Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 6 S 520/19

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2018 - 2 K 10256/17 - geändert.

Ziffer 5 der Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 23.05.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.10.2017, soweit er sich auf diese Ziffer bezieht, werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse.
Der im Jahr 1953 geborene Kläger ist diplomierter Maschinenbauingenieur und ehemaliger Berufssoldat der Bundeswehr. Während seines Studiums an der Hochschule der Bundeswehr belegte er die Vertiefungsfächer Waffentechnik, Schallortung, Munitionstechnik und Ballistik. Seine Diplomarbeit schrieb er zum Thema „Berechnung der Splitterballistik eines Geschosses oder Gefechtskopfes“. Er absolvierte bei der Bundeswehr den munitionstechnischen Lehrgang für Offiziere und nahm an zahlreichen waffentechnischen Weiterbildungsmaßnahmen teil.
Unter dem 29.08.1991 beantragte der Kläger die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Waffensachverständige. Zur Begründung führte er aus, er wolle als Sachverständiger für Waffen und Munition tätig werden und beabsichtige technische Gutachten über Konstruktion, Handhabung und Wirkungsweise von Waffen zu erstellen. Unter anderem sollten nach wissenschaftlichen Kriterien – je nach Auftrag – innen- und endballistische Leistungsdaten, zwischen- und außenballistische Verluste, spezielle mechanische Einflussfaktoren auf die Leistungsdaten der Waffen, qualitätsbeeinflussende Werkstoffdaten und ergonomische Konstruktionsprinzipien bewertet werden.
Am 23.01.1992 erteilte das seinerzeit örtlich zuständige Landratsamt ...X dem Kläger eine zunächst befristete Waffenbesitzkarte für Waffensachverständige (Nr. 62/92), die ihn berechtigte, Revolver mit fest arretierter und ausschwenkbarer Trommel, Pistolen mit starr und halbstarr verriegeltem Verschlusssystem sowie Langwaffen mit und ohne Repetiersystem zu erwerben und die tatsächliche Gewalt über diese auszuüben. Unter dem 20.04.1994 wurde die Waffenbesitzkarte für unbegrenzt gültig erklärt. Dem Kläger wurde aufgegeben, den Erwerb und die Rückgabe jeder Schusswaffe in die Waffenbesitzkarte einzutragen und mindestens einmal jährlich eine Aufstellung über den Bestand an Schusswaffen vorzulegen.
In die (rote) Waffenbesitzkarte Nr. 62/92 sind aktuell 14 Waffen eingetragen. Der Kläger ist überdies Inhaber zweier Waffenbesitzkarten nach § 59 WaffG a.F. (Nr. 696/76-1 und Nr. 705/76-2) mit sieben bzw. zwei eingetragenen Waffen, einer Waffenbesitzkarte als Sportschütze (Nr. 134/80) mit einer eingetragenen Waffe sowie zweier weiterer Waffenbesitzkarten als Erbe (Nr. 17464/06-A und Nr. 17464/06-B) mit jeweils acht eingetragenen Waffen. Unter dem 18.11.2003 wurde ihm überdies ein Munitionserwerbsschein (Nr. 1/03) erteilt, der ihn zum Erwerb von Munition jeder Art berechtigt.
Mit Schreiben vom 18.06.2010 forderte das durch einen Umzug des Klägers zuständig gewordene Polizeipräsidium ... ihn auf, das Fortbestehen seines waffenrechtlichen Bedürfnisses als Sachverständiger zu belegen. Als Nachweis für seine gutachterliche Tätigkeit lägen lediglich zwei Gutachten aus dem Jahr 1992 vor. Zudem stellte das Polizeipräsidium fest, dass der Kläger teilweise seit über 18 Jahren die tatsächliche Gewalt über die (seinerzeit) 15 auf der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen ausübe und forderte ihn zur Stellungnahme dazu auf.
Am 28.06.2010 sprach der Kläger persönlich beim Polizeipräsidium vor und erklärte, er begutachte Waffen gelegentlich für Freunde und Familienangehörige, habe dies jedoch nie schriftlich fixiert, da er sich nicht darüber bewusst gewesen sei, sein Bedürfnis für die waffenrechtliche Erlaubnis auch nach deren Erteilung nachweisen zu müssen. Auch dienstlich habe er immer wieder Waffen und Waffenteile sowie Munition und Sprengstoff zu begutachten. Darüber hinaus habe er nur einige wenige schriftliche Gutachten erstellt. Das Polizeipräsidium setzte daraufhin das Widerrufsverfahren für ein Jahr aus, um dem Kläger Gelegenheit zu gegeben, seine Tätigkeit als Sachverständiger innerhalb dieser Zeitspanne nachzuweisen.
In der Folge reichte der Kläger insgesamt drei schriftliche Gutachten mit Datum vom 30.01.1995, 02.05.1996 und 11.01.2008 zu den Akten. Anlässlich einer weiteren persönlichen Vorsprache am 16.08.2011 gab er an, er arbeite aktuell an einem Gutachten für die ...X über wissenschaftliche Vergleiche von Schusswaffen und deren ballistische Wirkung sowie Merkmale in Bezug auf die jüngst registrierten Amokläufe in Deutschland und dem westlichen Ausland. Zudem erklärte er, dass es ihm aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit bei der Bundeswehr zeitlich momentan nicht möglich sei, weitere Begutachtungen vorzunehmen. Im Jahr 2013 werde er jedoch in den Ruhestand treten und sich dann verstärkt der Begutachtung und Untersuchung von Waffen widmen. Vor diesem Hintergrund verständigte sich der Kläger mit dem Polizeipräsidium darauf, diesem zumindest ein umfassendes Gutachten pro Jahr vorzulegen.
Mit Schreiben vom 07.09.2012 forderte das Polizeipräsidium ...X den Kläger erneut dazu auf, sein waffenrechtliches Bedürfnis nachzuweisen.Schusswaffen, die im Rahmen einer Tätigkeit als Sachverständiger erworben bzw. in Besitz genommen würden, würden üblicherweise nach deren Begutachtung wieder an den Auftraggeber überlassen, so dass es bei Waffensachverständigen normalerweise zu einer Fluktuation des Waffenbestandes komme und damit nicht – wie im Fall des Klägers – zu einer Anhäufung von Waffen. Vor diesem Hintergrund werde nochmals gebeten darzulegen, inwiefern es erforderlich sei, für die Tätigkeit als Waffensachverständiger die tatsächliche Gewalt über 15 Schusswaffen auszuüben, zumal sich die Waffen zum Teil aus waffentechnischer Sicht sehr ähnelten.
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Der Kläger reichte daraufhin zwei weitere Gutachten aus dem Jahr 2011 sowie den Entwurf einer Ausarbeitung zum „Risikomanagement: Munitionstechnische Sicherheit/Schießsicherheit in der Bundeswehr“ zu den Akten. Mit Schreiben vom 06.10.2012 führte er aus, er sei bei seiner gutachterlichen Tätigkeit darauf angewiesen, die zu begutachtenden Waffen im Hinblick auf verschiedene Unterscheidungsmerkmale mit den Waffen aus seinem festen Waffenbestand vergleichen zu können. Nur in Korrelation mit anderen Waffen sei es ihm möglich, Rückschlüsse auf den Ausgangszustand der zu begutachtenden Waffe sowie eine Bewertung des tatsächlichen Ist-Zustands vorzunehmen.
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Mit Schreiben vom 07.11.2012 teilte das Polizeipräsidium dem Kläger schließlich mit, dass das waffenrechtliche Bedürfnis weiterhin als gegeben angesehen werde und daher weitere Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgten. Man werde erneut auf den Kläger zukommen, soweit in Zukunft keine Tätigkeit als Sachverständiger mehr festgestellt werde.
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Nach seinem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamts ...XX wurde der Kläger erneut anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 30.10.2014 zum Fortbestehen seines Bedürfnisses angehört. Dabei erklärte er, er habe seit 2011 keine Gutachten mehr erstellt, da er sich nach seinem Umzug erst wieder einen Kundenstamm aufbauen müsse. Er verständigte sich mit dem Landratsamt darauf, bis Ende 2015 seine gutachterliche Tätigkeit unaufgefordert nachzuweisen. Das Landratsamt wies darauf hin, dass insoweit nicht genüge, Expertisen für Kaufempfehlungen abzugeben oder den Wert einer Waffe festzustellen, und dass das Bedürfnis nur bei Vorliegen eines technischen oder wissenschaftlichen Zwecks anerkannt werde.
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Am 03.11.2015 legte der Kläger dem Landratsamt ein Gutachten über die Begutachtung einer Sportpistole, datiert auf den 08.09.2015, vor.
14 
Mit Schreiben vom 10.03.2016 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, es beabsichtige aufgrund des Wegfalls des waffenrechtlichen Bedürfnisses die Waffenbesitzkarte Nr. 62/92 sowie den Munitionserwerbsschein zu widerrufen. Das vorgelegte Gutachten sei weder für wissenschaftliche noch für technische Zwecke erstellt worden und genüge daher nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 1 WaffG. Die auf der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen und die Munition werde nicht im Sinne dieser Vorschrift benötigt. Die vom Kläger erstellten Gutachten seien aus rein wirtschaftlichen Gründen erstellt worden. Es sei dabei lediglich um die Beschreibung der Waffe, die Feststellung ihres Zustands und ihres Werts und die Ermittlung technischer Daten gegangen oder auch darum, eine Kaufempfehlung abzugeben. Für diese Tätigkeit sei keine Waffenbesitzkarte für Waffensachverständige zum Vorhalten einer Referenzsammlung erforderlich. Für keine der eingetragenen Schusswaffen oder zumindest für ein gleiches Modell sei ein Gutachten erstellt worden. Zum Teil ähnelten sich die eingetragenen Schusswaffen auch sehr.
15 
Der Kläger trat dem entgegen und legte ein weiteres Gutachten vom 03.02.2016 vor. Er trug vor, seine Gutachten dienten einem „ähnlichen Zweck“ im Sinne des § 18 Abs. 1 WaffG.
