Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 542/18

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Jagdscheines.
Er ist serbischer Staatsangehöriger, verheiratet, hat zwei Kinder und eine Ausbildung zum LKW-Fahrer abgeschlossen. Von 1998 bis 2008 betrieb er das Sportschießen. Die ihm hierfür erteilte Waffenbesitzkarte gab er nach eigenen Angaben im November 2007 zurück. Am 01.08.2008 zog der Kläger von Bonn nach Ulm.
Mit Beschluss vom 16.09.2009 ordnete das Amtsgericht Stuttgart im Rahmen eines u.a. gegen den Kläger wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung geführten Ermittlungsverfahrens (Az. ...) Durchsuchungsmaßnahmen an. Es bestehe der Verdacht, dass die Beschuldigten in Deutschland eine Gruppierung islamistisch ausgerichteter Personen mit dem Ziel, Deutsche zum Wehrdienst in einer fremden militärähnlichen Einrichtung anzuwerben oder einer solchen Einrichtung zuzuführen, gegründet hätten. Insbesondere seien die Beschuldigten für die Radikalisierung des ... verantwortlich gewesen und hätten bei diesem den Entschluss hervorgerufen, in ein Ausbildungslager reisen zu wollen. Das Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 14.04.2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Im Juli 2015 absolvierte der Kläger die Jägerprüfung. Am 23.07.2015 beantragte er bei der Beklagten die Erteilung eines Jagdscheines. In diesem Zusammenhang eingeholte Führungszeugnisse enthalten keine Eintragung. Die Beklagte holte zudem Stellungnahmen verschiedener Sicherheitsbehörden ein. Am 04.08.2015 übersandte das Polizeipräsidium Ulm ein Schreiben des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg vom 31.07.2015. Darin wird u.a. ausgeführt, innerhalb der in Ulm ansässigen bosnischen Gruppierung habe der Kläger als einer der Protagonisten gegolten. Mit einigen der salafistischen Szene Ulms angehörigen Glaubensbrüdern hätten regelmäßige Besuche der salafistisch/jihadistischen Moschee „M. S.“ (Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V. in S.- B.) stattgefunden. Seit dem Frühjahr 2013 fänden in der Moschee Benefizveranstaltungen für Syrien statt, die nach Einschätzung des Polizeipräsidiums Stuttgart auch der Rekrutierung von Kämpfern für den Jihad gegen das Assad-Regime dienten. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hätten durchaus Anhaltspunkte auf eine radikale religiöse Einstellung der Beschuldigten ergeben, jedoch habe nicht mit der für eine Anklage hinreichenden Sicherheit nachgewiesen werden können, dass sich die Beschuldigten zusammengeschlossen hätten, um die entsprechenden Straftaten zu begehen. Aktuelle Erkenntnisse zur Person des Klägers lägen dem Landeskriminalamt nicht vor.
Das Polizeipräsidium Ulm legte der Beklagten einen Zeitungsartikel der Stuttgarter Nachrichten aus dem Jahr 2011 vor, nach dem „… aus Ulm“ 2009 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Handels mit Waffen vor dem obersten bosnischen Gericht angeklagt worden sei. In diesem Zusammenhang sei erfolglos die Auslieferung beantragt worden.
Das Polizeipräsidium Ulm führte in einer Stellungnahme vom 05.10.2015 aus, es bestünden allgemeine Erkenntnisse zu jihadistisch motivierter Gewalt sowie regionale Erkenntnisse zur Region Ulm/Neu-Ulm, die ein Brennpunkt im Bereich des kriminellen Islamismus sei. Die Stellungnahme enthielt u.a. einen Bildausschnitt eines Films über eine Sammelaktion des Predigers … …-… am 21.09.2013. Hierzu wurde dargelegt, im Hintergrund sei das Kennzeichen des „Islamischen Staates“, das sog. Prophetensiegel zu sehen, wie es auch ...xxx zur Rechtfertigung seines Attentats veröffentlicht habe. Seit dem 31.10.2014 sei die Betätigung des „Islamischen Staates“ im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes verboten. Die Sicherheitsbehörden aus Baden-Württemberg und Bayern hätten den „überregional vernetzten Salafisten“ … schon lange im Visier…. und andere Salafisten hätten gerade durch Benefizveranstaltungen finanzierte Krankenwagen von Deutschland nach Syrien gebracht. Dort sollten diese Fahrzeuge zu einer Art militärischem Mannschaftswagen mit montierter halbautomatischer Schusswaffe umgebaut worden sein. Zur Person des Klägers wird unter anderem ausgeführt, dieser habe mehrfach die salafistisch/jihadistische Moschee „M. S.“ in Stuttgart besucht. Seit Frühjahr 2014 betreibe das Innenministerium gegen den Moscheeverein ein Verbotsverfahren. Dieser Moscheeverein habe mehrfach Benefizveranstaltungen für Syrien organisiert. Dabei seien Kleider- und Geldspenden in beträchtlichem Umfang gesammelt worden. Am 21.09.2013 sei in den Räumen eines türkischen Cafés in Stuttgart-Feuerbach die genannte Benefizveranstaltung für Syrien durchgeführt worden. Bei dieser Veranstaltung seien T-Shirts mit Bezug zum „IS“ verkauft und getragen worden. Auch seien T-Shirts mit Aufdruck des LIES-Projekts getragen worden. International bekannte Salafisten wie z.B. der genannte … … hätten vor dem Zeichen des „IS“ referiert. Der Kläger habe als Besucher dieser Veranstaltung identifiziert werden können. Außerdem habe er am 22.09.2013 nachweislich persönlichen Kontakt zu … … gehabt. Am 28.12.2013 habe auf der Internetplattform Facebook ein Lichtbild der „M. S.“ Moschee gesichert werden können, auf dem der Kläger kniend zwischen Gleichgesinnten abgebildet sei. Dieses Bild zeige den Kläger vor Kisten und Säcken, wobei er den rechten Zeigefinger nach oben halte. Er mache auf diesem Bild den salafistischen Gruß. Augenscheinlich sei er an einer Kleidersammelaktion für Syrien des genannten Salafistenvereins „M. S.“ beteiligt gewesen. Die aufgeführten Fakten begründeten eine starke Affinität des Klägers zu Gruppierungen und Personen, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgten.
Das Innenministerium Baden-Württemberg verbot mit Verfügung vom 11.12.2015 den Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ und löste ihn auf. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, bei dem Verein werde ein salafistisches Islamverständnis vorausgesetzt. Der Verein sei zu verbieten, da er Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung religiöser Belange befürworte und mit dem IS eine islamische Vereinigung außerhalb des Bundesgebiets unterstütze, die Anschläge gegen Personen und Sachen veranlasse. Durch den Verein würden Spenden für terroristische Gruppierungen gesammelt und Kämpfer für den Konflikt in Syrien rekrutiert. Zudem erfolge durch ihn und seine Mitglieder eine Verherrlichung des Jihads und des religiös motivierten Terrorismus. Das Verbot wurde nach Abschluss eines Vergleichs in den Verfahren 1 S 220/17 und 1 S 221/17 vor dem Senat bestandskräftig.
Das Landesamt für Verfassungsschutz teilte der Beklagten telefonisch am 10.05.2016 mit, der M. S. sei zwischenzeitlich verboten worden und der Kläger sei Mitglied gewesen.
Der Kläger erhob am 13.05.2016 Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, ihm den beantragten Jagdschein zu erteilen. Zur Begründung berief er sich insbesondere darauf, er sei zuverlässig im Sinne des § 5 WaffG. Sein Führungszeugnis sei ohne Eintragung. Alle Ermittlungsmaßnahmen gegen ihn seien ohne Ergebnis geblieben. Er habe seine Zuverlässigkeit über einen längeren Zeitraum dadurch bewiesen, dass er jahrelang den Schießsport betrieben habe. Für seine Herkunft könne er nichts und er könne auch nicht ändern, dass er der in Ulm ansässigen bosnischen Gruppierung angehöre. Der Zeitungsartikel in den Stuttgarter Nachrichten enthalte bedenkliche Ausführungen. Der Kläger sei danach mehrfach in seiner Heimat gewesen. Maßnahmen gegen ihn seien zu keiner Zeit ergriffen worden, weil das Verfahren eingestellt worden sei, was eine schriftliche Einstellungsnachricht eines Gerichts belege. Er werde erneut stigmatisiert. Offenbar sei beim deutschen Justizministerium im Hinblick auf das Auslieferungsgesuch nicht angefragt worden. Auch sei der Kläger dazu nicht befragt worden. Das bereits seit über fünf Jahren eingestellte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart dürfe angesichts der Unschuldsvermutung nicht als Begründung für die Genehmigungsversagung herangezogen werden. Der Kläger streite seine Beteiligung an der Kleidersammelaktion für Syrien aus dem Jahr 2013 nicht ab. Es müsse aber die Entwicklung des Bürgerkriegs in Syrien berücksichtigt werden. Zu diesem Zeitpunkt habe die „Weltgemeinschaft“ für Syrien gespendet. Die Betätigung des „IS“ sei auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland seit 12.09.2014 verboten. Die Vorwürfe gegen den Kläger richteten sich allesamt auf zeitlich vorangegangene Ereignisse. Die einzige Bestrebung, die der Kläger 2013 mit den Besuchen in dem Verein verfolgt habe, seien karitative Zwecke gewesen. Dies mache ihn noch lange nicht zu einem Mitglied des Vereins. Die Auskunft des Landesamts für Verfassungsschutz bestätige, dass aktuelle Beteiligungen, Zusammenhänge oder zufällige Verbindungen nicht vorlägen. Bestätigt worden sei nur, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bzw. „Aufklärungen“ der Verfassungsschutzbehörden eben keine Mitgliedschaft des Klägers hätten feststellen können. Das Verbot des fraglichen Vereins habe für den Kläger keine Relevanz, weil er nicht Mitglied gewesen sei. Auch sei der Kläger kein Salafist. Aus der Rückantwort des Verfassungsschutzes zeige sich, dass dem persönlichen Kontakt zu … keinerlei Bedeutung beigemessen werde. Ihr sei mitnichten zu entnehmen, dass der Verfassungsschutz Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Klägers geäußert habe. Es müsse angezweifelt werden, dass der Verfassungsschutz telefonisch mitgeteilt habe, der Kläger sei „Mitglied“ des Vereins gewesen. Der Kläger legte zudem einen ihm von der Republik Serbien ausgestellten Jagdschein vor und verwies darauf, er fröne auch in seinem Heimatland seit Jahren seiner Jagdleidenschaft.
