..., mit der sie zum damaligen Zeitpunkt eng befreundet war, von einem Vorfall in der Wohnung des Beklagten erzählt hat. Vage räumte sie ein, dass es sein könne, dass sie (die Zeugin B..., vormals C...) ihr mal gesagt habe, dass der Beklagte ihr ein Bild seines Geschlechtsteils geschickt habe. Die wenig gehaltvolle Aussage der Zeugin A... schließt jedoch die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin nicht aus. Denn immerhin konnte die Zeugin bestätigen, dass es auch in ihrem Leben ein “Kapitel“ gegeben habe, in dem der Beklagte eine „sexuelle“ Rolle gespielt habe. Diese sexuelle Begegnung habe sie der Zeugin B... (ehemals C...), wie auch diese vor der beauftragten Richterin erstmals bekräftigt hat, anvertraut. All dies wolle sie – so die Zeugin A... – jedoch verdrängen. In Folge dessen ist es verständlich und nachvollziehbar, dass subjektiv empfundene Nebensächlichkeiten umso mehr hinter das selbst Erlebte zurücktreten, dass sie nach einem so langen Zeitraum nicht mehr erinnerlich sind. Im Umkehrschluss spricht die Aussage der Zeugin A... vielmehr wieder für die Glaubwürdigkeit der Zeugin B.... Ein sexueller Kontakt des Beklagten mit der Zeugin A... hat entgegen der Behauptung des Beklagten, die Zeugin habe – auch - insofern gelogen, offensichtlich stattgefunden. Darüber hinaus war der Zeugin B... (vormals C...) aufgrund der Beweislage bereits zum Zeitpunkt der polizeilichen Vernehmung am 15. April 2009 bekannt, dass es möglicherweise eine weitere strafrechtlich relevante sexuelle Begegnung des Beklagten mit der Zeugin A... gegeben hat. Diesen Umstand hat die Zeugin bei ihrer polizeilichen Vernehmung im Jahr 2009 verschwiegen, obwohl sie den Beklagten auch hierdurch erheblich hätte belasten können.

81

Die Mutter der Zeugin B... (ehemals C...) konnte nicht positiv bestätigen, dass ihr die Tochter von einem Vorfall mit dem Beklagten erzählt hat. Die Zeugin C... berief sich im Rahmen ihrer Vernehmung durch die beauftragte Richterin durchweg auf ein mangelndes Erinnerungsvermögen. Auf die Frage, ob die Tochter ihr irgendetwas über einen Vorfall mit dem Beklagten erzählt habe, sie der Tochter jedoch keinen Glauben geschenkt habe, erklärt die Zeugin ausdrücklich: „Ja, das kann schon sein“. Diese Aussage erläuterte die Mutter nachfolgend damit, dass ... ein „Schattenkind“ sei, das stets im Schatten ihrer älteren kranken Schwester gestanden habe. Von daher habe es mit ihrer Tochter ... immer schon Probleme gegeben und sie habe nicht immer alles auf die Goldwaage gelegt, was Ihre Tochter erzählt habe. Nicht nur diese Äußerung, sondern auch der Gehalt der Zeugenaussage im Ganzen, insbesondere, die Bekräftigung, dass sie zwar wisse, dass ... eine Therapie mache, hierzu jedoch auch auf konkrete Nachfrage keine näheren Angaben machen konnte, deutet darauf hin, dass die Zeugin B... im Leben der Eltern ein „Selbstläufer“ war und in Anbetracht der Erkrankung der älteren Schwester auch sein musste. Probleme der Tochter ... wurden offenkundig nicht mit der gehörigen Aufmerksamkeit aufgegriffen und erst recht nicht verinnerlicht. Infolgedessen erklärt sich auch, dass die Zeugen B... im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Vorhalt der Aussage der Mutter vor der beauftragten Richterin vom 14. Januar 2016, sichtlich erschüttert mit Unverständnis reagiert hat und in Tränen ausgebrochen ist. Ohne dass es entscheidend auf die Glaubwürdigkeit der Mutter ankommt, sei hier lediglich ergänzend angemerkt, dass die Aussage der Zeugin C..., sie habe sich nach Erhalt der Zeugenladung nicht mit ihrer Tochter über das Beweisthema unterhalten, fernab jeglicher Lebenserfahrung liegt. Wenn dem nicht bereits jegliche Glaubwürdigkeit abzuerkennen ist, so bestätigt diese Angabe umso mehr die sich in die Gesamtaussage einfügende Interessenlosigkeit der Mutter am Leben ihrer Tochter. Der Aussage der Mutter, keine Erinnerung an Erzählungen ihrer Tochter über den Beklagten zu haben, kann damit jedenfalls keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden.

