Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - A 4 S 162/22

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. November 2021 - A 14 K 5883/17 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der zwischenzeitlich mit Frau und Kind in Kabul oder Pakistan lebende Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig.
Der 1987 geborene Kläger, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste, u.a. aus Bulgarien kommend, am 01.05.2017 zusammen mit Mutter und Schwester in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Auf Anfrage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erklärten die bulgarischen Asylbehörden ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme des Klägers.
Mit Bescheid vom 06.07.2017 lehnte das Bundesamt daraufhin den Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen (Nr. 2), ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Hiergegen erhob der Kläger am 14.07.2017 beim Verwaltungsgericht Freiburg Anfechtungsklage.
Nach erfolglosem Eilverfahren (vgl. VG-Beschluss vom 29.08.2017 - A 5 K 5884/17 -) wurde er am 10.01.2018 nach Bulgarien abgeschoben.
Nach Auskunft der bulgarischen State Agency for Refugees vom 28.07.2021 flog der Kläger hernach wohl noch im Januar 2018 von Bulgarien weiter nach Kabul zurück, wo er seither mit seiner (nach Rückkehr gegründeten) Familie lebte; Ende Januar 2022 ist die Familie offenbar nach Pakistan ausgereist. Laut dieser Auskunft hatte der Kläger am 23.08.2016 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt, der durch Bescheid vom 31.03.2017 abgelehnt worden war. Seine dagegen am 12.04.2017 - und damit kurz vor seiner am 01.05.2017 erfolgten Weiterreise nach Deutschland - erhobene Klage wurde während seines Aufenthalts in Deutschland durch Urteil des Verwaltungsgerichts Haskovo vom 17.11.2017, rechtskräftig seit 03.01.2018, abgewiesen.
Auf Klage des Klägers hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamtes vom 06.07.2017 mit Urteil vom 02.11.2021 auf. Dabei ging es davon aus, dass trotz Weiterreise des Klägers 2018 nach Afghanistan keine Erledigung eingetreten sei. Die Ablehnung des Asylantrags sei rechtswidrig auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gestützt worden, weil dem Kläger in Bulgarien unmenschliche oder entwürdigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh gedroht habe und drohe.
Zuvor hatte das Verwaltungsgericht von Amts wegen ein Eilverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO eingeleitet und mit Beschluss vom 31.05.2021 - A 14 K 1452/21 - die aufschiebende Wirkung der Klage sowie die unverzügliche Rückholung des Klägers auf Kosten der Beklagten aus Afghanistan nach Deutschland angeordnet. Er wurde daraufhin auf die Evakuierungsliste des Auswärtigen Amtes gesetzt. Auf Antrag der Beklagten nach § 80 Abs. 7 VwGO hat der erkennende Gerichtshof diesen Eilbeschluss durch Senatsbeschluss vom 02.02.2022 - A 4 S 163/22 - aufgehoben. Hierzu wurde ausgeführt, dass entscheidungsrelevant veränderte Umstände vorlägen - zum einen wegen Zulassung der Berufung, weswegen es angemessen sei, nicht bereits auf einen Eilbeschluss hin durch eine Rückholung vollendete Tatsachen zu schaffen, zum anderen weil der Kläger in Afghanistan zwischenzeitlich wieder als Geschäftsmann Fuß gefasst habe und dort mit Frau und Kind offenbar verfolgungsfrei lebe. Er gebe selbst bei „datalead“ an (jeweils mit Portraitfotos; zuletzt aktualisiert am 21.11.2021), als Financial Officer bei der Firma A. Consulting Inc. zu arbeiten; dasselbe habe er auch bei „LinkedIn“ mitgeteilt und sich bei „phc“ als erfolgreicher, in Kabul praktizierender „Finance Manager“ präsentiert mit dem Motto: „I have my mother and I have my motherland. They both give me inner peace.“ Seine mit Schriftsätzen vom 29.01.2022 und 01.02.2022 vorgebrachten Einwände, wonach er durch seine Arbeit dringend zum Lebensunterhalt der Familie habe beitragen müssen und es ihm nicht vermeintlich gut gehe, was sich daran zeige, dass er, auch aufgrund der aktuell schlechten Versorgungslage, mit Frau und Kind aus Afghanistan auswandern wolle und schon mittels eines Visums nach Islamabad gereist sei, könnten die veränderten Umstände nicht negieren. Sein Vortrag im Eilverfahren beim Verwaltungsgericht, er habe seit seiner Rückkehr nach Kabul „nicht gearbeitet und sich möglichst nur im häuslichen Umfeld aufgehalten, um nicht aufzufallen“, sei entweder wahrheitswidrig gewesen oder die Umstände hätten sich - wovon mindestens auszugehen sei - zwischenzeitlich asylrechtlich entscheidungserheblich geändert.
