Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 3010/11

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. September 2011 - 3 K 3899/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das genannte Urteil geändert, soweit der Klage stattgegeben wurde. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom Beklagten Beihilfe für eine künstliche Befruchtung in Form der sogenannten heterologen In-vitro-Fertilisation (im Folgenden: IVF). Bei der IVF werden der Frau Eizellen aus dem Eierstock entnommen und außerhalb des Mutterleibs mit dem Samen des Ehemanns (homologe IVF) bzw. wie hier eines Spenders (heterologe IVF) befruchtet.
Der Kläger ist Beamter im Dienst des Beklagten und zu 50 % beihilfeberechtigt, seine Ehefrau ist gesetzlich krankenversichert. Er leidet unter einer Azoospermie (völliges Fehlen von Samenzellen) und ist deshalb nicht in der Lage, selbst Kinder zu zeugen. Bei der Ehefrau liegt eine Tubenpathologie, d.h. eine gestörte Funktion der Eileiter, vor.
Im Jahr 2008 ließ die Ehefrau des Klägers sechs Inseminationen mit Fremdsamen (heterologe Insemination) durchführen, die erfolglos blieben. Nach hormoneller Vorbehandlung ließ sie in der Zeit vom 02.02.2010 bis 04.02.2010 eine IVF-Behandlung mit Fremdsamen durchführen. Die Kosten hierfür (einschließlich der Hormonstimulation) beliefen sich auf insgesamt 3.094,18 EUR. Zusätzlich erfolgte eine Kryokonservierung und Lagerung weiterer vorsorglich gewonnener Eizellen, um zukünftig Versuche zur Befruchtung wiederholen zu können. Für die Kryokonservierung der Eizellen entstanden Aufwendungen in Höhe von 480,-- EUR.
Mit Antrag vom 09.03.2010 begehrte der Kläger vom Beklagten Beihilfe für die Aufwendungen in Höhe von insgesamt 3.574,18 EUR. Mit Bescheid vom 29.04.2010 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) die Erstattung ab und führte zur Begründung aus, Aufwendungen für die Befruchtung mit Sperma eines anderen als des Ehemanns seien nicht beihilfefähig. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 zurück.
Am 23.12.2010 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts vom 29.04.2010 und dessen Widerspruchsbescheids vom 29.11.2010 zu verpflichten, ihm aufgrund seines Antrags vom 09.03.2010 Beihilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mit Urteil vom 26.09.2011 den Beklagten verpflichtet, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 09.03.2010 Beihilfe in Höhe von 893,55 EUR zu bewilligen, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Aufwendungen für die vorliegend durchgeführte heterologe IVF sei im Grundsatz beihilfefähig. Die Erkrankungen der Eheleute stellten jeweils einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsender Menschen als Normalzustand abweiche und daher jeweils als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen sei. Die IVF sei auch eine zur Behandlung der Erkrankungen des Klägers und seiner Ehefrau spezifisch erforderliche medizinische Leistung. Unerheblich sei, dass mit den ärztlichen Maßnahmen nicht bezweckt sei, die Ursachen der jeweiligen Fertilitätsstörung zu beseitigen oder Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Denn dem Begriff der Linderung einer Krankheit wohne gerade nicht inne, dass damit auch eine Behebung ihrer Ursachen verbunden sei. Von der Linderung einer Krankheit könne vielmehr schon dann gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine partielle oder völlige Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet sei oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt werde. Letzteres sei hier der Fall. Die IVF ersetze sowohl die fehlende Fertilität der Spermien des Klägers als auch die gestörte Funktion der Eileiter seiner Ehefrau durch einen ärztlichen Eingriff, um dadurch eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Die ärztlichen Maßnahmen dienten daher in ihrer Gesamtheit dem Zweck, die durch Krankheit behinderten Körperfunktionen beim Kläger und seiner Ehefrau zu ersetzen.
