Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (8. Kammer) - 8 K 4155/19.TR
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Wiedergestattung des Haltens und Betreuens von Tieren.
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Der Kläger hielt in der Vergangenheit ein Lama, zwei Esel und ein Shetlandpony. Im Rahmen einer tierschutzrechtlichen Kontrolle durch den Beklagten am 6. Juni 2012 sei ein Lama in einem 15 m2 großen Stall vorgefunden worden. Das Einstreu sei nass gewesen und habe stark nach Ammoniak gerochen. Das Dach des Stalles sei schadhaft und nicht vollständig regendicht gewesen. Spitze Drähte hätten in den Aufenthaltsbereich des Tieres geragt. Das Fell sei durchfeuchtet gewesen. Als Futter hätten Gras und Brennnesseln ebenso wie ein Salzleckstein zur Verfügung gestanden. Wasser sowie Äste und Zweige zum Abrieb der unteren Schneidezähne seien jedoch nicht vorhanden gewesen. Die Anforderungen an die Tierhaltung wurden in der tierschutzrechtlichen Anordnung des Beklagten vom 8. Juni 2012 konkretisiert. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Erforderlich sei die Bereitstellung von sauberem Wasser in ausreichender Menge und eine Weide/Auslauf mit mindestens 75 m2. Zusätzlich bedürfe es eines trockenen und eingestreuten Unterstandes mit mindestens 8 m2 Grundfläche. Auch müsse eine Vergesellschaftung des Lamas erfolgen. Zudem seien die verletzungsträchtigen Gegenstände aus dem Aufenthaltsbereich des Lamas zu entfernen und Äste zum Zahnabrieb zur Verfügung zu stellen.
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Bei einer weiteren Kontrolle durch den Beklagten am 5. Juli 2012 sei das Lama auf einer Weide, ca. 50 m oberhalb des Stalles, gewesen. Der Stall sei unbenutzt gewesen und das Einstreu entfernt worden. Der Wassertrog sei nur zu etwa 0,5 cm mit Wasser bedeckt gewesen, worauf sich Blätterreste befunden hätten. Auf der anderen Weide, ca. 70 m von der Weide des Lamas entfernt, hätten sich zwei Esel und ein Pony befunden. Die Wiese sei mit Unrat, darunter alte Autos, zugestellt gewesen.
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Am 18. Oktober 2012 kam es zu einer erneuten Kontrolle der Lamahaltung. Das Lama habe sich erneut in dem ca. 15 m2 großen Stall befunden. Das Einstreu sei nass gewesen und habe nach Ammoniak gerochen. Zudem hätten sich im Stall erhebliche Kotmengen befunden. Das Dach des Stalles sei an der linken Seite völlig schadhaft und nicht regendicht gewesen. Spitze Drähte hätten unverändert in den Aufenthaltsbereich geragt. Das Lama sei an einigen Stellen feucht gewesen. Äste und Zweige zum Abrieb der unteren Schneidezähne seien nicht vorhanden gewesen. Hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen werde im Wesentlichen das wiedergegeben, was bereits in der Verfügung vom 8. Juni 2012 genannt wurde.
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Am 22. Oktober 2012 wurde dem Kläger sodann das Halten und Betreuen von Lamas untersagt. Begründet wurde dies damit, dass mehrmals Verstöße festgestellt und er tierschutzrechtlichen Verfügungen nicht nachgekommen sei. Diese Verfügung wurde sodann am 4. Dezember 2012 vollzogen. Das Lama habe sich unverändert in dem ca. 15 m2 großen Stall befunden und die tierschutzrechtlichen Verfügungen vom 22. Oktober 2012 seien unverändert nicht beachtet worden.