Der erkennende Senat hatte bereits mit Beschluss vom 20.01.2022 auf Antrag der Beklagten die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache bezüglich der Frage einer Erledigung nach Dublinrücküberstellungen zugelassen. Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, dass Erledigung eingetreten und für eine Fortsetzungsfeststellungsklage kein Feststellungsinteresse mehr erkennbar sei.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.11.2021 - A 14 K 5883/17 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 06.07.2017 rechtswidrig gewesen ist.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und hält an der Rechtsauffassung fest, dass keine Erledigung eingetreten und der angefochtene Bundesamtsbescheid rechtswidrig sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts und des Bundesamtes sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. Die beigezogenen Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig unter Stellung eines Antrags und Bezugnahme auf die Begründung des Zulassungsantrags begründete Berufung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2006 - 1 C 15.05 - NVwZ 2006, 1420 m.w.N.) der Beklagten hat Erfolg. Denn im konkreten Einzelfall des Klägers ist prozessuale Erledigung eingetreten, weshalb eine Anfechtungsklage unzulässig geworden ist und das Verwaltungsgericht ihr zu Unrecht stattgegeben hat (hierzu I.); für einen Fortsetzungsfeststellungsantrag fehlt das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse (hierzu II.). Zudem droht nichtvulnerablen, gesunden und arbeitsfähigen alleinstehenden Männern in Bulgarien keine Verelendung im Sinne von Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK (hierzu III.).
17 
I. Die erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig geworden, weil hinsichtlich des im Streit stehenden Dublin-Bescheids des Bundesamtes im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG insgesamt Erledigung eingetreten ist, denn er hat jede regelnde Wirkung verloren.
18 
1. Dies gilt heute (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) zunächst für die in Nr. 3 des Bescheids am 06.07.2017 verfügte Abschiebungsanordnung. Denn eine solche asylrechtliche Abschiebungsanordnung setzt gemäß § 34a Abs. 1 AsylG voraus, dass aktuell „feststeht“, dass die Rückführung in den anderen Dublinstaat „durchgeführt werden kann“. Im Dublinverfahren sind damit zur Vermeidung von Verzögerungen - anders als etwa bei einer Abschiebungsandrohung gemäß § 35 AsylG, weshalb eine Umdeutung mangels Teilidentität ausscheidet (vgl. BVerwG Beschluss vom 23.10.2015 - 1 B 41.15 -, Juris Rn. 15) - vom Bundesamt sowohl inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse als auch zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 16.02.2017, Rs. C-578/16 ).
19 
Der Kläger hält sich derzeit nicht in Deutschland auf, weshalb im Sinne von § 34a Abs. 1 AsylG offenkundig nicht hinreichend feststeht, dass eine Abschiebung nach Bulgarien durchgeführt werden kann. Auch könnte der Kläger selbst bei erneuter Einreise in das Bundesgebiet nicht noch einmal auf Grundlage von Nr. 3 des Bundesamtsbescheids vom 06.07.2017 nach Bulgarien abgeschoben werden, denn diese Abschiebungsanordnung wäre nicht mehr hinreichend aktuell bzw. ist durch die am 10.01.2018 erfolgte Rückführung „verbraucht“ (ebenso VG Karlsruhe, Urteil vom 18.08.2020 - A 9 K 4171/19 -, Juris Rn. 33 f. sowie VG Sigmaringen, Gerichtsbescheid vom 17.06.2021 - A 13 K 6550/17 -, Juris Rn. 31 f. m.w.N. auch zur Gegenauffassung, insb. OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A -, Juris Rn. 21 ff.). Da zudem insoweit gegenüber dem Kläger auch keine Abschiebungskosten geltend gemacht werden können, weil diese im Dublinverfahren gemäß Art. 30 Abs. 1 und 3 Dublin III-VO von der Beklagten zu tragen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.08.2019 - 12 S 430/19 -, Juris), gehen von Nr. 3 des Bescheids heute keinerlei hier relevante Rechtswirkungen mehr aus (anders insoweit bei einer ausländerrechtlichen Abschiebungsanordnung, die Grundlage für einen Leistungsbescheid über die Erhebung von Abschiebungskosten bleibt; vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 11.15 -, Juris Rn. 29). Aufgrund eingetretener Erledigung konnte die Abschiebungsanordnung infolge der späteren Stattgabe des Antrags gemäß § 80 Abs. 7 VwGO durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 31.05.2021 auch nicht etwa wiederaufleben.
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2. Erledigung ist aber auch hinsichtlich der übrigen Regelungen des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheids vom 06.07.2017 eingetreten, weshalb er insgesamt gerichtlich nicht mehr hätte aufgehoben werden dürfen bzw. können.
21 
Von der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Nr. 1 des Bescheids, weil Bulgarien nach der Dublin III-Verordnung für das Asylverfahren des Klägers zuständig ist, geht heute keine Rechtswirkung mehr aus. Denn das Asylverfahren des Klägers in der Republik Bulgarien, die ihre unionsrechtliche Zuständigkeit anerkannt hatte, wurde nach Auskunft der State Agency for Refugees vom 28.07.2021 zwischenzeitlich durch Urteil des Verwaltungsgerichts Haskovo vom 17.11.2017 rechtskräftig abgeschlossen. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger, offenbar im Januar 2018, „erzwungenermaßen“ - wenn auch nicht im Wege der Abschiebung - aus Bulgarien in seine Heimat zurückgekehrt oder entsprechend der Auskunft freiwillig nach Kabul zurückgeflogen ist, wo er seither mit seiner Familie lebte, bevor er wohl Ende Januar 2022 nach Pakistan ausgereist ist.