Das gelte auch dann, wenn die IVF mit heterologem Samen durchgeführt werde. Die künstliche Befruchtung der Ehefrau mit Fremdsamen bezwecke zwar nicht die Beseitigung oder Linderung von Schmerzen oder Beschwerden als Symptome der Unfruchtbarkeit des Ehemanns. Sie ziele aber - wie auch eine homologe künstliche Befruchtung wegen gestörter Fertilität des Mannes - auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit des Paares. Dieser komme zwar nicht selbst Krankheitswert zu. Sie sei aber vorliegend unmittelbare Folge der Erkrankung des Klägers. Damit werde auch bei einer heterologen künstlichen Befruchtung die durch Krankheit behinderte Körperfunktion des Klägers - die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege - durch eine medizinische Maßnahme ersetzt.
Beihilfefähig seien daneben auch die Kosten für die Kryokonservierung einschließlich deren Vorbereitungsmaßnahmen. Die Kryokonservierung erhöhe die Chancen zu einem Kind zu kommen, auch wenn in dem konkreten IVF-Zyklus keine Schwangerschaft eingetreten sei.
Aufgrund der Infertilität des Klägers könnten die entstandenen Aufwendungen auch teilweise ihm zugeordnet werden, obwohl die IVF-Behandlung nur bei seiner Ehefrau durchgeführt worden sei. Denn anders als für das Sozialversicherungsrecht in § 27a Abs. 3 Satz 3 SGB V geregelt, stelle das Beihilferecht des Landes Baden-Württemberg auf eine krankheitsbezogene, nicht aber auf eine anwendungsbezogene Betrachtungsweise ab. Da jedoch die IVF-Behandlung mit Spendersamen nicht nur wegen der Infertilität des Klägers, sondern auch aufgrund der Tubenpathologie seiner Ehefrau notwendig geworden sei, könnten die Aufwendungen nicht ausschließlich ihm zugeordnet werden. Mangels tragfähiger Anhaltspunkte für eine anderweitige Verteilung, seien die insgesamt entstandenen Aufwendungen je zur Hälfte beiden Eheleuten zuzuordnen. Die dem Kläger zuzuordnenden beihilfefähigen Aufwendungen beliefen sich danach auf die Hälfte von 3.574,18 EUR, d.h. auf 1.787,09 EUR. Unter Berücksichtigung des für ihn geltenden Bemessungssatzes von 50 % stehe ihm daher ein Anspruch auf Beihilfe in Höhe von 893,55 EUR zu.
10 
Für die der Ehefrau zuzuordnenden Aufwendungen in Höhe von ebenfalls 1.787,09 EUR stehe dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu. Nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO seien die in § 6 bis 10 genannten Aufwendungen, die für den Ehegatten des Beihilfeberechtigten entstanden seien, nicht beihilfefähig, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehegatten in den beiden Kalenderjahren vor Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18.000,-- EUR übersteige. So verhalte es sich vorliegend. Die Einkünfte der Ehefrau des Klägers hätten in den beiden, dem Beihilfeantrag vorangegangenen Jahren über 18.000,-- EUR gelegen.
11 
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Verwaltungsgericht Sigmaringen zugelassenen Berufungen des Klägers und des Beklagten.
12 
Der Kläger führt aus, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hätten die Einkünfte seiner Ehefrau in den beiden Kalenderjahren vor Stellung des Beihilfeantrags nicht jeweils über 18.000,-- EUR gelegen. Nach dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts Tübingen habe seine Ehefrau im Jahre 2010 Einkünfte in Höhe von 17.556,-- EUR gehabt.