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Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung führte sie in der Klageerwiderung insbesondere aus, das Landesamt für Verfassungsschutz habe die polizeilichen Erkenntnisse bestätigt. Verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG erforderten ein aktives, jedoch kein „aktiv-kämpferisches“ Vorgehen. Bei extremistischen Salafisten sei die Einschätzung gerechtfertigt, dass sie Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgten. Der Kläger habe salafistische verfassungsfeindliche Bestrebungen zumindest in den letzten fünf Jahren unterstützt. Dies könne auch durch die „bloße“ Teilnahme an Veranstaltungen erfolgen.
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Die Beklagte versagte dem Kläger während des erstinstanzlichen Verfahrens nach Gelegenheit zur Stellungnahme mit Verfügung vom 11.08.2016 den beantragten Jagdschein. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der zwischenzeitlich verbotene Moscheeverein der salafistisch/jihadistischen Moschee „M. S.“ in Stuttgart, die der Kläger mehrfach besucht habe, habe mehrfach Benefizveranstaltungen für Syrien organisiert. Der Kläger habe als Besucher der Benefizveranstaltung vom 21.09.2013 in Stuttgart-Feuerbach identifiziert werden können und habe nachweislich persönlichen Kontakt zu … …gehabt. Das am 28.12.2013 gesicherte Lichtbild der „M. S.“ Moschee zeige den Kläger zwischen Gleichgesinnten kniend in der Moschee. Ein Nachweis sei durch das Lichtbild auf S. 11 der Verbotsverfügung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11.12.2015 erbracht. Aufgrund der genannten Tätigkeiten und Verbindungen zum Verein sei davon auszugehen, dass der Kläger Mitglied dieses seit 11.12.2015 verbotenen Vereins gewesen sei. Er habe nachweislich die Veranstaltung der Moschee „M. S.“ Ende 2013 unterstützt. Nach den polizeilichen Erkenntnissen seien solche Benefizveranstaltungen z.B. durch … … und andere Salafisten dazu genutzt worden, bereits finanzierte Krankenwagen von Deutschland nach Syrien zu bringen und diese dort zu militärischen Mannschaftswagen mit montierter halbautomatischer Schusswaffe umzubauen. Dass der Kläger Mitglied in einer verbotenen Organisation gewesen sei, sei als weiteres Indiz für seine Unzuverlässigkeit i.S.d. § 5 Abs. 2 WaffG zu werten.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22.03.2017 wurde der Kläger dazu befragt, ob er Gegenaktivitäten gegenüber dem Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ entfaltet habe. Der Kläger gab an, es habe sich um rein humanitäre Hilfe gehandelt, 2013 habe die ganze Welt für die hungernden Menschen in Syrien gesammelt. Er habe keinen Kontakt mehr zu der Stuttgarter Moschee. Nachdem er gehört habe, dass die Moschee zugeschlossen worden sei, wolle er damit nichts mehr zu tun haben. Er führe ein normales Leben, sei seit 24 Jahren in Deutschland. Wenn er etwas falsch gemacht habe, habe er dies aus Unwissenheit getan. Auf die Frage, seit wann er keinen Kontakt nach Stuttgart habe, antwortete der Kläger zunächst, dies sei seit der Kleidersammlung der Fall. Auf die Nachfragen, ob der Kläger wirklich seit 2013 nicht mehr in der Moschee gewesen sei bzw. was im Zeitraum von 2013 bis zum Vereinsverbot im Dezember 2015 passiert sei, gab der Kläger an, er sei seit der Kleidersammlung vielleicht ein oder zwei Mal in der Moschee gewesen. Die Nachfrage, ob der Kläger den Kontakt abgebrochen habe, als er von dem Verbot gehört habe, bejahte der Kläger. Er gab an, nicht den Verein unterstützt zu haben, sondern die hilfsbedürftigen Menschen. Mit … habe er nur während der Kleidersammlung Kontakt gehabt. Es gehe hier um seine Leidenschaft, er sei nicht kriminell.
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Mit Urteil vom 22.03.2017 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Ablehnung des Antrags des Klägers vom 23.07.2015 durch die Verfügung vom 11.08.2016 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in eigenen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung des Jagdscheins aus §§ 15, 17 BJagdG. Dem Kläger fehle die nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a - c WaffG erforderliche Zuverlässigkeit, weil er in den letzten fünf Jahren Bestrebungen unterstützt habe, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet gewesen seien und durch auf die Anwendung von Gewalt gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet habe. Der Versagungsgrund des § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG liege dagegen nicht vor, weil das Verbot des Vereins „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ nicht unanfechtbar sei, sodass dahinstehen könne, ob der Kläger Mitglied dieses Vereins gewesen sei. Es bestehe aber kein Anwendungsvorrang von § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG gegenüber § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, beide Unzuverlässigkeitsgründe seien nebeneinander anwendbar. Der Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ habe Ziele verfolgt, die mit der verfassungsmäßigen Ordnung nicht vereinbar seien. Der Kläger habe die entsprechenden Bestrebungen des Vereins unterstützt. Ein Unterstützen könne dabei auch bereits durch die „bloße“ Teilnahme an Veranstaltungen geschehen. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung bestätigt, an der Kleidersammelaktion für Syrien beteiligt gewesen zu sein. Dies werde außerdem durch das Lichtbild belegt. Unerheblich sei der Einwand des Klägers, es habe sich um neutrale Benefizveranstaltungen gehandelt und er habe nicht den Verein, sondern die hilfsbedürftigen Menschen in Syrien unterstützt. Auf seine Motive komme es nicht an. Ein Unterstützen des internationalen Terrorismus sei bei jeder Tätigkeit gegeben, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der inkriminierten Vereinigung auswirke, ohne dass es auf einen Beweis oder messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele oder eine subjektive Vorwerfbarkeit ankomme. Dass die Betätigung des IS in Deutschland erst 2014 verboten worden sei, ändere daran nichts. Das Verbot bestätige sogar die Verfassungsfeindlichkeit der Ziele. Auch die Einstellung des bzw. der Ermittlungsverfahren führe zu keiner anderen Einschätzung. Es bestehe im Rahmen der jagd- bzw. waffenrechtlichen Prüfung keine Bindung an die Entscheidung strafgerichtlicher Entscheidungen. Es liege auch keine Ausnahme von der Regelunzuverlässigkeit vor. Insbesondere ergebe sich ein solcher Ausnahmefall nicht daraus, dass der Kläger jahrelang Schießsport betrieben habe. Abgesehen davon, dass dies viele Jahre zurückliege, hätten schon damals Bedenken gegen die Zuverlässigkeit bestanden.
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Mit der vom Senat durch Beschluss vom 28.02.2018 zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
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Im Berufungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf Anforderung des Senats die Akte des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger u.a. wegen des Verdachts der Bildung krimineller Vereinigungen, Az. ...x in auf CD gescannter Form übersandt. Die Einstellungsverfügung vom 14.04.2010 ist auf der CD nicht vorhanden und konnte von der Staatsanwaltschaft nicht übersandt werden, da die Akte insoweit nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet wurde.
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Der Senat hat im Berufungsverfahren mit Verfügung vom 16.04.2019 beim Polizeipräsidium Ulm, beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg und beim Landesamt für Verfassungsschutz - unter Hinweis darauf, dass es nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG auf ein derzeitiges Verfolgen oder Unterstützen verfassungsfeindlicher Bestrebungen oder ein Verfolgen oder Unterstützen in den letzten fünf Jahren ankommt - u.a. um Auskunft gebeten, ob Erkenntnisse vorliegen, dass der Kläger nach 2013 verfassungsfeindliche Bestrebungen i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG verfolgt oder unterstützt hat oder i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG in den letzten zehn Jahren Mitglied in einem nach dem Vereinsgesetz unanfechtbar verbotenen Verein, insbesondere in dem Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ war, und ob Erkenntnisse zum Gegenstand und zum Ausgang des Verfahrens vorliegen, das nach einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten vom 11.09.2011 vor dem obersten bosnischen Gericht unter dem Az. ... gegen den Kläger wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Handels mit Waffen und militärischer Ausrüstung geführt wurde.
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Das Polizeipräsidium Ulm hat mit Schreiben vom 13.05.2019 mitgeteilt, es lägen weder Erkenntnisse vor, dass der Kläger nach 2013 verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG verfolgt oder unterstützt habe, noch Erkenntnisse zu einer Mitgliedschaft des Klägers im Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“. Zum Verfahren gegen den Kläger vor dem obersten bosnischen Gericht habe das Bundeskriminalamt im Rahmen des polizeilichen Informationsaustausches am 26.10.2015 mitgeteilt, dass das Verfahren gegen den Kläger am 18.10.2012 durch das Gericht Bosnien-Herzegowina in Sarajevo eingestellt worden sei. ...-… … und andere seien in einem abgetrennten Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß Art. 201 StGB BiH verurteilt worden; weitere Informationen zum Hintergrund der Ermittlungen seien nicht mitgeteilt worden, ebenso nicht zur Rolle des Klägers im Verfahren gegen … ….
18 
Das Landesamt für Verfassungsschutz hat im Schreiben vom 23.05.2019 geantwortet, dass zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen des Klägers im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG nach 2013 keine weiteren gerichtsverwertbaren Erkenntnisse angefallen seien. Es lägen keine Erkenntnisse vor, die eine „offizielle“ Mitgliedschaft des Klägers im Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ belegen würden. Weiterführende Erkenntnisse zum Verfahren des obersten bosnischen Gerichts seien nicht vorhanden.
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Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat mit Schreiben vom 28.05.2019 zur Frage der Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG durch den Kläger nach 2013 mitgeteilt, die Staatsanwaltschaft Stuttgart habe unter dem Az. ...x ein Ermittlungsverfahren gegen ... ... wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a StGB geführt. Das Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, da … … … am 10.03.2014 in Syrien im Kriegsgebiet verstorben sei. Unmittelbar vor seinem Tod habe er in telefonischem Kontakt zum Kläger gestanden und in einem Telefonat am 07.03.2014 diesen gebeten, ihm eine „Lampe“ nach Syrien zu übersenden. Dabei dürfte es sich um ein Nachtsichtgerät gehandelt haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aktenvermerk des Landeskrimimalamts vom 24.05.2019 (Bl. 189 ff. der VGH Akte) und das TKÜ-Protokoll zum Telefonat vom 07.03.2014 (Bl. 193 der VGH-Akte) Bezug genommen.