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Gegen den Kläger wurde bezüglich der Lamahaltung im Jahr 2012 ein Ordnungswidrigkeitenverfahren geführt, welches mit Urteil des Amtsgerichts ... aufgrund der öffentlichen Sitzung vom ... abgeschlossen wurde. Im Rahmen des Verfahrens wurde durch das Amtsgericht ... gegen den Kläger wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen eine vollziehbare tierschutzrechtliche Anordnung eine Geldbuße in Höhe von ... € verhängt. In dem Urteil wird darauf Bezug genommen, dass das Lama des Klägers mehrfach ausgebrochen sei und dadurch eine Gefahr für den Straßenverkehr dargestellt habe. Zudem sei durch den Amtstierarzt des Beklagten festgestellt worden, dass das Tier keinen Auslauf gehabt habe, Urin und Kot nicht ordnungsgemäß beseitigt worden seien sowie Wasser und Futter nicht zur Verfügung gestanden hätten. Zudem habe der Kläger die tierschutzrechtlichen Anordnungen ignoriert. Aufgrund des gravierenden Verstoßes der Zuwiderhandlung gegen mehrere Teilaspekte der tierschutzrechtlichen Anordnung habe das Gericht die im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße von ... € auf ...€ erhöht.
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Zugleich erfolgte bei der Wegnahme des Lamas eine Kontrolle der Esel- und Ponyhaltung. Die Esel hätten sich auf der Weide oberhalb des Lamastalles befunden und keinen Witterungsschutz zur Verfügung gehabt. Aufgrund von Regen in der Nacht seien sie bei einer Temperatur von 2 °C völlig durchnässt gewesen. Einen trockenen Platz zum Unterstellen habe es nicht gegeben.
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Am 13. Dezember 2012 kam es zu einer erneuten Kontrolle der Esel- und Ponyhaltung. Den Eseln und dem Pony hätten kein Wasser und kaum Futter zur Verfügung gestanden. Dem Kläger wurde mit tierschutzrechtlicher Verfügung vom gleichen Tag aufgegeben, einen Witterungsschutz zur Verfügung zu stellen. Der Stall müsse insbesondere regendicht sein. Zudem müsse den Tieren sauberes Trinkwasser und Raufutter in ausreichenden Mengen zur Verfügung gestellt werden. Zudem sei den Eseln und dem Pony täglich Auslauf zu gewähren, wobei der Auslauf mindestens 150 m2 betragen müsse.
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Im Rahmen einer weiteren Kontrolle am 30. Januar 2013 seien beide Esel und das Pony in dem ca. 15 m2 großen Stall gewesen. Das Dach sei nicht vollständig regendicht gewesen. Ein Esel und das Pony hätten feuchte Stellen am Kopf bzw. Hals aufgewiesen. Ein Auslauf sei nicht hergerichtet gewesen, es seien auch keine Spuren zu erkennen gewesen, die auf einen Auslauf der Tiere hingedeutet hätten. Das Gitter sei befestigt gewesen, sodass die Tiere den Stall nicht von selbst hätten verlassen können.
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Auch bei einer Kontrolle am 20. Februar 2012 hätten sich die Esel und das Pony in dem ca. 15 m2 großen Stall befunden. Das Dach sei unverändert nicht vollständig regendicht gewesen. Im Auslauf hätten sich mehrere verletzungsträchtige Gegenstände befunden.
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Am 21. Februar 2013 wurde gegen den Kläger ein vollständiges Tierhaltungs- und Betreuungsverbot ausgesprochen. Dies wurde darauf gestützt, dass bei mehreren Kontrollen tierschutzwidrige Zustände festgestellt worden seien. Auch den Anordnungen sei er nicht nachgekommen. Bei der am 24. April 2013 erfolgten Wegnahme der Tiere hätten sich die Esel und das Pony auf der Weide befunden. Wasser habe nicht zur Verfügung gestanden. Die Rippen der Tiere seien unter dem ungepflegten Fell deutlich zu spüren gewesen. Der Ernährungszustand der Tiere sei mäßig bis schlecht gewesen.