22 
Davon abgesehen hat der Kläger, ohne im Besitz eines bulgarischen Aufenthaltstitels zu sein, länger als drei Monate das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen, weshalb gemäß Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO sämtliche (Wieder-)Aufnahmepflichten Bulgariens aus Art. 18 Abs. 1 der Verordnung erloschen sind. Nichts Anderes ergäbe sich gemäß Art. 19 Abs. 3 Dublin III-VO bei „erzwungener“ Rückkehr nach Afghanistan. Mithin entfaltet Nr. 1 des Bescheids seither keinerlei Rechtswirkungen mehr, weil auch die dort zugrunde gelegte Asylzuständigkeit Bulgariens unionsrechtlich endgültig erloschen ist. Würde der Kläger heute erneut in den Dublinraum einreisen und Asyl beantragen, wäre auch die Verfahrenszuständigkeit nach den allgemeinen Regelungen der Dublin III-Verordnung neu zu bestimmen, d.h. ein solcher Antrag wäre wiederum „der erste“ im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO; im Falle einer Abschiebung wird dieser Grundsatz durch Art. 19 Abs. 3 Unterabs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich bestätigt (überzeugend: Filzwieser/Sprung, Dublin III-VO, Art. 19 Rn. K3 und K16). Dies entspricht den Regelungen in Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO. Bei unionsrechtskonformer Auslegung der §§ 55, 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Abs. 2 bzw. § 33 Abs. 3 AsylG könnte deshalb bei einer Wiedereinreise des Klägers in das Bundesgebiet auch seine Aufenthaltsgestattung nicht etwa wiederaufleben bzw. sein ursprünglicher Asylantrag müsste als zurückgenommen gelten. Zudem müsste dann gegebenenfalls auch im Sinne von § 71 Abs. 1 bzw. § 71a Abs. 1 AsylG von einer Rücknahme oder einem unanfechtbar abgelehnten bzw. erfolglosen Asylerstantrag ausgegangen werden (vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylG, 11/2020, § 29 Rn. 321 ff.).
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Keine wesentlichen Rechtswirkungen gehen heute weiter von der Feststellung des Bundesamts in Nr. 2 des Bescheids vom 06.07.2017 mehr aus, wonach bezüglich Bulgarien keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Zwar entfaltet diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylG grundsätzlich Bindungswirkung hinsichtlich ausländerrechtlicher Entscheidungen. Sie betrifft allerdings ausschließlich die deutschen Ausländerbehörden (vgl. Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 42 AsylG Rn. 2). Nachdem der Kläger heute mit seiner Familie in Afghanistan oder Pakistan lebt, ist nicht erkennbar, welche ausländerrechtlichen Verfahren er in Deutschland führen könnte, in denen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bezüglich Bulgarien eine Rolle spielen könnten. Zudem erscheint in Dublinverfahren Nr. 2 des Bescheids eng mit der Unzulässigkeitsentscheidung in dessen Nr. 1 verbunden, weshalb sich diese beiden Regelungen nach erfolgter Rückführung und Weiterreise in den Heimatstaat mit dortigem Aufenthalt über drei Monate regelmäßig gemeinsam erledigen. Sollte der Kläger eines Tages wiederum nach Bulgarien zurückgeführt werden - wie dargelegt erst nach einem erneuten Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats -, müsste das Bundesamt erneut zuvor gemäß § 24 Abs. 2 bzw. § 31 Abs. 3 AsylG Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG prüfen, ohne diesbezüglich an die frühere Regelung im Bescheid vom 06.07.2017 gebunden zu sein. Der Beklagtenvertreter ist in der mündlichen Verhandlung auch von einer solchen Praxis des Bundesamtes ausgegangen.
24 
Das Einreise- und Aufenthaltsverbot in Nr. 4 des Bescheids vom 06.07.2017 hat sich schließlich durch Zeitablauf erledigt, weil es auf sechs Monate ab dem Tag der am 10.01.2018 erfolgten Abschiebung befristet war.
25 
II. Aufgrund der vollständigen Erledigung des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheids vom 06.07.2017 kann der Kläger nach mehr als dreimonatiger Rückkehr in seine Heimat mithin nur den ursprünglich als Haupt- und nun hilfsweise gestellten (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Kombination nur BVerwG, Urteil vom 15.11.1990 - 3 C 49.87 -, NVwZ 1991, 570) Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiterverfolgen. Hiernach spricht das Gericht, hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
26 
Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings kann mangels berechtigten Fortsetzungsfeststellungsinteresses keinen Erfolg haben. Zwar kann ein solches Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist aber, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Rechtsschutzsuchenden in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 39.12 -, Juris Rn. 19 f.). Im Hinblick auf die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Fallgruppen ist ein Feststellungsinteresse des Klägers dementsprechend unter keinem Gesichtspunkt erkennbar:
27 
1. Ein tiefgreifender Grundrechtseingriff kann hier keine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen, weil die am 10.01.2018 erfolgte Rückführung nach Bulgarien keinen nachgelagerten, effektiven Anfechtungsrechtsschutz ausgeschlossen hat. Allein die bloße Rücküberstellung innerhalb des Dublinraums führt nicht zur Erledigung eines Dublinbescheids (vgl. EuGH, Urteil vom 25.01.2018, Rs. C-360/16 , Juris Rn. 55; Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 29 AsylG Rn. 22/48). Dies ergibt sich bereits aus Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO. Der Kläger hätte den streitgegenständlichen Dublinbescheid vom 06.07.2017 mithin auch nach seiner Ankunft in Bulgarien am Verwaltungsgericht Freiburg weiterhin mit seiner am 14.07.2017 erhobenen Anfechtungsklage gerichtlich überprüfen lassen können, d.h. sein Prozessvertreter hätte sich damals nicht auf eine Diskussion über die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage einlassen müssen. Aus der Eigenart des Dublinbescheids ergibt sich dementsprechend jedenfalls keine typischerweise kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage faktisch ausschließende Erledigung, weshalb hier auch das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.2020 - 2 C 5.19 -, Juris Rn. 15 m.w.N.). Dies zeigt auch der vorliegende Fall, denn wie ausgeführt hat der Kläger erst durch seine spätere Heimkehr wohl im Januar 2018 nach Afghanistan und den dortigen über dreimonatigen Aufenthalt gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO die vollständige Erledigung des Dublinbescheids vom 06.07.2017 herbeigeführt.