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Zur Frage der Mitgliedschaft des Klägers im Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ hat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit Schreiben vom 28.05.2019 ausgeführt, das Polizeipräsidium Stuttgart habe hierzu mit Schreiben vom 27.05.2019 mitgeteilt, dass mindestens seit 2011 dieser Verein in ein europaweit agierendes Netzwerk eingebunden gewesen sei, in welchem überwiegend jihad-affine Personen des Westbalkans aktiv gewesen seien. Der Verein habe darüber hinaus im Verdacht gestanden, in den Moscheeräumlichkeiten Kämpfer für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu rekrutieren sowie Spendengelder zugunsten des Jihad in Syrien zu sammeln. Aus dem Umfeld des Vereins seien mehrere Personen zum Zwecke der Teilnahme am Jihad in Syrien aus Deutschland ausgereist. Davon seien zwischenzeitlich drei Personen bei Kampfhandlungen im Gebiet des „Islamischen Staates“ in Syrien getötet worden, unter ihnen der ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Vereins. Bei der Durchsuchung der Vereinsräumlichkeiten im Rahmen des vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens sei eine Videodatei unter der Bezeichnung 20131019_213538.mp4 festgestellt worden. Es handele sich um eine videografische Dokumentation einer Zusammenkunft von mindestens 18 Personen, darunter der Kläger, in den Vereinsräumlichkeiten am 19.10.2013. In diesem Videoclip würden verschiedene „Nasheeds“ (islamischer Preis- und Lobgesang) mit jihadistischem Charakter in bosnischer und arabischer Sprache durch drei Teilnehmer der Zusammenkunft vorgetragen. Unter anderem werde der gewaltsame Kampf gegen die Alawiten (Nusairier) verherrlicht. Dabei könne in diesem Zusammenhang der gewaltsame Kampf gegen die Truppen des syrischen Regimes vom Bashar al-Assad unterstellt werden. Darüber hinaus würden die geistigen Führer und Galionsfiguren des Terrornetzwerks al-Quaida bzw. der Taliban Osama bin Laden, Abu Musab al-Zarqawi und Mohammed Omar alias Mullah Omar glorifiziert. Der Terrorismus sowie der bewaffnete Jihad würden als göttlicher Aufruf gepriesen. Weiter werde die (staatliche) Exekutive der alawitischen Bevölkerung (syrische Regimetruppen/Milizen) als das zu bekämpfende Objekt benannt. Darüber hinaus sei im Rahmen der Ermittlungen in den sozialen Netzwerken am 28.12.2013 ein Lichtbild festgestellt und gesichert worden, welches verschiedene männliche Personen im ehemaligen Männergebetsraum des Moscheevereins zeigten, darunter auch den Kläger. Alle Personen reckten den rechten Zeigefinger zum Himmel, den sogenannten „Finger des Propheten“. Der Kläger sei augenscheinlich an einer Spendenaktion beteiligt gewesen. Hinsichtlich einer offiziellen Mitgliedschaft des Klägers im Moscheeverein lägen beim Polizeipräsidium Stuttgart keine Erkenntnisse vor. Es sei jedoch innerhalb der islamischen Gemeinschaft nicht unüblich, seine Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft/Moscheeverein auch durch Geld- und Sachspenden zum Ausdruck zu bringen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Landeskrimimalamts vom 28.05.2019 (Bl. 181 ff. der VGH Akte), die Aktenvermerke des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 18.09.2015 und 24.09.2015 (Bl. 215 ff. und Bl. 221 ff. der VGH-Akte) und die Übersetzung und islamwissenschaftliche Bewertung der Videodatei durch das Landesamt für Verfassungsschutz vom 03.08.2015 (Bl. 227 ff. der VGH-Akte) Bezug genommen.
21 
Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat im Schreiben vom 28.05.2019 schließlich zum Verfahren gegen den Kläger in Bosnien-Herzegowina dieselben Erkenntnisse wie zuvor das Polizeipräsidium Ulm im Schreiben vom 13.05.2019 mitgeteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Landeskrimimalamts vom 28.05.2019 (Bl. 181 ff. der VGH Akte) Bezug genommen.
22 
Der Senat hat mit Verfügungen vom 05.06. und 23.09.2019 die Beteiligten über die Beiziehung der Ermittlungsakte des Verfahrens gegen den Kläger mit dem Az. ... bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart, die eingeholten Auskünfte des Polizeipräsidiums Ulm, des Landesamts für Verfassungsschutz und des Landeskriminalamts Baden-Württemberg informiert, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG und den Kläger darauf hingewiesen, dass er ggfs. unter Vorlage - auch fremdsprachiger - Unterlagen zu Gegenstand, Ablauf und Ergebnis des vor dem obersten bosnischen Gericht unter dem Az. ... geführten Verfahrens Stellung nehmen könne und dass seine etwaige Stellungnahme hierzu - falls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 WaffG keine Gründe für eine Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers vorlägen - möglicherweise für eine Entscheidung über eine Erteilung eines Jagdscheins nach Ermessen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 BJagdG von Bedeutung sei.
23 
Zur Begründung der Berufung führt der Kläger aus, er sei zuverlässig im waffenrechtlichen Sinne. Das erstinstanzliche Urteil verkenne, dass kein tatbestandliches Unterstützen vorgelegen habe. Das Verwaltungsgericht habe den Begriff des Unterstützens zu weit ausgelegt. Die Teilnahme des Klägers an Veranstaltungen des Moscheevereins habe sich in einem bloß humanitären Zweck erschöpft. Für den Kläger seien zudem die Bestrebungen des Vereins sowie die bezweckte Zielrichtung der Tätigkeit nicht erkennbar gewesen, weshalb sie ihm auch nicht zurechenbar seien. Weitere Feststellungen, die gegen den Kläger sprächen, seien vorliegend nicht in der für eine Versagung erforderlichen Art und Weise getroffen worden. Das Telefongespräch mit ... ... sei wertneutral gewesen, das zeige sich auch daran, dass das Landesamt für Verfassungsschutz untätig geblieben sei. Die Fünf-Jahres-Grenze des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG sei abgelaufen. Deshalb könnten etwaige Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Klägers keine Berücksichtigung mehr finden. Dies gelte auch für das Telefonat vom 07.03.2014. Zudem habe der Kläger hierbei lediglich ein Anruf entgegengenommen und einen „Plausch“ gehalten. Vorwerfbare Verhaltensweisen ließen sich nicht einmal andeutungsweise objektivierbar feststellen. Es bestehe auch keine Veranlassung, auf bloßen Mutmaßungen basierend, den Zeitpunkt für vermeintliche Unterstützungshandlungen des Klägers zu seinen Lasten in das Jahr 2015 zu verschieben. Mit der Schließung des Vereins habe er nichts zu tun. Der Kläger sei kein Mitglied des Vereins gewesen. Das habe der Beklagtenvertreter anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auch eingeräumt. Auch die eingeholten Auskünfte gingen übereinstimmend davon aus. Weitere Unterlagen habe der Kläger nicht auffinden bzw. trotz Anfrage bislang nicht beibringen können.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22.03.2017 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den beantragten Jagdschein zu erteilen.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt aus, der Kläger habe den Verein im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG unterstützt. Jede Tätigkeit könne als ausreichend angesehen werden, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der inkriminierten Vereinigung auswirke. … …-…, der mehrmals in der Moschee des Vereins gewesen sei, sei inzwischen vom OLG München wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Die Gefahr sei nicht nur von einzelnen Mitgliedern, sondern auch von Zielsetzung und Organisation des Vereins ausgegangen, wie sich aus der Verbotsverfügung des Innenministeriums ergebe. Es bestünden nachweislich Kontakte von Moschee-Mitgliedern zu IS-Kämpfern in Syrien. Auf eine ideologische Verbundenheit mit dem IS deute ferner die Verwendung der mit dem inzwischen verbotenen Kennzeichen des IS versehenen schwarzen „Jihad-Flagge“ bei der Veranstaltung am 21.09.2013 hin.
29 
Zu den eingeholten Auskünften führt die Beklagte aus, nach den Erkenntnissen des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg habe der Kläger am 07.03.2014 ein Telefonat mit einem später in Syrien verstorbenen Kämpfer geführt, dessen Gegenstand die Beschaffung eines Nachtsichtgeräts für den Krieg in Syrien gewesen sei. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22.03.2017 angegeben, dass er nach dem Jahr 2013 höchstens noch ein- oder zweimal Kontakt zum Moscheeverein in Stuttgart gehabt habe. Die Räumlichkeiten des Vereins seien am 17.03.2015 durchsucht worden, die Verbotsverfügung stamme vom 11.12.2015. Damit stehe im Raum, dass der Kläger zumindest bis zum 16.03.2015 Kontakte zum Moscheeverein hätte unterhalten haben können. Er habe selbst angegeben, dass diese nach 2013 stattgefunden hätten. Damit lägen die Tätigkeiten des Klägers noch innerhalb der Fünf-Jahres-Grenze, so dass die Beklagte weiterhin von seiner Unzuverlässigkeit ausgehe.
30 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Kläger informatorisch angehört und Beweis erhoben über die Zusammenkunft am 19.10.2013 auf der Videodatei 20131019_213538.mp4 durch Inaugenscheinnahme der Videodatei 20131019_213538.mp4 und eines Screenshots einer einzelnen Szene hieraus, Übersetzung der Sprachinhalte der Videodatei 20131019_213538.mp4 durch die Dolmetscher ... ... und ... und Befragung der amtlichen Auskunftspersonen ...x vom Polizeipräsidium Stuttgart und ... … vom Landesamt für Verfassungsschutz. Wegen des Inhalts der Angaben des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.
31 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren sowie die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
33 
Die Berufung ist nicht begründet. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 11.08.2016 ihm einen Jagdschein erteilt (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
34 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG ist das Vorliegen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeits- und Eignungsanforderungen zugleich Erteilungsvoraussetzung für den Jagdschein, sofern der Jagdscheinbewerber nicht nur einen Falknerjagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG begehrt. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (1) liegen zwar weder der Versagungsgrund nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG (2) noch der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG vor (3). Jedoch steht einem Anspruch auf Erteilung eines Jagdscheins der Versagungsgrund des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG entgegen (4).
35 
1. Im Verpflichtungsklageverfahren auf Erteilung eines Jagdscheins ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung - hier des Berufungsverfahrens - maßgeblich (BVerwG, Urt. v. 30.09.2009 - 6 C 29.08 - NVwZ-RR 2010, 225, m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 29.06.2016 - 21 B 16.527 - juris Rn. 21, m.w.N.). Denn der den Jagschein Begehrende könnte - nach Abschluss eines Gerichtsverfahrens - ohnehin einen erneuten Antrag auf Erteilung des Jagdscheins stellen.