16 
Mit Verfügung vom 23.05.2016 widerrief das Landratsamt ...XXX die vom Landratsamt ...XXX erteilte Waffenbesitzkarte für Waffensachverständige Nr. 62/92 sowie den vom Polizeipräsidium ... erteilten Munitionserwerbsschein Nr. 1/03 (Ziffer 1) und forderte den Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes (Ziffer 5) dazu auf, die bezeichneten Erlaubnisse unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 10.06.2016, zusammen mit eventuell vorhandenen Zweitfertigungen, Mehrfertigungen oder beglaubigten Fotokopien an das Landratsamt zurückzugeben (Ziffer 2) und die in der Waffenbesitzkarte eingetragenen 14 Schusswaffen sowie sämtliche sich in seinem Besitz befindliche Munition bis spätestens 24.06.2016 an berechtigte Personen zu überlassen  oder sie dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen (Ziffer 3) und dies dem Landratsamt nachzuweisen; andernfalls würden die Waffen und die Munition sichergestellt, eingezogen und verwertet oder vernichtet (Ziffer 4). Der Widerruf beruhe auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Überprüfung des Fortbestehens des waffenrechtlichen Bedürfnisses nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG habe gezeigt, dass ein Bedürfnis im Sinne von § 8, § 18 Abs. 1 WaffG nicht mehr vorliege. Zentral für die Anerkennung des Fortbestehens des Bedürfnisses sei, dass die Waffen bzw. Munition für wissenschaftliche oder technische Zwecke benötigt würden. Die einzelnen vom Gesetzgeber genannten Varianten „zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder zu einem ähnlichen Zweck“ stellten keine weiteren Zweckalternativen dar, sondern hätten als Beispielsvarianten stets wissenschaftlichen oder technischen Zwecken zu dienen. Die eingetragenen Schusswaffen des Klägers würden nicht für diese Zwecke benötigt. Er erstelle die Gutachten aus rein wirtschaftlichen Gründen. Hierfür seien eine Waffenbesitzkarte und das Vorhalten einer Referenzsammlung nicht erforderlich. Aus den vorgelegten Expertisen gingen keinerlei Vergleiche zwischen der jeweils zu bewertenden Waffe und einer Waffe aus dem Bestand des Klägers als Vergleichsstück hervor. Der Zweck des langen Besitzzeitraums der eingetragenen Schusswaffen sei nicht erkennbar.
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Hiergegen erhob der Kläger am 10.06.2016 Widerspruch, mit dem er darauf hinwies, dass diesem aufschiebende Wirkung zukomme, da der gesetzliche Sofortvollzug nur in Fällen des § 45 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG gelte. Zur Begründung seines Widerspruchs verwies er auf die von ihm vorgelegten Gutachten und trug vor, diese seien jedenfalls zu einem in § 18 Abs. 1 WaffG genannten „ähnlichen Zweck“ erstellt worden. Die Tätigkeit von Schusswaffensachverständigen lasse sich nicht katalogisieren und auch nicht ausschließlich auf wissenschaftliche oder technische Zwecke eingrenzen. Die Gutachten könnten nicht ohne waffenrechtliche Erlaubnisse erstellt werden. Die gesetzlichen Regelungen legitimierten das Vorhalten einer Referenzsammlung. Sachverständige schrieben nicht nur Gutachten, sondern hielten auch Vorträge, führten Seminare durch oder seien anderweitig tätig.
18 
Mit Schreiben vom 15.06.2016 bestätigte das Landratsamt, dass Zwangsmaßnahmen erst nach Bestandskraft der Entscheidung eingeleitet würden.
19 
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2017 – zugestellt am 25.10.2017 – wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück. Es führte aus, die vom Kläger vorgelegten Gutachten fielen nicht unter den Anwendungsbereich des § 18 WaffG. Selbst wenn man die in § 18 Abs. 1 WaffG genannten Kriterien der Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder den ähnlichen Zweck unabhängig von einer wissenschaftlichen oder technischen Zielsetzung betrachtete, seien hierunter allenfalls Fälle zu verstehen, in denen dem Sachverständigen etwa von der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder einem Strafgericht eine Tatwaffe zur Untersuchung und Begutachtung übergeben werde oder von einem Sachverständigen festgestellt werden solle, ob eine in einem Betrieb hergestellte Schusswaffe den gesetzlichen Anforderungen voraussichtlich genüge, oder im Falle eines Inhabers von Waffenlaboratorien. Nur dann könne unter Umständen auch das Vorhalten einer Referenzsammlung zulässig sein. Beim Kläger sei dies indes nicht der Fall.
20 
Am 23.11.2017 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt sowie zwei weitere Gutachten vom 25.11.2017 und vom 21.11.2018 vorgelegt. Er hat zudem geltend gemacht, dass er ohne die widerrufenen Erlaubnisse nicht in der Lage sei, die Gutachten zu erstellen, da er die zu prüfenden Waffen in den Besitz nehmen müsse. Das Gesetz legitimiere auch das Vorhalten einer Referenzsammlung.
21 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat im Wesentlichen die Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid wiederholt und vertieft.
22 
Mit Urteil vom 12.12.2018 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der auf § 45 Abs. 2 WaffG beruhende Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Es zweifele nicht daran, dass der Kläger die notwendige Sachkunde besitze. Er habe jedoch nicht das erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition nachgewiesen. Offenbleiben könne, ob ein waffenrechtliches Bedürfnis nach § 18 Abs. 1 WaffG nur bei solchen Personen anzuerkennen sei, die als Sachverständige nach § 36 GewO von der zuständigen Stelle zu öffentlichen Waffen- und Munitionssachverständigen bestellt worden seien. Ebenso bedürfe keiner Entscheidung, ob sich das Bedürfnis stets aus einer wissenschaftlichen oder technischen Zweckverfolgung herleiten müsse und ob die Gutachten des Klägers, die jeweils auf die Bestimmung des Verkehrswerts einer Waffe gerichtet seien, einer solchen Zweckverfolgung dienten. Denn ein waffenrechtliches Bedürfnis nach § 18 WaffG sei von vorneherein nur dann anzuerkennen, wenn der Sachverständigentätigkeit mit einer gewissen Regelmäßigkeit nachgegangen werde. Dies ergebe sich im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik und des Zwecks des Waffengesetzes. Auch für andere in § 8 Nr. 1 WaffG genannte Nutzergruppen – namentlich für Sportschützen und Jäger – gelte, dass diese die das Bedürfnis begründende Tätigkeit tatsächlich und regelmäßig ausüben müssten. Im Sinne einer wertungsmäßigen Kohärenz des Waffengesetzes dürften für Waffen- und Munitionssachverständige keine geringeren Anforderungen gelten, zumal deren Berechtigung zum Waffenumgang die des Sportschützen bzw. Jägers für gewöhnlich erheblich überschreite. Ein entsprechender gesetzgeberischer Wille lasse sich ferner § 18 Abs. 2 Satz 3 WaffG entnehmen. Schließlich folge das Erfordernis aus der effektiven Gewährleistung des dem Waffenrecht als zentrales Element zugrundeliegenden und in § 8 WaffG verankerten Bedürfnisprinzips, nach dem eine Erlaubnis zum Umgang mit Waffen und Munition nur bei Vorliegen eines besonders anzuerkennenden triftigen Grundes erteilt werde. Ein Interesse zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition zu den in § 18 WaffG genannten Zwecken sei nur dann gegeben, wenn der Sachverständige die Zwecke tatsächlich fördere, indem er seiner Tätigkeit regelmäßig nachgehe. Nur dann sei das Interesse des Sachverständigen hinreichend gewichtig und damit gegenüber dem öffentlichen Sicherheitsinteresse besonders anzuerkennen. Zudem könne nur dann davon gesprochen werden, dass er die Waffen in seiner Eigenschaft als Sachverständiger „benötige“. Welche Anforderungen an das Erfordernis der Regelmäßigkeit konkret zu stellen seien, sei dabei stets anhand des Einzelfalls unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesamtumstände zu beurteilen. Im Gesamtzusammenhang betrachtet müsse der Tätigkeit jedoch ein erhebliches Gewicht zukommen. Ein Bedürfnis sei nicht nachgewiesen, wenn der Erlaubnisinhaber – wie hier – über einen Zeitraum von 25 Jahren (1992 bis 2017) hinweg lediglich zehn schriftliche Gutachten vorgelegt habe, die allesamt einen außergewöhnlich umfangreichen Bearbeitungsaufwand nicht erkennen ließen. Auch wenn man davon ausgehe, dass der Kläger in dem Zeitraum weitere zehn mündliche Expertisen erstellt habe, rechtfertige dies keine abweichende Beurteilung. Der beim Kläger vorherrschende Zustand gleiche eher dem einer Waffensammlung im Sinne des § 17 WaffG.
