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| Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte räumliche Anpassung des Schutzbereichs; auch eine erneute Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Schutzbereichs kann sie nicht verlangen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 VwGO). |
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| Die Klage ist zulässig. Die Klägerin verfolgt ihr Rechtsschutzbegehren sachdienlich mit der Verpflichtungsklage. Die Entscheidung über die Aufrechterhaltung eines Schutzbereichs ergeht ebenso wie dessen erstmalige Anordnung in der Form einer Allgemeinverfügung i.S.v. § 35 Satz 2 Alt. 2 VwVfG (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.09.1984 - 4 C 16.81 -, BVerwGE 70, 77). Allein mit der Aufhebung der letzten Verfügung über die Aufrechterhaltung des Schutzbereichs wäre der Klägerin nicht gedient; denn die vorherige - bestandskräftige - Anordnung vom 20.06.1997 erlischt nicht gleichsam automatisch mit Zeitablauf, sondern bedarf einer ausdrücklichen behördlichen Aufhebung gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 SchBG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002 - 4 B 37.01 -, NVwZ-RR 2002, 444 <445 f.>). |
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| Die Klägerin ist insbesondere auch klagebefugt. Sie kann geltend machen, dass ihr bei Beachtung der ihr nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zukommenden Planungshoheit, die sie durch hinreichend bestimmte Planungen im betroffenen Gebiet auch konkretisiert hat (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 <211>), ein Anspruch auf Verkleinerung des Schutzbereichs zusteht. |
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| Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht weder der geltend gemachte Anspruch zu, noch kann sie - als Minus im Verpflichtungsantrag enthalten - verlangen, dass die Beklagte erneut über die Aufrechterhaltung des Schutzbereichs entscheidet. |
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| 1. Die Vorschriften des Schutzbereichgesetzes begegnen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie genügen, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, mit ihrer ausdrücklichen Orientierung am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angesichts der Besonderheiten der Regelungsmaterie noch dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot. Der Gesetzgeber darf im Rahmen der Optimierung verschiedener rechtsstaatlicher Interessen auch unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, die der Auslegung und Konkretisierung bedürfen. Die Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen wird dabei erleichtert durch die Vorgaben in den einschlägigen Zentralen Dienstvorschriften – ZDv – des Bundesministeriums der Verteidigung. Diese Vorschriften erfüllen zwar mangels eines ausdrücklichen gesetzlichen Auftrags zu ihrem Erlass und einer normierten Veröffentlichungspflicht schon nicht die formellen Anforderungen, die an normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften nach der zu den Standardisierungsermächtigungen im Umwelt- und Technikrecht ergangenen Rechtsprechung zu stellen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.1998 - 8 C 16.96 -, BVerwGE 107, 338 <341>; vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 <211>; siehe zuletzt auch Ruffert in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , GVwR I, 2006, § 17 Rn. 76 f., Hill in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , GVwR II, 2008, § 34 Rn. 44, jeweils m.w.N.); ob der Verwaltung als materielle Voraussetzung ein Beurteilungsspielraum für die Ausfüllung der gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt ist (vgl. hierzu etwa Möstl in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR, 13. Aufl. 2006, § 18 Rn. 29, § 19 Rn. 19 f.), kann folglich offen bleiben. Die Zentralen Dienstvorschriften können gleichwohl als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften bei der Frage der erforderlichen Ausdehnung des Schutzbereichs sowie der Genehmigungsfähigkeit eines Bauvorhabens in den Schutzabstandszonen herangezogen werden. Denn sie beruhen, soweit ersichtlich, auf gesicherten Erkenntnissen und Erfahrungen von Fachleuten (vgl. OVG RP, Urteil vom 20.03.1981 – 1 A 172/79 -, AS 16, 241 <243 f.