28 
Im Übrigen hatte der Kläger vor seiner Rücküberstellung nach Bulgarien diesbezüglich zumindest effektiven Eilrechtsschutz erhalten, wenn auch nicht mit dem erwünschten Ergebnis. Gegen die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig hat der Kläger am 14.07.2017 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage und Eilantrag erhoben. Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts hat den Eilantrag mit Beschluss vom 29.08.2017 abgelehnt, gestützt auf entsprechende obergerichtliche Rechtsprechung (OVG NRW, Urteil vom 19.05.2017 - 11 A 52/17.A - und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, beide Juris) mit der überzeugenden Begründung, dass jungen, gesunden und arbeitsfähigen Männern wie dem am 06.02.1987 geborenen Kläger in Bulgarien weder das „real risk“ einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung noch einer Kettenabschiebung nach Afghanistan drohe. Nach rechtskräftiger Ablehnung des Eilantrags war der Kläger mithin vollziehbar ausreisepflichtig und durfte nach Bulgarien rückgeführt werden. Diese Rückführung ist auch nicht dadurch nachträglich rechtswidrig geworden, dass die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts nach Übergang des Hauptsacheverfahrens auf die Kammer von Amts wegen ein Verfahren auf Abänderung nach § 80 Abs. 7 VwGO einleitete und dem Eilantrag des Klägers vom 13.07.2017 sodann mit Beschluss vom 31.05.2021 stattgab.
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2. Auch ein Rehabilitationsinteresse kann nicht angenommen werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Rückführung des Klägers am 10.01.2018 nach Bulgarien heute in Afghanistan oder Pakistan in irgendeiner Weise als stigmatisierend bzw. ehrverletzend angesehen werden könnte; eine rein subjektiv so empfundene Beeinträchtigung genügte nicht zur Begründung eines Rehabilitationsinteresses (ebenso OVG NRW, Urteil vom 07.12.2021 - 5 A 2000/20 -, Juris Rn. 33 m.w.N.).
30 
3. Der Kläger kann sich weiter nicht auf eine Wiederholungsgefahr berufen, weil im Falle eines erneuten Asylverfahrens, das derzeit völlig ungewiss ist, auf die dann und nicht die im Zeitpunkt der Erledigung bestehenden Verhältnisse abzustellen wäre. Schließlich fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für ein Präjudizinteresse hinsichtlich eines Amtshaftungs- bzw. Schadensersatzprozesses.
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Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers muss mithin als unzulässig abgewiesen werden.
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III. Selbst, wenn man aber dem Argument des Klägers folgen wollte, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei zu bejahen, weil ihm die erfolgte Abschiebung nach Bulgarien eventuell eines Tages von einer deutschen Botschaft im Rahmen eines Visumverfahrens vorgehalten werden könnte, kann seine Klage keinen Erfolg haben. Denn es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, warum der streitgegenständliche Dublinbescheid vom 06.07.2017 rechtswidrig gewesen sein könnte. Der Senat entscheidet seit Jahren in ständiger Rechtsprechung - in, soweit ersichtlich, Übereinstimmung mit der diesbezüglich ergangenen mittlerweile einheitlichen bundesweiten obergerichtlichen Rechtsauffassung -, dass nichtvulnerablen, gesunden und arbeitsfähigen alleinstehenden volljährigen Personen in Bulgarien keine Verelendung im Sinne von Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK droht (vgl. nur die neueren Senatsbeschlüsse vom 27.05.2019 - A 4 S 1329/19 -; vom 22.10.2019 - A 4 S 2476/19 -; vom 23.04.2020 - A 4 S 721/20 -; zuvor bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 -; ebenso etwa Sächs. OVG, Urteil vom 15.06.2020 - 5 A 382/18 -; OVG B.-B., Urteil vom 22.09.2020 - 3 B 33.19 -; Nds. OVG, Urteil vom 07.12.2021 - 10 LB 257/20 -; OVG NRW, Beschluss vom 16.12.2019 - 11 A 228/15.A -; zweifelnd neuerdings aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie nur OVG NRW, Urteil vom 29.12.2020 - 11 A 1602/17.A -; alle Juris).
