Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 11 S 121/21

Tenor

Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28. Oktober 2020 - 5 K 93/19 - zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die auf Aufhebung der in den Ziffern 5 und 6 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 11. Dezember 2018 getroffenen Anordnungen (Einreise- und Aufenthaltsverbote) gerichtete Klage abgewiesen hat.

Im Übrigen wird der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das bezeichnete Urteil abgelehnt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil hat teilweise Erfolg. Der Zulassungsantrag ist gemäß § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist jedoch nur soweit begründet, als er die gegen den Kläger mit Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 11.12.2018 (konkludent) angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbote betrifft (Ziffern 5 und 6 der Verfügung). Im Übrigen ist der Zulassungsantrag unbegründet.
1. Der Kläger verfolgt mit seinem Zulassungsantrag unter anderem sein Begehren weiter, die Aufhebung der gegen ihn verfügten Ausweisung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen (Ziffer 1 der Verfügung vom 11.12.2018). Mit Blick auf diesen Gegenstand seines Begehrens macht er geltend, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestünden (§ 124a Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Für den beschließenden Senat bestehen aber auf der Basis der Darlegungen des Klägers keine solchen Zweifel; daher sieht der Senat keine Veranlassung, die Berufung gegen das angegriffene Urteil aus dem vom Kläger geltend gemachten Grund zuzulassen.
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - juris Rn. 8 und vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - juris Rn. 9, jeweils mit weiteren Nachweisen). Ernstliche Zweifel sind schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.03.2022 - 2 BvR 1232/20 - juris Rn. 23, vom 07.07.2021 - 1 BvR 2356/19 - juris Rn. 23, vom 13.05.2020 - 1 BvR 1521/17 - juris Rn. 10, vom 08.05.2019 - 2 BvR 657/19 - juris Rn. 33 und vom 16.07.2013 - 1 BvR 3057/11 - juris Rn. 36). Dabei ist davon auszugehen, dass das Zulassungsverfahren das Berufungsverfahren nicht vorwegnehmen soll (BVerfG, Beschlüsse vom 18.03.2022 - 2 BvR 1232/20 - juris Rn. 23 und vom 16.07.2013 - 1 BvR 3057/11 - juris Rn. 40), es sei denn, es lässt sich schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen, das Verwaltungsgericht habe die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden und die angestrebte Berufung werde deshalb keinen Erfolg haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.07.2021 - 1 BvR 2356/19 - juris Rn. 20; BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - juris Rn. 10). Dabei sind auch nach Erlass der angegriffenen Entscheidung und bis zum Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) neu eingetretene Tatsachen sowie erhebliche Änderungen des maßgeblichen Rechts zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - juris Rn. 8 und vom 14.06.2002 - 7 AV 4.02 - juris Rn. 5).
Zu der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Darlegung ernstlicher Zweifel ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Der Streitstoff muss unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden. Erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung ohne weitere aufwendige Ermittlungen ermöglicht. Das Maß der zu leistenden Substantiierung kann dabei von der jeweiligen Begründungsdichte und dem Begründungsaufwand der angegriffenen Entscheidung abhängig sein (stRspr. des Senats; vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 - juris Rn. 3, vom 17.11.2021 - 11 S 716/20 - juris Rn. 17 und vom 02.03.2021 - 11 S 2932/20 - juris Rn. 3).
b) Gemessen daran begründen die Darlegungen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass er rechtmäßig aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden sei.
aa) Der Kläger stellt die Annahmen des Verwaltungsgerichts zu den rechtlichen Maßstäben, an denen die Prüfung der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung auszurichten sei (vgl. Seiten 11 bis 13 sowie 16 und 17 der Ausfertigung des angegriffenen Urteils), nicht in Frage. Auch aus Sicht des beschließenden Senats begegnen diese Annahmen keinen Bedenken. Dabei bedarf es im Zulassungsverfahren keiner Entscheidung, ob die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung vom Bestehen einer vom Kläger ausgehenden Gefahr erneuter Straffälligkeit (Wiederholungsgefahr) abhängt oder ob die Verfügung auch auf generalpräventive Überlegungen gestützt werden durfte (zur grundsätzlichen Relevanz der Generalprävention im aktuellen Ausweisungsrecht vgl. BVerwG, Urteil vom 09.05.2019 - 1 C 21.18 - juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 17.11.2021 - 11 S 716/20 - juris Rn. 22, vom 23.06.2020 - 11 S 990/19 - juris Rn. 7 und vom 19.07.2019 - 11 S 1631/19 - juris Rn. 14). Denn die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Ausweisung des Klägers bereits allein aus spezialpräventiven Gründen veranlasst ist, stellt dieser nicht mit schlüssigen Argumenten in Frage.
