Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 4 S 2079/16

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. September 2016 - 6 K 4811/15 - wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 563,04 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag dargelegten und somit grundsätzlich allein maßgeblichen Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
I.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach der Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken, beziehungsweise wenn der Erfolg des Rechtsmittels, dessen Eröffnung angestrebt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Senatsbeschluss vom 25.02.1997 - 4 S 496/97 -, VBlBW 1997, 263). Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392, und Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83), wobei alle tragenden Begründungsteile angegriffen werden müssen, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf mehrere jeweils selbständig tragende Erwägungen gestützt ist (Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a Rn. 125; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26, und Beschluss vom 11.09.2002 - 9 B 61.02 -, Juris). Das Darlegungsgebot des § 124 lit. a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. Dies kann regelmäßig nur dadurch erfolgen, dass konkret auf die angegriffene Entscheidung bezogen aufgezeigt wird, was im Einzelnen und warum dies als fehlerhaft erachtet wird. Eine Bezugnahme auf früheren Vortrag genügt dabei nicht (vgl. nur Senatsbeschluss vom 19.05.1998 - 4 S 660/98 -, Juris; Kopp/Schenke, VwGO, § 124a Rn. 49, m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Zulassungsvorbringen nicht hervorgerufen.
Die Beklagte wendet sich mit ihrem Antrag gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13.09.2016, mit dem sie unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27.07.2015 und Widerspruchsbescheids vom 29.09.2015 verurteilt wurde, über den Anspruch des Klägers auf Altersgeld nach dem Altersgeldgesetz unter Berücksichtigung der Zeit seiner Auslandsverwendung vom 09.11.2001 bis 14.02.2002 bei der KFOR in Mazedonien erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG (i.V. mit § 2 Abs. 2 Satz 1, 6 Abs. 5 AltG), wonach u.a. Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung nach § 63c Abs. 1 SVG bis zum Doppelten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden könnten. Aus dem Wortlaut des § 63c Abs. 1 Satz 1 SVG ergebe sich nicht die von dem Beklagten angenommene zeitliche Beschränkung der Berücksichtigung des Verwendungszeitraums nach dem 30.11.2012, weswegen auch Einsätze im Ausland vor dem Zeitraum des Inkrafttretens der Vorschrift erfasst seien.
Dem hält das Zulassungsvorbringen im Wesentlichen entgegen, dass eine Geltendmachung von Ansprüchen für vor dem Inkrafttreten des § 63c SVG liegenden Verwendungen nicht möglich sei.
1. Zunächst führt die Beklagte aus, das Verwaltungsgericht habe das Gesetz zur Regelung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen - EinsatzVG vom 21.12.2004 - missachtet. Durch Art. 2 Nr. 10 dieses Gesetzes sei § 63c SVG eingefügt worden. Diese Vorschrift definiere u.a. den Begriff der besonderen Auslandsverwendung und sei durch Art. 11 Abs. 1 EinsatzVG rückwirkend mit Wirkung vom 01.12.2002 in Kraft gesetzt worden. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Urteil vom 08.07.1976 (- 1 BvL 19/75, 1 BvL 20/75 -, Juris) festgestellt, dass erst das Inkrafttreten eines Gesetzes der Geltungsanordnung zur Wirksamkeit verhelfe und den zeitlichen Geltungsbereich der Vorschriften bestimme. Ferner gehe der Hinweis des Verwaltungsgerichts fehl, wonach § 63c SVG im Gegensatz zu 76e SGB VI keine zeitliche Einschränkungen enthalte. Bei § 76e SGB VI handele es um eine Regelung in einem anderen Rechtsgebiet, welche keine Rückwirkung entfalten sollte. Auch habe der Gesetzgeber, soweit Leistungen auch für Sachverhalte vor dem 01.12.2002 zugebilligt werden sollten, es für erforderlich gehalten, dies - wie etwa in § 22 Abs. 1 EinsatzWVG geschehen - explizit zu regeln.