13 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.09.2011 - 3 K 3899/10 - zu ändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 29.04.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2010 zu verpflichten, ihm Beihilfe in Höhe von 1.787,09 EUR zu gewähren,
15 
sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26.09.2011 - 3 K 3899/10 - zu ändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen
18 
sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
19 
Der Beklagte ist der Auffassung, die IVF-Behandlung mit Spendersamen sei deshalb nicht medizinisch notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 BVO, weil die Krankheit des Klägers nicht geheilt werden könne. Die Fertilität des Klägers sei nicht nur gestört, sondern fehle gänzlich, so dass es unmöglich sei, seine organisch bedingte Unfruchtbarkeit zu überwinden. Die ärztlichen Maßnahmen ersetzten daher nicht die behinderte Körperfunktion des Klägers, sondern stellten ein aliud dar. Lediglich die Fiktion des § 1592 Nr. 1 BGB führe dazu, dass die Zeugungsunfähigkeit im rechtlichen Sinne ersetzt werden könne, indem der Kläger als Vater des Kindes gelte, das seine Ehefrau zur Welt bringe. § 1592 Nr. 1 BGB knüpfe die Vaterschaft nicht an genetisch-biologische Kriterien, sondern bezwecke die größtmögliche Sicherheit des Kindes. Im tatsächlichen Sinn sei eine Ersetzung der Zeugungsfähigkeit beim Kläger aber unmöglich. Im Ergebnis ermöglichten daher lediglich die zivilrechtlichen Vorschriften den Erfolg einer heterologen IVF-Behandlung. Wenn aber nur eine rechtliche Fiktion eine „Heilung“ hervorrufen könne, führe dies nicht zur Beihilfefähigkeit der Aufwendungen. Die Behandlung mit dem Ziel einer lediglich rechtlichen Vaterschaft reiche mit anderen Worten nicht aus, um eine Heilbehandlung einer Zeugungsunfähigkeit begründen zu können, zumal die Vaterschaft wegen diverser Anfechtungsmöglichkeiten nicht dauerhaft gesichert sei.
20 
Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass die Zeugungsunfähigkeit des Klägers eine Krankheit darstelle, die mittels ärztlicher Hilfe überwunden werden könnte, wäre aufgrund dieser Krankheit lediglich die Insemination beihilfefähig gewesen. Denn der verwendete Drittsamen werde eingehend überprüft und weise daher keine Beeinträchtigungen auf. Nach Aussage der behandelnden Ärztin sei die IVF-Behandlung bei der Ehefrau des Klägers nur deshalb durchzuführen gewesen, weil eine Inseminationsbehandlung aufgrund ihrer Tubenpathologie nicht möglich gewesen sei. Die Eileiter der Ehefrau seien so stark beschädigt, dass sie die Eizelle nicht regelgerecht transportieren könnten. Die Aufwendungen der IVF-Behandlungen seien daher an der gesetzlich versicherten Ehefrau des Klägers entstandene Aufwendungen und somit nicht beihilfefähig.
21 
Schließlich seien die Aufwendungen für die Kryokonservierung weder medizinisch notwendig i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO noch als Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 BVO zu qualifizieren. Eine Kryokonservierung sei nur dann medizinisch notwendig, wenn sie eine fertilitätsprotektive Maßnahme sei, wenn also aufgrund einer Erkrankung Sterilität drohe. Dies sei hier nicht der Fall. Die Konservierung sei ferner nur eine Aufwendung der Ehefrau und bereits aus diesem Grund - mangels Verursachung durch den Kläger - nicht beihilfefähig.
22 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und des Beklagten vor. Auf diese sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Berufung des Klägers hat dagegen keinen Erfolg. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 29.04.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 09.03.2010 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung - hier sog. heterologe In-vitro-Fertilisation - nicht zu. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Verpflichtungsklage somit insgesamt abweisen müssen.
24 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.2011 - 2 S 1369/11 - Juris). Die hier umstrittenen Aufwendungen sind im Januar/Februar 2010 entstanden. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407).
25 
2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind „aus Anlass einer Krankheit“ beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Aufwendungen müssen hiernach in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Krankheitsfall stehen, d.h. durch Maßnahmen entstanden sein, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden oder der Beseitigung oder dem Ausgleich angeborener oder erworbener körperlicher Beeinträchtigungen dienen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 07.11.2006 - 2 C 11.06 - BVerwGE 127, 91).