23 
Gegen das am 28.01.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.02.2019 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese am 28.03.2019 begründet. Er trägt im Wesentlichen vor: Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Tätigkeit des Sachverständigen ein erhebliches Gewicht zukommen müsse, werde von der gesetzlichen Formulierung nicht gedeckt. Die in § 18 Abs. 1 WaffG angegebene Möglichkeit der Erprobung, Begutachtung, Untersuchung und des ähnlichen Zwecks sei nicht näher definiert. Das Verwaltungsgericht sei offensichtlich der Ansicht, dass auch die weiteren Beispielsvarianten neben dem wissenschaftlichen oder technischen Zweck keine eigenen Zweckalternativen darstellten. Zu klären sei, welchen Umfang die Sachverständigentätigkeit aufgrund welcher Variante des § 18 Abs. 1 WaffG haben müsse. Die Ausgestaltung des waffenrechtlichen Bedürfnisses sei sehr unterschiedlich. Für Sachverständige mache das Gesetz keine Vorgaben, wie viele Gutachten pro Jahr zu erstellen seien. Auch die Art und Qualität der Gutachten sei nicht vorgeschrieben. Eine Begutachtung zum Zwecke der Beschreibung und Wertermittlung reiche aus, da es entscheidend auf den jeweiligen Einzelzustand der Waffe ankomme und auch hierfür spezielle Kenntnisse vorhanden sein müssten. Nach der Kommentarliteratur fielen unter den Begriff des Sachverständigen auch solche Personen, die feststellten, ob eine in einem Betrieb hergestellte Schusswaffe den gesetzlichen Anforderungen voraussichtlich genüge, sowie Inhaber von entsprechenden Waffenlaboratorien. Auch deren Tätigkeiten dienten nicht wissenschaftlichen oder technischen Zwecken. Ihnen werde die Waffe aber zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder für ähnliche Zwecke überlassen. Dass derartige Zwecke nur sporadisch ausgeübt werden könnten und sich jeweils nach der Auftragslage richteten, schließe es aus, die Sachverständigentätigkeit qualitativ oder mengenmäßig einzugrenzen. Das Polizeipräsidium ... habe ihm im Jahr 2011 mitgeteilt, dass er lediglich ein umfassendes Gutachten pro Jahr vorzulegen habe. Darauf habe er sich verlassen. In den Jahren 2019 und 2020 habe es weitere Begutachtungen gegeben, die nicht dokumentiert worden seien. Zwei weitere Aufträge aus dem Jahr 2020 seien pandemiebedingt noch offen und eine weitere Anfrage ebenso. Die Darstellung des Ist-Zustands einer Waffe setze unabdingbare umfangreiche technische Bewertungsprozesse voraus. Die Klassifizierung einer Waffe sei ohne entsprechenden technischen Sachverstand nicht möglich. Erst wenn ein gutachterlich ermittelter Ist-Zustand definiert sei und somit eine grundlegende Aussage zu Sicherheit, Zustand und Funktionsweise getroffen werden könne, könne anschließend eine Wertermittlung erfolgen. Eine Gewinnerzielungsabsicht stehe für ihn nicht im Vordergrund; gleichwohl könne ihm ein wirtschaftliches Interesse an der Tätigkeit nicht abgesprochen werden. Er sei regelmäßig als Gutachter tätig und wolle dies auch künftig sein. Darüber hinaus habe er im Juli und August 2019 für einen Schützenverein eine mehrstündige theoretische Erstunterweisung zu den Themenbereichen Schießsicherheit, Waffentechnik und Munitionstechnik durchgeführt.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2018 - 2 K 10256/17 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 23.05.2016 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.10.2017 aufzuheben.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt vor: Bereits dem Wortlaut des Gesetzestextes, der die Alternativen „wissenschaftliche oder technische Zwecke“ mit dem Wort „für“ einleite und nicht als Aufzählung mit einem Komma, sondern als zwei mögliche Varianten mit einem „oder“ trenne, sei der   Sinngehalt der Norm eindeutig zu entnehmen. Es bedürfe daher keiner weiteren Auslegung. Auch in den Nrn. 18.1.1, 18.1.2 und 18.2 WaffVwV würden nur die beiden Zweckbestimmungen „für wissenschaftliche oder technische Zwecke“ definiert. Aus dem Wortlaut des früheren § 28 WaffG sei abzuleiten, dass die dort in Abs. 2 genannten Tätigkeitsalternativen „zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder für ähnliche Zwecke“ in der späteren Gesetzesänderung durch die Zweckbestimmungen „wissenschaftlich oder technisch“ näher konkretisiert worden seien. Der Kläger trage selbst vor, dass die von ihm in der Vergangenheit erstellten Wertgutachten, die insbesondere im Hinblick auf beabsichtigte Weiterveräußerungen der jeweiligen Waffen erstellt worden seien, nicht solchen Zwecken gedient hätten. Er beschreibe in seinen Gutachten zwar Funktionsweise und Zustand der ihm vorgelegten Waffe. Das allein sei für eine Anerkennung des Bedürfnisses nach § 8, § 18 WaffG jedoch nicht ausreichend. Die Prüfung des Bedürfnisses sei zentrales Element des Waffenrechts mit strikt limitierender Wirkung. Der Kläger selbst schließe ein wirtschaftliches Interesse an seiner Sachverständigentätigkeit aus. Darüber hinaus spreche die geringe Anzahl der in der Vergangenheit erstellten schriftlichen Gutachten nicht für eine regelmäßige Tätigkeit, sondern eher für eine Betätigung im Rahmen eines sporadischen Hobbys, was den Anforderungen an das waffenrechtliche Bedürfnis in keiner Weise Rechnung trage. Zudem stammten die Aufträge allesamt aus dem Bekanntenkreis des Klägers sowie seinem regionalen Umfeld. In Anbetracht der dem Waffensachverständigen zugebilligten Erleichterungen im Hinblick auf die Gültigkeitsdauer der Waffenbesitzkarte, die Eintragungsfristen sowie die Anzahl und Art der Waffen müsse an die Betätigung eine gewisse Quantität und Qualität geknüpft werden. Nur so könne dem Grundsatz des Waffenrechts, an das Bedürfnis hohe Anforderungen zu stellen, um so wenig wie möglich Waffen und Munition „unters Volk zu bringen“, Rechnung getragen werden. Ein persönliches Interesse, welches gegenüber der öffentlichen Sicherheit und Ordnung besonders anzuerkennen sei, sei nicht ersichtlich.
29 
Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat der Kläger ein weiteres von ihm erstelltes Gutachten vom 16.12.2019 vorgelegt.
30 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
31 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts ... und des Regierungspräsidiums Freiburg (jeweils ein Heft) und die Akte des Verwaltungsgerichts Freiburg (2 K 10256/17) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32 
1. Der Senat entscheidet über die Berufung im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
33 
2. Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch überwiegend unbegründet.
34 
Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers überwiegend zu Recht abgewiesen. Soweit dem Kläger in Ziffer 5 der Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 23.05.2016 ein Zwangsgeld in Höhe von 250,-- EUR für den Fall angedroht wurde, dass er die Anordnung nach Ziffer 2 der Verfügung nicht fristgerecht erfüllt, sind die Verfügung und insoweit der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.10.2017 rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Verfügung jedoch rechtlich nicht zu beanstanden.
35 
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle des Widerrufs einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 6 C 24.06 -, NVwZ 2007, 1201 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.10.2018 - 1 S 1726/17 -, VBlBW 2019, 189 ), hier der Erlass des Widerspruchsbescheids im Oktober 2017. Auf diesen Zeitpunkt ist nicht nur in Fällen der weggefallenen Zuverlässigkeit oder Eignung des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis abzustellen, sondern auch wenn der Widerruf einer Erlaubnis – wie hier – auf dem Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses beruht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021 - 6 S 1481/18 -, juris Rn. 29 f. m.w.N.).
36 
b) Rechtsgrundlage für den in Ziffer 1 der angegriffenen Verfügung erfolgten Widerruf der Waffenbesitzkarte Nr. 62/92 für Waffensachverständige (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 WaffG) und des Munitionserwerbsscheins Nr. 1/03 (§ 10 Abs. 3 Satz 2 WaffG) ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Nach dieser Vorschrift ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den nachträglich eintretenden Tatsachen, die zur Versagung hätten führen müssen, gehört auch der Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021, a.a.O. Rn. 31; OVG NRW, Beschluss vom 21.03.2019   - 4 A 2355/17.Z -, ESVGH 69, 179 ; OVG Berlin, Urteil vom 14.10.1998 - 1 B 67.95 -, NVwZ-RR 2000, 431). Ob in diesem Sinne nachträglich eingetretene Tatsachen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis gebieten, richtet sich – auch im Falle des Wegfalls des Bedürfnisses – nach dem zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung geltenden Waffenrecht und nicht nach dem im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis geltenden Recht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2017 -1 S 1587/16 -, n.v., m.w.N.).
37 
Diese Widerrufsvoraussetzungen lagen im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vor. Es sind nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung der waffenrechtlichen Erlaubnisse hätten führen müssen, da das für die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 8 WaffG notwendige Bedürfnis des Klägers für den durch die Waffenbesitzkarte und den Munitionserwerbsschein ermöglichten Erwerb und Besitz von Waffen und Munition entfallen ist.
38 
Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG voraus, dass der Antragsteller ein Bedürfnis nachgewiesen hat. Der Nachweis eines solchen Bedürfnisses ist gemäß § 8 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, unter anderem auch als Waffen- oder Munitionssachverständiger (Nr. 1) und die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck (Nr. 2) glaubhaft gemacht sind. Dem waffenrechtlichen Bedürfnisbegriff liegt eine Abwägung zwischen dem jeweiligen persönlichen Interesse des (künftigen) Waffenbesitzers und dem öffentlichen Interesse daran zugrunde, dass möglichst wenige Waffen „ins Volk“ kommen. Dabei ist es die Intention des Gesetzgebers, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (BVerwG, Urteil vom 27.11.1997 - 1 C 16.97 -, NVwZ-RR 1998, 234 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021, a.a.O. Rn. 33; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 01.04.2003 - 1 BvR 539/03 -, NVwZ 2003, 855 ).
39 
Diese Interessenabwägung hat der Gesetzgeber für Waffen- und Munitionssachverständige dahingehend konkretisiert, dass gemäß § 18 Abs. 1 WaffG ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen oder Munition bei Personen anerkannt wird, die glaubhaft machen, dass sie Schusswaffen oder Munition für wissenschaftliche oder technische Zwecke, zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder zu einem ähnlichen Zweck (Waffen-, Munitionssachverständige) benötigen. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 WaffG wird die Erlaubnis zum Erwerb von Schusswaffen oder Munition in der Regel für Schusswaffen oder Munition jeder Art (Nr. 1) und unbefristet (Nr. 2) erteilt. Sie kann mit der Auflage verbunden werden, der Behörde in bestimmten Zeitabständen eine Aufstellung über den Bestand an Schusswaffen vorzulegen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 WaffG). Nach § 18 Abs. 2 Satz 3 WaffG (in der hier noch anwendbaren, bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26.03.2008, BGBl. I S. 426; im Folgenden: a.F.) findet auf den Inhaber einer Waffenbesitzkarte für Schusswaffen jeder Art im Fall des Erwerbs einer Schusswaffe § 10 Abs. 1a WaffG a.F., der eine grundsätzliche Anzeigepflicht des Erwerbs binnen zwei Wochen normiert hat, keine Anwendung, wenn der Besitz nicht länger als drei Monate ausgeübt wird (vgl. die seit dem 01.09.2020 geltenden entsprechenden Vorschriften in § 37a Satz 1 Nr. 2, § 37e Abs. 4 Nr. 2 WaffG n.F. in der Fassung des Gesetzes vom 17.02.2020, BGBl. I S. 166).
40 
Das nach diesen Regelungen zu beurteilende Bedürfnis eines Waffen- oder Munitionssachverständigen ist nicht nur im Zeitpunkt des Erwerbs einer Waffe konkret nachzuweisen, sondern muss auch während der gesamten Dauer des Waffenbesitzes bestehen (zum Fortbestehen des Bedürfnisses bei Sportschützen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021, a.a.O. Rn. 35; vgl. auch HessVGH, Beschluss vom 21.03.2019 - 4 A 2355/17.Z -, ESVGH 69, 179 ; Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 28). Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 WaffG a.F. (in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 17.07.2009, BGBl. I S. 2062) hat daher die zuständige Behörde drei Jahre nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis das Fortbestehen des Bedürfnisses zu prüfen. Sind – wie hier – diese drei Jahre verstrichen, kann die Behörde auch nach Ablauf dieses Zeitraums das Fortbestehen des Bedürfnisses prüfen (§ 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F.).