>); sie sind insbesondere den Vorschriften über die Schutzabstände in der Anlage 1 zum Anhang zu § 2 der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz – 2. SprengV – (neugefasst durch Bekanntmachung vom 10.09.2002, BGBl. I S. 3543, 3555) vergleichbar. Sie erlauben daher - vorbehaltlich abweichender Erkenntnisse - eine zuverlässige Beurteilung, ob eine Gefährdung unbeteiligter Dritter von einem Munitionslager ausgeht. |
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| 2. Nach § 1 Abs. 2 und Abs. 4 SchBG darf ein Gebiet nur dann zum Schutzbereich erklärt werden, wenn dies zum Schutz und zur Erhaltung der Wirksamkeit einer Verteidigungsanlage erforderlich ist. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SchBG ergehende Anordnung ist, wie insbesondere aus der Verfahrensvorschrift des § 1 Abs. 3 SchBG folgt, das Ergebnis eines besonderen Raumordnungsverfahrens und setzt damit eine planerische Abwägung voraus. (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.11.1988 - 10 S 751/88 -, NVwZ 1989, 978 <980>). Diese muss den rechtsstaatlichen (Mindest-)Anforderungen genügen, die an eine staatliche Planungsentscheidung zu stellen sind. Hierzu gehört, dass die Planungsentscheidung auf einer gerechten Abwägung der für und gegen das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange beruht; in den Abwägungsvorgang müssen alle nach Lage der Dinge erheblichen öffentlichen und privaten Belange eingestellt und unter Beachtung des Verfahrensrechts und der die planerische Gestaltungsfreiheit begrenzenden Planungsleitsätze abgewogen werden. Dabei darf weder die Bedeutung der durch das Verfahren betroffenen Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen werden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. hierzu nur Bonk/Neumann in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 74 Rn. 54 ff. m.N.). |
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| Die Entscheidung nach § 2 Abs. 4 SchBG, die Anordnung eines Schutzbereichs nicht aufzuheben, unterscheidet sich hiervon jedenfalls im Grundsatz nicht. Nach dieser Bestimmung hat die zuständige Behörde mindestens alle fünf Jahre unter Beachtung der Vorschriften des § 1 Abs. 3 SchBG von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Anordnung noch vorliegen. Ist das der Fall, ergeht eine begründete Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Schutzbereichs. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Behörde nicht auf die Prüfung beschränkt, ob sich die Gefahren- bzw. Sicherheitsaspekte der bestehenden Verteidigungsanlage im Vergleich zu der Sach- und Rechtslage, wie sie der vorherigen bestandskräftigen Anordnung zugrunde gelegt worden sind, verändert haben. Ein solchermaßen insgesamt verengter, am Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG orientierter Prüfungsrahmen ließe sich zum einen mit der durch die Beachtenspflicht in § 2 Abs. 4 Satz 1 SchBG bewirkten strikten Bindung an die Verfahrensvorschriften des § 1 Abs. 3 SchBG nicht vereinbaren. Denn die Stellungnahmen der Äußerungsberechtigten beziehen sich - jedenfalls vorrangig - nicht auf diese sicherheitsrelevanten Gesichtspunkte, zu denen diese sich mangels Sachkenntnis substantiiert nicht äußern können. Zum anderen würde die genannte Beschränkung der besonderen Zielrichtung des § 2 Abs. 4 SchBG nicht gerecht. Diese erst in der abschließenden Beratung auf der Grundlage eines interfraktionellen Antrags als § 2 Abs. 2a in das Gesetz eingefügte Bestimmung (siehe BT, 2. WP, Sten. Berichte, 160. Sitzung, S. 8907, Anlage 4 , S. 8938) sollte die zivilen Belange und privaten Rechte im Vergleich zur schon zuvor im Gesetzentwurf enthaltenen Bestimmung des § 2 Abs. 5 Satz 1 SchBG (§ 2 Abs. 3 Satz 1 SchBG-E i.d.F. der Beschlüsse des Ausschusses für Verteidigung, BT-Drucks. 