Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird festgestellt, dass die Durchsuchungsanordnung aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 7. Dezember 2020 - 5 K 4619/20 - rechtswidrig gewesen ist, soweit sie sich gegen ihn richtete.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 7. Dezember 2020 - 5 K 4619/20 - ein Neuntel (1/9) der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.
| | |
| | Die Beschwerde des Antragsgegners (erstinstanzlich: Ziff. 9) gegen die in einem tierschutzrechtlichen Verwaltungsvollstreckungsverfahren ergangene richterliche Durchsuchungsanordnung des Verwaltungsgerichts hat Erfolg. |
|
| | 1. Die Beschwerde wäre nur unzulässig, soweit der Antragsgegner ausdrücklich die „Aufhebung“ des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts begehrt, soweit dieser ihn betraf. Für ein dahingehendes Begehren fehlt dem Antragsgegner das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Durchsuchungsanordnung wurde am 10.12.2020 vollzogen und die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Geltungsdauer der Durchsuchungsanordnung bis zum 18.01.2021 ist abgelaufen. Die durch das Verwaltungsgericht angeordnete Maßnahme hat sich damit in vollem Umfang erledigt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2017 - 1 S 1040/17 -, n.v.). Der Senat legt den Beschwerdeantrag des Antragsgegners jedoch rechtsschutzfreundlich dahingehend aus, dass er das Ziel verfolgt, die Rechtswidrigkeit der erledigten Durchsuchungsanordnung analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.10.2020 - 1 S 2679/19 -, juris Rn. 45) feststellen zu lassen, soweit sich diese gegen ihn richtete. Der so verstandene Antrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.07.2015 - 1 BvR 625/15 -, NJW 2015, 219; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2011 - 1 S 1864/11 -, VBlBW 2012, 103; Beschluss vom 14.05.2002 - 1 S 10/02 -, VBlBW 2002, 426 m.w.N.). |
|
| | 2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Durchsuchungsanordnung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 07.12.2020 war im maßgeblichen Zeitpunkt rechtswidrig, soweit sie sich auch gegen den Antragsgegner (Ziff. 9) richtete. |
|
| | Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen und den alleinigen Prüfungsgegenstand bildenden Durchsuchungsanordnung ist der Zeitpunkt des Erlasses des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses, mit dem die Durchsuchung angeordnet wurde (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.10.2020 - 1 S 2679/19 -, juris Rn. 66; BayVGH, Beschluss vom 11.02.2009 - 4 C 08.2888 -, juris Rn. 11). |
|
| | Rechtsgrundlage der Durchsuchungsanordnung ist § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LVwVG. Danach ist der Vollstreckungsbeamte befugt, das Besitztum des Pflichtigen zu betreten und zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges befriedetes Besitztum kann er gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Diese Voraussetzungen waren in Bezug auf den hier beschwerdeführenden Antragsgegner im Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung durch das Verwaltungsgericht nicht erfüllt. Denn für den Senat ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner im Hinblick auf die konkret vorzunehmende Vollstreckungsmaßnahme Pflichtiger im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LVwVG war. |
|
| | Eine Durchsuchungsanordnung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann ausschließlich gegen den Pflichtigen, nicht aber gegen Dritte gerichtet werden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LVwVG mit § 6 Abs. 3 Satz 1 LVwVG. Letzterer sieht für Dritte lediglich eine Duldungspflicht im Falle eines Mitgewahrsams vor, wenn eine Durchsuchungsanordnung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG bereits ergangen ist, begründet aber keine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Durchsuchungsanordnung gegenüber einem Dritten (zum Ganzen bereits VG Karlsruhe, Beschluss vom 05.06.2019 - 1 K 1836/19 -, juris Ls. 1, Rn. 5, 23 f.). Dabei muss der Betroffene der aus dem konkret zu vollstreckenden Grundverwaltungsakt Verpflichtete sein. Wird gegen mehrere Personen gleichzeitig vollstreckt, genügt es nicht, dass ihm im Wege des Verwaltungsakts vergleichbare Pflichten auferlegt wurden wie den anderen Personen, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er selbst diesen Pflichten nicht nachgekommen ist. |
|