36 
2. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind, oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Diese Voraussetzungen müssen - allgemeinen Grundsätzen entsprechend (vgl. etwa N. Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl., § 5 WaffG Rn. 2, 3; BayVGH, Beschl. v. 12.03.2018 - 21 CS 17.1678 - juris Rn. 20) - durch Tatsachen belegt sein; Vermutungen reichen nicht aus.
37 
Wegen der vom Gesetzgeber ausdrücklich normierten Fünf-Jahres-Grenze können Handlungen und Verhaltensweisen des Klägers, die vor dem 21.10.2014 liegen, eine Unzuverlässigkeit nicht (mehr) begründen. Weder die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen in den Räumen des Moscheevereins am 21.09.2013 und 19.10.2013 noch sein Kontakt mit … am 22.09.2013 noch sein Telefonat mit einem kurz darauf verstorbenen Kämpfer in Syrien vom 07.03.2014 können daher im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden. Für die von der Beklagten angeführte Unterhaltung von Kontakten zum Moscheeverein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ durch den Kläger zumindest bis zum 16.03.2015 sind konkrete Tatsachen nicht ersichtlich. Die Beklagte hat es selbst bloß als möglich bezeichnet, dass es solche Kontakte gegeben habe. Auch ist nicht erkennbar, dass die bloße Unterhaltung von Kontakten zum Moscheeverein ein Unterstützen oder Verfolgen verfassungsfeindlicher Bestrebungen sein kann. Schließlich ergeben sich aus der beigezogenen Ermittlungsakte des Verfahrens … … der Staatsanwaltschaft Stuttgart, das am 14.04.2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, keine Anhaltspunkte für ein Verfolgen oder Unterstützen i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in den letzten fünf Jahren.
38 
3. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die Mitglied in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Eine Mitgliedschaft des Klägers im bestandskräftig verbotenen Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ lässt sich nicht feststellen.
39 
Der in § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG genannte Begriff der „Mitgliedschaft" ist rein organisationsbezogen zu verstehen, setzt also keine Tätigkeit voraus (BVerwG, Urt. v. 19.06.2019 - 6 C 9/18 - juris Rn. 17, zu § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG in der bis zum 05.07.2017 geltenden Fassung). Die Mitgliedschaft muss keine förmliche sein (Gade, WaffR, 2. Aufl., § 5 Rn. 27; Runkel, in: Hinze, WaffR, § 5 Rn. 55 [Stand: Juni 2016]; N. Heinrich, a.a.O., § 5 Rn. 20; Bushart, in: Apel/Bushart, WaffR, Bd. 2, 3. Aufl., § 5 Rn. 34; ebenso BGH, Beschl. v. 27.04.2010 - 3 StR 54/10 - juris Rn. 4 zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG). Fehlt es an einer förmlichen Mitgliedschaft, kann die Frage, ob der Betroffene Mitglied in dem verbotenen Verein war, nach den für die §§ 129 ff. StGB entwickelten Kriterien bestimmt werden (N. Heinrich, a.a.O., § 5 Rn. 18). An einem verbotenen Verein beteiligt sich als Mitglied daher derjenige, der sich unter Eingliederung in die Organisation dessen Willen unterordnet (vgl. Schäfer, in: MüKo-StGB, 3. Aufl., § 129 Rn. 82, m.w.N.; BGH, Urt. v. 20.03.1963 - 3 StR 5/63 - BGHSt 18, 296, 299 f.). Sympathisanten sind daher noch keine Mitglieder. Ausreichend ist aber, wenn sich der Betroffene mit den Zielen des Vereins identifiziert, sich in die Organisation eingebunden oder untergeordnet hat oder im Rahmen der Organisation sogar eine führende oder bestimmende Position eingenommen hat (Runkel, a.a.O., § 5 Rn. 55 [Stand: Juni 2016]) oder den Verein nach außen vertritt (Bushart, a.a.O., § 5 Rn. 34; Gade, a.a.O., § 5 Rn. 27).
40 
Nach diesem Maßstab lässt sich eine Mitgliedschaft des Klägers im Moscheeverein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ nicht feststellen. Eine förmliche Mitgliedschaft ist nicht erkennbar und wird von der Beklagten nicht behauptet. Auch im Übrigen fehlen Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft des Klägers. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 21.09.2013 und vom 19.10.2013 ergibt keine Hinweise darauf, dass er sich in die Organisation des Moscheevereins „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ eingegliedert oder diesen nach außen vertreten hat. Der von der Beklagten angeführte Gesichtspunkt, dass es innerhalb der islamischen Gemeinschaft nicht unüblich sei, seine Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft/Moscheeverein auch durch Geld- und Sachspenden zum Ausdruck zu bringen, ist insoweit ebenfalls unergiebig. Zum einen fehlt bereits jeglicher Hinweis darauf, dass der Kläger Geld- oder Sachspenden an den Moscheeverein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ geleistet hat. Zum anderen ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass es nicht nur „nicht unüblich“ ist, seine Zugehörigkeit zu einem Moscheeverein durch Geld- und Sachspenden zum Ausdruck zu bringen, sondern dass durch Geld- und Sachspenden regelmäßig eine Zugehörigkeit zum Moscheeverein dokumentiert wird.
41 
4. Der Kläger ist jedoch unzuverlässig nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG. Danach besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a) oder Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c). § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG ist neben § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG anwendbar (a). Die nach dieser Vorschrift erforderlichen, die Prognose der Unzuverlässigkeit begründenden Tatsachen (b) liegen im Fall des Klägers vor (c).
42 
a) Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist nicht durch die Regelvermutungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG gesperrt.Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle. Dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG. Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken (BVerwG, Urt. v. 28.01.2015 - 6 C 1/14 - NJW 2015, 3594). Daher kann § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG hier Anwendung finden, obwohl die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG nicht vorliegen. Folglich sind auch die Fristen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG hier unerheblich (ebenso zum Verhältnis zu den Fristen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG: Brunner, in: Hinze, WaffR, § 5 WaffG Rn. 26 [Stand: Mai 2017])
43 
b) § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erfordert eine Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit in der Zukunft. Es bedarf eines rationalen Schlusses von der Verhaltensweise eines Betroffenen auf dessen in Zukunft zu erwartendes Verhalten. Dabei wird in Anbetracht von Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG und der erheblichen Gefahren, die von Waffen oder Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die Prognose nicht der Nachweis verlangt, der Betroffene werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Ein Restrisiko muss im Waffenrecht nicht hingenommen werden.Denn es ist das zentrale Anliegen des Waffengesetzes, den Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Waffenbesitzern zu verstärken, d.h. das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen. Schutzlücken, die dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken, sind zu vermeiden. Erforderlich sind daher konkrete Tatsachen, die den nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen, dass der Erlaubnisinhaber in Zukunft entweder selbst mit Waffen in einer vom Waffengesetz nicht geduldeten Form umgehen oder Dritten einen solchen Umgang durch willentliche Überlassung ermöglichen wird (BVerwG, Urt. v. 28.01.2015, a.a.O.; Beschl. v. 10.07.2018 - 6 B 79/18 - NJW 2018, 2812; Urt. v. 19.06.2019, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 10.10.2013 - 21 BV 12.1280 - juris Rn. 26 ff., m.w.N.; NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2017 - 11 ME 181/17 - NJW 2017, 3256; HessVGH, Urt. v. 07.12.2017 - 4 A 814/17 - juris Rn. 32; Senat, Beschl. v. 10.10.2017 - 1 S 1470/17 - VBlBW 2018, 150; Beschl. v. 28.06.2016 - 1 S 517/16 -; Beschl. v. 24.10.2016 - 1 S 1288/16 -; Beschl. v. 09.01.2017 - 1 S 1376/16 -).
44 
Diese Tatsachen können sich nicht nur aus strafrechtlich relevantem Verhalten ergeben. Hat ein Strafverfahren stattgefunden, steht dessen Einstellung der Berücksichtigung von in diesem Verfahren festgestellten Tatsachen nicht entgegen (BayVGH, Beschl. v. 14.11.2016 - 21 ZB 15.648 - juris Rn. 10; Bushart, a.a.O., § 5 WaffG Rn. 10, m.w.N.; Heller/Soschinka, WaffR, 3. Aufl., Rn. 759c, m.w.N.; Gade, a.a.O., § 5 Rn. 6).
45 
Die Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG kann sich bereits aus einem einmaligen Verhalten ergeben, wenn es wegen seines Gewichts geeignet ist, die Prognose zu tragen (NdsOVG, Beschl. v. 16.08.2007 - 11 LA 272/07 - juris Rn. 5; HessVGH, Beschl. v. 15.05.2014 - 4 A 133/13.Z - juris Rn. 7; SchlOVG, Beschl. v. 06.07.2015 - 4 MB 16/15 - juris Rn. 6 [jeweils zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG]; BayVGH, Beschl. v. 14.11.2016, a.a.O., Rn. 17 [zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG]; zust. Gade, a.a.O., § 5 Rn. 10, m.w.N.; a.A. Heller/Soschinka, a.a.O., Rn. 759c: im Allgemeinen nicht ausreichend).
46 
c) Solche Tatsachen liegen hier vor. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, der informatorischen Anhörung des Klägers und dem gesamten Akteninhalt überzeugt, dass der Kläger in den Jahren bis 2014 den Jihad als bewaffneten Kampf aktiv billigte, bereit war, den Jihad als bewaffneten Kampf zu unterstützen, und dies auch tatsächlich durch Unterstützungshandlungen umsetzte, sowie dass diese Umstände fortdauern und daher die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers im o.g. Sinne begründen. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der folgenden Tatsachen:
47 
aa) Beim Kläger wurden im Rahmen der im Verfahren ... der Staatsanwaltschaft Stuttgart vorgenommenen Durchsuchung am 18.09.2009 neben mehreren Magazinen und Büchern zu Gewehren, Revolvern und Handfeuerwaffen auch ein Buch „Radikale Combatschießtechniken“, ein Buch „Moderne Scharfschützengewehre“, ein Buch „Kalaschnikow - Das Sturmgewehr und seine Ableger“, eine CD „Sniper CD, Dateien zu Scharfschützenausbildung bei der Bundeswehr“, sowie 24 CD/DVDs - darunter „Jihad-Videos“, „Märtyrer-Videos“, Videos zu Angriffen auf Posten, Polizeiwachen und Patrouillen, USBV-Angriffen auf Fahrzeuge und Panzer, Handgranatenangriffen auf Fahrzeuge, Scharfschützenangriffen, Gefechtsszenen, Szenen aus Ausbildungslagern, Bau von Autobomben und Sprengstoffgürteln, Predigten und mit Verherrlichung von Osama bin Laden - sichergestellt (Bl. 293 ff. der VGH-Akte; Asservat 2.2.2.1).
