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Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht begründet worden.
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Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die streitgegenständlichen Rückforderungsbescheide aufgehoben. Denn diese sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Klage rechtzeitig erhoben worden ist. Denn durch die Zustellung des Widerspruchsbescheids an den Kläger persönlich ist die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt worden. Der Bevollmächtigte des Klägers hatte im Verwaltungsverfahren eine uneingeschränkte Vollmacht vorgelegt, weshalb Zustellungen wirksam nur an ihn erfolgen konnten. Der Widerspruchsbescheid vom 11.01.2000 enthält zwar auf Seite 2, fünfter Absatz, den Klammerzusatz „ein Mandat besteht nicht mehr“; den vorgelegten Akten lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Rechtsanwalt sein Mandat niedergelegt hätte bzw. die Vollmacht auf andere Weise erloschen sein könnte.
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2. In der Sache selbst kann die Klage aber keinen Erfolg haben. Denn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.01.1994 mit späteren Änderungen) sind hinsichtlich des gesamten streitgegenständlichen Leistungszeitraums gegeben. Nach § 5 Abs. 1 UVG hat der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, den geleisteten Betrag zu ersetzen, wenn die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen haben, soweit er die Zahlung durch vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben oder das Unterlassen einer Anzeige nach § 6 UVG herbeigeführt hat (Abs. 1 Nr. 1) bzw. die Rechtswidrigkeit der Leistung kannte oder fahrlässig nicht kannte (Abs. 1 Nr. 2). Im vorliegenden Fall haben die Leistungsvoraussetzungen im fraglichen Zeitraum nicht vorgelegen (unten a) und hat der Kläger jedenfalls eine Änderung erheblicher Umstände nicht unverzüglich mitgeteilt (unten b)
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a) Die Leistungsvoraussetzungen haben während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht vorgelegen.
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aa) Hinsichtlich des Zeitraums nach der Einreise der zweiten Ehefrau, waren die Voraussetzungen für eine Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen unzweifelhaft nicht mehr erfüllt, denn der Kläger war nicht nur verheiratet, er lebte nunmehr auch mit seinem Ehegatten zusammen. Nach dem Urteil des BVerwG vom 07.12.2000 (BVerwGE 112, 259 = NJW 2001, 3205) ist auch grundsätzlich geklärt, dass von § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG auch so genannte Stiefelternfamilien umfasst sind; verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen hat das BVerwG für unbegründet erklärt. Damit konnten nach der Einreise der zweiten Ehefrau und der Herstellung der ehelichen Gemeinschaft UVG-Leistungen rechtmäßigerweise nicht mehr bewilligt werden, für die gleichwohl erfolgten Leistungen lagen die Leistungsvoraussetzungen nicht vor.
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bb) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lagen die Leistungsvoraussetzungen aber auch für den Zeitraum Oktober 1994 bis November 1995 nicht vor. Die Leistungsgewährung ist auch nicht deshalb rechtmäßig erfolgt, weil die zweite Ehefrau des Klägers ausländerrechtlich bis zu diesem Zeitpunkt an der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland gehindert gewesen ist.
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aaa) § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG (in der Fassung vom 19.01.1994 ) macht die Gewährung der Leistung u.a. davon abhängig, dass der Berechtigte bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt. Im fraglichen Zeitraum war der Kläger verheiratet, weshalb eine Leistungsgewährung nur in Betracht kam, wenn er von seinem Ehegatten „dauernd getrennt“ lebte. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Dauernd getrennt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG lebt ein Ehegatte nur dann, wenn eine faktische Trennung der Eheleute besteht und zusätzlich zumindest ein Ehegatte die eheliche Gemeinschaft nicht herstellen will. Diese Auslegung entspricht dem eindeutigen Wortlaut der Norm. Diese knüpft erkennbar an die familienrechtlichen Begriffe „ledig, verwitwet, geschieden“ an; es gibt keinen Grund zur Annahme, warum dies hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „dauernd getrennt leben“ anders sein soll. Völlig eindeutig ist dies seit der Änderung von § 1 Abs. 2 UVG durch Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vom 16.08.2001 (BGBl I S. 2074 <2079>). Die (klarstellende) Neufassung von § 1 Abs. 2 UVG stellt nunmehr ausdrücklich auf die Definition des Getrenntlebens in § 1567 BGB ab. Nach § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB leben Ehegatten nur dann getrennt, wenn keine häusliche Gemeinschaft besteht und zumindest ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Hiervon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil der Kläger und seine zweite Ehefrau die eheliche Gemeinschaft herstellen wollten und nur ausländerrechtlich hieran gehindert waren.