41 
aa) Die Voraussetzungen für eine Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. lagen hier vor. Mit dieser Vorschrift wurde der Waffenbehörde das Ermessen eingeräumt, auch nach der Regelüberprüfung nach drei Jahren, das Fortbestehen des Bedürfnisses zu überprüfen (BT-Drucks. 16/13423 S. 70). Dieses Ermessen wurde durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Waffengesetz vom 05.03.2012 (WaffVwV, BAnz Beilage 2012, Nr. 47a) dahingehend konkretisiert, dass die Überprüfung nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. anlassbezogen erfolgt, d.h. wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der Waffenbesitzer kein Bedürfnis mehr hat (vgl. Nr. 4.4 Abs. 2 WaffVwV).
42 
Dies zugrunde gelegt, hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses durch das Landratsamt auf einer ermessensgerechten Anwendung des § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. beruht. Für die Überprüfung bestand im Fall des Klägers Anlass. Bereits vor seinem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamts ... bestanden nicht unerhebliche Zweifel des zuvor zuständigen Polizeipräsidiums ... am weiteren Vorliegen einer hinreichenden Sachverständigentätigkeit des Klägers und des daraus folgenden waffenrechtlichen Bedürfnisses. Seinerzeit hatte der Kläger angekündigt, sich ab seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2013 verstärkt der Begutachtung und Untersuchung von Waffen widmen zu wollen. Bis dahin hielt es das Polizeipräsidium für akzeptabel, dass der Kläger zumindest ein umfassendes Gutachten pro Jahr vorlegen wollte. Dem kam der Kläger ausweislich der Verwaltungsakte im Jahr 2012 nach ausdrücklicher Aufforderung zwar nach. Da in der Folgezeit – nach Umzug des Klägers und Eintritt in den Ruhestand – weitere Sachverständigentätigkeiten jedoch zunächst nicht aktenkundig wurden, bestand für das nunmehr zuständige Landratsamt ... hinreichender Anlass, das Fortbestehen des Bedürfnisses erneut zu überprüfen.
43 
bb) Der Kläger hat sein nach den dargelegten Maßstäben zu beurteilendes Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht glaubhaft gemacht.
44 
Zwar kann der Senat nicht erkennen, dass das waffenrechtliche Bedürfnis für eine Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 WaffG, wie teilweise vertreten wird (vgl. BayVGH, Urteil vom 23.06.2008 - 21 BV 07.585 -, BayVBl 2009, 372 ; VG Arnsberg, Urteil vom 07.12.2009 - 14 K 3254/08 -, juris Rn. 21), nur bei solchen Personen anzuerkennen wäre, die nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO öffentlich zu Sachverständigen bestellt worden sind. Dem Bedürfnisprinzip kommt nach dem Waffengesetz eine zentrale Bedeutung zu, um die Zahl der Waffen in der Bevölkerung möglichst gering zu halten und die von ihnen ausgehenden Gefahren einzudämmen (vgl. BT-Drucks. 14/7758 S. 56 f.). Zudem wird man im Falle eines Waffen- und Munitionssachverständigen besondere Anforderungen an dessen Sachkunde und Qualifikation stellen können, um die weitreichende Waffenerwerbs- und Besitzbefugnisse nach § 18 Abs. 2 WaffG zu rechtfertigen. Gleichwohl sind weder dem Wortlaut des § 18 WaffG noch den zugrundeliegenden Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 14/7758 S. 65) Anhaltspunkte für eine solche Beschränkung des § 18 Abs. 1 WaffG auf öffentlich bestellte Sachverständige zu entnehmen (so auch Adolph, in: Hinze/u.a., Waffenrecht, Stand: April 2021, § 18 WaffG Rn. 8; Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 2112). Auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz geht in ihrer Nr. 18.2 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich davon aus, dass eine öffentlich-rechtliche Bestellung und Vereidigung durch eine Handwerkskammer zur Anerkennung eines Bedürfnisses als Waffen- oder Munitionssachverständiger nicht erforderlich ist.
45 
Offenbleiben kann die von den Beteiligten aufgeworfene und höchstrichterlich bisher nicht geklärte Frage, ob das Bedürfnis bei Waffen- und Munitionssachverständigen stets einen wissenschaftlichen oder technischen Zweck der Tätigkeit des Sachverständigen voraussetzt und die weiteren in § 18 Abs. 1 WaffG aufgeführten Begriffe „zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder zu einem ähnlichen Zweck“ nicht Alternativen, sondern Varianten der stets erforderlichen wissenschaftlichen oder technischen Zielsetzung darstellen (so BayVGH, Urteil vom 23.06.2008, a.a.O. Rn. 25 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 07.12.2009, a.a.O. Rn. 23; Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 18 Rn. 6; Bushart, in Apel/Bushart, Waffenrecht, 3. Aufl. 2004, § 18 Rn. 1) oder ob es sich bei der Erprobung, Begutachtung, Untersuchung und dem ähnlichen Zweck um selbständige Zweckalternativen handelt, die losgelöst von der wissenschaftlichen oder technischen Zielsetzung das waffenrechtliche Bedürfnis begründen können (so etwa Adolph, in: Hinze/u.a., Waffenrecht, Stand: April 2021, § 18 WaffG Rn. 6 und 10). Ebenso bedarf hier keiner Entscheidung, ob ein wissenschaftlicher oder technischer Zweck der Sachverständigentätigkeit auch dann anzuerkennen ist, wenn sie sich – wie hier – im Wesentlichen in der Erstellung von Verkehrswertgutachten erschöpft.
46 
Denn wie das Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass der Tätigkeit des Klägers als Waffen- bzw. Munitionssachverständiger jedenfalls nicht das vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gewicht zukommt, um ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition gemäß § 8, § 18 Abs. 1 WaffG zu begründen. Bereits dies rechtfertigt den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers.
47 
(1) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend und im Einzelnen überzeugend dargelegt, dass das waffenrechtliche Bedürfnis von Waffen- oder Munitionssachverständigen für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen oder Munition gemäß § 8, § 18 Abs. 1 WaffG voraussetzt, dass der Tätigkeit ein nicht nur unerhebliches Gewicht zukommt und ihr mit einer gewissen Regelmäßigkeit nachgegangen wird.
48 
Zwar enthält § 18 WaffG – anders als es etwa § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 WaffG a.F. bzw. § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 WaffG n.F. für den Nachweis des waffenrechtlichen Bedürfnisses von Sportschützen vorsieht – keine ausdrücklichen Vorgaben an den zeitlichen oder sachlichen Mindestumfang der Tätigkeit als Waffen- oder Munitionssachverständiger für die Anerkennung eines waffenrechtlichen Bedürfnisses. Jedoch ist der gesetzgeberische Wille, dass nicht jede zeitlich untergeordnete oder sachlich unerhebliche Sachverständigentätigkeit ein waffenrechtliches Bedürfnis begründen kann, deutlich erkennbar.
49 
Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei dem in § 8 WaffG verankerten und für Sachverständige in § 18 WaffG konkretisierten Bedürfnisprinzip um ein zentrales Element des deutschen Waffenrechts. Danach ist eine Erlaubnis zum Umgang mit Waffen oder Munition nur bei Vorliegen eines besonders anzuerkennenden triftigen Grundes zu erteilen (BT-Drucks. 14/7758 S. 56). Dementsprechend sieht § 8 WaffG als Grundnorm vor, dass ein gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennendes persönliches oder wirtschaftliches Interesse vorliegen muss. Dabei sind die in § 8 Nr. 1 WaffG beispielhaft aufgeführten und in den §§ 13 ff. WaffG konkretisierten Tätigkeiten nicht nur durch rein private Interessen geprägt, sondern weisen – jedenfalls weit überwiegend – Bezüge zu objektiven Interessen der Allgemeinheit auf. Diese rechtfertigen die abstrakte waffenrechtliche Privilegierung, auch wenn die jeweilige Tätigkeit der Allgemeinheit nicht unmittelbar und konkret greifbar von Nutzen sein muss (vgl. zu § 32 Abs. 1 WaffG in der bis zum 31.03.2003 geltenden Fassung vom 08.03.1976 BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 9.02 -, NVwZ-RR 2003, 432 ). Der Grund für die waffenrechtliche Privilegierung entfällt jedoch, wenn der Betreffende nicht (mehr) willens oder in der Lage ist, die privilegierte Tätigkeit auszuüben und die damit verbundenen Ziele ernsthaft zu verfolgen (vgl. zum Fall einer Sammler-Waffenbesitzkarte BVerwG, Urteil vom 10.10.2002, a.a.O. Rn. 12).
50 
Daraus folgt, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dass ein gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennendes persönliches oder wirtschaftliches Interesse zum Erwerb und Besitz von Waffen oder Munition im Falle eines Waffen- oder Munitionssachverständigen nur dann vorliegt, wenn der Sachverständige die in § 18 Abs. 1 WaffG konkretisierten Zwecke auch tatsächlich fördert, indem er der Tätigkeit regelmäßig nachgeht und ihr damit ein nicht nur unerhebliches Gewicht verleiht (in diese Richtung auch OVG Bln-Bbg, Beschlüsse vom 07.01.2010 - OVG 11 N 60.07 -, juris Rn. 18 und vom 12.05.2020 - OVG 11 N 65.17 -, juris Rn. 19). Denn nur dann rechtfertigen die persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen die mit dem Waffenerwerb bzw. -besitz für die Allgemeinheit einhergehenden Gefahren. Ebenso kann nur unter diesen Voraussetzungen angenommen werden, dass die Waffen bzw. Munition im Sinne des § 8 Nr. 2 WaffG für den (beantragten) Zweck „erforderlich“ sind bzw. im Sinne des § 18 Abs. 1 WaffG für wissenschaftliche oder technische Zwecke, zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder zu einem ähnlichen Zweck „benötigt“ werden.