48 
Diese Gegenstände zeigen nach Überzeugung des Senats, dass der Kläger den Jihad als bewaffneten Kampf und den islamistischen Terrorismus billigte. Sie gehörten dem Kläger und gehören ihm jedenfalls zum Teil heute noch. Denn er hat hierzu in seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass er diese Bücher immer noch habe und zumindest die CDs früher hatte. Der Kläger beschäftigte sich mit den Büchern, CDs und DVDs und nahm deren Inhalt wahr. Auf die Frage des Senats, was ihn daran interessiert habe, gab er nämlich an, dass er immer zwei Meinungen hören und wissen wolle, was „die“ zu sagen hätten. Zudem ist der Senat überzeugt davon, dass der Kläger diese Gegenstände besaß, weil er deren Inhalt, nämlich das Durchführen u.a. von Angriffen auf Polizeiwachen, USBV- und Handgranatenangriffen auf Fahrzeuge, den Bau und Einsatz von Autobomben und Sprengstoffgürteln als Teil des Jihad, guthieß. Seine Angabe, er wolle sich immer mit beiden Seiten beschäftigen, ist insoweit eine reine Schutzbehauptung. Auf die Frage, mit welcher anderen Seite er sich habe beschäftigen wollen, wenn es um DVDs und CDs zu Scharfschützenangriffen und Bau von Autobomben und Sprengstoffgürteln gehe, gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich an, das wisse er nicht. Dies zeigt, dass der Kläger sich hiermit nicht als Teil eines intellektuellen Erkenntnisprozesses auseinandersetzte, sondern aufgrund seiner Billigung des Jihads als bewaffneter Kampf.
49 
bb) Die Billigung des Jihads als bewaffneter Kampf und des islamistischen Terrorismus zeigt sich auch in der Teilnahme des Klägers an der Zusammenkunft von mindestens 18 Personen in den Räumen des Moscheevereins „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ am 19.10.2013. Zwar konnte sich der Senat aufgrund der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung nicht die Überzeugung bilden, dass der Kläger den gesamten Inhalt des knapp sechsminütigen Lobgesangs, der auf der Videodatei 20131019_213538.mp4 festgehalten ist, einschließlich der Teile mit jihadistischem Charakter verstanden hat. Denn Teile des Lobgesangs wurden in arabischer Sprache vorgetragen, die nicht die Muttersprache des Klägers ist und die er möglicherweise nur geringfügig versteht. Zudem konnte selbst der Dolmetscher für die arabische Sprache in der mündlichen Verhandlung einzelne Teile des Lobgesangs kaum oder nur nach mehrmaligem Vorspielen verstehen. Jedoch hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats ergeben, dass Teil des Lobgesangs eine von den Teilnehmern der Veranstaltung geteilte und mitgetragene Verherrlichung von Osama bin Laden war, die der Kläger auch verstand und billigte. Denn deutlich erkennbar besang einer der Vorsänger die Person Osama bin Laden und forderte direkt im Anschluss daran die Teilnehmer der Runde durch eine Handbewegung auf, dies zu bejubeln. Diese folgten der Aufforderung und stimmten in den Jubel ein.
50 
Zwar ist auf der in Augenschein genommenen Videodatei nicht erkennbar, ob auch der Kläger in den Jubel einstimmte. Jedoch ist der Senat überzeugt davon, dass der Kläger diese Verherrlichung von Osama bin Laden verstand und billigte. Das Besingen und Bejubeln von Osama bin Laden war für jedermann deutlich wahrnehmbar. Osama bin Laden war einer der herausragenden, wenn nicht der herausragendste Exponent des Jihads als bewaffneter Kampf und des islamistischen Terrorismus. Die Bedeutung von Osama bin Laden war dem Kläger jedenfalls aufgrund des Videos zu diesem, das er besaß, bekannt. Zudem steht für den Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung fest, dass dem Kläger, auch wenn er die arabische Sprache nur geringfügig verstehen sollte, der Gesamtcharakter der Zusammenkunft am 19.10.2013 als Lobgesang mit jihadistischem Charakter bewusst war.
51 
Dies ergibt sich für den Senat zum einen daraus, dass die Zusammenkunft in den Räumen des Moscheevereins „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ stattfand. Der Moscheeverein wurde wegen der Befürwortung von Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung religiöser Belange und der Unterstützung des IS bestandskräftig nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3, 4, 5 VereinsG verboten, weil er - wie sich aus der bestandskräftigen, bei den Akten befindlichen und den Beteiligten bekannten Verbotsverfügung vom 11.12.2015 ergibt - regelmäßig Besuch von salafistischen Predigern erhielt, Mitglieder und Besucher des Moscheevereins Richtung Syrien ausreisten, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen, und von dem Moscheeverein durchgeführte vermeintliche Benefizveranstaltungen der Unterstützung des jihadistischen Widerstands gegen das Assad-Regimes dienten. Der Senat folgt daher den in jeder Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des ... … vom Landesamt für Verfassungsschutz, der in der mündlichen Verhandlung als amtliche Auskunftspersonen gehört wurde, dass die, die in eine solche Moschee gingen, - nach Auffassung des Senats jedenfalls im Allgemeinen - wussten, was dort passiert.
52 
Zum anderen ist der Senat dieser Überzeugung, dass der Gesamtcharakter der Zusammenkunft am 19.10.2013 als Lobgesang mit jihadistischem Charakter dem Kläger bewusst war, aufgrund dessen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Er sagte zunächst allgemein, dass er zu Veranstaltungen in den Moscheeverein gegangen sei, zu denen er eingeladen worden sei, wenn es richtige Feiern gewesen seien, und dass sie in der Moschee gebetet, gegessen und geredet hätten. Nach Abspielen der Videodatei zur Zusammenkunft vom 19.10.2013 gab er auf die Frage, ob es sich hierbei um eine ganz andere Veranstaltung als diejenige handele, von denen er zuvor angegeben haben, dass er üblicherweise an ihnen teilgenommen habe, und ob es doch eher eine Veranstaltung sei, an die man sich erinnere, lediglich an, dass er sich nicht erinnere und dass es 2013 gewesen sei. Auch in Anbetracht des Umstandes, dass sich Menschen nach mehreren Jahren auch an bedeutendere Ereignisse nicht erinnern können, hält der Senat diese Einlassung für eine reine Schutzbehauptung. Der Kläger war in der mündlichen Verhandlung ersichtlich bemüht, mit der Zusammenkunft am 19.10.2013 nichts zu tun haben zu wollen. Seine Behauptung, er könne sich an diese Veranstaltung nicht erinnern, ist für den Senat in keiner Weise nachvollziehbar und nicht glaubhaft, da er zuvor nur die Teilnahme an ganz anderen Veranstaltungen im Moscheeverein geschildert hatte. Der Kläger konnte nicht erklären, warum er sich gerade an diese - seinen eigenen Angaben entsprechend - aus dem Rahmen fallende Veranstaltung nicht erinnern kann.
53 
cc) Der Kläger war auch bereit, seine Billigung des Jihads als bewaffneter Kampf durch Unterstützungshandlungen aktiv umzusetzen. Dies zeigt sein Telefonat am 07.03.2014 mit ... …, der sich spätestens seit dem 13.08.2013 in Syrien befand. Der Senat ist überzeugt davon, dass es sich bei dem Gegenstand, um dessen Beschaffung ... bat und dessen Besorgung der Kläger versprach, um ein Nachtsichtgerät handelte, das …-… im Rahmen der Kampfhandlungen einsetzen wollte. Die Verwendung des Begriffs „Lampe“ diente offenkundig nur dazu, den wahren Zweck des Telefonats für den Fall zu verschleiern, dass das Telefonat abgehört wird. Ein solches Abhören hielt der Kläger zumindest für denkbar, da ihm spätestens nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens ...x der Staatsanwaltschaft Stuttgart, in dem seine Telefonate aufgrund richterlicher Beschlüsse abgehört wurden, diese Möglichkeit bekannt war.
54 
Für den Senat erscheint ausgeschlossen, dass ... … tatsächlich um die Beschaffung einer Lampe für den nächtlichen Toilettengang bat. Dagegen spricht bereits, dass keinerlei Spezifizierung erfolgte, welche Art von Lampe gemeint sein soll. Für die Bereitstellung von Licht für den nächtlichen Toilettengang reicht zudem bereits ein sehr einfaches Handy aus. Es spricht zudem viel dafür, dass sich die Bitte auf die Beschaffung eines Gegenstands bezog, der in Syrien nicht leicht zu beschaffen ist. Anderenfalls wäre kaum erklärlich, aus welchem Grund … den in Deutschland wohnenden Kläger um Hilfe bitten sollte. Hinzu kommt, dass der Kläger 2009 - wie er im genannten Ermittlungsverfahren und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte - ein Gerät „Spektiv NC-Star/NW 309090 G“ und zehn Geräte „Red Dot Sight 1 x 20 x 30“ nach Bosnien lieferte. Dies dürfte …, der ausweislich der Verbotsverfügung für den Moscheeverein M. S. vom 11.12.2015 stellvertretender Vorsitzender des Moscheevereins und Miteigentümer des Moscheegebäudes war und mit dem Kläger - wie sich bereits aufgrund des protokollierten Gesprächsinhalts vom 07.03.2014 ergibt - offensichtlich zumindest bekannt war, gewusst haben.
55 
Die Erklärungen des Klägers zu diesem Telefonat sind für den Senat nicht glaubhaft. Seine Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass er mit der Situation und dem Telefonat überrascht und überfordert gewesen sei, dass er nur das Gespräch schnell habe beenden wollen und daher zur Bitte von … einfach ja gesagt habe, ist für den Senat eine bloße Schutzbehauptung. Im Telefonprotokoll finden sich keinerlei Anzeichen dafür, dass der Kläger das Telefonat schnell beenden wollte. Konkrete Gründe, warum der Kläger das angeblich wollte, sind nicht erkennbar und hat der Kläger auch nicht benannt. Zudem steht diese Einlassung nicht mit dem Vortrag im Schriftsatz des Kläger-Prozessbevollmächtigten vom 24.07.2019 im Einklang, der Kläger habe am 07.03.2014 einen Anruf entgegengenommen und mit … einen „Plausch“ gehalten. Die Gesamtumstände sprechen daher zur Überzeugung des Senats dafür, dass der Kläger ein Nachtsichtgerät beschaffen sollte und hierzu bereit war.