82

Nach eingehender Bewertung der sich dem Gericht darstellenden Beweislage, d.h. der in sich schlüssigen Darstellung des Tatgeschehens durch die Hauptbelastungszeugin sowie der sich dem Gericht stellenden Indizien, besteht an der Glaubhaftigkeit der den Beklagten belastenden Aussage der Zeugin B... (ehemals C...) kein vernünftiger Zweifel.

2.

83

Im Jahr 2008 war der Beklagte Lehrer der zum damaligen Zeitpunkt 22-jährigen Zeugin J... (ehemals J...). Gegen Ende des Lehrjahres im Frühjahr 2008 holte der Beklagte die Zeugin aus dem Unterricht eines anderen Lehrers heraus und ging mit ihr in den Computerraum. Die Zeugin J... (ehemals J...) ging an einen Tisch und setzten sich leicht auf die Kante. Dann schloss der Beklagte mit seinem Schlüssel von innen die Tür ab und ließ den Schlüssel im Schloss stecken. Die Zeugin fragte ihn, was das solle. Der Beklagte erwiderte daraufhin, dass er nicht gestört werden wolle. In Bezug auf das Abschließen erklärte er, dass er es unangenehm fände, wenn man eine Schülerin und einen Lehrer in einem Raum vorfinde. Mehrfach fragte die Zeugin nach, was er von ihr wolle. Der Beklagte lief im Raum herum und befand sich schließlich im Rücken der Zeugen. Er sagte ihr, er wolle mit ihr schlafen und könne jetzt nicht vor sie treten, sie solle nicht sehen, wie er aussehe. Die Zeugin vermutete, dass der Beklagte, wie sie es ausdrückte, einen „Steifen“ hatte. Sie wurde panisch und aggressiv und forderte ihn mit lauter Stimme auf, die Tür aufzuschließen und sie wieder herauszulassen, anderenfalls werde sie schreien. Der Beklagte trat daraufhin vor die Zeugin, zupfte an seiner Hose im Bereich der Genitalien, schloss die Tür wieder auf und ließ sie gehen.

84

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Aussagen der Zeugin J... (ehemals J...) im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 23. Februar 2009 und 23. November 2009 sowie vor der erkennenden Kammer am 15. März 2016.

85

Obwohl der Beklagte den Vorfall bestreitet, mithin auch hier Aussage gegen Aussage steht, bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der von der Zeugin gemachten Aussage. Die Zeugin hat den Vorfall erstmals in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 23. Februar 2009 schlüssig und insgesamt plausibel geschildert. Dass die Zeugin im Rahmen ihrer zweiten Vernehmung am 23. November 2009 hinsichtlich eines angeblich vom Beklagten an die Zeugin über WKW gesendeten Bildes mit einem erigierten Glied klargestellt hat, dass sie selbst den Kontakt zum Beklagten aufgenommen, später privat mit ihm über SMS geschrieben und der Beklagte einmalig ein Foto mit einem erigierten Glied über MMS an sie versendet hat, erschüttert die Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht. Vielmehr konnte die Zeugin bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nachvollziehbar die Beweggründe für die ursprünglich falsche Aussage hinsichtlich der Übermittlungsmethode des Bildes belegen. Authentisch hat die Zeugin insofern vor der Polizei geschildert, dass sie mit ihrem damaligen Freund eine vertrauensvolle Beziehung geführt habe. Sie habe ihm alles erzählt. Sie habe die Version mit der WKW-Geschichte erfunden, da diese nicht so schlimm gewesen sei, wie die Tatsache der eigenen Kontaktaufnahme mit dem Beklagten über Telefon und SMS/MMS. Nachdem er die Wahrheit erfahren habe, habe er auch tatsächlich die Beziehung beendet. Wesentlich ist zudem, dass die Zeugin trotz Klarstellung der dahingehenden Unrichtigkeit das Kerngeschehen des Übermittelns eines Fotos eines erigierten Gliedes bestätigt hat. Nachvollziehbar konnte die Zeugin sowohl im Rahmen ihrer ersten als auch der zweiten Vernehmung vor der Polizei ihr subjektives Empfinden bei Erhalt des Fotos darstellen. Hätte die Zeugin ein derartiges Geschehen nicht erlebt, wäre sie auch nicht in der Lage gewesen, ihre Empfindungen derart authentisch zu schildern, wie dies geschehen ist.

86

Folgt von daher entgegen der Auffassung des Beklagten nicht bereits aus den widersprüchlichen Aussagen der Zeugin J... (ehemals J...) in Bezug auf das Versenden des Bildes im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren deren Unglaubwürdigkeit, erschließt sich eine solche erst recht nicht hinsichtlich des hier angeschuldigten Vorfalls im Computerraum Ende des ersten Lehrjahres 2008. Diesbezüglich hat die Zeugin in ihrer klarstellenden Aussage am 23. November 2009 und nachfolgend am 24. November 2009 ausdrücklich bekräftigt, dass sich das Ereignis im Computerraum nach dem Vorfall des Versenden des Bildes so zugetragen habe, wie von ihr bereits am 23. Februar 2009 geschildert.