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Ein solches Normverständnis liegt auch unabhängig von der Begriffsbestimmung des § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB nahe. Denn die hier maßgebliche Fassung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG (Bekanntmachung der Neufassung des UVG vom 19.01.1994 ) verlangte jedenfalls ein „dauerndes“ Getrenntleben. Hiervon kann bei frisch Verheirateten, die zusammen ziehen wollen und bei denen auch gewiss ist, dass die ausländerrechtliche Situation ein Zusammenziehen jedenfalls nicht „dauernd“ verhindern wird, nicht gesprochen werden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte zu Recht auch darauf hin, dass es der zweiten Ehefrau des Klägers möglich gewesen wäre, zumindest Besuchsvisa zu erlangen, was ebenfalls gegen ein „dauerndes“ Getrenntleben in dieser Phase spricht.
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Eine nur an der faktischen Trennung anknüpfende Auslegung von § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG würde auch Sinn und Zweck der Regelung nicht gerecht. Denn dann müssten auch die Kinder, bei denen ein Elternteil wegen der Berufsausübung oder wegen der Teilnahme an Maßnahmen der Aus- und Fortbildung, die typischerweise ein längerfristiges Getrenntleben zur Folge haben, als anspruchsberechtigt im Sinne des UVG gelten. Auch bei diesen Personengruppen können sich längere Zeitphasen der faktischen Trennung ergeben, die auch mit Erschwernissen für den erziehenden Partner verbunden sind oder doch jedenfalls verbunden sein können. Aber diese Personengruppen hat der Gesetzgeber erkennbar nicht im Auge gehabt. Entscheidend war und ist damit darauf abzustellen, dass die betroffenen Ehegatten die Lebensgemeinschaft gerade nicht herstellen wollen. Dies trifft für den Kläger und dessen Frau, die sich um die möglichst baldige Einreise zur Herstellung der ehelichen Gemeinschaft bemüht haben, gerade nicht zu.
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bbb) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgt ein Anspruch auf UVG-Leistungen auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 1 Abs. 2 UVG (aA: OVG Lüneburg NVwZ-RR 1999, 764 = FEVS 51, 526).
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Nach § 1 Abs. 2 UVG gilt der verheiratete Elternteil, bei dem das Kind lebt, auch dann als dauernd getrennt lebend, wenn sein Ehegatte wegen Krankheit, Behinderung oder gerichtlich angeordneter Unterbringung für voraussichtlich wenigstens sechs Monate in einer Anstalt untergebracht ist. Keine dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall erfüllt.
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Eine analoge Anwendung dieser Norm auf ausländerrechtliche Zuzugsbeschränkungen kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Zu Recht weist der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei § 1 Abs. 2 UVG um eine abschließende Aufzählung von Ausnahmetatbeständen handelt, die eng auszulegen sind. Von daher fehlt schon eine regelungsbedürftige Lücke. Denn die Fälle des faktischen Getrenntlebens von Ehegatten hat der Gesetzgeber gesehen und ausdrücklich in § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UVG geregelt. Welche Regelung der Gesetzgeber treffen wollte, ergibt sich insbesondere aus der oben erwähnten Änderung des § 1 Abs. 2 UVG durch Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vom 16.08.2001 (BGBl I S. 2074), die eine allein faktische Trennung der Eheleute nicht genügen lässt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein faktisches Getrenntleben regelmäßig nur dann leistungsbegründend sein, wenn die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft nicht herstellen wollen, oder - ausnahmsweise - wenn die in § 1 Abs. 2 UVG abschließend aufgezählten besonderen Situationen vorliegen.
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Eine analoge Anwendung von § 1 Abs. 2 UVG auf Fälle der ausländerrechtlichen Zuzugsbeschränkung verbietet sich auch deshalb, weil solche Trennungszeiten mit den in § 1 Abs. 2 UVG gesetzlich geregelten Fallgruppen auch nicht vergleichbar sind. Langfristige Krankheit, Behinderung oder gerichtlich angeordnete Unterbringung sind besondere Lebenslagen, die nicht nur den betroffenen Ehegatten in außerordentlicher Weise belasten, sondern in aller Regel auch den dann allein erziehenden Partner und die Kinder. Die vom Gesetz normierten Ausnahmen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass in aller Regel anzunehmen ist, dass der langfristig in einer Anstalt untergebrachte Ehegatte während dieser Zeit den erziehenden Elternteil nicht nur nicht wird unterstützen können, sondern oft genug eine zusätzliche Belastung für den erziehenden Elternteil und die gesamte Familie darstellt. Dies gilt für sonstige Fälle faktischer Trennung - auch bei im Ausland lebenden Partnern - keineswegs. Hier sind sowohl finanzielle Unterstützungsleistungen unschwer möglich und oft auch üblich. Aber auch durch Gespräch und Rat kann ein ortsabwesender Partner den erziehenden Elternteil unterstützen. Schließlich besteht in Fällen nur faktischer Trennung in aller Regel auch die Möglichkeit von Besuchen und damit die Gelegenheit der zumindest zeitweisen Herstellung der familiären Gemeinschaft.