26 
Für die Anerkennung der Beihilfefähigkeit ist weder ein vollständiger noch ein dauerhafter Erfolg einer der genannten Maßnahmen Voraussetzung. Es ist kein notwendiges Merkmal des Begriffs der Behandlung, dass eine Krankheit dauerhaft geheilt bzw. dass der regelwidrige Körperzustand vollständig wiederhergestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 - BVerwGE 119, 168). Dementsprechend kann bereits dann von der Linderung einer Krankheit gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine wenigstens partielle Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2009 - 4 S 1028/07 - juris; BGH, Urteil vom 3.3.2004 - IV ZR 25/03 - BGHZ 158, 166).
27 
3. Die Aufwendungen für die hier zu beurteilende heterologe IVF (einschließlich der hormonellen Vorbehandlung der Ehefrau des Klägers) sind danach nicht beihilfefähig. Die beim Kläger aufgrund einer Azoospermie vorliegende Infertilität stellt zwar unstreitig eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar. Es handelt sich um einen regelwidrigen Körperzustand, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit anzusehen ist (vgl. etwa BFH, Urteil vom 16.12.2010 - VI R 43/10 - BFHE 232, 179; BGH, Urteil vom 12.11.1997 - IV ZR 58/97 - NJW 1998, 824). Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen ist jedoch keine Krankenbehandlung für den Kläger im oben dargestellten Sinne.
28 
Da der Kläger vollständig und auf Dauer zeugungsunfähig ist, kann diese Krankheit auch nicht partiell oder zeitweise mit Erfolg behandelt und in diesem Sinne gelindert werden. Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen kann darüber hinaus auch nicht dazu führen, dass Symptome der Unfruchtbarkeit des Klägers - etwa damit zusammenhängende Schmerzen oder Beschwerden - beseitigt oder gelindert werden; die Maßnahme zielt vielmehr allein auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit des Klägers und seiner Ehefrau. Dieser kommt aber als solcher kein Krankheitswert zu (vgl. etwa BGH, Urteile vom 12.11.1997, aaO und 17.12.1986 - IV a ZR 78/85 - BGHZ 99, 228).
29 
Durch die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen wird entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger - die Möglichkeit, Kinder auf natürlichem Wege zu zeugen - ersetzt. Die Ersetzung einer behinderten Körperfunktion setzt schon vom Wortsinn her voraus, dass die medizinische Maßnahme einen Körperbezug aufweist. Die Behandlung muss darauf abzielen, einen Zustand zu erreichen, der ohne die Fertilitätsstörung mit Hilfe der natürlichen Körperfunktionen hätte herbeigeführt werden können. Erst dann lässt sich davon sprechen, dass die gestörte Körperfunktion durch den ärztlichen Eingriff ersetzt wird. Daran fehlt es hier. Denn tatsächlich ist die Ersetzung der Zeugungsfähigkeit beim Kläger unmöglich und dementsprechend können auch die sich aus seiner Unfruchtbarkeit ergebenden Krankheitsfolgen, d.h. die Unmöglichkeit, eigene Kinder zu zeugen, nicht beseitigt werden. Es ist mit anderen Worten nicht möglich, die gestörte Körperfunktion des Klägers durch einen medizinischen Eingriff im biologischen Sinne zu ersetzen und auf diese Weise die Krankheit der Infertilität zu lindern. Wollte man dies anders sehen, müssten konsequenterweise auch Aufwendungen für eine Kindesadoption, die im Zusammenhang mit der Unfruchtbarkeit der betreffenden Personen steht (vgl. §§ 1741 ff. BGB), als Kosten einer Heilbehandlung eingestuft werden.