87

Das erkennende Gericht konnte sich im Rahmen der Zeugenvernehmung von der Glaubwürdigkeit der Zeugin überzeugen. Trotz der langen Zeitdauer, die seit dem angeschuldigten Ereignis verstrichen ist, konnte die Zeugin sich vor der erkennenden Kammer im Kern noch an den Vorfall des Einschließens im Computerraum erinnern. Darüber hinaus war sie auch jetzt noch in der Lage, ihre damit verbundenen Emotionen, gemischt aus Angst und Aggressivität, darzustellen. Sie wirkte besonnen und war bewusst darauf bedacht, nur noch das wiederzugeben, was ihr erinnerlich war und räumte Erinnerungslücken ein. Insgesamt vermochte sie jedoch überzeugend darzustellen, dass das Geschehen, welches im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren mit dem Vorwurf der Freiheitsberaubung gegen den Beklagten verbunden war, tatsächlich stattgefunden hat. Demzufolge gab sie auch vor Gericht wider, dass der Beklagte sie ohne erkennbaren Grund aus dem Unterricht herausgerufen hat, mit ihr in den Computerraum gegangen ist, den er sodann von innen abgeschlossen und erst wieder geöffnet hat, als sie massiv darauf bestanden hat. Darüber hinaus war sie in der Lage, allgemeine Bekundungen zum Verhalten und zur Persönlichkeit des Beklagten abzugeben, welche mit einer Vielzahl der im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren angehörten Zeugen und auch mit den vor dem erkennenden Gericht durch die Zeugin ... gemachten Ausführungen übereinstimmen. Hierzu gehört nicht nur, dass es sich bei dem Beklagten um einen guten und beliebten Lehrer gehandelt hat, sondern auch, dass er gegenüber den Schülerrinnen das Thema Sexualität despektierlich kommuniziert und teilweise auf eine ebenso despektierliche Art und Weise die Nähe zu den Schülerinnen gesucht hat.

88

Nachdem bereits wegen mutmaßlicher sexueller Belästigung auf Veranlassung der Zeugin ... ein entsprechendes Beschwerdeverfahren in der Schule gegen den Beklagten in Gang gesetzt worden war, dem sich die Zeugin J... (ehemals J...) lediglich angeschlossen hat, liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Zeugin ihre Aussage mit Belastungstendenz getätigt haben könnte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb sie damals und auch heute nach all den Jahren ein Interesse daran haben könnte, dem Beklagten zu schaden.

89

Die vom Beklagten gegen die Glaubhaftigkeit des Vortrages vorgetragenen Einwände verfangen nicht. Dass der Beklagte nicht im Besitz eines entsprechenden Schlüssels für den Computerraum gewesen sein soll, ist widerlegt durch die Ermittlungen im behördlichen Disziplinarverfahren. Der Beklagte war zum damaligen Zeitpunkt im Besitz eines Generalsschlüssels, mit dem er in der Lage war, den Computerraum auf– bzw. abzuschließen. Die von der Zeugin J... (ehemals J...) geschilderte örtliche Gegebenheit entspricht auch dem zur disziplinarrechtlichen Ermittlungsakte gereichten Lageplan. Die vom Beklagten erstmals im gerichtlichen Disziplinarverfahren vorgetragene Behauptung, der Computerraum sei zum damaligen Zeitpunkt belegt gewesen, ist durch nichts auch nur annähernd belegt und von daher eine Behauptung ins Blaue hinein. Angesichts der detailreichen und von daher glaubwürdigen Schilderungen der Zeugin J... (ehemals J...) ist es auch unschädlich, dass zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr ermittelbar ist, welcher Fachlehrer die Zeugin zum Zeitpunkt des Herausrufens aus dem Unterricht unterrichtet hat. Das fehlende Ausschöpfen sämtlicher Ermittlungsmöglichkeiten ändert nichts daran, dass der zu ermittelnde Sachverhalt aufgrund anderer und derzeit noch greifbarer Erkenntnisquellen feststeht. Zudem ist zu sehen, dass selbst wenn sich der entsprechende Fachlehrer nicht an einen Vorgang des Herausrufens erinnern könnte, dieser Umstand zudem nicht geeignet wäre, die Glaubwürdigkeit der Zeugin J... (ehemals J...) in Zweifel zu ziehen.

3.

90

Der Beklagte hat an einem nicht mehr genau feststellbaren Tag in Bezug auf seine damalige Schülerin O... die sexuell auf die Größe der Brüste anspielende Bezeichnung „N...“ als Rufname verwendet.

91

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Ermittlungen im Strafverfahren und wird vom Beklagten eingeräumt. Soweit dem Beklagten - über die von ihm eingestandene - eine wiederholte Verwendung dieses Namens vorgehalten wird, fehlt eine dahingehende Konkretisierung des Tatgeschehens in der Klageschrift.