51 
Auch ein Blick auf § 18 Abs. 2 WaffG bestätigt dieses Ergebnis. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 WaffG wird den Waffen- oder Munitionssachverständigen die Erlaubnis zum Erwerb von Schusswaffen oder Munition in der Regel für Schusswaffen oder Munition jeder Art und unbefristet erteilt. Gerade im Vergleich zu anderen Tätigkeiten, die ein gesetzlich konkretisiertes waffenrechtliches Bedürfnis begründen, reicht der Erlaubnisumfang bei Waffen- und Munitionssachverständigen in der Regel sehr weit. Der Gesetzgeber verknüpft damit ersichtlich die Erwartung, dass der Sachverständigentätigkeit auch ernsthaft nachgegangen wird. Dies zeigt sich auch an § 18 Abs. 2 Satz 2 WaffG, nach dem die Erlaubnis mit der Auflage verbunden werden kann, der Behörde in bestimmten Zeitabständen eine Aufstellung über den Bestand an Schusswaffen vorzulegen, sowie § 18 Abs. 2 Satz 3 WaffG a.F. in Verbindung mit § 10 Abs. 1a WaffG a.F. (heute: § 37a Satz 1 Nr. 2, § 37e Abs. 4 Nr. 2 WaffG n.F.), wonach die sonst geltende Pflicht zur Anzeige des Erwerbs einer Waffe binnen zwei Wochen keine Anwendung findet, wenn der Besitz nicht länger als drei Monate ausgeübt wird. Diese Regelungen verdeutlichen die gesetzgeberische Vorstellung, dass es bei Sachverständigen typischerweise zu einem relativ hohen Waffenumlauf kommt, der eine regelmäßige Ausübung der Sachverständigentätigkeit bedingt.
52 
Schließlich zeigt auch der Regelungszusammenhang mit § 17 WaffG, der das waffenrechtliche Bedürfnis von Waffen- und Munitionssammlern konkretisiert, dass der Sachverständigentätigkeit eine gewisse Regelmäßigkeit zukommen muss, um ein Bedürfnis nach § 18 Abs. 1 WaffG zu begründen. Der Gesetzgeber wollte mit § 18 WaffG bewusst eine eigenständige Regelung für Waffen- und Munitionssachverständige schaffen, um diese Personengruppe auch normativ von den Waffen- und Munitionssammlern zu unterscheiden (BT-Drucks. 14/7758 S. 65). Wird die Sachverständigentätigkeit dagegen nicht mit gewissem Gewicht verfolgt, gleicht eine vorgehaltene Ansammlung von Waffen oder Munition eher einer Sammlung und müsste sich daher an § 17 Abs. 1 WaffG messen lassen.
53 
(2) Dies zugrunde gelegt, erfüllte der Kläger im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids die Voraussetzungen für ein Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses als Waffen- oder Munitionssachverständiger nicht.
54 
Die Beurteilung, ob der Sachverständigentätigkeit ein ausreichendes Gewicht zukommt und sie hinreichend regelmäßig betrieben wird, folgt keinen festen Grenzen, sondern erfordert eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Einzustellen sind hierbei insbesondere Art und Umfang der Sachverständigentätigkeit, der hierfür erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Tätigkeit und allgemein die Häufigkeit ihrer Wahrnehmung.
55 
Die nachgewiesene Tätigkeit des Klägers beschränkte sich bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids im Wesentlichen auf die Erstellung von 6- bis 13-seitigen bebilderten Gutachten für Privatpersonen, in denen Art, Zustand und Funktionsweise jeweils einer Waffe beschrieben wurden und schließlich ein Istwert festgestellt wurde. Hiervon befinden sich für den Zeitraum von 1992 bis 2017 acht Stück bei den Verwaltungsakten. Hinzu kommt ein 13-seitiges Gutachten aus dem Jahr 2011 über eine für die ... erstellte Recherche verschiedener Pistolenmodelle sowie eine 20-seitige Expertise zum „Risikomanagement: Munitionstechnische Sicherheit/Schießsicherheit in der Bundeswehr“ aus dem Jahr 2012, bei der jedoch nicht deutlich wird, ob der Kläger diese im Rahmen seines Dienstes als Bundeswehrsoldat erstellt hat oder ob es sich hierbei um eine private Sachverständigentätigkeit handelte. Unabhängig davon genügen diese gutachterlichen Leistungen in der Gesamtschau nicht den dargelegten Anforderungen an eine hinreichend gewichtige und regelmäßige Sachverständigentätigkeit.
56 
Über einen Zeitraum von 25 Jahren hinweg (1992 bis 2017) hat der Kläger die Erstellung von maximal zehn schriftlichen Gutachten nachgewiesen, von denen keines einen außergewöhnlich umfangreichen Bearbeitungsaufwand oder eine besondere Schwierigkeit erkennen lässt. Auch die vom Kläger auf Nachfragen des Senats beschriebenen typischen Abläufe bei der Begutachtung und der von ihm angegebene typische Zeitaufwand lassen nicht auf eine intensivere Inanspruchnahme des Klägers schließen. Die Aufträge ergeben sich nach Angaben des Klägers im Wesentlichen aus dem erweiterten Bekanntenkreis. Die Vergütung decke lediglich die Kosten der eigenen Aufwendungen ab. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, im genannten Zeitraum etwa zehn weitere (mündliche) Expertisen erstellt zu haben, hat er dies weder in geeigneter Form glaubhaft gemacht, noch ändert dies etwas an dem Gesamtbild seiner Sachverständigentätigkeit. Diese erweist sich in der Gesamtbetrachtung als allenfalls punktuell und weder als regelmäßig noch auf sonstige Art hinreichend gewichtig.
57 
Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass das seinerzeit zuständige Polizeipräsidium ... ihm im Jahr 2011 eingeräumt habe, lediglich ein Gutachten pro Jahr vorlegen zu müssen, kann er daraus für die vorliegende Berufung nichts ableiten. Die „Zusage“ des Polizeipräsidiums, dass ein Gutachten jährlich als ausreichend angesehen werde, erfolgte unter der Prämisse, dass der Kläger seinerzeit stark beruflich eingespannt war und ihm zum damaligen Zeitpunkt (angeblich) die Zeit fehlte, sich der Gutachtertätigkeit intensiv zu widmen. Zudem hatte der Kläger in Aussicht gestellt, dass sich dies innerhalb von zwei Jahre mit seinem Eintritt in den Ruhestand ändern werde und er sich sodann wieder verstärkt der Begutachtung und Untersuchung von Waffen widmen wolle. Lediglich vor diesem Hintergrund erklärte das Polizeipräsidium ... unter analoger Anwendung des § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG die Anerkennung des fortbestehenden Bedürfnisses bei Vorlage eines jährlichen Gutachtens. Dass dies dauerhaft als ausreichend angesehen werden würde, durfte der Kläger daraus gerade nicht schlussfolgern. Unabhängig davon kann der Senat auch nicht erkennen, dass der Kläger seit 2011 tatsächlich jedes Jahr ein Gutachten vorgelegt hätte. Namentlich aus den Jahren 2013 und 2014 finden sich bei den Verwaltungsakten keine entsprechenden Nachweise.
58 
Ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme, vermittelt überdies die aus den Verwaltungsakten ersichtliche Historie der Überprüfung des waffenrechtlichen Bedürfnisses des Klägers den Eindruck, dass die Gutachten gerade zu dem Zweck erstellt und vorgelegt werden, um das waffenrechtliche Bedürfnis zu belegen. Dies verkehrt die gesetzliche Bedürfnisprüfung ins Gegenteil. § 18 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass die Waffen bzw. Munition für die Sachverständigentätigkeit benötigt werden und nicht andersherum, dass die Sachverständigentätigkeit den Erwerb und Besitz von Waffen und Munition bezweckt.
59 
Der weitere Vortrag des Klägers, eine Sachverständigentätigkeit bestehe nicht nur aus der Erstellung von Gutachten, sondern könne auch die Abhaltung von Seminaren oder das Halten von Vorträgen umfassen, verhilft seiner Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn es ist bereits nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass er bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids einer solchen anderweitigen Tätigkeit nachgegangen wäre. Soweit er im Rahmen des Berufungsverfahrens nunmehr von mehrstündigen theoretischen Erstunterweisungen in einem Schützenverein berichtet, die er im Juli und August 2019 durchgeführt habe, liegt dies nach dem genannten maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage und führt bereits deshalb zu keiner anderen Entscheidung. Entsprechendes gilt für die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten weiteren Gutachten. Diesbezüglich weist der Senat jedoch darauf hin, dass auch diese keine ausreichend gewichtige und regelmäßige Sachverständigentätigkeit nach den dargelegten Maßstäben erkennen lassen.
60 
c) Die in Ziffer 2 der Verfügung vom 23.05.2016 enthaltene Aufforderung, die Waffenbesitzkarte und den Munitionserwerbsschein zusammen mit evtl. vorhandenen Zweitfertigungen, Mehrfertigungen oder beglaubigten Fotokopien an das Landratsamt zurückzugeben, beruht auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die aus § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG folgende und in Ziffer 3 der Verfügung konkretisierte Verpflichtung, die in die Waffenbesitzkarte eingetragenen und im Einzelnen aufgeführten Waffen sowie sämtliche sich im Besitz des Klägers befindliche Munition einem oder mehreren Berechtigten zu überlassen oder die Waffen dauerhaft unbrauchbar zu machen. Mit Ziffer 4 der Verfügung wurde der Kläger auf die aus § 46  Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 WaffG folgenden weitergehenden Befugnisse der Waffenbehörde für den Fall hingewiesen, dass er den vorstehenden Verpflichtungen nicht nachkommt. Auch dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
61 
d) Hingegen erweist sich Ziffer 5 der angegriffenen Verfügung, mit der dem Kläger für den Fall, dass er die Anordnung nach Ziffer 2 nicht fristgerecht erfüllt, ein Zwangsgeld in Höhe von 250,-- EUR angedroht wurde, als rechtswidrig.
62 
Bei der Androhung eines Zwangsmittels nach § 20 LVwVG handelt es sich um einen eigenständigen Verwaltungsakt im Rahmen der Zwangsvollstreckung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.2021 - 6 C 6.20 -, NVwZ-RR 2021, 705 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.09.2021 - 6 S 124/19 -, juris Rn. 52; Troidl, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG VwZG, 12. Aufl. 2021, § 13 VwVG Rn. 1b). Sie setzt – wie auch die spätere Anwendung des Zwangsmittels – voraus, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 2 LVwVG vorliegen, namentlich dass der zu vollstreckende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist (Nr. 1) oder die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt (Nr. 2). Daran fehlt es hier.