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Der nach Aktenlage nichtvulnerable, gesunde und arbeitsfähige Kläger hat nicht hinreichend aufgezeigt, warum in seinem Fall 2018 etwas Anderes gegolten haben könnte. Da er beruflich nach eigenen Angaben im Internet bei LinkedIn und Data-Lead als Chief Financial Officer qualifiziert ist, über erhebliche Berufserfahrung verfügt und offenbar sehr gut Englisch spricht, gibt es diesbezüglich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Mit Schriftsatz vom 13.07.2017 im Verfahren A 5 K 5884/17 hatte er bezüglich Bulgarien unter Vorlage von Fotos vorgetragen, die Asylunterkünfte in Bulgarien sowie das dort zugeteilte Essen seien sehr schlecht. Dass es ihm an der vom EuGH - nur - geforderten Grundversorgung („Bett, Brot, Seife“; vgl. dessen Urteile vom 19.03.2019 in den Rechtssachen Jawo C-163/17 und Ibrahim C-297/17 sowie Senatsurteil vom 29.07.2019 - A 4 S 749/19 -, Juris) gefehlt habe, hat selbst er hingegen nicht behauptet.
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Auch für die vom Verwaltungsgericht im Urteil vom 02.11.2021 unter Bezugnahme vor allem auf NGO-Berichte vorgenommene Annahme, insbesondere wegen einer statistisch niedrigen Schutzquote habe der Kläger in Bulgarien kein faires und substantielles Asylverfahren durchlaufen bzw. dort drohe rechtswidrige Kettenabschiebung, sieht der Senat hier keine hinreichenden Anhaltspunkte. Nach Auskunft der State Agency for Refugees vom 28.07.2021 hat der Kläger in Bulgarien vielmehr ein normales Asylverfahren durchlaufen und hernach Rechtsschutz durch Urteil des Verwaltungsgerichts Haskovo vom 17.11.2017 erhalten. Dass diese Asyl- und Gerichtsverfahren dergestalt ungenügend gewesen sein könnten, dass eine systemische Schwachstelle im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO angenommen werden könnte, kann nicht erkannt werden. Der Kläger hat hierzu jedenfalls nichts Substantiiertes vorgetragen, nicht einmal, dass er nach seiner Rückführung nach Bulgarien dort erfolglos einen Asylfolgeantrag gestellt habe. Dass ein Verwaltungsgericht eine Asylklage abweisen kann, wenn der Kläger das Land verlässt bzw. untertaucht, ist auch in Deutschland anerkannt und kann nicht als rechtsstaatswidrig bewertet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.05.2020 - 1 VR 3.19 -, Juris Rn. 16).
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Damit aber muss das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 02.11.2021 geändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen werden.
36 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
37 
IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (§ 132 Abs. 2 VwGO). Auch eine Grundsatzbedeutung liegt wegen der klaren, aber nur in seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung kommenden Regelung des Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO nicht vor.

Gründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig unter Stellung eines Antrags und Bezugnahme auf die Begründung des Zulassungsantrags begründete Berufung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2006 - 1 C 15.05 - NVwZ 2006, 1420 m.w.N.) der Beklagten hat Erfolg. Denn im konkreten Einzelfall des Klägers ist prozessuale Erledigung eingetreten, weshalb eine Anfechtungsklage unzulässig geworden ist und das Verwaltungsgericht ihr zu Unrecht stattgegeben hat (hierzu I.); für einen Fortsetzungsfeststellungsantrag fehlt das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse (hierzu II.). Zudem droht nichtvulnerablen, gesunden und arbeitsfähigen alleinstehenden Männern in Bulgarien keine Verelendung im Sinne von Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK (hierzu III.).
17 
I. Die erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig geworden, weil hinsichtlich des im Streit stehenden Dublin-Bescheids des Bundesamtes im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG insgesamt Erledigung eingetreten ist, denn er hat jede regelnde Wirkung verloren.
18 
1. Dies gilt heute (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) zunächst für die in Nr. 3 des Bescheids am 06.07.2017 verfügte Abschiebungsanordnung. Denn eine solche asylrechtliche Abschiebungsanordnung setzt gemäß § 34a Abs. 1 AsylG voraus, dass aktuell „feststeht“, dass die Rückführung in den anderen Dublinstaat „durchgeführt werden kann“. Im Dublinverfahren sind damit zur Vermeidung von Verzögerungen - anders als etwa bei einer Abschiebungsandrohung gemäß § 35 AsylG, weshalb eine Umdeutung mangels Teilidentität ausscheidet (vgl. BVerwG Beschluss vom 23.10.2015 - 1 B 41.15 -, Juris Rn. 15) - vom Bundesamt sowohl inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse als auch zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 16.02.2017, Rs. C-578/16 ).