2/2510, sowie Schriftlicher Bericht, BT-Drucks. 2510 , S. 2) weiter sichern. Die Stärkung der Rechtsposition der in ihren zivilen Belangen betroffenen Gemeinden liegt dabei nicht nur in der Normierung eines periodisch durchzuführenden Überprüfungsverfahrens, sondern gerade auch in den Prüfungsmaßstäben, die hierbei anzuwenden sind. Denn § 2 Abs. 5 Satz 1 SchBG sieht vor, dass die Anordnung aufzuheben ist, wenn der Schutzbereich für die Zwecke des § 1 nicht mehr benötigt wird. Damit nimmt diese Vorschrift § 1 Abs. 2 SchBG in den Blick und stellt somit allein auf die verringerte Schutzbedürftigkeit der Verteidigungsanlage ab (vgl. auch von Hausen u.a. , Schutzbereichgesetz, 1957, § 2 Anm. V.2.), während § 2 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 SchBG darüber hinausgeht. |
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| Das hiernach auszuübende planerische Ermessen, das den Besonderheiten einer Entscheidung nach § 2 Abs. 4 SchBG Rechnung zu tragen hat, kann dabei im Ausnahmefall auf nur ein rechtsfehlerfreies Ergebnis reduziert sein. Jedenfalls hat die Klägerin aber einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Betätigung des Ermessens (vgl. Bonk/Neumann, a.a.O., § 74 Rn. 266). |
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| 3. Die Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung ist im Rahmen der nur eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Der Anordnung über die Aufrechterhaltung des Schutzbereichs liegt eine Abwägung zugrunde. Die Abwägung ist rechtsfehlerfrei zu Lasten der Klägerin ausgegangen. |
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| a) Das Bundesministerium der Verteidigung hat die hier erheblichen Belange in die Abwägung eingestellt. |
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| (1) Die auf Seiten der Klägerin zu berücksichtigenden Belange sind im Ergebnis ordnungsgemäß ermittelt worden. |
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| (1.1) Die Klägerin ist von der Beklagten nicht unmittelbar, sondern über die Landesbehörden angehört worden. Dieses Verfahren entspricht den formellen Vorgaben des § 2 Abs. 4 i.V.m. 1 Abs. 3 SchBG. Eine unmittelbare Beteiligung der Gemeinden ist darin nicht vorgesehen. Diese Bestimmung begegnet von Verfassung wegen keinen Bedenken. Vielmehr hat der Gesetzgeber damit verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Verhältnis von Bund und Gemeinden in der bundesstaatlichen Ordnung Rechnung getragen (siehe Schriftlicher Bericht des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. 2/2863 S. 1; vgl. auch BVerfGE 56, 298 <319>). |
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| Die Bedeutung der verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Rechtsstellung der Gemeinden stellt allerdings Anforderungen an die inhaltliche Gestaltung der - mittelbaren - Anhörung der Gemeinde. So muss der Gemeinde ein zeitlicher Rahmen zugebilligt werden, der es ihr ermöglicht, sich nach einer der Materie angemessenen Prüfung und Würdigung zu den aus ihrer Sicht maßgeblichen Punkten sachgemäß zu äußern. Erforderlich ist weiter, dass die eingeholte Stellungnahme zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2000 - 4 C 13.99 -, BVerwGE 112, 274 <290>; BVerfGE 56, 298 <320>; siehe bereits von Hausen, a.a.O., § 1 Anm. III.1.). Diesen Anforderungen hat die Anhörung der Klägerin entsprochen. Denn ihre ausführliche Stellungnahme vom 18.09.2002 ist der Beklagten vorgelegt worden, und diese hat sich damit im Schreiben der Wehrbereichsverwaltung vom 15.04.2003 ausführlich auseinander gesetzt. Auch in der Anordnung vom 02.06.2005 hat die Beklagte die Belange der Klägerin gewürdigt. |
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| (1.2) Die Stellungnahme des Landes ist zwar zu Unrecht vom Finanzministerium und nicht, wie in § 1 Abs. 3 SchBG bestimmt, von der „ “ abgegeben worden. Dieser Verfahrensfehler ist indessen unbeachtlich. |