92

In disziplinarrechtlicher Hinsicht hat der Beamte durch das feststehende Verhalten schuldhaft in schwerwiegender Weise gegen die ihm gemäß § 34 S. 3 BeamtStG obliegende Pflicht, innerdienstlich und außerdienstlich der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert, verstoßen. Nicht achtungsgerecht ist ein Verhalten, das das Ansehen des Beamten und des Beamtentums beeinträchtigen kann, wobei hier nicht erforderlich ist, dass ein Ansehensschaden eingetreten ist. Es genügt vielmehr, dass das Verhalten eines Beamten geeignet ist, sein Ansehen zu beeinträchtigen. Der Begriff des Vertrauens bezieht sich dagegen auf das interne Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn, insbesondere auf Verhaltensweisen, die für den Dienstherrn Zweifel an der dienstlichen Zuverlässigkeit des Beamten begründen könnten. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Beamte gegen seine beruflichen Kernpflichten verstößt und darüber hinaus der Kernpflichtverstoß zugleich ein strafbewehrtes Verhalten darstellt.

93

Der Beklagte hat vorliegend innerdienstlich und außerdienstlich im Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten versagt und damit aufgrund der bestehenden materiellen Dienstbezogenheit seines Fehlverhaltens, insgesamt ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 1 DB 6/06 - und Urteil vom 20. Februar 2011 - 1 DB 55/99 -; Bay.VGH, Urteil vom 12. März 2013 - 16a D 11.624 –, juris).

94

Gemäß § 25 Abs. 1 SchulG in der Fassung vom 24. Juli 2014 (GVBl Seite 125) – SchulG - gestalten Lehrkräfte Erziehung und Unterricht im Rahmen der für die Schule geltenden Rechtsvorschriften. Die Verpflichtungen der Schule ihren Schülern sowie deren Eltern gegenüber sind damit wesentlicher Bestandteil der Dienstpflichten der Lehrerinnen und Lehrer. Im Mittelpunkt dieser Pflichten steht der staatliche Erziehungsauftrag (vgl. Art. 33 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –, § 1 SchulG), welcher durch die Vermittlung von Werten, insbesondere der Achtung und Wahrung der persönlichen Würde im Zusammenleben der Menschen, und der unabdingbaren Integrität amtlicher Auftraggeber in einem demokratischen Gemeinwesen geprägt ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2002 - 3 A 11870/01.OVG -). Das Verhalten des Lehrers muss daher gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 SchulG eine Erziehung der Schüler zu verantwortlichem Handeln mit dem Ziel der freien Entfaltung der Persönlichkeit sowie der Ermöglichung einer Orientierung in der modernen Welt gewährleisten. Es hat darüber hinaus das elterliche Erziehungsrecht zu achten und darf insbesondere nicht geeignet sein, das vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenwirken von Schule und Eltern im Sinne des § 2 Abs. 3 SchulG zu gefährden. Mit der Einfügung des Abs. 5 in § 1 SchulG (Schulgesetzänderung vom 8. Februar 2013, GVBl. S. 9) hat der Gesetzgeber unter Klarstellung, dass das Schuldverhältnis insgesamt als besonderes Obhutsverhältnis zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern besteht, den Schutz der Schülerinnen und Schüler vor sexuellen Übergriffen durch Lehrkräfte bekundet.

95

Diese einfachgesetzliche Ausgestaltung der Dienstpflichten der Lehrer entspricht den Vorgaben der rheinland– pfälzischen Landesverfassung. Danach haben Lehrer ihr Amt im Sinne der Grundsätze der Verfassung auszuüben (Art. 36 LV). Als staatliche Handlungsorgane haben Sie insbesondere das Recht der Schüler auf Entwicklung ihrer körperlichen und geistigen Anlagen sowie auf die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu achten wie sie auch verpflichtet sind, deren persönliche Freiheit und Selbstähnlichkeit zu schützen und ihr Wohlergehen zu fördern (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 LV). Über diese – für alle Beamten geltenden - Pflichten hinaus sind sie zudem insbesondere verpflichtet, die Jugend zu sittlicher Haltung zu erziehen (vgl. Art. 33 LV) und das Recht der Eltern über die Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen (vgl. Art. 27 Abs. 1 LV), zu beachten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Februar 2012 - 3 A 11426/11.OVG -).

96

Die Wahrung der Integrität der Schüler, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen persönlichen Entwicklung sowie Anspruch auf Vertrauen der Eltern darauf, dass Lehrer das (aufgrund der allgemeinen Schulpflicht letztlich erzwungene) Obhut– und Näheverhältnis zu den Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichten den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt – in Wort wie in Tat – zu verhalten. Körperliche Distanz hat daher das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern auch dann zu prägen, wenn der Schüler mit deren Aufgabe vordergründig einverstanden ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 27. Oktober 2004 – 16a D 03.2067 –, juris).