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b) Der Kläger ist zur Rückzahlung der zu Unrecht erbrachten Leistungen verpflichtet, weil er jedenfalls eine nach § 6 UVG erforderliche Anzeige unterlassen hat (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG). Denn der Kläger hat dem Beklagten seine Wiederverheiratung nicht unverzüglich angezeigt.
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aa) Gemäß § 6 Abs. 4 UVG muss der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, der zuständigen Stelle die Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitteilen. Die zweite Eheschließung des Klägers am 17.09.1994 in Marokko ist eine solche für die Leistungsgewährung erhebliche Tatsache. Denn die Kinder des Klägers hatten nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG nur dann Anspruch auf Leistungen nach dem UVG solange der Kläger geschieden war (siehe oben).
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bb) Die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Wiederverheiratung an den Beklagten hätte sich dem Kläger auch aufdrängen müssen. Denn er hat unmittelbar vor der Scheidung von seiner ersten Frau bereits den UVG-Antrag gestellt. Ihm war also völlig klar, dass die Ehescheidung Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von UVG-Leistungen war. Dann war aber mehr als nahe liegend, dass eine Wiederverheiratung anspruchsschädlich, jedenfalls rechtserheblich sein konnte. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass der Kläger seinerzeit anwaltlich vertreten war. Auf die Möglichkeit der Beantragung von UVG-Leistungen nach erfolgter Scheidung werden die Mandanten von ihren Prozessbevollmächtigten in aller Regel bereits im Ehescheidungsverfahren hingewiesen. Im vorliegenden Fall hatten sich die damaligen Verfahrensbevollmächtigten zudem mit Schreiben vom 20.05.1994 in der UVG-Sache an den Beklagten gewandt. Die Lebenserfahrung spricht somit dafür, dass der Kläger über die anspruchsbegründenden Voraussetzungen seinerzeit umfassend aufgeklärt war und insbesondere dem Umstand der Ehescheidung bzw. der erneuten Eheschließung die gehörige Bedeutung beimessen konnte.
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cc) Der Kläger hat dem Beklagten die rechtserhebliche Tatsache der Wiederverheiratung pflichtwidrig nicht unverzüglich mitgeteilt. Auf die umstrittenen (späteren) Mitteilungen an die Mitarbeiterin des Allgemeinen Sozialen Dienstes kommt es insoweit nicht an, weil der Kläger die erforderliche Anzeige der Heirat schon zu einem früheren Zeitpunkt hätte machen können und müssen. Denn unverzüglich im Sinne von § 6 Abs. 4 UVG konnte der Kläger nach Lage der Dinge nur handeln, wenn er die Wiederverheiratung vor der Leistungsbewilligung mitgeteilt hätte, was ihm unschwer möglich war. Ausweislich der Behördenakten hat der Kläger am 12.12.1994 persönlich beim Sozialamt der Stadt H. vorgesprochen. Nach dem Aktenvermerk vom 12.12.1994 hat er bei dieser Vorsprache der Sachbearbeiterin B. erklärt, dass seine Kinder seit dem 10.12.1994 wieder in H. seien. Hintergrund dieser Vorsprache und Erklärung war, dass der zuvor gestellte UVG-Antrag nicht positiv beschieden worden war, weil die geschiedene Ehefrau des Klägers dem Jugendamt auf Anfrage mitgeteilt hatte, dass sich die Kinder seit September 1994 in Marokko bei der Großmutter befinden würden. Bei dieser Vorsprache, bei der der Kläger den leistungsbegründenden Umstand der Wiedereinreise der Kinder geltend gemacht hat, um die alsbaldige Bewilligung und Auszahlung zu befördern, wäre es erforderlich und unschwer möglich gewesen, auch die erst kurz zurück liegende Eheschließung in Marokko anzugeben.
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dd) Die pflichtwidrige Unterlassung der Angabe der Wiederverheiratung war auch ursächlich für die rechtswidrige Bewilligung der UVG-Leistungen. Hätte der Kläger am 12.12.1994 seine Wiederverheiratung ausdrücklich angesprochen, hätte der Beklagte nicht mit Bescheid vom 26.01.1995 UVG-Leistungen bewilligt.
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3. Die Rückforderungsbescheide vom 04.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.01.2000 erweisen sich auch im Übrigen als rechtmäßig. Wegen des maßgeblichen Zeitraums und der Höhe des Rückforderungsbetrags wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 11.01.2000 Bezug genommen. Bedenken werden insoweit von Klägerseite nicht geltend gemacht, solche sind auch nicht ersichtlich.
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Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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