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| Der Begriff „Landesregierung“ meint entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch das kollegial gebildete Verfassungsorgan i.S.v. Art. 45 Abs. 2 Satz 1 LV, dem die Staatsleitung obliegt. Das hat das Bundesverfassungsgericht für die Frage der Ermächtigungsadressaten beim Erlass von Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG entschieden (vgl. BVerfGE 11, 77 <84 ff.>; BVerfGE 88, 203 <332>). Es hat dabei zum einen auf die unterschiedliche Terminologie im Grundgesetz verwiesen, das neben „Regierung der Länder“ auch von „obersten Landesbehörden“ spricht. Für einen abweichenden Sprachgebrauch im Gesetzesrecht ist nichts dargetan. Zum anderen und entscheidend hat es betont, dass auf das bundesstaatliche Prinzip Rücksicht zu nehmen ist. Danach hat allein das Landesverfassungsrecht zu bestimmen, welches Organ eine Zuständigkeit wahrzunehmen hat, die den Ländern zugewiesen ist. Nur auf eine solche organisationsrechtliche Fragestellung kann es hier ankommen. Der Begriff der Regierung im funktionellen oder formellen Sinne als die Gesamtheit der nach den Kompetenzregelungen der Landesverfassung oder den Zuständigkeitsgesetzen von der Landesregierung im weiteren Sinne wahrgenommenen Aufgaben und Befugnisse (siehe Katz in: Feuchte , Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Art. 45 Rn. 22; Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Art. 45 Rn. 1 f., mit jeweils abweichender Begrifflichkeit; vgl. auch Oldiges in: Sachs , GG, 5. Aufl. 2009, Art. 62 Rn. 13; Schröder in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. II, 4. Aufl. 2000, Art. 62 Rn. 2) führt hier nicht weiter, da es nicht um die Charakterisierung und rechtliche Einordnung einer Kompetenz, sondern gerade um die Frage geht, wem die Aufgabe obliegt. |
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| Daraus folgt aber zunächst nur, dass der Bundesminister der Verteidigung als nach § 9 Abs. 1 SchBG zuständige Behörde die auf Landesebene anzuhörende Stelle nicht selbst bestimmen kann. Er hat sich grundsätzlich an die Landesregierung zu wenden. Wegen der Organisationshoheit des Landes ist damit aber noch nicht entschieden, ob die Landesregierung selbst Stellung zu nehmen hat; hierzu verhält sich die bundesgesetzliche Regelung nicht. |
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| Aus der im Zeitpunkt der Stellungnahme gültigen organisationsrechtlichen Aufgabenverteilungsnorm des § 4 Abs. 1 (nunmehr unverändert § 7 Abs. 1) LVG lässt sich dazu allerdings nichts im Gegenschluss entnehmen (a.A. wohl VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.11.1988 - 10 S 751/88 -, NVwZ 1989, 978 <980>). § 4 Abs. 1 LVG bestimmt lediglich, dass die Befugnisse, die durch bundesrechtliche Bestimmungen auf die obersten Landesbehörden übertragen sind, von diesen nicht ausgeübt werden dürfen, wenn in den gesetzlichen Bestimmungen eine Übertragung dieser Befugnisse auf nachgeordnete Behörden für zulässig erklärt ist. Damit wird der Vorschrift des Art. 70 Abs. 1 Satz 2 LV entsprechend ein „Zwang zur Dekonzentration“ gesetzlich festgelegt (siehe LT, 1. WP, Beil. 975, S. 1195). Ob dagegen sonstige Aufgaben, die nicht wie Befugnisse eine drittgerichtete Wahrnehmungszuständigkeit beschreiben, ohne ausdrückliche Bestimmung im Bundesgesetz immer von der Landesregierung zu erfüllen sind, ergibt sich daraus nicht. |
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| Maßstab für die Entscheidungszuständigkeit ist hier allein Art. 49 Abs. 2 LV, der den Umfang der Kabinettssachen und damit das Kollegialprinzip ausformt. Danach beschließt die Regierung u.a. über Angelegenheiten, in denen ein Gesetz dies vorschreibt. Auch die Verständigung über den Inhalt einer Stellungnahme kann ein solcher Beschluss sein. Auch der Umstand, dass sich Stellungnahmen zu Schutzbereichanordnungen von ihrer tatsächlichen Bedeutung her nicht immer als „kabinettswürdig" erweisen, ist nach dem Verfassungstext unbeachtlich. Denn die gesetzlichen Aufgabenzuweisungen stehen nicht unter dem - in Art. 49 Abs. 2 a. E. LV generalklauselartig als