Dieses Vorbringen der Beklagten zu der vom Verwaltungsgericht verneinten zeitlichen Beschränkung erfasster Auslandseinsätze greift nicht durch. Das Zulassungsvorbringen setzt sich nicht hinreichend mit der Wortlautargumentation des Verwaltungsgerichts auseinander und genügt nicht den Darlegungsanforderungen (dazu a). Im Übrigen beinhaltet das Zulassungsvorbringen keine schlüssige Gegenargumentation, weil weder aus der Inkrafttretensregelung noch aus systematisch-teleologischen Erwägungen eine zeitliche Grenze hergeleitet werden kann (dazu b).
a) Das Zulassungsvorbringen setzt sich nicht hinreichend mit dem verwaltungsgerichtlich herangezogenen (selbständig tragenden) Argument der Wortlautgrenze (UA Seite 7) auseinander und genügt daher bereits nicht den Darlegungsanforderungen. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen wird bei der Rechtserkenntnis kategorial zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung unterschieden (anderes gilt - nicht zuletzt mit Blick auf die „Methodennorm“ des § 4 AO - seit jeher nur in der Finanzgerichtsbarkeit, vgl. zur „Auslegung gegen den Wortlaut“ bereits RFH, Urteil vom 24.02.1925 – I A 96/24 -; ebenso BFH 21.10.2010 - IV R 23/08 -, jeweils Juris-Ls.). Die Auslegung folgt hierbei dem hergebrachten vierstufigen Methodenkanon, wobei dem Wortlaut im Rahmen der grammatikalischen Auslegung aufgrund seiner Doppelfunktion eine besondere Stellung zukommt. Der Wortlaut (i.S. des möglichen Wortsinns der Norm) ist Grundlage, aber auch - nicht zuletzt mit Blick auf die Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) - Grenze der Auslegung (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 03.04.1990 - 1 BvR 1186/89 -, Juris; BGH, Urteil vom 26.11.2008, VIII ZR 200/05, Juris Rn. 20 ff. m.w.N.). Eine außerhalb des Wortlauts liegende Deutung bewegt sich nicht (mehr) innerhalb der Auslegung, sondern der Umdeutung bzw. Rechtsfortbildung. Als solche ist sie zwar nicht unzulässig, jedoch an den erhöhten Anforderungen der Rechtsfortbildung zu messen und z.B. als Lückenfüllung, Analogie, Reduktion u.a.m. zu rechtfertigen. Unter Beachtung dieser Grundsätze legt das Zulassungsvorbringen nicht dar, weshalb der (insoweit in zeitlicher Hinsicht unbeschränkte) Wortlaut des über § 25 SVG anwendbaren § 63c SVG im vorliegenden Fall keine Geltung beanspruchen und insoweit nicht zur Anwendung gebracht werden soll. Hierüber hilft nach dem Vorgesagten auch der (im Rahmen der der Auslegung des Wortlauts nachrangigen systematischen Auslegung vorgenommene) Vergleich der §§ 25, 63c SVG mit anderen Vorschriften wie z.B. § 76e SGB VI nicht hinweg bzw. spricht (unter dem Gesichtspunkt eines Umkehrschlusses) sogar - wie das Verwaltungsgericht insoweit zu Recht ausgeführt hat - gerade gegen eine zeitliche Einschränkung im Kontext des §§ 25, 63c SVG. Ähnliches gilt für die (argumentativ letztlich ebenfalls unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten herangezogene) Inkrafttretensregelung, die sich jedenfalls im Wortlaut der §§ 25, 63c SVG in Bezug auf die erfassten Sachverhalte nicht wiederfindet.
b) Im Übrigen lässt sich entgegen den Ausführungen der Beklagten weder aus der Inkrafttretensregelung noch aus systematisch-teleologischen Erwägungen eine zeitliche Grenze für die im Rahmen des Altersgeldes bis zu doppelt berücksichtigungsfähigen Auslandseinsätze i.S.d. §§ 25, 63c SVG herleiten. Aus dem Inkrafttreten des § 63c SVG als Art. 2 Nr. 10 des Gesetzes zur Regelung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen vom 21.12.2004 - EinsatzVG - zum 01.12.2002 (vgl. Art. 11 Abs. 1 EinsatzVG) folgt nicht, dass die (in § 25 SVG Bezug genommene) Norm des § 63c SVG erst auf danach absolvierte Auslandseinsätze Anwendung findet. Diese Ansicht schließt letztlich unzulässig aus der Inkrafttretensregelung für § 63c SVG auf eine (auch) für § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG zu verneinende Rückwirkung und die Erfassung nur solcher Sachverhalte, in denen die anspruchsbegründenden Tatsachen für das vorliegend zu gewährende Altersgeld vor dem 30.11.2002 entstanden sind.