30 
Der Umstand, dass der Kläger im Falle eines Erfolgs der künstlichen Befruchtung gemäß § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB als Vater des von seiner Ehefrau zur Welt gebrachten Kindes gilt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach dieser Vorschrift ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Das gilt auch dann, wenn die Ehefrau das Kind mit Einwilligung des Ehemanns durch künstliche Übertragung des Samens eines anderen Mannes empfangen hat. Die Vaterschaft des Ehemanns kann grundsätzlich allein durch Anfechtung nach den §§ 1599 ff. beseitigt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Mutter und dem Ehemann gemäß § 1600 Abs. 5 BGB keine Anfechtungsberechtigung zusteht, sofern sie der Zeugung des Kindes mit Spendersamen zuvor wirksam zugestimmt haben (Wellenhofer in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1592 Rn. 19). Diese Regelungen dienen der Rechtssicherheit sowie dem Wohl des Kindes. Bei der Anordnung des § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB handelt es sich jedoch um eine bloße Fiktion, die dazu führt, dass genetische Abstammung und Vaterschaft im Rechtssinn auseinanderfallen. Sie ändert deshalb nichts daran, dass es sich bei dem durch künstliche Befruchtung gezeugten Kind nicht um ein genetisch von dem Ehemann abstammendes Kind handelt. Die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die gesetzliche Krankenversicherung ist dementsprechend gemäß § 27 a Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) - in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - BVerfGE 117, 316) auf Fälle beschränkt, in denen ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden.
31 
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29.06.2009 (aaO), wonach der Dienstherr Beihilfe für die Aufwendungen für eine homologe IVF zu gewähren hat, steht zu der hier vertretenen Auffassung nicht in Widerspruch. Bei der homologen IVF wird die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff ersetzt, um die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft der mit ihm verheirateten oder mit ihm in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Frau zu ermöglichen. Die fehlende Fähigkeit, ein eigenes Kind auf natürliche Weise zu zeugen, wird auf diesem Wege ersetzt. Bei der heterologen IVF ist dies, wie ausgeführt, nicht der Fall. Das durch eine heterologe IVF erzeugte Kind stammt genetisch von dem Mann ab, mit dessen Samen die Behandlung durchgeführt wird. Sie vermag daher die durch eine Krankheit behinderte Körperfunktion des anderen, nicht fortpflanzungsfähigen Mannes nicht zu ersetzen.
32 
Das vom Kläger für seine abweichende Auffassung in Anspruch genommene Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.12.2010 (aaO) betrifft nicht die hier zu beantwortende Frage, ob eine heterologe IVF eine zur Behandlung der Unfruchtbarkeit des Mannes notwendige medizinische Leistung i. S. des Beihilferechts darstellt, sondern die Frage, ob die Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF als außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sind und deshalb zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führen. Die genannten Fragen bewegen sich auf verschiedenen Ebenen. Aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof in den Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 EStG sieht, kann daher nicht hergeleitet werden, dass diese Aufwendungen auch als beihilfefähig anzuerkennen sind. Soweit der Bundesfinanzhof seine Entscheidung darauf stützt, dass auch eine heterologe IVF eine Maßnahme sei, die in ihrer Gesamtheit dazu diene, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes zu ersetzen, vermag der Senat der Auffassung des Bundesfinanzhofs im Übrigen nicht zu folgen. Denn, wie ausgeführt, wird bei einer heterologen IVF die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes in Form der fehlenden Fähigkeit, ein Kind auf natürlichem Wege zu zeugen, nicht durch eine medizinische Maßnahme ersetzt. Die Krankheit des Mannes, nämlich die Unfähigkeit genetische Nachkommen zu haben, wird dadurch nicht beeinflusst (zutreffend BFH, Urt. v. 18.05.1999 - III R 46/97 - BFHE 188, 566).
33 
Die weitere Frage, ob sich bei einer durch Kinderlosigkeit ausgelösten psychischen Erkrankung eine IVF-Behandlung als Heilbehandlung darstellen könnte, kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Denn dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen bei ihm bzw. seiner Ehefrau in diesem Sinne entnehmen.