Auffangzuständigkeit normierten - Vorbehalt, dass es sich um Fragen von grundsätzlicher oder weittragender Bedeutung handelt. Eine Möglichkeit der Übertragung von gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeiten auf einzelne Minister, die dann diese Zuständigkeit stellvertretend für das Kabinett ausüben, ist in der Landesverfassung nicht vorgesehen. Ob es einen Kabinettsbeschluss gibt, der dies regelt, bedarf demnach keiner Klärung. Denn die Organisationsgewalt der Regierung kann sich nur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bestimmungen entfalten (siehe etwa zur vom insoweit offeneren GG ermöglichten Praxis der Bundesregierung Busse in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar, Art. 62 Rn. 6). |
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| Dieser Verfahrensmangel ist indessen unbeachtlich. Zum einen hatte er keinen Einfluss auf die Ermittlung der Belange der Klägerin (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.11.2006 - 4 A 2001.06 -, BVerwGE 127, 95 <99>; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.01.1989 - 10 S 1279/88 -, BA S. 8). Soweit die Klägerin sich zum anderen im Anschluss an die Rechtsprechung des 10. Senats des Verwaltungsgerichtshofs auf ein politisch größeres Gewicht einer Stellungnahme der Landesregierung auf der Grundlage eines ausdrücklichen Kabinettsbeschlusses beruft, führt das ebenso wenig weiter. Denn es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass eine Kabinettsbefassung zu einer Stellungnahme zu Gunsten der Klägerin hätte führen können. Das Finanzministerium beteiligt vor der Abgabe der Stellungnahme eine ganze Reihe weiterer Ministerien, nämlich das Staats-, das Innen-, das Umweltministerium und das Ministerium Ländlicher Raum; denn der für die entscheidende Stelle verwendete Begriff „Interministerieller Ausschuss für Unterbringungs- und Liegenschaftsfragen der Streitkräfte“ bezeichnet ausweislich des Schreibens des Finanzministeriums vom 17.10.2007 an das Verwaltungsgericht nicht eine gesonderte organisatorische Einheit, sondern umschreibt lediglich die vorherige Einbeziehung anderer Ministerien. Eventuell vorhandene Bedenken anderer Ressorts sind demnach ermittelt worden sind. |
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| (2) Bei der Bemessung der Schutzabstände, die angesichts der vom Munitionslager ausgehenden Gefahren erforderlich sind, durfte das Bundesministerium der Verteidigung von den in den bestandskräftigen Anordnungen zugrunde gelegten Werten und Tabellen und den daraus folgenden Grenzen der Schutzabstandszonen ausgehen. Diese auf einer Einschätzung des tatsächlichen Gefahrenpotenzials beruhenden Festlegungen sind auf Dauer ausgerichtet und unterliegen - anders als die Frage der Verhältnismäßigkeit der Anordnung des Schutzbereichs - nicht dem Vorbehalt einer geänderten Gesamtwürdigung der gegenläufigen Interessen. In dieser Hinsicht besteht in Anlehnung an die Bestimmungen über das Wiederaufgreifen des Verfahrens Anlass zur neuerlichen Überprüfung der Erforderlichkeit der Schutzabstände nur dann, wenn insoweit veränderte Umstände dargetan sind. Dies war hier indessen nicht der Fall. Insbesondere ist nicht von einer geringeren Menge der in der Verteidigungsanlage gelagerten Munition auszugehen. Denn die amerikanischen Streitkräfte haben zu erkennen gegeben, dass sie weiterhin die gesamte für die Lagerung massendetonationsfähiger Munition vorgesehene Kapazität nutzen wollen. Darauf - und nicht auf einen zeitweilig geringeren Bestand - sind die Berechnungen zum erforderlichen Schutzabstand zu beziehen. |