97

Ein Lehrer – der wie hier gegenüber der Zeugin B... (ehemals C...) – die gebotene sexuelle Distanz zu einer in seinem Obhutsverhältnis stehenden Schülerin missachtet, verletzt seine oben genannten Dienstpflichten eklatant. Obwohl vorliegend viel dafür spricht, dass der Beklagte sich hierdurch gleichzeitig der Begehung eines sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch - StGB – strafbar gemacht hat, besteht der Vorwurf des Dienstvergehens unabhängig davon, dass eine strafrechtliche Verurteilung des Beklagten vorliegend nicht erfolgt ist, wie noch auszuführen sein wird.

98

Auch gegenüber der der zum Tatzeitpunkt bereits erwachsenen, jedoch nach wie vor in seinem Obhutverhältnis stehenden – Zeugin J... (ehemals J...) sowie gegenüber der ehemaligen, zum Tatzeitpunkt minderjährigen, Schülerin O... hat der Beklagte sich achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten. Wenn auch hier keine strafbewehrte sexuelle Handlung gegenüber den Zeuginnen infrage steht, so hat der Beklagte aber auch durch diese Verhaltensweisen gegen das generelle Distanzgebot im Schüler– Lehrerverhältnis verstoßen. Der Beklagte hat seine Schülerin ohne pädagogisch nachvollziehbaren Grund alleine in den Computerraum gebeten und diesen von innen verschlossen. Die hierdurch bewirkte unangemessene Nähe einerseits und die für die Schülerin u.a. durch die Aussage, mit dieser schlafen zu wollen, geschaffene Zwangslage widerspricht eklatant dem Distanzgebot eines Lehrers. Auch unabhängig davon, ob der Beklagte den Straftatbestand der Freiheitsberaubung nach § 239 StGB verwirklicht hat, wogegen die Kammer nach wie vor die bereits in ihrem Beschluss vom 22. Dezember 2010 (...) dargelegten Bedenken hegt, hat der Beklagte hierdurch jedenfalls gegen pädagogisch etablierte Grundsätze verstoßen. Diese Pflicht besteht auch gegenüber volljährigen Schülern. Zwar ist zu sehen, dass mit zunehmendem Alter die Fähigkeit zur Selbstbestimmung wächst, jedoch besteht das Distanzgebot über den Zeitpunkt der Volljährigkeit hinaus, da auch bei diesen Schülerinnen und Schülern allein schon aufgrund ihres Status sowie des Altersunterschieds ein erhebliches Ungleichverhältnis besteht, und ein uneingeschränktes Vertrauen in die Objektivität und Unvoreingenommenheit des Lehrers unabdingbare Voraussetzung für die Ordnungsgemäßheit des Schulbetriebes ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2016, a.a.O.).

99

Auch das Verhalten gegenüber der Zeugin O..., die die Bezeichnung „N...“ durch den Beklagten ausweislich ihrer Zeugenvernehmung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 3. März 2009 eindeutig als Anspielung auf die Größe ihrer Brüste verstanden hat, stellt sich als eine verbale sexuelle Entgleisung und damit als Verstoß gegen das Distanzgebot eines Lehrers dar.

100

Der Beklagte hat hinsichtlich der Pflichtverstöße vorsätzlich gehandelt. Die exhibitionistische Handlung vor der Zeugin B... (ehemals C...) hat der Beklagte in der Absicht vorgenommen, seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Die Zeugin J... (ehemals J...) hat der Beklagte in der Absicht in den Computerraum gebeten, um mit ihr ungestört allein sein zu können und seine Gefühle zu offenbaren. Zu diesem Zweck hat er bewusst den Computerraum von innen abgeschlossen und den Schlüssel stecken lassen, weil er hierdurch verhindern konnte, dass der Raum von außen hätte geöffnet werden können. Auch die Äußerung gegenüber der Zeugin O... erfolgte bewusst und in Kenntnis der sexuellen Anspielung.

II.

101

Welche Disziplinarmaßnahme hiernach angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (§ 11 Abs. 1 S. 2 LDG). Eine Entfernung aus dem Dienst setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 11 Abs. 2 S. 1 LDG).

102

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der disziplinaren Maßnahme ist demnach die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale). Zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

103

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild“ des Beamten umfasst dessen persönlichen Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder der Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.

104

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

105

Aus den gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu befinden, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, oder ob die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist. Ergibt die prognostische Gesamtwürdigung, dass ein endgültiger Vertrauensverlust noch nicht eingetreten ist, haben die Verwaltungsgerichte diejenige Disziplinarmaßnahme zu verhängen, die erforderlich ist, um den Beamten zur Beachtung der Dienstpflichten anzuhalten und der Ansehensbeeinträchtigung entgegenzuwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007, Az.: 2 C 9/06 – juris -).