34 
Der Umstand, dass nicht nur beim Kläger, sondern auch bei seiner Ehefrau im Hinblick auf die gestörte Funktion der Eileiter eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts vorliegt, führt ebenfalls nicht zur Beihilfefähigkeit der heterologen künstlichen Befruchtung. Da die Gesamtmaßnahme nicht als Krankenbehandlung i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO anzusehen ist, kann es keine Rolle spielen, ob die heterologe IVF allein durch die Erkrankung des Mannes oder durch beide Ehepartner veranlasst wird. Die Kosten der medizinischen Gesamtmaßnahme können deshalb auch nicht als Aufwendungen des berücksichtigungsfähigen Angehörigen erstattet werden. Dies gilt konsequenterweise auch für die Kosten der Kryokonservierung, die dazu dient, zukünftige Versuche zur Befruchtung mit Fremdsamen wiederholen zu können. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Einkünfte der Ehefrau in den beiden Kalenderjahren vor der Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18.000,-- EUR überstiegen haben (vgl. dazu § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
36 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
37 
Beschluss vom 14. Februar 2012
38 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 26.09.2011 - jeweils auf 1.787,09 EUR festgesetzt (Gesamtaufwendungen in Höhe von 3.574,18 EUR bei einem Bemessungssatz von 50 %).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Berufung des Klägers hat dagegen keinen Erfolg. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 29.04.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den mit Antrag vom 09.03.2010 geltend gemachten Aufwendungen für die künstliche Befruchtung - hier sog. heterologe In-vitro-Fertilisation - nicht zu. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Verpflichtungsklage somit insgesamt abweisen müssen.
24 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.2011 - 2 S 1369/11 - Juris). Die hier umstrittenen Aufwendungen sind im Januar/Februar 2010 entstanden. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407).
25 
2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind „aus Anlass einer Krankheit“ beihilfefähig unter anderem die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Aufwendungen müssen hiernach in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Krankheitsfall stehen, d.h. durch Maßnahmen entstanden sein, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden oder der Beseitigung oder dem Ausgleich angeborener oder erworbener körperlicher Beeinträchtigungen dienen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 07.11.2006 - 2 C 11.06 - BVerwGE 127, 91).
26 
Für die Anerkennung der Beihilfefähigkeit ist weder ein vollständiger noch ein dauerhafter Erfolg einer der genannten Maßnahmen Voraussetzung. Es ist kein notwendiges Merkmal des Begriffs der Behandlung, dass eine Krankheit dauerhaft geheilt bzw. dass der regelwidrige Körperzustand vollständig wiederhergestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 - BVerwGE 119, 168). Dementsprechend kann bereits dann von der Linderung einer Krankheit gesprochen werden, wenn die ärztliche Tätigkeit auf die Abschwächung oder eine wenigstens partielle Unterbindung oder Beseitigung von Krankheitsfolgen gerichtet ist oder eine Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ bezweckt wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2009 - 4 S 1028/07 - juris; BGH, Urteil vom 3.3.2004 - IV ZR 25/03 - BGHZ 158, 166).
27 
3. Die Aufwendungen für die hier zu beurteilende heterologe IVF (einschließlich der hormonellen Vorbehandlung der Ehefrau des Klägers) sind danach nicht beihilfefähig. Die beim Kläger aufgrund einer Azoospermie vorliegende Infertilität stellt zwar unstreitig eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar. Es handelt sich um einen regelwidrigen Körperzustand, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweicht und daher als Krankheit anzusehen ist (vgl. etwa BFH, Urteil vom 16.12.2010 - VI R 43/10 - BFHE 232, 179; BGH, Urteil vom 12.11.1997 - IV ZR 58/97 - NJW 1998, 824). Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen ist jedoch keine Krankenbehandlung für den Kläger im oben dargestellten Sinne.