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| Danach ist dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag nicht nachzugehen. Denn die Klägerin legt darin veränderte Umstände, die eine Reduzierung des Schutzbereichs rechtfertigen könnten, nicht dar. Auch auf die ergänzend zu diesem Beweisantrag begehrte Auskunft der US-Armee über Art, Menge und Sprengkraft der in der Verteidigungsanlage eingelagerten und einlagerbaren Munition kommt es ersichtlich nicht an. Denn bei der Bestimmung des Schutzbereichs der Verteidigungsanlage wird eine bestimmte Kapazität zugrunde gelegt, die als Explosivstoffmenge die höchstzulässige Sprengkraft der dort vorhandenen Munition umschreibt. Soweit der Bürgermeister der Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Sorge geäußert hat, dass die US-Armee die hiernach begrenzte Lagerkapazität überschreite, bleibt auch dies für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich, da vor einem solchen Hintergrund die begehrte Verkleinerung der Schutzbereichs auf keinen Fall angezeigt wäre. |
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| b) Die Beklagte hat die Bedeutung der widerstreitenden Belange nicht verkannt. |
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| Dabei unterliegt die militärstrategische Entscheidung, dass es im Interesse der US-amerikanischen Streitkräfte des Munitionslagers Böblingen mit einer bestimmten nutzbaren Lagerkapazität weiterhin bedürfe, keiner näheren gerichtlichen Überprüfung. Sie liegt im weiten verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraum der Beklagten (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 <209>); es ist nichts dafür dargetan, dass dessen Grenzen hier überschritten sind. |
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| Des Weiteren war die Beklagte insbesondere nicht verpflichtet, auf bauplanerische Vorgaben der Klägerin Rücksicht zu nehmen. Sie ist nicht nach § 7 BauGB an die Darstellungen im Flächennutzungsplan der Klägerin gebunden. |
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| Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin sich bezüglich des Bebauungsplans „Lange Betten" von 1964 ungeachtet ihrer Kenntnis von den Plänen zur Anordnung eines Schutzbereichs allein auf die zeitliche Priorität berufen könnte, um einen inhaltlichen Vorrang zu begründen. Denn ausweislich der Darstellungen im vorgelegten Flächennutzungsplan von 1969 berührte der Geltungsbereich des genannten Bebauungsplans die Schutzzone 2 bzw. die jetzige Schutzabstandszone IV nicht, sodass die rechtliche Bewertung dieses Bebauungsplans für die in Streit stehenden Grundstücke ohne Bedeutung ist. Die weitere Bauleitplanung - insbesondere der erste Flächennutzungsplan der Klägerin - im betroffenen Gebiet wurde erst nach der erstmaligen Ausweisung des Schutzbereichs erstellt. Die Klägerin musste demnach die Schutzbereichanordnung schon gem. § 1 Abs. 5 Satz 1 BBauG 1960 als Bedürfnis der Verteidigung bzw. nach § 1 Abs. 6 Satz 2 11. Spiegelstrich BBauG 1976 als Belang der Verteidigung in ihre Bauleitplanung einstellen; bei der planerischen Abwägung war dieses gegenläufige Interesse, wie sich aus § 1 Abs. 3 Satz 2 SchBG ergibt, nicht zu überwinden (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.11.1988 - 10 S 751/88 -, NVwZ 1989, 978 <979>). Die durch die Schutzbereichanordnung konkretisierten Nutzungsbeschränkungen waren vielmehr als sonstige Nutzungsregelungen in die Bauleitpläne nachrichtlich zu übernehmen (vgl. § 5 Abs. 5 Satz 1, § 9 Abs. 4 Satz 1 BBauG 1960; § 5 Abs. 6 Satz 1, § 9 Abs. 6 Satz 1 BBauG 1976). Dies hat die Klägerin ausweislich der dem Senat vorliegenden Pläne offensichtlich versäumt. |
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| Zu Unrecht verweist die Klägerin auf die Anpassungspflicht nach § 7 Satz 1 BBauG/BauGB. Danach haben öffentliche Planungsträger, die am Verfahren der Aufstellung des Bauleitplans beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Die Anpassungspflicht bezieht sich indessen nur auf künftige Planungen, die weder durch einen Planfeststellungsbeschluss festgestellt noch, wie im Falle von Nutzungsregelungen, in der für sie vorgesehenen Rechtsform wirksam geworden sind; der Widerspruch des Planungsträgers ist insoweit ein gegenüber der Gemeinde erklärter Vorbehalt für abweichende Planungsziele (vgl. etwa Bielenberg/Runkel in. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 7 Rn. 10 f.; Gaentzsch in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 7 Rn. 14). Darum geht es indessen nicht, wenn der Planungsträger - wie hier - auf bereits bestehende raumbedeutsame Festsetzungen verweist. |