19 
Der Kläger hält sich derzeit nicht in Deutschland auf, weshalb im Sinne von § 34a Abs. 1 AsylG offenkundig nicht hinreichend feststeht, dass eine Abschiebung nach Bulgarien durchgeführt werden kann. Auch könnte der Kläger selbst bei erneuter Einreise in das Bundesgebiet nicht noch einmal auf Grundlage von Nr. 3 des Bundesamtsbescheids vom 06.07.2017 nach Bulgarien abgeschoben werden, denn diese Abschiebungsanordnung wäre nicht mehr hinreichend aktuell bzw. ist durch die am 10.01.2018 erfolgte Rückführung „verbraucht“ (ebenso VG Karlsruhe, Urteil vom 18.08.2020 - A 9 K 4171/19 -, Juris Rn. 33 f. sowie VG Sigmaringen, Gerichtsbescheid vom 17.06.2021 - A 13 K 6550/17 -, Juris Rn. 31 f. m.w.N. auch zur Gegenauffassung, insb. OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A -, Juris Rn. 21 ff.). Da zudem insoweit gegenüber dem Kläger auch keine Abschiebungskosten geltend gemacht werden können, weil diese im Dublinverfahren gemäß Art. 30 Abs. 1 und 3 Dublin III-VO von der Beklagten zu tragen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.08.2019 - 12 S 430/19 -, Juris), gehen von Nr. 3 des Bescheids heute keinerlei hier relevante Rechtswirkungen mehr aus (anders insoweit bei einer ausländerrechtlichen Abschiebungsanordnung, die Grundlage für einen Leistungsbescheid über die Erhebung von Abschiebungskosten bleibt; vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 11.15 -, Juris Rn. 29). Aufgrund eingetretener Erledigung konnte die Abschiebungsanordnung infolge der späteren Stattgabe des Antrags gemäß § 80 Abs. 7 VwGO durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 31.05.2021 auch nicht etwa wiederaufleben.
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2. Erledigung ist aber auch hinsichtlich der übrigen Regelungen des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheids vom 06.07.2017 eingetreten, weshalb er insgesamt gerichtlich nicht mehr hätte aufgehoben werden dürfen bzw. können.
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Von der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Nr. 1 des Bescheids, weil Bulgarien nach der Dublin III-Verordnung für das Asylverfahren des Klägers zuständig ist, geht heute keine Rechtswirkung mehr aus. Denn das Asylverfahren des Klägers in der Republik Bulgarien, die ihre unionsrechtliche Zuständigkeit anerkannt hatte, wurde nach Auskunft der State Agency for Refugees vom 28.07.2021 zwischenzeitlich durch Urteil des Verwaltungsgerichts Haskovo vom 17.11.2017 rechtskräftig abgeschlossen. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger, offenbar im Januar 2018, „erzwungenermaßen“ - wenn auch nicht im Wege der Abschiebung - aus Bulgarien in seine Heimat zurückgekehrt oder entsprechend der Auskunft freiwillig nach Kabul zurückgeflogen ist, wo er seither mit seiner Familie lebte, bevor er wohl Ende Januar 2022 nach Pakistan ausgereist ist.
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Davon abgesehen hat der Kläger, ohne im Besitz eines bulgarischen Aufenthaltstitels zu sein, länger als drei Monate das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen, weshalb gemäß Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO sämtliche (Wieder-)Aufnahmepflichten Bulgariens aus Art. 18 Abs. 1 der Verordnung erloschen sind. Nichts Anderes ergäbe sich gemäß Art. 19 Abs. 3 Dublin III-VO bei „erzwungener“ Rückkehr nach Afghanistan. Mithin entfaltet Nr. 1 des Bescheids seither keinerlei Rechtswirkungen mehr, weil auch die dort zugrunde gelegte Asylzuständigkeit Bulgariens unionsrechtlich endgültig erloschen ist. Würde der Kläger heute erneut in den Dublinraum einreisen und Asyl beantragen, wäre auch die Verfahrenszuständigkeit nach den allgemeinen Regelungen der Dublin III-Verordnung neu zu bestimmen, d.h. ein solcher Antrag wäre wiederum „der erste“ im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO; im Falle einer Abschiebung wird dieser Grundsatz durch Art. 19 Abs. 3 Unterabs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich bestätigt (überzeugend: Filzwieser/Sprung, Dublin III-VO, Art. 19 Rn. K3 und K16). Dies entspricht den Regelungen in Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO. Bei unionsrechtskonformer Auslegung der §§ 55, 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Abs. 2 bzw. § 33 Abs. 3 AsylG könnte deshalb bei einer Wiedereinreise des Klägers in das Bundesgebiet auch seine Aufenthaltsgestattung nicht etwa wiederaufleben bzw. sein ursprünglicher Asylantrag müsste als zurückgenommen gelten. Zudem müsste dann gegebenenfalls auch im Sinne von § 71 Abs. 1 bzw. § 71a Abs. 1 AsylG von einer Rücknahme oder einem unanfechtbar abgelehnten bzw. erfolglosen Asylerstantrag ausgegangen werden (vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylG, 11/2020, § 29 Rn. 321 ff.).
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Keine wesentlichen Rechtswirkungen gehen heute weiter von der Feststellung des Bundesamts in Nr. 2 des Bescheids vom 06.07.2017 mehr aus, wonach bezüglich Bulgarien keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Zwar entfaltet diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylG grundsätzlich Bindungswirkung hinsichtlich ausländerrechtlicher Entscheidungen. Sie betrifft allerdings ausschließlich die deutschen Ausländerbehörden (vgl. Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 42 AsylG Rn. 2). Nachdem der Kläger heute mit seiner Familie in Afghanistan oder Pakistan lebt, ist nicht erkennbar, welche ausländerrechtlichen Verfahren er in Deutschland führen könnte, in denen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bezüglich Bulgarien eine Rolle spielen könnten. Zudem erscheint in Dublinverfahren Nr. 2 des Bescheids eng mit der Unzulässigkeitsentscheidung in dessen Nr. 1 verbunden, weshalb sich diese beiden Regelungen nach erfolgter Rückführung und Weiterreise in den Heimatstaat mit dortigem Aufenthalt über drei Monate regelmäßig gemeinsam erledigen. Sollte der Kläger eines Tages wiederum nach Bulgarien zurückgeführt werden - wie dargelegt erst nach einem erneuten Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats -, müsste das Bundesamt erneut zuvor gemäß § 24 Abs. 2 bzw. § 31 Abs. 3 AsylG Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG prüfen, ohne diesbezüglich an die frühere Regelung im Bescheid vom 06.07.2017 gebunden zu sein. Der Beklagtenvertreter ist in der mündlichen Verhandlung auch von einer solchen Praxis des Bundesamtes ausgegangen.