56 
Unerheblich ist insoweit, dass das genannte Ermittlungsverfahren damals insoweit zum Ergebnis führte, dass es sich bei den nach Bosnien gelieferten Gegenständen um nach dem Waffengesetz erlaubnisfreie Gegenstände handelte, und dass auch Nachtsichtgeräte erlaubnisfrei erworben werden können. Diese Umstände lassen die Tatsache unberührt, dass der Kläger bereit war, den Jihad als bewaffneten Kampf aktiv durch die Lieferung eines solchen Geräts zu unterstützen.
57 
dd) Am 21.09.2013 nahm der Kläger - wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - in einem türkischen Café in Stuttgart-Feuerbach an einer vom Moscheeverein mitveranstalten Benefizveranstaltung für Syrien teil, bei der T-Shirts mit Bezug zum IS verkauft und getragen und T-Shirts mit dem Aufdruck des LIES-Projekts getragen wurden. Ob allein aus diesem Umstand auf eine waffen- und jagdrechtliche Unzuverlässigkeit von Veranstaltungsteilnehmern geschlossen werden kann, erscheint dem Senat offen. Denn angesichts der - in der Verbotsverfügung des Innenministeriums für den Verein M. S. vom 11.12.2015 angegebenen - Teilnehmerzahl von ca. 350 Personen erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass man als Teilnehmer der Veranstaltung - wie es der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat - keinen Bezug zum IS erkannt hat. Die Frage, ob allein aus der Teilnahme an dieser Veranstaltung auf eine waffen- und jagdrechtliche Unzuverlässigkeit von Veranstaltungsteilnehmern geschlossen werden kann, kann jedoch offenbleiben. Denn bereits die oben unter aa) bis cc) benannten Umstände ergeben in der Gesamtschau in jeder Hinsicht hinreichende Tatsachen, die die Annahme der waffen- und jagdrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers rechtfertigen. Die - in isolierter Betrachtung ggfs. für eine Unzuverlässigkeit nicht aussagekräftige - Teilnahme an der Veranstaltung vom 21.09.2013 ist in Zusammenschau damit ein wenn auch schwaches, aber bestätigendes Indiz für die Unzuverlässigkeit des Klägers.
58 
ee) Die weiteren von der Beklagten für die Unzuverlässigkeit des Klägers angeführten Umstände, dass der Kläger am 22.09.2013 persönlichen Kontakt zum Salafisten … gehabt und auf einem Foto mit dem Zeigen des „Finger des Propheten“ einen salafistischen Gruß benutzt habe, sind für die Frage der Unzuverlässigkeit - auch im Zusammenhang mit anderen Tatsachen - ohne Bedeutung. Was Gegenstand des Treffens mit … war, ist unbekannt. Die Geste, den „Finger des Propheten“ zu zeigen, kann auch eine bloße Glaubensbezeugung sein.
59 
ff) Die o.g. Tatsachen begründen zusammen die Annahme, dass der Kläger in den Jahren bis jedenfalls 2014 den Jihad als bewaffneten Kampf billigte, bereit war, den Jihad als bewaffneten Kampf zu unterstützen, und dies auch tatsächlich durch Unterstützungshandlungen umsetzte. Sie begründen auch den berechtigten Schluss, dass diese Umstände fortdauern. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger diese Einstellung aufgegeben hat und zu einer Unterstützung des Jihads nicht mehr bereit ist, fehlen. Seine Angaben im Verfahren und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat belegen zur Überzeugung des Senats nicht nur, dass der Kläger damals den Jihad als bewaffneten Kampf billigte und bereit war, diesen aktiv zu unterstützen. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es dem Kläger freisteht, im Rahmen der Rechtsordnung sein Prozessziel effektiv zu verfolgen, begründen seine nicht nachvollziehbaren Erklärungen in der mündlichen Verhandlung die berechtigte Erwartung, dass Einstellung und Verhalten des Klägers sich bis heute nicht maßgeblich geändert haben und er bemüht ist, dies zu verbergen. Es erscheint daher konkret möglich und ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger auch zukünftig bereit ist, den Jihad als bewaffneten Kampf tatsächlich zu unterstützen. Es ist nicht fernliegend, dass er in diesem Zusammenhang auch Waffen missbräuchlich verwenden oder an nichtberechtigte Dritte weitergeben wird.
60 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Auch der Zulassungsrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht vor, da die entscheidungserhebliche Frage, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG erfüllt sind, von den Umständen des Einzelfalls abhängt.
61 
Beschluss
vom 21. Oktober 2019
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG und in Anlehnung an Nr. 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 8.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
32 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
33 
Die Berufung ist nicht begründet. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 11.08.2016 ihm einen Jagdschein erteilt (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
34 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG ist das Vorliegen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeits- und Eignungsanforderungen zugleich Erteilungsvoraussetzung für den Jagdschein, sofern der Jagdscheinbewerber nicht nur einen Falknerjagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG begehrt. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (1) liegen zwar weder der Versagungsgrund nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG (2) noch der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG vor (3). Jedoch steht einem Anspruch auf Erteilung eines Jagdscheins der Versagungsgrund des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG entgegen (4).
35 
1. Im Verpflichtungsklageverfahren auf Erteilung eines Jagdscheins ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung - hier des Berufungsverfahrens - maßgeblich (BVerwG, Urt. v. 30.09.2009 - 6 C 29.08 - NVwZ-RR 2010, 225, m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 29.06.2016 - 21 B 16.527 - juris Rn. 21, m.w.N.). Denn der den Jagschein Begehrende könnte - nach Abschluss eines Gerichtsverfahrens - ohnehin einen erneuten Antrag auf Erteilung des Jagdscheins stellen.
36 
2. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind, oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Diese Voraussetzungen müssen - allgemeinen Grundsätzen entsprechend (vgl. etwa N. Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl., § 5 WaffG Rn. 2, 3; BayVGH, Beschl. v. 12.03.2018 - 21 CS 17.1678 - juris Rn. 20) - durch Tatsachen belegt sein; Vermutungen reichen nicht aus.
37 
Wegen der vom Gesetzgeber ausdrücklich normierten Fünf-Jahres-Grenze können Handlungen und Verhaltensweisen des Klägers, die vor dem 21.10.2014 liegen, eine Unzuverlässigkeit nicht (mehr) begründen. Weder die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen in den Räumen des Moscheevereins am 21.09.2013 und 19.10.2013 noch sein Kontakt mit … am 22.09.2013 noch sein Telefonat mit einem kurz darauf verstorbenen Kämpfer in Syrien vom 07.03.2014 können daher im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden. Für die von der Beklagten angeführte Unterhaltung von Kontakten zum Moscheeverein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ durch den Kläger zumindest bis zum 16.03.2015 sind konkrete Tatsachen nicht ersichtlich. Die Beklagte hat es selbst bloß als möglich bezeichnet, dass es solche Kontakte gegeben habe. Auch ist nicht erkennbar, dass die bloße Unterhaltung von Kontakten zum Moscheeverein ein Unterstützen oder Verfolgen verfassungsfeindlicher Bestrebungen sein kann. Schließlich ergeben sich aus der beigezogenen Ermittlungsakte des Verfahrens … … der Staatsanwaltschaft Stuttgart, das am 14.04.2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, keine Anhaltspunkte für ein Verfolgen oder Unterstützen i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in den letzten fünf Jahren.
38 
3. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die Mitglied in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Eine Mitgliedschaft des Klägers im bestandskräftig verbotenen Verein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ lässt sich nicht feststellen.
39 
Der in § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG genannte Begriff der „Mitgliedschaft" ist rein organisationsbezogen zu verstehen, setzt also keine Tätigkeit voraus (BVerwG, Urt. v. 19.06.2019 - 6 C 9/18 - juris Rn. 17, zu § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG in der bis zum 05.07.2017 geltenden Fassung). Die Mitgliedschaft muss keine förmliche sein (Gade, WaffR, 2. Aufl., § 5 Rn. 27; Runkel, in: Hinze, WaffR, § 5 Rn. 55 [Stand: Juni 2016]; N. Heinrich, a.a.O., § 5 Rn. 20; Bushart, in: Apel/Bushart, WaffR, Bd. 2, 3. Aufl., § 5 Rn. 34; ebenso BGH, Beschl. v. 27.04.2010 - 3 StR 54/10 - juris Rn. 4 zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG). Fehlt es an einer förmlichen Mitgliedschaft, kann die Frage, ob der Betroffene Mitglied in dem verbotenen Verein war, nach den für die §§ 129 ff. StGB entwickelten Kriterien bestimmt werden (N. Heinrich, a.a.O., § 5 Rn. 18). An einem verbotenen Verein beteiligt sich als Mitglied daher derjenige, der sich unter Eingliederung in die Organisation dessen Willen unterordnet (vgl. Schäfer, in: MüKo-StGB, 3. Aufl., § 129 Rn. 82, m.w.N.; BGH, Urt. v. 20.03.1963 - 3 StR 5/63 - BGHSt 18, 296, 299 f.). Sympathisanten sind daher noch keine Mitglieder. Ausreichend ist aber, wenn sich der Betroffene mit den Zielen des Vereins identifiziert, sich in die Organisation eingebunden oder untergeordnet hat oder im Rahmen der Organisation sogar eine führende oder bestimmende Position eingenommen hat (Runkel, a.a.O., § 5 Rn. 55 [Stand: Juni 2016]) oder den Verein nach außen vertritt (Bushart, a.a.O., § 5 Rn. 34; Gade, a.a.O., § 5 Rn. 27).
40 
Nach diesem Maßstab lässt sich eine Mitgliedschaft des Klägers im Moscheeverein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ nicht feststellen. Eine förmliche Mitgliedschaft ist nicht erkennbar und wird von der Beklagten nicht behauptet. Auch im Übrigen fehlen Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft des Klägers. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 21.09.2013 und vom 19.10.2013 ergibt keine Hinweise darauf, dass er sich in die Organisation des Moscheevereins „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ eingegliedert oder diesen nach außen vertreten hat. Der von der Beklagten angeführte Gesichtspunkt, dass es innerhalb der islamischen Gemeinschaft nicht unüblich sei, seine Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft/Moscheeverein auch durch Geld- und Sachspenden zum Ausdruck zu bringen, ist insoweit ebenfalls unergiebig. Zum einen fehlt bereits jeglicher Hinweis darauf, dass der Kläger Geld- oder Sachspenden an den Moscheeverein „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ geleistet hat. Zum anderen ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass es nicht nur „nicht unüblich“ ist, seine Zugehörigkeit zu einem Moscheeverein durch Geld- und Sachspenden zum Ausdruck zu bringen, sondern dass durch Geld- und Sachspenden regelmäßig eine Zugehörigkeit zum Moscheeverein dokumentiert wird.