28 
Da der Kläger vollständig und auf Dauer zeugungsunfähig ist, kann diese Krankheit auch nicht partiell oder zeitweise mit Erfolg behandelt und in diesem Sinne gelindert werden. Die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen kann darüber hinaus auch nicht dazu führen, dass Symptome der Unfruchtbarkeit des Klägers - etwa damit zusammenhängende Schmerzen oder Beschwerden - beseitigt oder gelindert werden; die Maßnahme zielt vielmehr allein auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit des Klägers und seiner Ehefrau. Dieser kommt aber als solcher kein Krankheitswert zu (vgl. etwa BGH, Urteile vom 12.11.1997, aaO und 17.12.1986 - IV a ZR 78/85 - BGHZ 99, 228).
29 
Durch die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen wird entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger - die Möglichkeit, Kinder auf natürlichem Wege zu zeugen - ersetzt. Die Ersetzung einer behinderten Körperfunktion setzt schon vom Wortsinn her voraus, dass die medizinische Maßnahme einen Körperbezug aufweist. Die Behandlung muss darauf abzielen, einen Zustand zu erreichen, der ohne die Fertilitätsstörung mit Hilfe der natürlichen Körperfunktionen hätte herbeigeführt werden können. Erst dann lässt sich davon sprechen, dass die gestörte Körperfunktion durch den ärztlichen Eingriff ersetzt wird. Daran fehlt es hier. Denn tatsächlich ist die Ersetzung der Zeugungsfähigkeit beim Kläger unmöglich und dementsprechend können auch die sich aus seiner Unfruchtbarkeit ergebenden Krankheitsfolgen, d.h. die Unmöglichkeit, eigene Kinder zu zeugen, nicht beseitigt werden. Es ist mit anderen Worten nicht möglich, die gestörte Körperfunktion des Klägers durch einen medizinischen Eingriff im biologischen Sinne zu ersetzen und auf diese Weise die Krankheit der Infertilität zu lindern. Wollte man dies anders sehen, müssten konsequenterweise auch Aufwendungen für eine Kindesadoption, die im Zusammenhang mit der Unfruchtbarkeit der betreffenden Personen steht (vgl. §§ 1741 ff. BGB), als Kosten einer Heilbehandlung eingestuft werden.
30 
Der Umstand, dass der Kläger im Falle eines Erfolgs der künstlichen Befruchtung gemäß § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB als Vater des von seiner Ehefrau zur Welt gebrachten Kindes gilt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach dieser Vorschrift ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Das gilt auch dann, wenn die Ehefrau das Kind mit Einwilligung des Ehemanns durch künstliche Übertragung des Samens eines anderen Mannes empfangen hat. Die Vaterschaft des Ehemanns kann grundsätzlich allein durch Anfechtung nach den §§ 1599 ff. beseitigt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Mutter und dem Ehemann gemäß § 1600 Abs. 5 BGB keine Anfechtungsberechtigung zusteht, sofern sie der Zeugung des Kindes mit Spendersamen zuvor wirksam zugestimmt haben (Wellenhofer in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1592 Rn. 19). Diese Regelungen dienen der Rechtssicherheit sowie dem Wohl des Kindes. Bei der Anordnung des § 1592 Abs. 1 Nr. 1 BGB handelt es sich jedoch um eine bloße Fiktion, die dazu führt, dass genetische Abstammung und Vaterschaft im Rechtssinn auseinanderfallen. Sie ändert deshalb nichts daran, dass es sich bei dem durch künstliche Befruchtung gezeugten Kind nicht um ein genetisch von dem Ehemann abstammendes Kind handelt. Die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die gesetzliche Krankenversicherung ist dementsprechend gemäß § 27 a Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) - in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.2.2007 - 1 BvL 5/03 - BVerfGE 117, 316) auf Fälle beschränkt, in denen ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden.