106

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ist das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des §§ 3 Abs. 1 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Insofern können zunächst die vom Bundesverwaltungsgericht für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeln Maßnahmen von Bedeutung sein. Für die endgültige Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist dann zusätzlich zu prüfen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2007, NVwZ-RR 2007, 695 und vom 14. November 2007, DokBer. 2008, 141).

107

Nach Maßgabe dieser Grundsätze gilt für den hier zu entscheidenden Fall, dass bereits eine Einstufung anhand des Kriteriums der Schwere des Dienstvergehens die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis als Ausgangspunkt der Bewertung indiziert. Dabei liegt die Schwere des nach den Grundsätzen der Einheit des Dienstvergehens zu bewertenden Fehlverhaltens des Beklagten eindeutig in der exhibitionistischen Handlung gegenüber der zum Tatzeitpunkt 15-jährigen Zeugin B... (ehemals C...). Derartige Handlungen gegenüber Schülern sind in doppelter Hinsicht persönlichkeits- und sozialschädlich: Sie greifen für das Kind in unerwarteter Gestalt in dessen sittliche Entwicklung ein, so dass es die dadurch begründeten Eindrücke nicht auf natürliche Weise verarbeiten kann, und sind deshalb geeignet diese Entwicklung nachhaltig zu stören. Zugleich benutzt der Täter die Person des Kindes als Mittel zur Befriedigung seiner geschlechtlichen Triebe. In dieser Herabmilderung zum bloßen Objekt eigener Sexualität liegt eine Missachtung der Persönlichkeit des Angesprochenen, was sich für diesen als Beleidigung darstellt (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. März 2009 – 16a D 08.1845 – Juris).

108

Die Zeugin B... (ehemals C...) hat in sämtlichen Vernehmungen dargestellt, dass diese Situation für sie höchst unangenehm war und sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. Sie erledigte während des Onanierens des Beklagten ihre Hausaufgaben. Sie gab dem Beklagten klar zu verstehen, dass sie sich unwohl fühlte. Unbeschadet dieser erkennbaren Gefühlsregung der Schülerin fragte er diese, ob sie mit ihren künstlichen Fingernägeln über seine Beine fassen und sie seine Eichel berühren wolle. Er hat in dieser Situation klar zu verstehen gegeben, dass er die Schülerin zur Befriedigung seiner geschlechtlichen Triebe benutzt hat. In dieser Herabminderung zum bloßen Objekt eigener Sexualität liegt eine erhebliche Missachtung der Persönlichkeit der in seinem Obhutsverhältnis stehenden Schülerin. Dabei ist eine besondere Verwerflichkeit zudem darin zu sehen, dass der Beklagte den Übergriff auf die Schülerin in seiner Wohnung in D... begangen hat, in die die Zeugin sich nur aufgrund des besonders engen Vertrauensverhältnisses zum Beklagten begeben hat. Hierzu hat die Zeugin vor der erkennenden Kammer nachvollziehbar erklärt, dass sie nur aufgrund des lockeren Umgangsverhältnisses zum Beklagten einem Besuch in dessen Wohnung zugestimmt habe. Die Gutgläubigkeit und Arglosigkeit der Schülerin hat der Beklagte mit erheblich krimineller Energie und einem hohen Maß an Rücksichtslosigkeit ausgenutzt. Er hat sie überdies durch eine unzulässige Aufgabenhilfe angelockt. Das stattgefundene Ereignis hat die Zeugin auch nachhaltig berührt. Die Schülerin entwickelte Schuldgefühle dahingehend, ob sie Ursache des Übergriffs gewesen ist und auch erhebliche Schuldgefühle dahingehend, dass sie zum Schutz von anderen Schülerinnen den Vorfall nicht unmittelbar angezeigt hat. Für die Zeugin war der Vorfall umso prägender, da sie offenkundig keine wirkliche Vertrauensperson zurate ziehen konnte. Selbst im Jahr 2015 beschäftigte sie dieses Ereignis aktenkundig derart nachhaltig, dass sie darum gebeten hat, hierzu keine Fragen mehr zu stellen.

109

Bei Lehrkräften, zu deren dienstlichen Aufgaben es gerade gehört, die ihnen anvertrauten Schüler neben der reinen Wissensvermittlung zu sittlich verantwortungsvollem Verhalten, insbesondere auch zur Achtung vor der Würde des Menschen, zur Selbstbeherrschung und zur Achtung vor anderen Menschen zu erziehen sowie die Schüler zu eigenverantwortlichem Handeln zu befähigen, wirkt sich ein solches Fehlverhalten derart gravierend aus, dass aus der Sicht eines vorurteilsfreien und objektiven besonnenen Betrachters im Regelfall ein endgültiger und vollständiger Verlust seines Ansehens als Erzieher und Vorbild die Folge sein muss. Durch ein solches Verhalten wird nämlich nicht nur das Vertrauen, das der Dienstherr in die Selbstbeherrschung, Zuverlässigkeit und moralische Integrität seiner Lehrer setzt, sondern auch das der Eltern, die ihre Kinder dem Lehrer zur Erziehung anvertrauen, von Grund auf erschüttert. Ein Lehrer, der in der geschilderten Art und Weise versagt, beweist erhebliche Persönlichkeitsdefizite, die ihn – nicht zuletzt auch im Hinblick auf seine Vorbildfunktion – regelmäßig in der Schule gänzlich untragbar machen (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. März 2009, a.a.O.).