41 
4. Der Kläger ist jedoch unzuverlässig nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG. Danach besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a) oder Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c). § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG ist neben § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG anwendbar (a). Die nach dieser Vorschrift erforderlichen, die Prognose der Unzuverlässigkeit begründenden Tatsachen (b) liegen im Fall des Klägers vor (c).
42 
a) Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist nicht durch die Regelvermutungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG gesperrt.Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle. Dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG. Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken (BVerwG, Urt. v. 28.01.2015 - 6 C 1/14 - NJW 2015, 3594). Daher kann § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG hier Anwendung finden, obwohl die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG nicht vorliegen. Folglich sind auch die Fristen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG hier unerheblich (ebenso zum Verhältnis zu den Fristen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG: Brunner, in: Hinze, WaffR, § 5 WaffG Rn. 26 [Stand: Mai 2017])
43 
b) § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erfordert eine Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit in der Zukunft. Es bedarf eines rationalen Schlusses von der Verhaltensweise eines Betroffenen auf dessen in Zukunft zu erwartendes Verhalten. Dabei wird in Anbetracht von Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG und der erheblichen Gefahren, die von Waffen oder Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die Prognose nicht der Nachweis verlangt, der Betroffene werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Ein Restrisiko muss im Waffenrecht nicht hingenommen werden.Denn es ist das zentrale Anliegen des Waffengesetzes, den Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Waffenbesitzern zu verstärken, d.h. das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen. Schutzlücken, die dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken, sind zu vermeiden. Erforderlich sind daher konkrete Tatsachen, die den nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen, dass der Erlaubnisinhaber in Zukunft entweder selbst mit Waffen in einer vom Waffengesetz nicht geduldeten Form umgehen oder Dritten einen solchen Umgang durch willentliche Überlassung ermöglichen wird (BVerwG, Urt. v. 28.01.2015, a.a.O.; Beschl. v. 10.07.2018 - 6 B 79/18 - NJW 2018, 2812; Urt. v. 19.06.2019, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 10.10.2013 - 21 BV 12.1280 - juris Rn. 26 ff., m.w.N.; NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2017 - 11 ME 181/17 - NJW 2017, 3256; HessVGH, Urt. v. 07.12.2017 - 4 A 814/17 - juris Rn. 32; Senat, Beschl. v. 10.10.2017 - 1 S 1470/17 - VBlBW 2018, 150; Beschl. v. 28.06.2016 - 1 S 517/16 -; Beschl. v. 24.10.2016 - 1 S 1288/16 -; Beschl. v. 09.01.2017 - 1 S 1376/16 -).
44 
Diese Tatsachen können sich nicht nur aus strafrechtlich relevantem Verhalten ergeben. Hat ein Strafverfahren stattgefunden, steht dessen Einstellung der Berücksichtigung von in diesem Verfahren festgestellten Tatsachen nicht entgegen (BayVGH, Beschl. v. 14.11.2016 - 21 ZB 15.648 - juris Rn. 10; Bushart, a.a.O., § 5 WaffG Rn. 10, m.w.N.; Heller/Soschinka, WaffR, 3. Aufl., Rn. 759c, m.w.N.; Gade, a.a.O., § 5 Rn. 6).
45 
Die Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG kann sich bereits aus einem einmaligen Verhalten ergeben, wenn es wegen seines Gewichts geeignet ist, die Prognose zu tragen (NdsOVG, Beschl. v. 16.08.2007 - 11 LA 272/07 - juris Rn. 5; HessVGH, Beschl. v. 15.05.2014 - 4 A 133/13.Z - juris Rn. 7; SchlOVG, Beschl. v. 06.07.2015 - 4 MB 16/15 - juris Rn. 6 [jeweils zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG]; BayVGH, Beschl. v. 14.11.2016, a.a.O., Rn. 17 [zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG]; zust. Gade, a.a.O., § 5 Rn. 10, m.w.N.; a.A. Heller/Soschinka, a.a.O., Rn. 759c: im Allgemeinen nicht ausreichend).
46 
c) Solche Tatsachen liegen hier vor. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, der informatorischen Anhörung des Klägers und dem gesamten Akteninhalt überzeugt, dass der Kläger in den Jahren bis 2014 den Jihad als bewaffneten Kampf aktiv billigte, bereit war, den Jihad als bewaffneten Kampf zu unterstützen, und dies auch tatsächlich durch Unterstützungshandlungen umsetzte, sowie dass diese Umstände fortdauern und daher die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers im o.g. Sinne begründen. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der folgenden Tatsachen:
47 
aa) Beim Kläger wurden im Rahmen der im Verfahren ... der Staatsanwaltschaft Stuttgart vorgenommenen Durchsuchung am 18.09.2009 neben mehreren Magazinen und Büchern zu Gewehren, Revolvern und Handfeuerwaffen auch ein Buch „Radikale Combatschießtechniken“, ein Buch „Moderne Scharfschützengewehre“, ein Buch „Kalaschnikow - Das Sturmgewehr und seine Ableger“, eine CD „Sniper CD, Dateien zu Scharfschützenausbildung bei der Bundeswehr“, sowie 24 CD/DVDs - darunter „Jihad-Videos“, „Märtyrer-Videos“, Videos zu Angriffen auf Posten, Polizeiwachen und Patrouillen, USBV-Angriffen auf Fahrzeuge und Panzer, Handgranatenangriffen auf Fahrzeuge, Scharfschützenangriffen, Gefechtsszenen, Szenen aus Ausbildungslagern, Bau von Autobomben und Sprengstoffgürteln, Predigten und mit Verherrlichung von Osama bin Laden - sichergestellt (Bl. 293 ff. der VGH-Akte; Asservat 2.2.2.1).
48 
Diese Gegenstände zeigen nach Überzeugung des Senats, dass der Kläger den Jihad als bewaffneten Kampf und den islamistischen Terrorismus billigte. Sie gehörten dem Kläger und gehören ihm jedenfalls zum Teil heute noch. Denn er hat hierzu in seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass er diese Bücher immer noch habe und zumindest die CDs früher hatte. Der Kläger beschäftigte sich mit den Büchern, CDs und DVDs und nahm deren Inhalt wahr. Auf die Frage des Senats, was ihn daran interessiert habe, gab er nämlich an, dass er immer zwei Meinungen hören und wissen wolle, was „die“ zu sagen hätten. Zudem ist der Senat überzeugt davon, dass der Kläger diese Gegenstände besaß, weil er deren Inhalt, nämlich das Durchführen u.a. von Angriffen auf Polizeiwachen, USBV- und Handgranatenangriffen auf Fahrzeuge, den Bau und Einsatz von Autobomben und Sprengstoffgürteln als Teil des Jihad, guthieß. Seine Angabe, er wolle sich immer mit beiden Seiten beschäftigen, ist insoweit eine reine Schutzbehauptung. Auf die Frage, mit welcher anderen Seite er sich habe beschäftigen wollen, wenn es um DVDs und CDs zu Scharfschützenangriffen und Bau von Autobomben und Sprengstoffgürteln gehe, gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich an, das wisse er nicht. Dies zeigt, dass der Kläger sich hiermit nicht als Teil eines intellektuellen Erkenntnisprozesses auseinandersetzte, sondern aufgrund seiner Billigung des Jihads als bewaffneter Kampf.
49 
bb) Die Billigung des Jihads als bewaffneter Kampf und des islamistischen Terrorismus zeigt sich auch in der Teilnahme des Klägers an der Zusammenkunft von mindestens 18 Personen in den Räumen des Moscheevereins „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ am 19.10.2013. Zwar konnte sich der Senat aufgrund der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung nicht die Überzeugung bilden, dass der Kläger den gesamten Inhalt des knapp sechsminütigen Lobgesangs, der auf der Videodatei 20131019_213538.mp4 festgehalten ist, einschließlich der Teile mit jihadistischem Charakter verstanden hat. Denn Teile des Lobgesangs wurden in arabischer Sprache vorgetragen, die nicht die Muttersprache des Klägers ist und die er möglicherweise nur geringfügig versteht. Zudem konnte selbst der Dolmetscher für die arabische Sprache in der mündlichen Verhandlung einzelne Teile des Lobgesangs kaum oder nur nach mehrmaligem Vorspielen verstehen. Jedoch hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats ergeben, dass Teil des Lobgesangs eine von den Teilnehmern der Veranstaltung geteilte und mitgetragene Verherrlichung von Osama bin Laden war, die der Kläger auch verstand und billigte. Denn deutlich erkennbar besang einer der Vorsänger die Person Osama bin Laden und forderte direkt im Anschluss daran die Teilnehmer der Runde durch eine Handbewegung auf, dies zu bejubeln. Diese folgten der Aufforderung und stimmten in den Jubel ein.
50 
Zwar ist auf der in Augenschein genommenen Videodatei nicht erkennbar, ob auch der Kläger in den Jubel einstimmte. Jedoch ist der Senat überzeugt davon, dass der Kläger diese Verherrlichung von Osama bin Laden verstand und billigte. Das Besingen und Bejubeln von Osama bin Laden war für jedermann deutlich wahrnehmbar. Osama bin Laden war einer der herausragenden, wenn nicht der herausragendste Exponent des Jihads als bewaffneter Kampf und des islamistischen Terrorismus. Die Bedeutung von Osama bin Laden war dem Kläger jedenfalls aufgrund des Videos zu diesem, das er besaß, bekannt. Zudem steht für den Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung fest, dass dem Kläger, auch wenn er die arabische Sprache nur geringfügig verstehen sollte, der Gesamtcharakter der Zusammenkunft am 19.10.2013 als Lobgesang mit jihadistischem Charakter bewusst war.