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Auch bezüglich der Esel- und Ponyhaltung wurde gegen den Kläger im Jahr 2013 ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Im Rahmen des Verfahrens wurde auf die unzureichenden Haltungsbedingungen und den Verstoß gegen die tierschutzrechtlichen Anordnungen hingewiesen. Die vom Beklagten festgesetzte Geldbuße in Höhe von ... € wurde durch Urteil des Amtsgerichts ... aufgrund der öffentlichen Sitzung vom ... bestätigt. In dem Urteil wird ausgeführt, dass neben der Lamahaltung des Klägers auch die Esel- und Ponyhaltung zu beanstanden gewesen sei. Die Tiere seien ohne Unterstand und Witterungsschutz gehalten worden. Der zugesicherte Witterungsschutz sei nicht errichtet worden. Von den Amtstierärzten sei dies als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gewertet worden. Auch die Unterbringung in dem ca. 15 m2 großen Stall habe nicht genügt. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger die Vorwürfe bestritten. Er könne nicht nachvollziehen, weshalb seine Tierhaltung beanstandet werde.
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Nach Wegnahme der Tiere, habe der Kläger die Person aufgesucht, die die Esel übernommen habe. Diese Person habe sich durch den Kläger bedroht gefühlt und habe daher die Esel - die sich noch in deren Besitz befanden - wieder zum Kläger verbracht.
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Es erfolgte daraufhin eine erneute Kontrolle der Tierhaltung am 29. August 2013. Die Esel hätten einen mäßigen bis guten Ernährungszustand aufgewiesen. Ein Unterstand sei für die Esel nicht errichtet worden. Zudem habe der Zaun verletzungsträchtige Stellen aufgewiesen. Am 10. September 2013 erfolgte sodann die Anordnung der Fortnahme und der Veräußerung der Tiere. Begründet wurde dies mit dem Tierhaltungs- und Betreuungsverbot. Die Wegnahme der Tiere erfolgte am 12. September 2013. Dabei seien die Rippen der Tiere unter dem ungepflegten Fell deutlich zu spüren gewesen. Zudem sei das Fell von Regen durchnässt gewesen. Die tierschutzrechtlichen Anordnungen seien unverändert nicht beachtet worden.
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Am 20. Dezember 2018 stellte der Kläger sodann beim Beklagten einen Antrag, das Tierhalte- und Betreuungsverbot aufzuheben und zugleich die weggenommenen Tiere wieder zurückzubringen.
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Mit Schreiben vom 7. Januar 2019 erfolgte die Anhörung des Klägers. Zugleich wurde er aufgefordert, Nachweise zu erbringen, dass der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen gegen das Tierschutzrecht entfallen ist.
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Mit Bescheid vom 7. Februar 2019 wurde der Antrag des Klägers vom 20. Dezember 2018 abgelehnt und zugleich eine Gebühr i.H.v. 50,00 € festgesetzt. Das Haltungsund Betreuungsverbot sei unter anderem erfolgt, da für die Tiere kein Witterungsschutz zur Verfügung gestellt und nicht ausreichend für eine bedarfsgerechte Fütterung und Tränkung gesorgt worden sei. Ein Grund für das Entfallen künftiger Zuwiderhandlungen sei nicht ersichtlich. Auf die Aufforderung, Nachweise bezüglich der Eignung zu erbringen, sei der Kläger nicht eingegangen. Es verblieben daher Zweifel an einer künftig beanstandungsfreien Tierhaltung.
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Gegen den ablehnenden Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass ihm die Tiere zu Unrecht weggenommen worden seien. Die Tiere würden ihrer Art nach auch als Wildtiere leben und seien daher ganzjährig den Witterungsverhältnissen ausgesetzt. Bei ihm seien sie jedoch auch regelmäßig gefüttert, getränkt und geputzt worden. Dies sei bei der von der Behörde veranlassten Aufbewahrung seiner Eselhengste nicht der Fall gewesen. Die Wegnahme der Tiere sei eine vorsätzliche Schikane gewesen.