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Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29.06.2009 (aaO), wonach der Dienstherr Beihilfe für die Aufwendungen für eine homologe IVF zu gewähren hat, steht zu der hier vertretenen Auffassung nicht in Widerspruch. Bei der homologen IVF wird die gestörte Fertilität der Spermien durch einen ärztlichen Eingriff ersetzt, um die organisch bedingte Unfruchtbarkeit eines Mannes zu überwinden und eine Schwangerschaft der mit ihm verheirateten oder mit ihm in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Frau zu ermöglichen. Die fehlende Fähigkeit, ein eigenes Kind auf natürliche Weise zu zeugen, wird auf diesem Wege ersetzt. Bei der heterologen IVF ist dies, wie ausgeführt, nicht der Fall. Das durch eine heterologe IVF erzeugte Kind stammt genetisch von dem Mann ab, mit dessen Samen die Behandlung durchgeführt wird. Sie vermag daher die durch eine Krankheit behinderte Körperfunktion des anderen, nicht fortpflanzungsfähigen Mannes nicht zu ersetzen.
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Das vom Kläger für seine abweichende Auffassung in Anspruch genommene Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.12.2010 (aaO) betrifft nicht die hier zu beantwortende Frage, ob eine heterologe IVF eine zur Behandlung der Unfruchtbarkeit des Mannes notwendige medizinische Leistung i. S. des Beihilferechts darstellt, sondern die Frage, ob die Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF als außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sind und deshalb zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führen. Die genannten Fragen bewegen sich auf verschiedenen Ebenen. Aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof in den Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe IVF eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 EStG sieht, kann daher nicht hergeleitet werden, dass diese Aufwendungen auch als beihilfefähig anzuerkennen sind. Soweit der Bundesfinanzhof seine Entscheidung darauf stützt, dass auch eine heterologe IVF eine Maßnahme sei, die in ihrer Gesamtheit dazu diene, die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes zu ersetzen, vermag der Senat der Auffassung des Bundesfinanzhofs im Übrigen nicht zu folgen. Denn, wie ausgeführt, wird bei einer heterologen IVF die durch Krankheit behinderte Körperfunktion eines Mannes in Form der fehlenden Fähigkeit, ein Kind auf natürlichem Wege zu zeugen, nicht durch eine medizinische Maßnahme ersetzt. Die Krankheit des Mannes, nämlich die Unfähigkeit genetische Nachkommen zu haben, wird dadurch nicht beeinflusst (zutreffend BFH, Urt. v. 18.05.1999 - III R 46/97 - BFHE 188, 566).
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Die weitere Frage, ob sich bei einer durch Kinderlosigkeit ausgelösten psychischen Erkrankung eine IVF-Behandlung als Heilbehandlung darstellen könnte, kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Denn dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen bei ihm bzw. seiner Ehefrau in diesem Sinne entnehmen.
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Der Umstand, dass nicht nur beim Kläger, sondern auch bei seiner Ehefrau im Hinblick auf die gestörte Funktion der Eileiter eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts vorliegt, führt ebenfalls nicht zur Beihilfefähigkeit der heterologen künstlichen Befruchtung. Da die Gesamtmaßnahme nicht als Krankenbehandlung i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO anzusehen ist, kann es keine Rolle spielen, ob die heterologe IVF allein durch die Erkrankung des Mannes oder durch beide Ehepartner veranlasst wird. Die Kosten der medizinischen Gesamtmaßnahme können deshalb auch nicht als Aufwendungen des berücksichtigungsfähigen Angehörigen erstattet werden. Dies gilt konsequenterweise auch für die Kosten der Kryokonservierung, die dazu dient, zukünftige Versuche zur Befruchtung mit Fremdsamen wiederholen zu können. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Einkünfte der Ehefrau in den beiden Kalenderjahren vor der Stellung des Beihilfeantrags jeweils 18.000,-- EUR überstiegen haben (vgl. dazu § 5 Abs. 4 Nr. 4 BVO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
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Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Beschluss vom 14. Februar 2012
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Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 26.09.2011 - jeweils auf 1.787,09 EUR festgesetzt (Gesamtaufwendungen in Höhe von 3.574,18 EUR bei einem Bemessungssatz von 50 %).
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

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