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Das Einreise- und Aufenthaltsverbot in Nr. 4 des Bescheids vom 06.07.2017 hat sich schließlich durch Zeitablauf erledigt, weil es auf sechs Monate ab dem Tag der am 10.01.2018 erfolgten Abschiebung befristet war.
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II. Aufgrund der vollständigen Erledigung des streitgegenständlichen Bundesamtsbescheids vom 06.07.2017 kann der Kläger nach mehr als dreimonatiger Rückkehr in seine Heimat mithin nur den ursprünglich als Haupt- und nun hilfsweise gestellten (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Kombination nur BVerwG, Urteil vom 15.11.1990 - 3 C 49.87 -, NVwZ 1991, 570) Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiterverfolgen. Hiernach spricht das Gericht, hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
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Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings kann mangels berechtigten Fortsetzungsfeststellungsinteresses keinen Erfolg haben. Zwar kann ein solches Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist aber, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Rechtsschutzsuchenden in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 39.12 -, Juris Rn. 19 f.). Im Hinblick auf die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Fallgruppen ist ein Feststellungsinteresse des Klägers dementsprechend unter keinem Gesichtspunkt erkennbar:
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1. Ein tiefgreifender Grundrechtseingriff kann hier keine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen, weil die am 10.01.2018 erfolgte Rückführung nach Bulgarien keinen nachgelagerten, effektiven Anfechtungsrechtsschutz ausgeschlossen hat. Allein die bloße Rücküberstellung innerhalb des Dublinraums führt nicht zur Erledigung eines Dublinbescheids (vgl. EuGH, Urteil vom 25.01.2018, Rs. C-360/16 , Juris Rn. 55; Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 29 AsylG Rn. 22/48). Dies ergibt sich bereits aus Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO. Der Kläger hätte den streitgegenständlichen Dublinbescheid vom 06.07.2017 mithin auch nach seiner Ankunft in Bulgarien am Verwaltungsgericht Freiburg weiterhin mit seiner am 14.07.2017 erhobenen Anfechtungsklage gerichtlich überprüfen lassen können, d.h. sein Prozessvertreter hätte sich damals nicht auf eine Diskussion über die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage einlassen müssen. Aus der Eigenart des Dublinbescheids ergibt sich dementsprechend jedenfalls keine typischerweise kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage faktisch ausschließende Erledigung, weshalb hier auch das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.2020 - 2 C 5.19 -, Juris Rn. 15 m.w.N.). Dies zeigt auch der vorliegende Fall, denn wie ausgeführt hat der Kläger erst durch seine spätere Heimkehr wohl im Januar 2018 nach Afghanistan und den dortigen über dreimonatigen Aufenthalt gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO die vollständige Erledigung des Dublinbescheids vom 06.07.2017 herbeigeführt.
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Im Übrigen hatte der Kläger vor seiner Rücküberstellung nach Bulgarien diesbezüglich zumindest effektiven Eilrechtsschutz erhalten, wenn auch nicht mit dem erwünschten Ergebnis. Gegen die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig hat der Kläger am 14.07.2017 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage und Eilantrag erhoben. Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts hat den Eilantrag mit Beschluss vom 29.08.2017 abgelehnt, gestützt auf entsprechende obergerichtliche Rechtsprechung (OVG NRW, Urteil vom 19.05.2017 - 11 A 52/17.A - und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, beide Juris) mit der überzeugenden Begründung, dass jungen, gesunden und arbeitsfähigen Männern wie dem am 06.02.1987 geborenen Kläger in Bulgarien weder das „real risk“ einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung noch einer Kettenabschiebung nach Afghanistan drohe. Nach rechtskräftiger Ablehnung des Eilantrags war der Kläger mithin vollziehbar ausreisepflichtig und durfte nach Bulgarien rückgeführt werden. Diese Rückführung ist auch nicht dadurch nachträglich rechtswidrig geworden, dass die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts nach Übergang des Hauptsacheverfahrens auf die Kammer von Amts wegen ein Verfahren auf Abänderung nach § 80 Abs. 7 VwGO einleitete und dem Eilantrag des Klägers vom 13.07.2017 sodann mit Beschluss vom 31.05.2021 stattgab.
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2. Auch ein Rehabilitationsinteresse kann nicht angenommen werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Rückführung des Klägers am 10.01.2018 nach Bulgarien heute in Afghanistan oder Pakistan in irgendeiner Weise als stigmatisierend bzw. ehrverletzend angesehen werden könnte; eine rein subjektiv so empfundene Beeinträchtigung genügte nicht zur Begründung eines Rehabilitationsinteresses (ebenso OVG NRW, Urteil vom 07.12.2021 - 5 A 2000/20 -, Juris Rn. 33 m.w.N.).