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Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Kreisrechtsausschuss erklärt der Kläger, dass er seine Tiere ordnungsgemäß und einwandfrei gepflegt habe. Durch Widerspruchsbescheid vom 4. September 2019, zugestellt am 7. September 2019, wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Darin wird ausgeführt, dass dem Kläger das Halten und Betreuen von Tieren nicht wieder zu gestatten sei, da die Gründe für die Annahme von weiteren Zuwiderhandlungen gegen das Tierschutzgesetz nicht ausgeräumt worden seien. Der Kläger habe nach wie vor keinerlei Einsicht in eigenes Fehlverhalten, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass er seine Tiere anders bzw. besser als in der Vergangenheit halten oder betreuen werde. Die Gebührenfestsetzung i.H.v. 50,00 € bewege sich am untersten Ende des Gebührenrahmens.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 26. September 2019 erhobenen Klage. Er führt aus, dass ihm die Tiere im Jahr 2012 und 2013 weggenommen worden seien. Der Vorwurf der nicht artgerechten Haltung sei „Quatsch". Im Sommer 2013 habe er die Eselhengste bei Herrn ... wiedergefunden. Die Tiere seien sehr wackelig gewesen und hätten nicht laufen können. Auf Nachfrage habe Herrn ... erklärt, dass man die Tiere bei ihm abgegeben habe, da diese angeblich nicht gefüttert worden seien, was dieser sich jedoch aufgrund des guten Ernährungszustandes nicht habe erklären können. Der Beklagte habe sich nicht mehr um die Tiere gekümmert. Auch habe Herr ... die Hufe nicht gepflegt, da er die Tiere wieder habe abgeben wollen. Daher habe Herr ... die Tiere zurückgebracht. Dass man ihm die Tiere wieder weggenommen habe, sei unverantwortlich gegenüber den Tieren, da er sich - anders als Herr ... - mit der Hufpflege der Tiere beschäftigt habe.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 7. Februar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2019 zu verpflichten, ihm das Halten und Betreuen von Tieren wieder zu gestatten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte verweist zunächst auf den Bescheid und den Widerspruchsbescheid. Aus der Klagebegründung gehe hervor, dass der Kläger nach wie vor seine Einstellung zur Tierhaltung nicht geändert habe. Hinsichtlich der nicht artgerechten Haltung, die zu dem Tierhaltung- und Betreuungsverbot geführt habe, werde auf die Verwaltungsakte verwiesen. Der Kläger zeige sich nach wie vor unbelehrbar. So habe er noch in der Widerspruchsverhandlung die Auffassung geäußert, dass er ja nur Wildtiere halten wolle, die eigentlich keiner weiteren Pflege bedürften, da sie sich auch in der Wildnis alleine versorgen könnten. Es sei daher zu erwarten, dass der Kläger ohne intensive Schulungen und Sachkundenachweise in Zukunft Tiere, insbesondere Lamas, Ponys und Esel, nicht artgerecht und tierschutzkonform halten werde.
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Die Kammer hat mit Beschluss vom 2. Januar 2020 den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen verwiesen. Ferner wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
A.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm der geltend gemachte Anspruch auf Wiedergestattung der Tierhaltung und Tierbetreuung nicht zusteht, § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
I.
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Die Anspruchsgrundlage zur Wiedergestattung findet sich in § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Hs. 2 Tierschutzgesetz - TierSchG -. Danach ist auf Antrag dem Antragsteller das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist. Es handelt sich bei dieser Norm nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gebundene Entscheidung. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm vor, so hat der Betroffene einen Anspruch auf Wiedergestattung.
II.
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Die formellen Anspruchsvoraussetzungen sind gegeben. Insbesondere ist die Kreisverwaltung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierschutzrechts die für die Wiedergestattung die zuständige Behörde.
III.