51 
Dies ergibt sich für den Senat zum einen daraus, dass die Zusammenkunft in den Räumen des Moscheevereins „Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum M. S. e.V.“ stattfand. Der Moscheeverein wurde wegen der Befürwortung von Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung religiöser Belange und der Unterstützung des IS bestandskräftig nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3, 4, 5 VereinsG verboten, weil er - wie sich aus der bestandskräftigen, bei den Akten befindlichen und den Beteiligten bekannten Verbotsverfügung vom 11.12.2015 ergibt - regelmäßig Besuch von salafistischen Predigern erhielt, Mitglieder und Besucher des Moscheevereins Richtung Syrien ausreisten, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen, und von dem Moscheeverein durchgeführte vermeintliche Benefizveranstaltungen der Unterstützung des jihadistischen Widerstands gegen das Assad-Regimes dienten. Der Senat folgt daher den in jeder Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des ... … vom Landesamt für Verfassungsschutz, der in der mündlichen Verhandlung als amtliche Auskunftspersonen gehört wurde, dass die, die in eine solche Moschee gingen, - nach Auffassung des Senats jedenfalls im Allgemeinen - wussten, was dort passiert.
52 
Zum anderen ist der Senat dieser Überzeugung, dass der Gesamtcharakter der Zusammenkunft am 19.10.2013 als Lobgesang mit jihadistischem Charakter dem Kläger bewusst war, aufgrund dessen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Er sagte zunächst allgemein, dass er zu Veranstaltungen in den Moscheeverein gegangen sei, zu denen er eingeladen worden sei, wenn es richtige Feiern gewesen seien, und dass sie in der Moschee gebetet, gegessen und geredet hätten. Nach Abspielen der Videodatei zur Zusammenkunft vom 19.10.2013 gab er auf die Frage, ob es sich hierbei um eine ganz andere Veranstaltung als diejenige handele, von denen er zuvor angegeben haben, dass er üblicherweise an ihnen teilgenommen habe, und ob es doch eher eine Veranstaltung sei, an die man sich erinnere, lediglich an, dass er sich nicht erinnere und dass es 2013 gewesen sei. Auch in Anbetracht des Umstandes, dass sich Menschen nach mehreren Jahren auch an bedeutendere Ereignisse nicht erinnern können, hält der Senat diese Einlassung für eine reine Schutzbehauptung. Der Kläger war in der mündlichen Verhandlung ersichtlich bemüht, mit der Zusammenkunft am 19.10.2013 nichts zu tun haben zu wollen. Seine Behauptung, er könne sich an diese Veranstaltung nicht erinnern, ist für den Senat in keiner Weise nachvollziehbar und nicht glaubhaft, da er zuvor nur die Teilnahme an ganz anderen Veranstaltungen im Moscheeverein geschildert hatte. Der Kläger konnte nicht erklären, warum er sich gerade an diese - seinen eigenen Angaben entsprechend - aus dem Rahmen fallende Veranstaltung nicht erinnern kann.
53 
cc) Der Kläger war auch bereit, seine Billigung des Jihads als bewaffneter Kampf durch Unterstützungshandlungen aktiv umzusetzen. Dies zeigt sein Telefonat am 07.03.2014 mit ... …, der sich spätestens seit dem 13.08.2013 in Syrien befand. Der Senat ist überzeugt davon, dass es sich bei dem Gegenstand, um dessen Beschaffung ... bat und dessen Besorgung der Kläger versprach, um ein Nachtsichtgerät handelte, das …-… im Rahmen der Kampfhandlungen einsetzen wollte. Die Verwendung des Begriffs „Lampe“ diente offenkundig nur dazu, den wahren Zweck des Telefonats für den Fall zu verschleiern, dass das Telefonat abgehört wird. Ein solches Abhören hielt der Kläger zumindest für denkbar, da ihm spätestens nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens ...x der Staatsanwaltschaft Stuttgart, in dem seine Telefonate aufgrund richterlicher Beschlüsse abgehört wurden, diese Möglichkeit bekannt war.
54 
Für den Senat erscheint ausgeschlossen, dass ... … tatsächlich um die Beschaffung einer Lampe für den nächtlichen Toilettengang bat. Dagegen spricht bereits, dass keinerlei Spezifizierung erfolgte, welche Art von Lampe gemeint sein soll. Für die Bereitstellung von Licht für den nächtlichen Toilettengang reicht zudem bereits ein sehr einfaches Handy aus. Es spricht zudem viel dafür, dass sich die Bitte auf die Beschaffung eines Gegenstands bezog, der in Syrien nicht leicht zu beschaffen ist. Anderenfalls wäre kaum erklärlich, aus welchem Grund … den in Deutschland wohnenden Kläger um Hilfe bitten sollte. Hinzu kommt, dass der Kläger 2009 - wie er im genannten Ermittlungsverfahren und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte - ein Gerät „Spektiv NC-Star/NW 309090 G“ und zehn Geräte „Red Dot Sight 1 x 20 x 30“ nach Bosnien lieferte. Dies dürfte …, der ausweislich der Verbotsverfügung für den Moscheeverein M. S. vom 11.12.2015 stellvertretender Vorsitzender des Moscheevereins und Miteigentümer des Moscheegebäudes war und mit dem Kläger - wie sich bereits aufgrund des protokollierten Gesprächsinhalts vom 07.03.2014 ergibt - offensichtlich zumindest bekannt war, gewusst haben.
55 
Die Erklärungen des Klägers zu diesem Telefonat sind für den Senat nicht glaubhaft. Seine Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass er mit der Situation und dem Telefonat überrascht und überfordert gewesen sei, dass er nur das Gespräch schnell habe beenden wollen und daher zur Bitte von … einfach ja gesagt habe, ist für den Senat eine bloße Schutzbehauptung. Im Telefonprotokoll finden sich keinerlei Anzeichen dafür, dass der Kläger das Telefonat schnell beenden wollte. Konkrete Gründe, warum der Kläger das angeblich wollte, sind nicht erkennbar und hat der Kläger auch nicht benannt. Zudem steht diese Einlassung nicht mit dem Vortrag im Schriftsatz des Kläger-Prozessbevollmächtigten vom 24.07.2019 im Einklang, der Kläger habe am 07.03.2014 einen Anruf entgegengenommen und mit … einen „Plausch“ gehalten. Die Gesamtumstände sprechen daher zur Überzeugung des Senats dafür, dass der Kläger ein Nachtsichtgerät beschaffen sollte und hierzu bereit war.
56 
Unerheblich ist insoweit, dass das genannte Ermittlungsverfahren damals insoweit zum Ergebnis führte, dass es sich bei den nach Bosnien gelieferten Gegenständen um nach dem Waffengesetz erlaubnisfreie Gegenstände handelte, und dass auch Nachtsichtgeräte erlaubnisfrei erworben werden können. Diese Umstände lassen die Tatsache unberührt, dass der Kläger bereit war, den Jihad als bewaffneten Kampf aktiv durch die Lieferung eines solchen Geräts zu unterstützen.
57 
dd) Am 21.09.2013 nahm der Kläger - wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - in einem türkischen Café in Stuttgart-Feuerbach an einer vom Moscheeverein mitveranstalten Benefizveranstaltung für Syrien teil, bei der T-Shirts mit Bezug zum IS verkauft und getragen und T-Shirts mit dem Aufdruck des LIES-Projekts getragen wurden. Ob allein aus diesem Umstand auf eine waffen- und jagdrechtliche Unzuverlässigkeit von Veranstaltungsteilnehmern geschlossen werden kann, erscheint dem Senat offen. Denn angesichts der - in der Verbotsverfügung des Innenministeriums für den Verein M. S. vom 11.12.2015 angegebenen - Teilnehmerzahl von ca. 350 Personen erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass man als Teilnehmer der Veranstaltung - wie es der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat - keinen Bezug zum IS erkannt hat. Die Frage, ob allein aus der Teilnahme an dieser Veranstaltung auf eine waffen- und jagdrechtliche Unzuverlässigkeit von Veranstaltungsteilnehmern geschlossen werden kann, kann jedoch offenbleiben. Denn bereits die oben unter aa) bis cc) benannten Umstände ergeben in der Gesamtschau in jeder Hinsicht hinreichende Tatsachen, die die Annahme der waffen- und jagdrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers rechtfertigen. Die - in isolierter Betrachtung ggfs. für eine Unzuverlässigkeit nicht aussagekräftige - Teilnahme an der Veranstaltung vom 21.09.2013 ist in Zusammenschau damit ein wenn auch schwaches, aber bestätigendes Indiz für die Unzuverlässigkeit des Klägers.
58 
ee) Die weiteren von der Beklagten für die Unzuverlässigkeit des Klägers angeführten Umstände, dass der Kläger am 22.09.2013 persönlichen Kontakt zum Salafisten … gehabt und auf einem Foto mit dem Zeigen des „Finger des Propheten“ einen salafistischen Gruß benutzt habe, sind für die Frage der Unzuverlässigkeit - auch im Zusammenhang mit anderen Tatsachen - ohne Bedeutung. Was Gegenstand des Treffens mit … war, ist unbekannt. Die Geste, den „Finger des Propheten“ zu zeigen, kann auch eine bloße Glaubensbezeugung sein.
59 
ff) Die o.g. Tatsachen begründen zusammen die Annahme, dass der Kläger in den Jahren bis jedenfalls 2014 den Jihad als bewaffneten Kampf billigte, bereit war, den Jihad als bewaffneten Kampf zu unterstützen, und dies auch tatsächlich durch Unterstützungshandlungen umsetzte. Sie begründen auch den berechtigten Schluss, dass diese Umstände fortdauern. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger diese Einstellung aufgegeben hat und zu einer Unterstützung des Jihads nicht mehr bereit ist, fehlen. Seine Angaben im Verfahren und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat belegen zur Überzeugung des Senats nicht nur, dass der Kläger damals den Jihad als bewaffneten Kampf billigte und bereit war, diesen aktiv zu unterstützen. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es dem Kläger freisteht, im Rahmen der Rechtsordnung sein Prozessziel effektiv zu verfolgen, begründen seine nicht nachvollziehbaren Erklärungen in der mündlichen Verhandlung die berechtigte Erwartung, dass Einstellung und Verhalten des Klägers sich bis heute nicht maßgeblich geändert haben und er bemüht ist, dies zu verbergen. Es erscheint daher konkret möglich und ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger auch zukünftig bereit ist, den Jihad als bewaffneten Kampf tatsächlich zu unterstützen. Es ist nicht fernliegend, dass er in diesem Zusammenhang auch Waffen missbräuchlich verwenden oder an nichtberechtigte Dritte weitergeben wird.
60 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Auch der Zulassungsrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht vor, da die entscheidungserhebliche Frage, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG erfüllt sind, von den Umständen des Einzelfalls abhängt.
61 
Beschluss
vom 21. Oktober 2019
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG und in Anlehnung an Nr. 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 8.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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