110

Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass der Beklagte sich einige Jahre später im Jahr 2008, zwar von der Schwere her geringfügiger, jedoch in disziplinarrechtlich ebenso relevanter Weise gegenüber der Zeugin J... (ehemals J...) distanzlos und damit beamtenunwürdig verhalten hat. Auch diese Zeugin hat der Beklagte aus allein sexuellen Motiven ohne jeglichen Respekt in eine emotionale Zwangslage gebracht und ihre Persönlichkeit dadurch missachtet, dass er seine Stellung als Lehrer und die damit verbundene Überlegenheit im Computerraum bewusst ausgespielt hat.

111

Die Verwendung von Spitznamen mit sexuellem Hintergrund belegt umso mehr, dass der Beklagte im Laufe der Jahre jegliche Distanz zu seinen Schülerinnen verloren hat. Obwohl offensichtlich bereits im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Vorfall in seiner Wohnung im Jahr 2005 Gespräche mit dem damaligen Schulleiter und dem örtlichen Personalrat über ein distanzloses Verhalten, welches nicht näher konkretisiert wurde, geführt wurden, fühlte der Beklagte sich allem Anschein nach durch das Schweigen der Zeugin B... (ehemals C...) derart sicher, dass er seinem respektlosen Verhalten Fortgang gab. Hierzu gab ihm offensichtlich auch Auftrieb, dass sein distanzloses Verhalten im Lehrerkollegium ausweislich verschiedener Zeugenaussagen im behördlichen Disziplinarverfahren (Zeugen AA..., BB..., CC..., DD...) in aller Munde war, eine konkrete Verfehlung jedoch nie angezeigt wurde. Die Ausführungen der Zeuginnen ... und J... (ehemals J...) bestätigen zudem eine Persönlichkeit des Beklagten, der sexuelle Anspielungen in Wort und Tat wesensimmanent waren. Eindrucksvoll schilderte der Zeuge Prof. Dr. T..., Schulleiter an der Berufsbildenden Schule F... seit 2007, im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass er Ende 2008 und Anfang 2009 mit den Aussagen von Schülerinnen konfrontiert wurde, die ein distanzloses Verhalten des Beklagten im sexuellen Bereich betrafen. Die Vorgänge seien zum Teil erst nach Jahren aufgedeckt worden, da an der Schule eine „Mauer des Schweigens“ geherrscht habe, die auch durch eine gewisse Fraktionsbildung in der Lehrerschaft begründet worden sei. Er habe von seinen Studiendirektoren Details über Annäherungen des Beklagten an Schülerinnen erfahren, die er nicht habe glauben können. All dies belegt eine unbelehrbare und pflichtvergessene Persönlichkeit, die den charakterlichen Erfordernissen an einen integren Beamten diametral entgegensteht. Der Beklagte hat offenkundig über Jahre den sich ihm bietenden Umgang mit Schülerinnen dazu ausgenutzt, seinen sexuellen Regungen freien Lauf zu lassen.

112

Milderungsgründe zu Gunsten des Beklagten sind nicht ersichtlich. Persönlichkeitsfremde Augenblickstaten sind aufgrund der vorgenannten Erwägungen per se nicht gegeben. Der Beamte hat weder spontan, ohne hinreichende Überlegung, noch gleichsam kurzschlussartig gefehlt, sondern in Konsequenz einer persönlichkeitsimmanenten Fehleinschätzung seiner Dienstpflichten. Statt seinem verfassungsrechtlichen Erziehungsauftrag nicht nur in der Lehre, sondern auch im sittlichen Umgang mit seinen Schülerinnen gerecht zu werden, nutzte er das ihm als Lehrer entgegengebrachte Vertrauen zu distanzlosem und sogar persönlichkeits- und sozialschädlichem Verhalten aus.

113

Die vom Beklagten in der Vergangenheit gezeigten Leistungen können ihn auch nicht entlasten. Hierbei handelt es sich neben der straf- und disziplinarrechtlichen Unbescholtenheit des Beamten um den einzigen Milderungsgrund. Diese sind allerdings insbesondere in Anbetracht des hohen Eigengewichts der Tat nicht geeignet, von der Dienstentfernung des Beamten abzusehen.