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Die materiellen Anspruchsvoraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Nach 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Hs. 2 TierSchG ist auf Antrag das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist. Der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen ist entfallen, wenn sich die Basis für die frühere Prognose, die zur Untersagung der Tierhaltung geführt hat, zwischenzeitlich verändert hat. Die hierfür erforderliche Betrachtung muss den Grund in den Blick nehmen, der Anlass für die bei der Verhängung des Haltungsverbots getroffene Prognose war (VG Aachen, Urteil vom 23. Oktober 2012 - 6 K 742/10 -, juris, Rn. 75). Die materielle Beweislast für die Änderung der Prognosegrundlage trägt derjenige, der die Wiedergestattung begehrt. Verbleiben Zweifel an einer künftig beanstandungsfreien Tierhaltung, muss sein Antrag abgelehnt werden (VG Aachen, Urteil vom 29. August 2007 - 6 K 1741/06 -, juris, Rn. 25 m.w.N.).
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1. Basis der früheren Prognose, die zum vollständigen Haltungs- und Betreuungsverbot für Tiere geführt hat, war die damalige Tierhaltung des Klägers. Die damaligen Beanstandungen und das ausgesprochene Haltungs- und Betreuungsverbot sind ausdrücklich nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens, sondern Grundlage der Beurteilung des Verhaltens des Klägers.
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Der Kläger hat über mehrere Jahre ein Lama, zwei Esel und ein Pony gehalten. Prognosebasis für das Tierhalte- und Betreuungsverbot des Beklagten waren bei einer Vielzahl von Ortsbesichtigung festgestellten Verstöße gegen die Tierhalterpflichten. So wurde bemängelt, dass insbesondere die Bereitstellung eines trockenen Unterstandes nicht gewährleistet war. Dies wurde hinsichtlich des Lamas bei Kontrollen am 6. Juni und am 18. Oktober 2012 und hinsichtlich der Esel und dem Pony am 13. Dezember 2012 und am 30. Januar 2013 festgestellt. Zudem wurde mehrmals die Versorgung der Tiere mit Wasser und Futter bemängelt. So stand ausweislich der entsprechenden Kontrollberichte nicht genug Wasser zur Verfügung. Die Trinkbehälter waren nicht oder nur mit wenig Wasser gefüllt, welches teilweise auch noch verschmutzt gewesen ist. Dies wurde unter anderem bei Kontrollen am 6. Juni sowie 5. Juli 2012 und am 13. Dezember 2012 festgestellt. Zudem wurde der „Unterstand", der nicht regendicht gewesen ist, nicht regelmäßig gesäubert. So war bei der Kontrolle am 6. Juni 2012 das Einstreu nass und roch sehr stark nach Ammoniak. Zudem befanden sich bei der Kontrolle am 18. Oktober 2012 erhebliche Mengen an Kot im Stall. Bei mehreren Kontrollen wurde darüber hinaus festgestellt, dass den Tieren ein hinreichender Auslauf nicht zur Verfügung stand. Dies wurde unter anderem bei Kontrollen am 6. Juni, am 18. Oktober, am 13. Dezember 2012 und am 30. Januar 2013 festgestellt. Zudem war der Ernährungszustand der Tiere nicht ausreichend. Bei der Wegnahme der Esel und des Ponys am 24. April 2013 wurde durch den Beklagten festgestellt, dass die Rippen der Tiere unter dem ungepflegten Feld deutlich zu spüren gewesen sind. Auch bei der zweiten Wegnahme am 12. September 2013, nachdem die Tiere sich trotz bestehenden Tierhaltung- und Betreuungsverbotes wieder beim Kläger befanden, waren die Rippen der Tiere unter dem ungepflegten Feld deutlich zu spüren. Diese Verstöße gegen die Tierhaltungs- und Betreuungspflichten nach § 2 TierSchG haben zu dem Haltungs- und Betreuungsverbot geführt. Die Beurteilungen der Haltungsbedingungen erfolgten durch die Amtstierärzte des Beklagten. Bei den Beurteilungen der Haltungsbedingungen und der Frage, ob darin eine tierschutzwidrige Behandlung zu sehen ist, kommt den Amtstierärzten auch eine besondere Stellung zu. Der fachlichen Beurteilung von Amtstierärzten in einem exakten Nachweis nur begrenzt zugänglichen Bereich einzelfallbezogener Wertungen kommt besonderes Gewicht zu. Als gesetzlich vorgesehene Sachverständige sind Amtstierärzte für Aufgaben wie diese auch eigens bestellt. Das Tierschutzgesetz geht davon aus, dass der beamtete Tierarzt die fachliche Kompetenz besitzt, um tierschutzwidrige Zustände festzustellen und deren Auswirkungen zu beurteilen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 9. August 2017 - 7 B 11307/17.OVG -, esovg, Rn. 12).