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3. Der Kläger kann sich weiter nicht auf eine Wiederholungsgefahr berufen, weil im Falle eines erneuten Asylverfahrens, das derzeit völlig ungewiss ist, auf die dann und nicht die im Zeitpunkt der Erledigung bestehenden Verhältnisse abzustellen wäre. Schließlich fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für ein Präjudizinteresse hinsichtlich eines Amtshaftungs- bzw. Schadensersatzprozesses.
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Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers muss mithin als unzulässig abgewiesen werden.
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III. Selbst, wenn man aber dem Argument des Klägers folgen wollte, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei zu bejahen, weil ihm die erfolgte Abschiebung nach Bulgarien eventuell eines Tages von einer deutschen Botschaft im Rahmen eines Visumverfahrens vorgehalten werden könnte, kann seine Klage keinen Erfolg haben. Denn es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, warum der streitgegenständliche Dublinbescheid vom 06.07.2017 rechtswidrig gewesen sein könnte. Der Senat entscheidet seit Jahren in ständiger Rechtsprechung - in, soweit ersichtlich, Übereinstimmung mit der diesbezüglich ergangenen mittlerweile einheitlichen bundesweiten obergerichtlichen Rechtsauffassung -, dass nichtvulnerablen, gesunden und arbeitsfähigen alleinstehenden volljährigen Personen in Bulgarien keine Verelendung im Sinne von Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK droht (vgl. nur die neueren Senatsbeschlüsse vom 27.05.2019 - A 4 S 1329/19 -; vom 22.10.2019 - A 4 S 2476/19 -; vom 23.04.2020 - A 4 S 721/20 -; zuvor bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 -; ebenso etwa Sächs. OVG, Urteil vom 15.06.2020 - 5 A 382/18 -; OVG B.-B., Urteil vom 22.09.2020 - 3 B 33.19 -; Nds. OVG, Urteil vom 07.12.2021 - 10 LB 257/20 -; OVG NRW, Beschluss vom 16.12.2019 - 11 A 228/15.A -; zweifelnd neuerdings aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie nur OVG NRW, Urteil vom 29.12.2020 - 11 A 1602/17.A -; alle Juris).
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Der nach Aktenlage nichtvulnerable, gesunde und arbeitsfähige Kläger hat nicht hinreichend aufgezeigt, warum in seinem Fall 2018 etwas Anderes gegolten haben könnte. Da er beruflich nach eigenen Angaben im Internet bei LinkedIn und Data-Lead als Chief Financial Officer qualifiziert ist, über erhebliche Berufserfahrung verfügt und offenbar sehr gut Englisch spricht, gibt es diesbezüglich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Mit Schriftsatz vom 13.07.2017 im Verfahren A 5 K 5884/17 hatte er bezüglich Bulgarien unter Vorlage von Fotos vorgetragen, die Asylunterkünfte in Bulgarien sowie das dort zugeteilte Essen seien sehr schlecht. Dass es ihm an der vom EuGH - nur - geforderten Grundversorgung („Bett, Brot, Seife“; vgl. dessen Urteile vom 19.03.2019 in den Rechtssachen Jawo C-163/17 und Ibrahim C-297/17 sowie Senatsurteil vom 29.07.2019 - A 4 S 749/19 -, Juris) gefehlt habe, hat selbst er hingegen nicht behauptet.
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Auch für die vom Verwaltungsgericht im Urteil vom 02.11.2021 unter Bezugnahme vor allem auf NGO-Berichte vorgenommene Annahme, insbesondere wegen einer statistisch niedrigen Schutzquote habe der Kläger in Bulgarien kein faires und substantielles Asylverfahren durchlaufen bzw. dort drohe rechtswidrige Kettenabschiebung, sieht der Senat hier keine hinreichenden Anhaltspunkte. Nach Auskunft der State Agency for Refugees vom 28.07.2021 hat der Kläger in Bulgarien vielmehr ein normales Asylverfahren durchlaufen und hernach Rechtsschutz durch Urteil des Verwaltungsgerichts Haskovo vom 17.11.2017 erhalten. Dass diese Asyl- und Gerichtsverfahren dergestalt ungenügend gewesen sein könnten, dass eine systemische Schwachstelle im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO angenommen werden könnte, kann nicht erkannt werden. Der Kläger hat hierzu jedenfalls nichts Substantiiertes vorgetragen, nicht einmal, dass er nach seiner Rückführung nach Bulgarien dort erfolglos einen Asylfolgeantrag gestellt habe. Dass ein Verwaltungsgericht eine Asylklage abweisen kann, wenn der Kläger das Land verlässt bzw. untertaucht, ist auch in Deutschland anerkannt und kann nicht als rechtsstaatswidrig bewertet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.05.2020 - 1 VR 3.19 -, Juris Rn. 16).
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Damit aber muss das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 02.11.2021 geändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen werden.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
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IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (§ 132 Abs. 2 VwGO). Auch eine Grundsatzbedeutung liegt wegen der klaren, aber nur in seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung kommenden Regelung des Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO nicht vor.

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