10 
Nach den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts der sofortigen Anwendung des neuen Rechts auch auf nach altem Recht entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse gilt im Zweifel ab Inkrafttreten das neue Recht auch für bereits unter dem früheren Recht begründete Ansprüche. Danach gilt, dass grundsätzlich - insgesamt - das neue Recht maßgeblich wird (grundlegend Kopp, Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, SGb 1993, S. 593 ff.). Abweichendes gilt, wenn nach früheren Recht diese Rechtsverhältnisse bereits endgültig abgeschlossen sind (Grundsatz der Unantastbarkeit in der Vergangenheit abgeschlossener Rechtsverhältnisse; vgl. Kopp, a.a.O.).
11 
Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegend nicht angenommen werden. Eine durch einen Rechts(anwendungs)akt vorgenommene versorgungsrechtliche Bewertung und Einordnung der streitigen Auslandszeiten des Klägers lag zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 63c SVG (noch) nicht vor. Bei (noch) aktuellen und - wie vorliegend - noch nicht bewerteten Sachverhalten existiert keine Abgeschlossenheit. Denn ein Rechtsverhältnis kraft öffentlichen Rechts ist erst dann „abgeschlossen“, wenn es durch verbindlichen Einzelrechtsakt, wie z.B. rechtskräftiges Urteil, bestandskräftigen Verwaltungsakt, Vergleich, Verzicht, Anerkenntnis etc. rechtlich festgestellt oder abgewickelt ist. Davon kann vorliegend keine Rede sein, wenn zwischen den Beteiligten gerichtlich um die Bewertung der Auslandszeiten des Klägers im Rahmen der Höhe des Altersgeldes (noch) gestritten wird.
12 
Auch der Grundsatz der Sofortwirkung und der Nichtrückwirkung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Danach kann vom Gesetz auch gewollt sein, dass der Rechtssatz im Zweifel nur die Zukunft und nicht die Vergangenheit ordnen will, so dass Entstehung und Fortbestand eines Rechts sich grundsätzlich nach dem bisherigen Recht richten (vgl. Kopp, a.a.O., S. 595 ff.). Dieser Grundsatz greift vorliegend nicht. Vielmehr bleibt es nach Auffassung des Senats bei der (regelmäßigen) Anwendung des neuen Rechts in Anbetracht des ebenso anerkannten Grundsatzes des Gewichts und der Dringlichkeit des Regelungsanliegens des neuen Rechts. Hiernach gilt, dass je gewichtiger und dringlicher das Anliegen ist, auf dem ein neues Gesetz beruht, desto eher daraus folgt, dass es auch bereits vorher unter dem früheren Recht begründete Lebenssachverhalte erfassen soll. Wenn das neue Recht - wie vorliegend - eine (bisherige) gesetzgeberische Untätigkeit beseitigt, spricht eigentlich alles dafür, dass die doppelte Berücksichtigung von Auslandszeiten nicht nur für die Zukunft wirken soll.
13 
Dies ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 25 Abs. 2 SVG. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen (Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz - EinsatzVVerbG) verfolgte die Bundesregierung das Ziel, das Recht der Einsatzversorgung „weiterzuentwickeln und zu verbessern“. Hierdurch sollte „der besonderen Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn gegenüber dem in besonderen Auslandsverwendungen eingesetzten Personal besser Rechnung getragen werden“ (BT-Drs. 17/7143, S. 1). Militärische und zivile Auslandsverwendungen in Konfliktgebieten und Krisenregionen seien mit besonderen Gefahren für das eingesetzte Personal verbunden, die nicht mit den Risiken bei dienstlichen Tätigkeiten im Inlandsdienst gleichgesetzt werden könnten (a.a.O., S. 13).
14 
Der Gesetzgeber schätzte mithin die Situation der Soldatinnen und Soldaten sowie der bei einer Auslandsverwendung eingesetzten Zivilbediensteten des Bundes als unbefriedigend ein und nahm dies zum Anlass der Änderung bzw. Verbesserung. Dies legt die Anwendung der Neufassung der Norm jedenfalls im Kontext der Altersgeldversorgung nicht nur auf erst beginnende, sondern gerade auch auf bereits erfolgte Auslandsverwendungen nahe, um das erwünschte Ziel zu erreichen.