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2. Diese vielfach dokumentierten Verstöße und das Verhalten des Klägers in der mündlichen Verhandlung führt die Kammer zu der Annahme, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist. Vielmehr bestehen danach durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die über Jahre hinweg gezeigte Einstellung des Klägers zu seinen Tieren und zum Tierschutz in einer entsprechenden charakterlichen Grundeinstellung wurzelt, die Verstöße zu relativieren und teilweise zu negieren und anderen Personen daran die Schuld zu geben. Diese Grundeinstellung des Klägers besteht seit dem Erlass des Tierhaltungs- und Betreuungsverbots unverändert fort.
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Angesichts des zuvor geschilderten Umgangs des Klägers mit den Tieren wäre es erforderlich gewesen, im Rahmen des Antrags auf Wiedergestattung des Haltens und Betreuens von Tieren bzw. im vorliegenden gerichtlichen Verfahren die Umstände darzulegen, aus denen auf einen individuellen Lernprozess geschlossen werden kann und eine „Läuterung" im Verhalten des Klägers gegenüber potenziell zu haltenden Tieren ersichtlich wird. Dieser Lernprozess muss sich auf die inneren Gründe für die Handlung beziehen und nachvollziehbar werden lassen, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig auszuschließen ist, dass sich der Kläger wiederum tierschutzwidrig verhält. Hinsichtlich der Maßstäbe für die Glaubhaftmachung kann dabei auf vergleichbare Regelungsinhalte in anderen Rechtsmaterien abgestellt werden, etwa in § 35 Abs. 6 Gewerbeordnung - GewO -. Dementsprechend genügt ein bloßes äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Handlungsweise nicht (VG Göttingen, Urteil vom 09. Februar 2011 - 1 A 184/09 -, juris, Rn. 24).
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Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Einstellung des Klägers aufgrund eines individuellen Lernprozesses grundsätzlich gewandelt hätte. Dabei ist nicht zu verkennen, dass eine solche Beurteilung notgedrungen an Indizien anknüpfen muss. Indizien, die auf einen abgeschlossenen Lernprozess hindeuten, liegen nicht vor. Der Kläger hat bereits in den Jahren 2012 und 2013 wiederholt die Anordnungen des Veterinäramtes nicht befolgt. Eine Vielzahl der Mängel wurde mehrmals vorgefunden und entsprechend gerügt. Trotz entsprechender Rügen durch die Tierschutzbehörde und auch Versicherungen seitens des Klägers, die tierschutzwidrigen Zustände abzustellen, vgl. etwa die Angaben des Klägers auf Bl. ... der Verwaltungsakte, wurden die tierschutzwidrigen Zustände nicht abgestellt. Auch die gegen den Kläger geführten Ordnungswidrigkeitenverfahren haben nicht zu einem Umdenken des Klägers im Hinblick auf den Umgang mit den Tieren geführt. Die Wegnahme der Tiere wurde nicht akzeptiert, sondern dies als Schikane abgetan. So hat der Kläger nach der Wegnahme der Tiere zumindest seine Esel wieder gehalten, nachdem diese wieder auf sein Hof verbracht wurden. Als die Esel dem Kläger erneut weggenommen wurden, wurden ähnliche Verstöße wie bereits vor der ersten Wegnahme festgestellt. Bereits dieses Verhalten zeigt, dass sich bei dem Kläger damals keine Einsicht hinsichtlich der Haltungsbedingungen der Tiere einstellte. Auch im Rahmen des Wiedergestattungsverfahrens hat sich der Kläger nicht einsichtig gezeigt. Bereits im Widerspruchsverfahren gab der Kläger zu erkennen, dass er die von ihm begangenen Fehler nicht einzusehen vermag. In der Klagebegründung spricht der Kläger darüber hinaus davon, dass der