63 
Der zu vollstreckende Verwaltungsakt ist ersichtlich noch nicht unanfechtbar geworden, da er Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Die Androhung erfolgte hier auch nicht ausdrücklich unter Anknüpfung an die Bestandskraft des zu vollstreckenden Grundverwaltungsakts. Vielmehr wurde das Zwangsgeld bereits für den Fall angedroht, dass die Anordnung nach Ziffer 2 der Verfügung „nicht fristgerecht“ erfüllt wird. Damit wurde ersichtlich auf die in Ziffer 2 der Verfügung enthaltene Frist „unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 10. Juni 2016“ Bezug genommen. Jedoch liegt auch kein Fall vor, in dem im Sinne des § 2 Nr. 2 LVwVG die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt. Denn weder hat das Landratsamt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet, noch liegt ein Fall des gesetzlichen Sofortvollzugs vor. Gemäß § 45 Abs. 5 WaffG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf einer Erlaubnis nach § 45 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 WaffG lediglich dann keine aufschiebende Wirkung, wenn die Erlaubnis wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, namentlich bei fehlender Zuverlässigkeit oder persönlicher Eignung, zurückgenommen oder widerrufen wird. Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr beruht der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers ausschließlich auf einem Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 8, § 18 WaffG.
64 
Die rechtswidrige Androhung des Zwangsmittels verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auf den Hinweis des Klägers, dass seinem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukomme (vgl. Schreiben vom 10.06.2016), hat das Landratsamt Ortenaukreis zwar mit Schreiben vom 15.06.2016 bestätigt, dass Zwangsmaßnahmen erst nach Bestandskraft der Entscheidung eingeleitet würden. Eine förmliche Abänderung der mangels Vollziehbarkeit rechtwidrigen Androhung des Zwangsgelds in Ziffer 5 der Verfügung vom 23.05.2016 ist jedoch bislang nicht erfolgt.
65 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
66 
4. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde. Der Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses eines Waffensachverständigen im Sinne der § 8, § 18 Abs.1 WaffG auszugehen ist, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.
67 
Beschluss
vom 21. Oktober 2021
68 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 16.250,-- EUR festgesetzt.
69 
Die Festsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 50.2 und Nr. 50.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom heutigen Tag über die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts (6 S 420/19) verwiesen.
70 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

32 
1. Der Senat entscheidet über die Berufung im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
33 
2. Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch überwiegend unbegründet.
34 
Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers überwiegend zu Recht abgewiesen. Soweit dem Kläger in Ziffer 5 der Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 23.05.2016 ein Zwangsgeld in Höhe von 250,-- EUR für den Fall angedroht wurde, dass er die Anordnung nach Ziffer 2 der Verfügung nicht fristgerecht erfüllt, sind die Verfügung und insoweit der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.10.2017 rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Verfügung jedoch rechtlich nicht zu beanstanden.
35 
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle des Widerrufs einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 6 C 24.06 -, NVwZ 2007, 1201 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.10.2018 - 1 S 1726/17 -, VBlBW 2019, 189 ), hier der Erlass des Widerspruchsbescheids im Oktober 2017. Auf diesen Zeitpunkt ist nicht nur in Fällen der weggefallenen Zuverlässigkeit oder Eignung des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis abzustellen, sondern auch wenn der Widerruf einer Erlaubnis – wie hier – auf dem Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses beruht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021 - 6 S 1481/18 -, juris Rn. 29 f. m.w.N.).
36 
b) Rechtsgrundlage für den in Ziffer 1 der angegriffenen Verfügung erfolgten Widerruf der Waffenbesitzkarte Nr. 62/92 für Waffensachverständige (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 WaffG) und des Munitionserwerbsscheins Nr. 1/03 (§ 10 Abs. 3 Satz 2 WaffG) ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Nach dieser Vorschrift ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den nachträglich eintretenden Tatsachen, die zur Versagung hätten führen müssen, gehört auch der Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021, a.a.O. Rn. 31; OVG NRW, Beschluss vom 21.03.2019   - 4 A 2355/17.Z -, ESVGH 69, 179 ; OVG Berlin, Urteil vom 14.10.1998 - 1 B 67.95 -, NVwZ-RR 2000, 431). Ob in diesem Sinne nachträglich eingetretene Tatsachen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis gebieten, richtet sich – auch im Falle des Wegfalls des Bedürfnisses – nach dem zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung geltenden Waffenrecht und nicht nach dem im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis geltenden Recht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2017 -1 S 1587/16 -, n.v., m.w.N.).
37 
Diese Widerrufsvoraussetzungen lagen im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vor. Es sind nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung der waffenrechtlichen Erlaubnisse hätten führen müssen, da das für die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 8 WaffG notwendige Bedürfnis des Klägers für den durch die Waffenbesitzkarte und den Munitionserwerbsschein ermöglichten Erwerb und Besitz von Waffen und Munition entfallen ist.
38 
Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG voraus, dass der Antragsteller ein Bedürfnis nachgewiesen hat. Der Nachweis eines solchen Bedürfnisses ist gemäß § 8 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, unter anderem auch als Waffen- oder Munitionssachverständiger (Nr. 1) und die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck (Nr. 2) glaubhaft gemacht sind. Dem waffenrechtlichen Bedürfnisbegriff liegt eine Abwägung zwischen dem jeweiligen persönlichen Interesse des (künftigen) Waffenbesitzers und dem öffentlichen Interesse daran zugrunde, dass möglichst wenige Waffen „ins Volk“ kommen. Dabei ist es die Intention des Gesetzgebers, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (BVerwG, Urteil vom 27.11.1997 - 1 C 16.97 -, NVwZ-RR 1998, 234 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021, a.a.O. Rn. 33; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 01.04.2003 - 1 BvR 539/03 -, NVwZ 2003, 855 ).
39 
Diese Interessenabwägung hat der Gesetzgeber für Waffen- und Munitionssachverständige dahingehend konkretisiert, dass gemäß § 18 Abs. 1 WaffG ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen oder Munition bei Personen anerkannt wird, die glaubhaft machen, dass sie Schusswaffen oder Munition für wissenschaftliche oder technische Zwecke, zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder zu einem ähnlichen Zweck (Waffen-, Munitionssachverständige) benötigen. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 WaffG wird die Erlaubnis zum Erwerb von Schusswaffen oder Munition in der Regel für Schusswaffen oder Munition jeder Art (Nr. 1) und unbefristet (Nr. 2) erteilt. Sie kann mit der Auflage verbunden werden, der Behörde in bestimmten Zeitabständen eine Aufstellung über den Bestand an Schusswaffen vorzulegen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 WaffG). Nach § 18 Abs. 2 Satz 3 WaffG (in der hier noch anwendbaren, bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26.03.2008, BGBl. I S. 426; im Folgenden: a.F.) findet auf den Inhaber einer Waffenbesitzkarte für Schusswaffen jeder Art im Fall des Erwerbs einer Schusswaffe § 10 Abs. 1a WaffG a.F., der eine grundsätzliche Anzeigepflicht des Erwerbs binnen zwei Wochen normiert hat, keine Anwendung, wenn der Besitz nicht länger als drei Monate ausgeübt wird (vgl. die seit dem 01.09.2020 geltenden entsprechenden Vorschriften in § 37a Satz 1 Nr. 2, § 37e Abs. 4 Nr. 2 WaffG n.F. in der Fassung des Gesetzes vom 17.02.2020, BGBl. I S. 166).
40 
Das nach diesen Regelungen zu beurteilende Bedürfnis eines Waffen- oder Munitionssachverständigen ist nicht nur im Zeitpunkt des Erwerbs einer Waffe konkret nachzuweisen, sondern muss auch während der gesamten Dauer des Waffenbesitzes bestehen (zum Fortbestehen des Bedürfnisses bei Sportschützen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.06.2021, a.a.O. Rn. 35; vgl. auch HessVGH, Beschluss vom 21.03.2019 - 4 A 2355/17.Z -, ESVGH 69, 179 ; Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 28). Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 WaffG a.F. (in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 17.07.2009, BGBl. I S. 2062) hat daher die zuständige Behörde drei Jahre nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis das Fortbestehen des Bedürfnisses zu prüfen. Sind – wie hier – diese drei Jahre verstrichen, kann die Behörde auch nach Ablauf dieses Zeitraums das Fortbestehen des Bedürfnisses prüfen (§ 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F.).
41 
aa) Die Voraussetzungen für eine Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. lagen hier vor. Mit dieser Vorschrift wurde der Waffenbehörde das Ermessen eingeräumt, auch nach der Regelüberprüfung nach drei Jahren, das Fortbestehen des Bedürfnisses zu überprüfen (BT-Drucks. 16/13423 S. 70). Dieses Ermessen wurde durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Waffengesetz vom 05.03.2012 (WaffVwV, BAnz Beilage 2012, Nr. 47a) dahingehend konkretisiert, dass die Überprüfung nach § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. anlassbezogen erfolgt, d.h. wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der Waffenbesitzer kein Bedürfnis mehr hat (vgl. Nr. 4.4 Abs. 2 WaffVwV).
42 
Dies zugrunde gelegt, hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses durch das Landratsamt auf einer ermessensgerechten Anwendung des § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG a.F. beruht. Für die Überprüfung bestand im Fall des Klägers Anlass. Bereits vor seinem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamts ... bestanden nicht unerhebliche Zweifel des zuvor zuständigen Polizeipräsidiums ... am weiteren Vorliegen einer hinreichenden Sachverständigentätigkeit des Klägers und des daraus folgenden waffenrechtlichen Bedürfnisses. Seinerzeit hatte der Kläger angekündigt, sich ab seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2013 verstärkt der Begutachtung und Untersuchung von Waffen widmen zu wollen. Bis dahin hielt es das Polizeipräsidium für akzeptabel, dass der Kläger zumindest ein umfassendes Gutachten pro Jahr vorlegen wollte. Dem kam der Kläger ausweislich der Verwaltungsakte im Jahr 2012 nach ausdrücklicher Aufforderung zwar nach. Da in der Folgezeit – nach Umzug des Klägers und Eintritt in den Ruhestand – weitere Sachverständigentätigkeiten jedoch zunächst nicht aktenkundig wurden, bestand für das nunmehr zuständige Landratsamt ... hinreichender Anlass, das Fortbestehen des Bedürfnisses erneut zu überprüfen.