| | Letzteres ist hier der Fall. Zwar wurde auch dem hier beschwerdeführenden Antragsgegner (Ziff. 9) mit sofort vollziehbarer Verfügung des Landratsamts ... vom 24.06.2020 das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art untersagt und ihm für den Fall der Nichteinhaltung der unmittelbare Zwang in Form der Wegnahme der Tiere angedroht. Nach Aktenlage ist dem Senat jedoch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner gegen die sich aus dieser Verfügung ergebenden Pflichten verstoßen und daher Anlass bestanden hätte, den gegen ihn gerichteten Verwaltungsakt mit Hilfe der Durchsuchungsanordnung zu vollstrecken. Wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, wurde anlässlich einer Nachkontrolle auf dem Anwesen ... ... in ... ...-..., das in Teilen von den weiteren Antragsgegnern Ziff. 1 bis 8 des erstinstanzlichen Verfahrens und in anderen Teilen vom hier beschwerdeführenden Antragsgegner (Ziff. 9) genutzt wird und in dessen Eigentum steht, festgestellt, dass sich auf dem Anwesen weiterhin zahlreiche Katzen sowie mindestens ein Hund aufhielten. Die vor Ort angetroffene Antragsgegnerin Ziff. 1 des erstinstanzlichen Verfahrens (zugleich Beschwerdeführerin Ziff. 1 des Parallelverfahrens 6 S 4129/20) bestätigte, dass die Katzen und der Hund im von ihr und einem Teil der weiteren Antragsgegner Ziff. 1 bis 8 des erstinstanzlichen Verfahrens genutzten Wohnhaus des Anwesens gehalten würden. Danach bestand zwar Anlass zu der Annahme, dass die weiteren Antragsgegner des erstinstanzlichen Verfahrens gegen die ihnen gegenüber mit Verfügungen des Landratsamts ... vom 10.06.2020 angeordneten Tierhaltungs- und -betreuungsverbote verstießen und insoweit eine Vollstreckung der sofort vollziehbaren Verwaltungsakte geboten war. Dass auch der hier beschwerdeführende Antragsgegner, der sich seit Jahren mit den weiteren Antragsgegnern im Rechtsstreit befindet und der nicht mit diesen das Wohnhaus des Hofanwesens bewohnt, sondern nur einen Teil der landwirtschaftlichen Gebäude gemeinsam mit seiner Ehefrau nutzt, ebenfalls als Halter oder Betreuer der weiterhin vorhandenen Katzen oder des Hundes anzusehen war und er sich damit in Widerspruch zu dem ihm gegenüber angeordneten Tierhaltungs- und -betreuungsverbot vom 24.06.2020 begeben hätte, ist dem Senat nicht ersichtlich. |
|
| | Halter eines Tieres ist, wer die tatsächliche Bestimmungsmacht über das Tier in eigenem Interesse und nicht nur ganz vorübergehend ausübt (Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage 2016, § 2 Rn. 4). Dem Halter ist das Tier zeitlich und räumlich zuzuordnen und er wendet dafür in gewissem Umfang Einkommen oder Vermögen auf (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2020 - 2 S 3022/19 -, juris Rn. 19). Betreuer ist, wer es in einem rein tatsächlichen Sinn übernommen hat, für das Tier - generell oder nur in einzelnen Beziehungen - zu sorgen oder es zu beaufsichtigen (Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 2 Rn. 5). |
|
| | Während unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und des Senats im Rahmen der vorläufigen Rechtsschutzverfahren betreffend die gegen die Antragsgegner Ziff. 1 bis 8 mit Verfügungen vom 10.06.2020 angeordneten Tierhaltungs- und -betreuungsverbote (6 S 2199/20 bis 6 S 2206/20) Vieles für eine gemeinschaftliche Tierhaltung dieser Antragsgegner in der Vergangenheit sprach und auch in Bezug auf die nunmehr in Rede stehenden Tiere eine solche gemeinschaftliche Tierhaltung naheliegt, ist aus den nach Aktenlage bekannten Umständen nicht ersichtlich, dass auch der hier beschwerdeführende Antragsgegner an der gemeinschaftlichen Tierhaltung teilhat. Weder kann der Senat nach den aktenkundigen Feststellungen erkennen, dass er über die noch vorhandenen Katzen und den Hund Bestimmungsmacht ausübt, noch dass er für diese in gewissem Umfang Einkommen oder Vermögen aufwendet oder sonst für diese Tiere in eigenem Interesse Sorge trägt. Dass die von den Bewohnern des Wohnhauses, zu denen er selbst nicht gehört, weiterhin gehaltenen und teilweise wohl auch streunenden Katzen mitunter in den von ihm und seiner Ehefrau genutzten landwirtschaftlichen Gebäuden Unterschlupf suchen, führt allein nicht zu der Annahme, dass auch er als Halter oder Betreuer dieser Tiere anzusehen ist. |
|
| | Nach alledem diente die angegriffene Durchsuchungsanordnung des Verwaltungsgerichts zwar der Vollstreckung der gegenüber den Antragsgegnern Ziff. 1 bis 8 ergangenen Verwaltungsakte vom 10.06.2020, mangels Verstoßes jedoch nicht der Vollstreckung des den hier beschwerdeführenden Antragsgegner in die Pflicht nehmenden Tierhaltungs- und -betreuungsverbots vom 24.06.2020. Da er damit nicht als Pflichtiger des konkret zu vollstreckenden Verwaltungsakts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LVwVG anzusehen war, durfte ihm gegenüber eine Durchsuchungsanordnung nicht ergehen. |
|
| | 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es wird darauf hingewiesen, dass die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts im Übrigen mit Blick auf die von den weiteren Antragsgegnern zu tragenden 8/9 der Kosten (vgl. Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 6 S 4129/20) aufrechterhalten bleibt. |
|
| | Soweit der Antragsgegner überdies beantragt, die Hinzuziehung seiner Prozessbevollmächtigten für notwendig zu erklären, ist dieser Antrag nicht sachdienlich. Ein Fall des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO liegt nicht vor. Vielmehr sind die Gebühren und Auslagen einer Rechtsanwältin im Beschwerdeverfahren nach § 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO stets erstattungsfähig. |
|
| | Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da im Beschwerdeverfahren lediglich eine Festgebühr anfällt (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses gemäß Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). |
|
| |