Vorwurf, er habe seine Tiere nicht artgerecht gehalten, „Quatsch" sei. Auch dies zeigt, dass der Kläger sich keines Fehlverhaltens bewusst ist. Vielmehr versucht er sich als „Retter" der Tiere mit der Begründung darzustellen, diese seien erst dann ordnungsgemäß gepflegt worden, als er die Tiere wieder zu sich geholt habe. Eine Auseinandersetzung des Klägers mit seinen Fehlern in Bezug auf die Haltung der Tiere und eine Einsicht, diese Fehler begangen zu haben, sind nicht erkennbar. Auch in der mündlichen Verhandlung zeigte der Kläger, dass er keine Fehler einsieht. Auf Vorhalt der ihm im Rahmen der Wegnahme der Tiere gemachten Vorwürfe erklärt der Kläger, dass die Tierhaltung bei ihm in Ordnung gewesen sei. Auch erklärte der Kläger nochmals, dass es sich bei dem von ihm gehaltenen Tiere um Wildtiere handle, die sich normalerweise das ganze Jahr draußen aufhalten würden. Seine Tierhaltung sei zu 100 % in Ordnung gewesen. Der Kläger erkennt auch hier seine Fehler nicht. Vielmehr versucht er die eigenen Versäumnisse unbenannten Dritten Personen in die Schuhe zu schieben. Sollten Dritte Personen - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorträgt - tatsächlich den Zaun zu den Weideflächen geöffnet haben, erklärt dies nicht die Missstände bezüglich des Unterstandes und der nicht hinreichenden Versorgung mit Futter und Wasser der Tiere. Der Kläger ist aufgrund des Gesamteindrucks, den die Kammer aus der mündlichen Verhandlung und den beigezogenen Verwaltungsakten sowie der Prozessakte gewonnen hat, nicht willens, die begangenen Fehler in der Tierhaltung zu erkennen, geschweige denn diese abzustellen. Er sieht sich vielmehr als „Opfer von Behördenwillkür" und gezielten Kampagnen gegen seine Person. Dies zeigt, dass dem Kläger sämtliche Einsicht im Hinblick auf die unzureichende Tierhaltung fehlt. Der Kläger legte auch keine Nachweise vor, wie z.B. ein psychologisches Gutachten oder Sachkundenachweise, die einen individuellen Lernprozesses bestätigen würden (vgl. Hirt/Maisack/Moitz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 55 m.w.N.). Es verbleiben daher erhebliche Zweifel an einer künftig beanstandungsfreien Tierhaltung durch den Kläger. Eine Verhaltensänderung ist nicht zu erwarten. Der Antrag des Klägers wurde daher zu Recht abgelehnt.
IV.
- 38
Die im Bescheid festgesetzte Gebühr i.H.v. 50,00 € begegnen keine Bedenken. Die Kammer nimmt nach § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die Begründung des Verwaltungsaktes und des Widerspruchsbescheides und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass gemäß Ziffer 1.3.1.5 Besonderes Gebührenverzeichnis für die Behörden des öffentlichen Veterinärdienstes, amtlichen Lebensmittelüberwachung sowie der Gesundheitsverwaltung im Rahmen des Trinkwasserrechtes und der Umwelthygiene, Anlage zur Landesverordnung über Gebühren der Behörden des öffentlichen Veterinärdienstes, der amtlichen Lebensmittelüberwachung sowie der Gesundheitsverwaltung im Rahmen des Trinkwasserrechts und der Umwelthygiene (Besonderes Gebührenverzeichnis) eine Gebühr für die Wiedergestattung von 50,00 € bis 300,00 € vorsieht. Die Gebühr von 50,00 € bewegt sich am untersten Rand des Gebührenrahmens. Sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
B.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
C.
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Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich (vgl. §§ 124, 124a Abs. 1 S. 1 VwGO).
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Referenzen
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