43 
bb) Der Kläger hat sein nach den dargelegten Maßstäben zu beurteilendes Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht glaubhaft gemacht.
44 
Zwar kann der Senat nicht erkennen, dass das waffenrechtliche Bedürfnis für eine Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 WaffG, wie teilweise vertreten wird (vgl. BayVGH, Urteil vom 23.06.2008 - 21 BV 07.585 -, BayVBl 2009, 372 ; VG Arnsberg, Urteil vom 07.12.2009 - 14 K 3254/08 -, juris Rn. 21), nur bei solchen Personen anzuerkennen wäre, die nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO öffentlich zu Sachverständigen bestellt worden sind. Dem Bedürfnisprinzip kommt nach dem Waffengesetz eine zentrale Bedeutung zu, um die Zahl der Waffen in der Bevölkerung möglichst gering zu halten und die von ihnen ausgehenden Gefahren einzudämmen (vgl. BT-Drucks. 14/7758 S. 56 f.). Zudem wird man im Falle eines Waffen- und Munitionssachverständigen besondere Anforderungen an dessen Sachkunde und Qualifikation stellen können, um die weitreichende Waffenerwerbs- und Besitzbefugnisse nach § 18 Abs. 2 WaffG zu rechtfertigen. Gleichwohl sind weder dem Wortlaut des § 18 WaffG noch den zugrundeliegenden Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 14/7758 S. 65) Anhaltspunkte für eine solche Beschränkung des § 18 Abs. 1 WaffG auf öffentlich bestellte Sachverständige zu entnehmen (so auch Adolph, in: Hinze/u.a., Waffenrecht, Stand: April 2021, § 18 WaffG Rn. 8; Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 2112). Auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz geht in ihrer Nr. 18.2 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich davon aus, dass eine öffentlich-rechtliche Bestellung und Vereidigung durch eine Handwerkskammer zur Anerkennung eines Bedürfnisses als Waffen- oder Munitionssachverständiger nicht erforderlich ist.
45 
Offenbleiben kann die von den Beteiligten aufgeworfene und höchstrichterlich bisher nicht geklärte Frage, ob das Bedürfnis bei Waffen- und Munitionssachverständigen stets einen wissenschaftlichen oder technischen Zweck der Tätigkeit des Sachverständigen voraussetzt und die weiteren in § 18 Abs. 1 WaffG aufgeführten Begriffe „zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder zu einem ähnlichen Zweck“ nicht Alternativen, sondern Varianten der stets erforderlichen wissenschaftlichen oder technischen Zielsetzung darstellen (so BayVGH, Urteil vom 23.06.2008, a.a.O. Rn. 25 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 07.12.2009, a.a.O. Rn. 23; Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 18 Rn. 6; Bushart, in Apel/Bushart, Waffenrecht, 3. Aufl. 2004, § 18 Rn. 1) oder ob es sich bei der Erprobung, Begutachtung, Untersuchung und dem ähnlichen Zweck um selbständige Zweckalternativen handelt, die losgelöst von der wissenschaftlichen oder technischen Zielsetzung das waffenrechtliche Bedürfnis begründen können (so etwa Adolph, in: Hinze/u.a., Waffenrecht, Stand: April 2021, § 18 WaffG Rn. 6 und 10). Ebenso bedarf hier keiner Entscheidung, ob ein wissenschaftlicher oder technischer Zweck der Sachverständigentätigkeit auch dann anzuerkennen ist, wenn sie sich – wie hier – im Wesentlichen in der Erstellung von Verkehrswertgutachten erschöpft.
46 
Denn wie das Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass der Tätigkeit des Klägers als Waffen- bzw. Munitionssachverständiger jedenfalls nicht das vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gewicht zukommt, um ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition gemäß § 8, § 18 Abs. 1 WaffG zu begründen. Bereits dies rechtfertigt den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers.
47 
(1) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend und im Einzelnen überzeugend dargelegt, dass das waffenrechtliche Bedürfnis von Waffen- oder Munitionssachverständigen für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen oder Munition gemäß § 8, § 18 Abs. 1 WaffG voraussetzt, dass der Tätigkeit ein nicht nur unerhebliches Gewicht zukommt und ihr mit einer gewissen Regelmäßigkeit nachgegangen wird.
48 
Zwar enthält § 18 WaffG – anders als es etwa § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 WaffG a.F. bzw. § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 WaffG n.F. für den Nachweis des waffenrechtlichen Bedürfnisses von Sportschützen vorsieht – keine ausdrücklichen Vorgaben an den zeitlichen oder sachlichen Mindestumfang der Tätigkeit als Waffen- oder Munitionssachverständiger für die Anerkennung eines waffenrechtlichen Bedürfnisses. Jedoch ist der gesetzgeberische Wille, dass nicht jede zeitlich untergeordnete oder sachlich unerhebliche Sachverständigentätigkeit ein waffenrechtliches Bedürfnis begründen kann, deutlich erkennbar.
49 
Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei dem in § 8 WaffG verankerten und für Sachverständige in § 18 WaffG konkretisierten Bedürfnisprinzip um ein zentrales Element des deutschen Waffenrechts. Danach ist eine Erlaubnis zum Umgang mit Waffen oder Munition nur bei Vorliegen eines besonders anzuerkennenden triftigen Grundes zu erteilen (BT-Drucks. 14/7758 S. 56). Dementsprechend sieht § 8 WaffG als Grundnorm vor, dass ein gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennendes persönliches oder wirtschaftliches Interesse vorliegen muss. Dabei sind die in § 8 Nr. 1 WaffG beispielhaft aufgeführten und in den §§ 13 ff. WaffG konkretisierten Tätigkeiten nicht nur durch rein private Interessen geprägt, sondern weisen – jedenfalls weit überwiegend – Bezüge zu objektiven Interessen der Allgemeinheit auf. Diese rechtfertigen die abstrakte waffenrechtliche Privilegierung, auch wenn die jeweilige Tätigkeit der Allgemeinheit nicht unmittelbar und konkret greifbar von Nutzen sein muss (vgl. zu § 32 Abs. 1 WaffG in der bis zum 31.03.2003 geltenden Fassung vom 08.03.1976 BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 9.02 -, NVwZ-RR 2003, 432 ). Der Grund für die waffenrechtliche Privilegierung entfällt jedoch, wenn der Betreffende nicht (mehr) willens oder in der Lage ist, die privilegierte Tätigkeit auszuüben und die damit verbundenen Ziele ernsthaft zu verfolgen (vgl. zum Fall einer Sammler-Waffenbesitzkarte BVerwG, Urteil vom 10.10.2002, a.a.O. Rn. 12).
50 
Daraus folgt, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dass ein gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennendes persönliches oder wirtschaftliches Interesse zum Erwerb und Besitz von Waffen oder Munition im Falle eines Waffen- oder Munitionssachverständigen nur dann vorliegt, wenn der Sachverständige die in § 18 Abs. 1 WaffG konkretisierten Zwecke auch tatsächlich fördert, indem er der Tätigkeit regelmäßig nachgeht und ihr damit ein nicht nur unerhebliches Gewicht verleiht (in diese Richtung auch OVG Bln-Bbg, Beschlüsse vom 07.01.2010 - OVG 11 N 60.07 -, juris Rn. 18 und vom 12.05.2020 - OVG 11 N 65.17 -, juris Rn. 19). Denn nur dann rechtfertigen die persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen die mit dem Waffenerwerb bzw. -besitz für die Allgemeinheit einhergehenden Gefahren. Ebenso kann nur unter diesen Voraussetzungen angenommen werden, dass die Waffen bzw. Munition im Sinne des § 8 Nr. 2 WaffG für den (beantragten) Zweck „erforderlich“ sind bzw. im Sinne des § 18 Abs. 1 WaffG für wissenschaftliche oder technische Zwecke, zur Erprobung, Begutachtung, Untersuchung oder zu einem ähnlichen Zweck „benötigt“ werden.
51 
Auch ein Blick auf § 18 Abs. 2 WaffG bestätigt dieses Ergebnis. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 WaffG wird den Waffen- oder Munitionssachverständigen die Erlaubnis zum Erwerb von Schusswaffen oder Munition in der Regel für Schusswaffen oder Munition jeder Art und unbefristet erteilt. Gerade im Vergleich zu anderen Tätigkeiten, die ein gesetzlich konkretisiertes waffenrechtliches Bedürfnis begründen, reicht der Erlaubnisumfang bei Waffen- und Munitionssachverständigen in der Regel sehr weit. Der Gesetzgeber verknüpft damit ersichtlich die Erwartung, dass der Sachverständigentätigkeit auch ernsthaft nachgegangen wird. Dies zeigt sich auch an § 18 Abs. 2 Satz 2 WaffG, nach dem die Erlaubnis mit der Auflage verbunden werden kann, der Behörde in bestimmten Zeitabständen eine Aufstellung über den Bestand an Schusswaffen vorzulegen, sowie § 18 Abs. 2 Satz 3 WaffG a.F. in Verbindung mit § 10 Abs. 1a WaffG a.F. (heute: § 37a Satz 1 Nr. 2, § 37e Abs. 4 Nr. 2 WaffG n.F.), wonach die sonst geltende Pflicht zur Anzeige des Erwerbs einer Waffe binnen zwei Wochen keine Anwendung findet, wenn der Besitz nicht länger als drei Monate ausgeübt wird. Diese Regelungen verdeutlichen die gesetzgeberische Vorstellung, dass es bei Sachverständigen typischerweise zu einem relativ hohen Waffenumlauf kommt, der eine regelmäßige Ausübung der Sachverständigentätigkeit bedingt.
52 
Schließlich zeigt auch der Regelungszusammenhang mit § 17 WaffG, der das waffenrechtliche Bedürfnis von Waffen- und Munitionssammlern konkretisiert, dass der Sachverständigentätigkeit eine gewisse Regelmäßigkeit zukommen muss, um ein Bedürfnis nach § 18 Abs. 1 WaffG zu begründen. Der Gesetzgeber wollte mit § 18 WaffG bewusst eine eigenständige Regelung für Waffen- und Munitionssachverständige schaffen, um diese Personengruppe auch normativ von den Waffen- und Munitionssammlern zu unterscheiden (BT-Drucks. 14/7758 S. 65). Wird die Sachverständigentätigkeit dagegen nicht mit gewissem Gewicht verfolgt, gleicht eine vorgehaltene Ansammlung von Waffen oder Munition eher einer Sammlung und müsste sich daher an § 17 Abs. 1 WaffG messen lassen.