114

Die lange Dauer des Disziplinarverfahrens führt ebenso nicht zu einer milderen Betrachtung. Die mit einem über eine lange Dauer geführten Disziplinarverfahren verbundenen erheblichen Belastungen vermögen im Einzelfall bereits pflichtenmahnende Wirkung zu entfalten, so dass dies Anlass sein kann, eine der Sache nach angezeigte Disziplinarmaßnahme zu mildern (BVerwG, 14. November 2007, NVwZ 2008, 1375; 8. September 2004, ZBR 2005, 91,95). Liegt jedoch – wie hier – bereits ein endgültiger Vertrauensbruch vor, dem allein mit einer Pflichtenmahnung nicht mehr begegnet werden kann, kann auch eine lange Verfahrensdauer nicht zu einer mildernden Betrachtung des Dienstvergehens führen.

115

Der Beklagte kann sich zu seinen Gunsten auch nicht darauf berufen, dass das gegen ihn geführte Strafverfahren – trotz Bejahung eines hinreichenden Tatverdachts des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und der Freiheitsberaubung - nach Maßgabe des § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde. Die im Disziplinarverfahren auszusprechende Sanktion bemisst sich gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 LDG maßgeblich nach Art und Ausmaß der Pflichtverletzung und des Vertrauensverlustes. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist, hängt deshalb nicht davon ab, ob das Fehlverhalten des Beamten zugleich einen Straftatbestand erfüllt. Straf- und Disziplinarrecht berühren sich nur insoweit, als ein inner- oder außerdienstliches Verhalten, das zugleich strafrechtliche Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verletzt, regelmäßig zur Entfernung eines Lehrers aus dem Dienst führt. Darauf, ob und in welchem Umfang es eine strafrechtliche Verurteilung nach sich zieht, kommt es hingegen ebenso wenig an wie auf den Strafrahmen der in Betracht kommenden Strafnormen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2016 – 3 A 10861/15. OVG). Beide Verfahren sind von unterschiedlichen Zwecksetzungen geprägt. Die Kriminalstrafe dient – neben der Abschreckung und Besserung – der Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden. Im Strafrecht wird damit – anders als im Disziplinarrecht – in erster Linie ein gesellschaftliches Unwerturteil ausgesprochen. Es unterscheidet sich daher sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen als auch nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme, welche an einen Vertrauensverlust im Rahmen des Beamtenverhältnisses anknüpft und darauf ausgerichtet ist, einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 2 WD 5.95 –; BVerwGE 103, 233, 236; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Oktober 2002 – 3 A 11064/02.OVG –, juris).

116

Mit der Strafandrohung bringt der Gesetzgeber daher – ebenso wie das Strafgericht bei der Festsetzung des Strafmaßes – allein seine Einschätzung zum strafrechtlichen Unwert eines Verhaltens zum Ausdruck. Das Ausmaß des Ansehens– und Vertrauensschadens hingegen bemisst sich allein nach dienstlichen und disziplinarrechtlichen Maßstäben. Eine der strafrechtlichen Bewertung verhaftete Betrachtung führt hingegen zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass ein Beamter unter Umständen zwar wegen eines Verhaltens – das – wie etwa das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst oder die ungenehmigte Ausübung von Nebentätigkeiten in Seiten der Dienstunfähigkeit – noch nicht einmal einen Straftatbestand erfüllt, aus dem Dienst entfernt werden kann, nicht aber wegen eines Dienstvergehens, welches nicht nur dienstrechtswidrig, sondern sogar strafbewehrt ist. Gerade im Falle eines das Wohl von Kindern und Jugendlichen erheblich beeinträchtigenden Sexualverhaltens von Lehrern ist zudem nicht ersichtlich, wie der Strafrahmen oder sonstige strafrechtliche Bewertungen die Besorgnis der Eltern und des Dienstherrn verringern sollten, es könne künftig zu Übergriffen auf (weitere) Schüler kommen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2016, a.a.O.).

117

Sonstige entlastende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich, so dass die Verhängung der Höchstmaßnahme gegen den Beklagten unausweichlich ist.

118

Dem steht auch vorliegend nicht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen. Danach muss die im Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zu den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung den Zweck der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, dem aufgezeigten Zweck der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis – wie hier – zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlich – rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, Urteil vom 14. November 2011, -1 D 60.00 –, juris).

119

Eine abweichende Entscheidung von der gesetzlich normierten Dauer der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages ist nicht geboten, da keine Gründe ersichtlich sind, die aus fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten im Einzelfall eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten (§§ 8, 70 LDG).

120

Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs. 1 LDG. Eine verhältnismäßige Teilung der Kosten aufgrund der eingeschränkten Zugrundelegung der Anschuldigungspunkte der Klageschrift kommt vorliegend in Anbetracht des geringen Gewichts der dort in Rede stehenden Verfehlungen im Gesamtkomplex nicht in Betracht. Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

121

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 21 LDG i.V.m. §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung – ZPO -.

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