15 
2. Soweit die Beklagte die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur zeitlichen Reichweite der von § 25 i.V.m. § 63 SVG erfassten Auslandseinsätze unter Anführung verschiedener (ober-)gerichtlicher Entscheidungen u.a. zu Leistungen bei Einsatzunfällen bei Auslandseinsätzen in Frage stellt, legt sie auch hiermit keine ernstlichen Richtigkeitszweifel dar.
16 
Die Beklagte beachtet dabei nicht hinreichend den strukturellen Unterschied des streitgegenständlichen Altersgeldes einerseits sowie der Leistungen bei Einsatz- bzw. Dienstunfällen andererseits. Denn für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 2 C 51.11 -, Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 4, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 30.04.2015 - 4 S 1882/15 - und Senatsurteil vom 13.12.2010 - 4 S 215/10 -, Juris). Insofern mag im (vorliegend nicht streitgegenständlichen) Bereich der Unfallfürsorge Abweichendes gelten; Gründe für einen zwingenden Gleichlauf der Rechtsgebiete der Unfallfürsorge einerseits sowie des Altersgeldes andererseits hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung von Auslandsverwendungen sind weder vorgetragen noch - mit Blick auf die unterschiedlichen gesetzgeberischen Erwägungen folgenden Rechtsgebiete - ersichtlich.
17 
Unbesehen davon spricht die von der Beklagten gezogene Parallele eher gegen als für die von ihr angenommene zeitliche Begrenzung der Auslandsverwendungen i.S. von § 63c SVG. In Zusammenhang mit Einsatzunfällen enthielt das EinsatzWVG (zunächst) keinen ausdrücklichen Stichtag für eine Rückwirkung. Vielmehr wurde die Rückwirkung auf den 01.12.2002 durch Bezugnahme in § 1 EinsatzWVG auf den mit dem EinsatzVG vom 21.12.2004 rückwirkend zum 01.12.2002 eingeführten Rechtsbegriff „Einsatzunfall“ im Sinne des § 63c SVG bewirkt. Mit Art. 3 des EinsatzVVerbG vom 05.12.2011 wurde durch die Einfügung des § 21a Abs. 1 EinsatzWVG die Rückwirkung des EinsatzWVG bis zum 01.07.1992 erweitert, indem es für in der Zeit vom 01.07.1992 bis 30.11.2002 verursachte gesundheitliche Schädigungen, die einem erst ab dem 01.12.2002 geregelten Einsatzfall (§ 63c SVG) vergleichbar sind, für entsprechend anwendbar erklärt wurde. Eine Differenzierung nach dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses erschien dem Gesetzgeber nur schwer zu rechtfertigen (vgl. zum Ganzen BT-Drs 17/7143, S. 20). Damit werden im Ergebnis (nunmehr) alle Auslandseinsätze der Bundeswehr von Beginn an erfasst. Die von der Beklagten angeführten Gerichtsentscheidungen aus den Jahren 2008 bis 2010 berücksichtigen die Gesetzeslage des Jahres 2011 naturgemäß nicht und vermögen von daher die Auffassung der Beklagten nicht (mehr) zu stützen. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die (derzeitige) Gesetzeslage im Bereich der Einsatzunfälle jedenfalls hinsichtlich des Verwendungszeitraums von besonderen Auslandsverwendungen - gerade ähnlichen Erwägungen folgt wie denjenigen im Bereich des Versorgungsrechts und insoweit die von der Beklagten gezogene Parallele - wenn auch gerade in gegenteiliger Weise - besteht.
II.
18 
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt vom Kläger, dass er unter Durchdringung des Streitstoffs eine konkrete Rechtsfrage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. Beschluss des Senats vom 05.06.1997 - 4 S 1050/97 -, VBlBW 1997, 420, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht.
19 
Die Beklagte führt aus, es werde die Frage als grundsätzlich aufgeworfen, ab welchem Zeitpunkt Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung bis zum Doppelten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden können. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Problematik liege nicht vor. Die Beantwortung habe auch über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, da sie sich in einer Vielzahl von Fällen stelle.
20 
Dass diese Frage nach einer zeitlichen Einschränkung von Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung zu verneinen ist, bedarf weder einer grundsätzlichen Klärung noch der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Insofern kann auf das oben unter I. Gesagte verwiesen werden.
21 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
22 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG (entspr. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs 2013).
23 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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