53 
(2) Dies zugrunde gelegt, erfüllte der Kläger im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids die Voraussetzungen für ein Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses als Waffen- oder Munitionssachverständiger nicht.
54 
Die Beurteilung, ob der Sachverständigentätigkeit ein ausreichendes Gewicht zukommt und sie hinreichend regelmäßig betrieben wird, folgt keinen festen Grenzen, sondern erfordert eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Einzustellen sind hierbei insbesondere Art und Umfang der Sachverständigentätigkeit, der hierfür erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Tätigkeit und allgemein die Häufigkeit ihrer Wahrnehmung.
55 
Die nachgewiesene Tätigkeit des Klägers beschränkte sich bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids im Wesentlichen auf die Erstellung von 6- bis 13-seitigen bebilderten Gutachten für Privatpersonen, in denen Art, Zustand und Funktionsweise jeweils einer Waffe beschrieben wurden und schließlich ein Istwert festgestellt wurde. Hiervon befinden sich für den Zeitraum von 1992 bis 2017 acht Stück bei den Verwaltungsakten. Hinzu kommt ein 13-seitiges Gutachten aus dem Jahr 2011 über eine für die ... erstellte Recherche verschiedener Pistolenmodelle sowie eine 20-seitige Expertise zum „Risikomanagement: Munitionstechnische Sicherheit/Schießsicherheit in der Bundeswehr“ aus dem Jahr 2012, bei der jedoch nicht deutlich wird, ob der Kläger diese im Rahmen seines Dienstes als Bundeswehrsoldat erstellt hat oder ob es sich hierbei um eine private Sachverständigentätigkeit handelte. Unabhängig davon genügen diese gutachterlichen Leistungen in der Gesamtschau nicht den dargelegten Anforderungen an eine hinreichend gewichtige und regelmäßige Sachverständigentätigkeit.
56 
Über einen Zeitraum von 25 Jahren hinweg (1992 bis 2017) hat der Kläger die Erstellung von maximal zehn schriftlichen Gutachten nachgewiesen, von denen keines einen außergewöhnlich umfangreichen Bearbeitungsaufwand oder eine besondere Schwierigkeit erkennen lässt. Auch die vom Kläger auf Nachfragen des Senats beschriebenen typischen Abläufe bei der Begutachtung und der von ihm angegebene typische Zeitaufwand lassen nicht auf eine intensivere Inanspruchnahme des Klägers schließen. Die Aufträge ergeben sich nach Angaben des Klägers im Wesentlichen aus dem erweiterten Bekanntenkreis. Die Vergütung decke lediglich die Kosten der eigenen Aufwendungen ab. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, im genannten Zeitraum etwa zehn weitere (mündliche) Expertisen erstellt zu haben, hat er dies weder in geeigneter Form glaubhaft gemacht, noch ändert dies etwas an dem Gesamtbild seiner Sachverständigentätigkeit. Diese erweist sich in der Gesamtbetrachtung als allenfalls punktuell und weder als regelmäßig noch auf sonstige Art hinreichend gewichtig.
57 
Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass das seinerzeit zuständige Polizeipräsidium ... ihm im Jahr 2011 eingeräumt habe, lediglich ein Gutachten pro Jahr vorlegen zu müssen, kann er daraus für die vorliegende Berufung nichts ableiten. Die „Zusage“ des Polizeipräsidiums, dass ein Gutachten jährlich als ausreichend angesehen werde, erfolgte unter der Prämisse, dass der Kläger seinerzeit stark beruflich eingespannt war und ihm zum damaligen Zeitpunkt (angeblich) die Zeit fehlte, sich der Gutachtertätigkeit intensiv zu widmen. Zudem hatte der Kläger in Aussicht gestellt, dass sich dies innerhalb von zwei Jahre mit seinem Eintritt in den Ruhestand ändern werde und er sich sodann wieder verstärkt der Begutachtung und Untersuchung von Waffen widmen wolle. Lediglich vor diesem Hintergrund erklärte das Polizeipräsidium ... unter analoger Anwendung des § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG die Anerkennung des fortbestehenden Bedürfnisses bei Vorlage eines jährlichen Gutachtens. Dass dies dauerhaft als ausreichend angesehen werden würde, durfte der Kläger daraus gerade nicht schlussfolgern. Unabhängig davon kann der Senat auch nicht erkennen, dass der Kläger seit 2011 tatsächlich jedes Jahr ein Gutachten vorgelegt hätte. Namentlich aus den Jahren 2013 und 2014 finden sich bei den Verwaltungsakten keine entsprechenden Nachweise.
58 
Ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme, vermittelt überdies die aus den Verwaltungsakten ersichtliche Historie der Überprüfung des waffenrechtlichen Bedürfnisses des Klägers den Eindruck, dass die Gutachten gerade zu dem Zweck erstellt und vorgelegt werden, um das waffenrechtliche Bedürfnis zu belegen. Dies verkehrt die gesetzliche Bedürfnisprüfung ins Gegenteil. § 18 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass die Waffen bzw. Munition für die Sachverständigentätigkeit benötigt werden und nicht andersherum, dass die Sachverständigentätigkeit den Erwerb und Besitz von Waffen und Munition bezweckt.
59 
Der weitere Vortrag des Klägers, eine Sachverständigentätigkeit bestehe nicht nur aus der Erstellung von Gutachten, sondern könne auch die Abhaltung von Seminaren oder das Halten von Vorträgen umfassen, verhilft seiner Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn es ist bereits nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass er bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids einer solchen anderweitigen Tätigkeit nachgegangen wäre. Soweit er im Rahmen des Berufungsverfahrens nunmehr von mehrstündigen theoretischen Erstunterweisungen in einem Schützenverein berichtet, die er im Juli und August 2019 durchgeführt habe, liegt dies nach dem genannten maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage und führt bereits deshalb zu keiner anderen Entscheidung. Entsprechendes gilt für die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten weiteren Gutachten. Diesbezüglich weist der Senat jedoch darauf hin, dass auch diese keine ausreichend gewichtige und regelmäßige Sachverständigentätigkeit nach den dargelegten Maßstäben erkennen lassen.
60 
c) Die in Ziffer 2 der Verfügung vom 23.05.2016 enthaltene Aufforderung, die Waffenbesitzkarte und den Munitionserwerbsschein zusammen mit evtl. vorhandenen Zweitfertigungen, Mehrfertigungen oder beglaubigten Fotokopien an das Landratsamt zurückzugeben, beruht auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die aus § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG folgende und in Ziffer 3 der Verfügung konkretisierte Verpflichtung, die in die Waffenbesitzkarte eingetragenen und im Einzelnen aufgeführten Waffen sowie sämtliche sich im Besitz des Klägers befindliche Munition einem oder mehreren Berechtigten zu überlassen oder die Waffen dauerhaft unbrauchbar zu machen. Mit Ziffer 4 der Verfügung wurde der Kläger auf die aus § 46  Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 WaffG folgenden weitergehenden Befugnisse der Waffenbehörde für den Fall hingewiesen, dass er den vorstehenden Verpflichtungen nicht nachkommt. Auch dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
61 
d) Hingegen erweist sich Ziffer 5 der angegriffenen Verfügung, mit der dem Kläger für den Fall, dass er die Anordnung nach Ziffer 2 nicht fristgerecht erfüllt, ein Zwangsgeld in Höhe von 250,-- EUR angedroht wurde, als rechtswidrig.
62 
Bei der Androhung eines Zwangsmittels nach § 20 LVwVG handelt es sich um einen eigenständigen Verwaltungsakt im Rahmen der Zwangsvollstreckung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.2021 - 6 C 6.20 -, NVwZ-RR 2021, 705 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.09.2021 - 6 S 124/19 -, juris Rn. 52; Troidl, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG VwZG, 12. Aufl. 2021, § 13 VwVG Rn. 1b). Sie setzt – wie auch die spätere Anwendung des Zwangsmittels – voraus, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 2 LVwVG vorliegen, namentlich dass der zu vollstreckende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist (Nr. 1) oder die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt (Nr. 2). Daran fehlt es hier.
63 
Der zu vollstreckende Verwaltungsakt ist ersichtlich noch nicht unanfechtbar geworden, da er Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Die Androhung erfolgte hier auch nicht ausdrücklich unter Anknüpfung an die Bestandskraft des zu vollstreckenden Grundverwaltungsakts. Vielmehr wurde das Zwangsgeld bereits für den Fall angedroht, dass die Anordnung nach Ziffer 2 der Verfügung „nicht fristgerecht“ erfüllt wird. Damit wurde ersichtlich auf die in Ziffer 2 der Verfügung enthaltene Frist „unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 10. Juni 2016“ Bezug genommen. Jedoch liegt auch kein Fall vor, in dem im Sinne des § 2 Nr. 2 LVwVG die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt. Denn weder hat das Landratsamt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet, noch liegt ein Fall des gesetzlichen Sofortvollzugs vor. Gemäß § 45 Abs. 5 WaffG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf einer Erlaubnis nach § 45 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 WaffG lediglich dann keine aufschiebende Wirkung, wenn die Erlaubnis wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, namentlich bei fehlender Zuverlässigkeit oder persönlicher Eignung, zurückgenommen oder widerrufen wird. Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr beruht der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers ausschließlich auf einem Wegfall des waffenrechtlichen Bedürfnisses im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 8, § 18 WaffG.
64 
Die rechtswidrige Androhung des Zwangsmittels verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auf den Hinweis des Klägers, dass seinem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukomme (vgl. Schreiben vom 10.06.2016), hat das Landratsamt Ortenaukreis zwar mit Schreiben vom 15.06.2016 bestätigt, dass Zwangsmaßnahmen erst nach Bestandskraft der Entscheidung eingeleitet würden. Eine förmliche Abänderung der mangels Vollziehbarkeit rechtwidrigen Androhung des Zwangsgelds in Ziffer 5 der Verfügung vom 23.05.2016 ist jedoch bislang nicht erfolgt.
65 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
66 
4. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde. Der Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses eines Waffensachverständigen im Sinne der § 8, § 18 Abs.1 WaffG auszugehen ist, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.
67 
Beschluss
vom 21. Oktober 2021
68 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 16.250,-- EUR festgesetzt.
69 
Die Festsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 50.2 und Nr. 50.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom heutigen Tag über die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts (6 S 420/19) verwiesen.
70 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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