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| Auch aus der Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung V vom 17.02.1969 im Planaufstellungsverfahren ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine Bindung der Beklagten. Darin hat diese ausgeführt, dass gegen den Flächennutzungsplan keine Bedenken bestünden, sofern die mit der Schutzbereichanordnung vom 13.09.1965 verfügten Nutzungsbeschränkungen in dem betroffenen Gebiet beachtet und eingehalten würden. Damit hat die Beklagte unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Bauleitplanung der Klägerin nur unter dem Vorbehalt einer strikten Beachtung der militärischen Belange hingenommen werden sollte. |
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| Nicht zu folgen ist schließlich dem Einwand, dass erst im Jahre 1983 ein Widerspruch zwischen der Schutzbereichanordnung und der Bauleitplanung der Klägerin aufgetreten sei und letztere sich insoweit durchsetzen müsse. Denn mit der Anwendung der neugefassten ZDv 34/230 wurden die Bestimmungen für die Errichtung von Gebäuden in der äußeren Schutzabstandszone gerade gelockert. |
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| c) Schließlich ist das Ergebnis der Abwägung nicht zu beanstanden. |
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| Im Rahmen der Abwägung durfte - selbstverständlich - auch der Umstand gewürdigt werden, dass es um eine bereits seit langem bestehende Verteidigungsanlage geht, deren früher erwogene Verlagerung an einen Alternativstandort sich nicht verwirklichen ließ. Bei der Entscheidung über die Aufrechterhaltung eines Schutzbereichs sind neben dem Bestand und den getätigten infrastrukturellen Aufwendungen auch die daraus zugleich folgende "Vorbelastung“ und Situationsgebundenheit der betroffenen Gemeinde einzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2000 - 4 C 13.99 -, BVerwGE 112, 274 <291 f.>). Insoweit unterscheidet sich die Abwägung in dieser Situation von der einer erstmaligen Schutzbereichanordnung; denn die Gewichte sind insoweit grundsätzlich zu Gunsten der Verteidigungsanlage verschoben, ohne dass allerdings gegenläufige Belange gar nicht mehr zu berücksichtigen wären. Jedenfalls aber müssen die Interessen der Verteidigungsanlage nicht wegen der von der Gemeinde unter Missachtung der bestandskräftigen Schutzbereichanordnung geschaffenen "vollendeten Tatsachen“ zurücktreten. Es ist des Weiteren auch nicht zu erkennen, dass der Klägerin Entwicklungsmöglichkeiten völlig genommen wären. Denn es handelt sich nur um einen Randbereich des gesamten überplanten Bereichs, in dem sie in ihren Planungsmöglichkeiten merklich beeinträchtigt ist. Ihr hätten wohl aber auch andere Flächen für die Erweiterung des Gewerbegebiets zur Verfügung gestanden. |
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| Die Abwägung ist im Ergebnis schließlich nicht etwa deswegen zu beanstanden, weil die Schutzbereichanordnung in ihren Auswirkungen für die betroffenen Grundstückseigentümer inhaltlich unbestimmt wäre. Auf diesen Belang kann sich die Klägerin wohl berufen, weil ihre gemeindlichen Entwicklungsmöglichkeiten die tatsächliche Nutzbarkeit und Nutzung der ausgewiesenen Baugebiete umfasst. Die besonderen Anforderungen an die in den Schutzabstandszonen geplanten Bauvorhaben können indessen im Zusammenwirken mit den Dienststellen der Beklagten auf der Grundlage der ZDv geklärt werden. Hierauf hinzuweisen ist indessen auch Aufgabe der Baurechtsbehörde. |
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| Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. |
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| Beschluss vom 18. Februar 2009 |
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| Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG). |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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