Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 9 S 1676/19

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Mai 2019 - 11 K 9546/18 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG und § 146 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs angenommen (vgl. § 17a Abs. 3 GVG).
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist - abgesehen von besonderen Zuweisungen - der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben. Maßgebend ist die wirkliche Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses, das dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 40 Rn. 6).
Vorliegend macht der Kläger gegen die Beklagte, eine staatlich anerkannte private Hochschule, einen Anspruch auf Zulassung zu den Prüfungen „Institutionen der öffentlichen und privaten Jugendhilfe“ und „Methoden der familien- und schulunterstützenden Arbeit in der Jugendhilfe“ geltend. Streitigkeiten in Bezug auf Prüfungen an staatlich anerkannten Hochschulen privater oder kirchlicher Träger sind vor den Verwaltungsgerichten auszutragen, wenn die Prüfungen nach den Grundsätzen, die für staatliche Hochschulen gelten, abgenommen werden sollen und dies durch Verweis im entsprechenden Hochschulgesetz zum Ausdruck kommt. Die Hochschule übt insoweit das ihr verliehene Recht aus, Hochschulprüfungen abzunehmen, so dass die Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlich geprägt ist (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 806).
Nach § 70 Abs. 5 Landeshochschulgesetz (- LHG -) erhält eine Hochschule mit der staatlichen Anerkennung das Recht, im Rahmen der Anerkennung Hochschulprüfungen abzunehmen, Hochschulgrade zu verleihen und Zeugnisse zu erteilen, die die gleichen Berechtigungen wie entsprechende Prüfungen, Grade und Zeugnisse der staatlichen Hochschulen vermitteln. Insoweit sind ihr hoheitliche Funktionen übertragen. Wird die Hochschule in Ausübung dieses Rechts tätig, so handelt sie öffentlich-rechtlich. Die hieraus entstehenden Rechtsbeziehungen sind, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der durch die staatliche Anerkennung vermittelten Prüfungsberechtigung stehen, öffentlich-rechtlich geprägt (vgl. Lorenz, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht in Bund und Ländern, Stand März 2018, § 70 HRG Rn. 17; vgl. auch Senatsurteil vom 26.03.2015 - 9 S 516/14 -, VBlBW 2015, 479, zu den entsprechenden Rechtsfolgen der Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule).
Danach umfasst die nach § 70 Abs. 5 LHG verliehene Prüfungsberechtigung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die Abnahme von Hochschulprüfungen im engeren Sinn, d.h. den eigentlichen Prüfungsvorgang, sondern darüber hinaus auch die - hier gegenständliche - vorgelagerte Entscheidung der beliehenen Hochschule über die Zulassung zur jeweiligen Prüfung (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.10.2017 - 14 E 817/17 -, juris; anders Beschluss vom 29.05.2013 - 14 E 401/13 -, juris zu einer - hier allerdings nicht vorliegenden - Konstellation der Nichtanwendbarkeit öffentlich-rechtlicher Vorschriften betreffend das Auslaufen von Diplomstudiengängen und eines hieran anknüpfenden Zulassungsanspruchs). Wenngleich das Prüfungsrechtsverhältnis grundsätzlich erst mit der Zulassung zu einer Prüfung entsteht (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 13), so besteht jedoch zwischen der Zulassungsentscheidung und der nachfolgenden Prüfungsabnahme ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang dergestalt, dass erstere ebenfalls von der der Hochschule verliehenen Prüfungsberechtigung erfasst wird. Vor diesem Hintergrund bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob nach der Rahmenprüfungsordnung der Beklagten die Anmeldung zu den für Bachelorstudiengänge typischen studienbegleitenden Prüfungen das sonst übliche Zulassungsverfahren ersetzt (vgl. hierzu Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 123 m.w.N.) mit der Folge, dass zwischen den Beteiligten bereits mit der Anmeldung des Klägers zu den genannten Lehrveranstaltungen ein unstreitig als öffentlich-rechtlich anzusehendes Prüfungsrechtsverhältnis entstanden ist.
Für einen den öffentlich-rechtlichen Charakter des Zulassungsanspruchs begründenden unmittelbaren Zusammenhang zwischen Zulassungsentscheidung und Prüfungsabnahme spricht im Übrigen, dass der Gesetzgeber für anerkannte private Hochschulen generell sichergestellt hat, dass das Prüfungsverfahren hoheitlich ausgestaltet ist und dem der staatlichen Hochschulen entspricht. Denn gemäß § 70 Abs. 6 Satz 1 LHG gelten die Bestimmungen des Teils 3 entsprechend. Dies gilt somit insbesondere auch für § 32 LHG (Prüfungen; Prüfungsordnungen), der auch Regelungen zum Prüfungsanspruch (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 3 bis 5 LHG) und zur Zulassung zur Prüfung (vgl. § 32 Abs. 4 Nr. 4 LHG) enthält. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die Berechtigung staatlich anerkannter privater Hochschulen zur Abnahme von Prüfungen über die Regelungen in § 70 Abs. 6 LHG in Verbindung mit § 32 LHG zur entsprechenden Anwendung der Bestimmungen über Prüfungen und Prüfungsordnungen mit der privaten Hochschulen obliegenden Entscheidung über die Zulassung Studierender zur jeweiligen Prüfung verknüpft hat. Hierzu gehört auch die zwischen den Beteiligten strittige Frage, inwieweit die Voraussetzung für die Zulassung zu einer Prüfung vorliegen und ob ein Zulassungsanspruch besteht (so im Ergebnis auch OVG Saarlouis, Beschluss vom 15.09.1978 - I W 1.589/78 -, DÖV 1979, 104 f. zur Frage der Zulassung zu einer Projektgruppe).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr von 60,- EUR anfällt.
Gründe für die Zulassung der weiteren Beschwerde gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG sind nicht gegeben.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG).

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