bb) Mit seinem Zulassungsantrag kritisiert der Kläger die vom Verwaltungsgericht der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) zugrunde gelegte Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Sowohl bei der Einschätzung der Frage, ob von seinem Aufenthalt im Bundesgebiet eine nach § 53 Abs. 1 AufenthG relevante Gefahr ausgeht, als auch bei der nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG gebotenen Interessenabwägung habe es die für ihn sprechenden Gesichtspunkte nicht hinreichend berücksichtigt. Die hierauf bezogenen Darlegungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen.
(1) Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen frei, das heißt nur an die innere Überzeugungskraft der in Betracht kommenden Gesichtspunkte und Argumente gebunden, dagegen grundsätzlich nicht an starre Beweisregeln (BVerwG, Urteil vom 22.01.2021 - 6 C 26.19 - juris Rn. 22; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 - juris Rn. 12, vom 18.11.2020 - 11 S 1465/19 - juris Rn. 20, und vom 26.08.2020 - 11 S 2038/19 - juris Rn. 12). Die für die richterliche Überzeugung maßgeblichen Gründe sind im Urteil anzugeben (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Im Allgemeinen genügt es aber, wenn der Begründung entnommen werden kann, dass das Gericht eine vernünftige und der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen hat; nicht erforderlich ist es hingegen, dass sich das Gericht mit allen Einzelheiten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzt (BVerwG, Beschlüsse vom 13.06.2022 - 7 B 10.21 - juris Rn. 18 und vom 12.12.2017 - 6 B 30.17 - juris Rn. 7 f.). Soweit - wie hier - eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, genügt für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein noch nicht der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt beziehungsweise das Ergebnis einer Beweisaufnahme seien anders zu bewerten (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 - juris Rn. 12, vom 17.08.2021 - 11 S 42/20 - juris Rn. 23, vom 18.11.2020 - 11 S 1465/19 - juris Rn. 20 und vom 26.08.2020 - 11 S 2038/19 - juris Rn. 12). Mit Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung wird die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erst dann in Frage gestellt, wenn Gründe dafür aufgezeigt werden, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Überzeugungsbildung fehlerhaft ist, etwa weil das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem unzutreffenden, gegebenenfalls auch unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist (BVerwG, Beschluss vom 13.06.2022 - 7 B 10.21 - juris Rn. 18; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 - juris Rn. 12; OVG LSA, Beschluss vom 03.01.2018 - 2 L 71/16 - juris Rn. 15) oder die Beweiswürdigung gedankliche Brüche oder Widersprüche aufweist. Die Würdigung der Tatsachen muss rational nachvollziehbar sein. Letzteres ist insbesondere bei einer Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, gegebenenfalls heranzuziehenden gesetzlichen Beweisregeln oder sachwidriger Beweiswürdigung nicht mehr anzunehmen (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 - juris Rn. 20, vom 18.11.2020 - 11 S 1465/19 - juris Rn. 20 und vom 26.08.2020 - 11 S 2038/19 - juris Rn. 12).
(2) In Anwendung dieser Grundsätze hat der beschließende Senat keinen Anlass, die im ersten Rechtszug erfolgte richterliche Überzeugungsbildung zu beanstanden. Auch nach der Urteilsfällung im ersten Rechtszug eingetretene neuere Entwicklungen begründen keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die Ausweisung des Klägers vorliegen.
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(a) Das Verwaltungsgericht prognostiziert im angegriffenen Urteil, dass der Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet aus in dessen Person liegenden Gründen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG gefährde. Es stützt diese - ausführlich und schlüssig begründete - Prognose auf die Annahme, dass im Falle des Klägers eine hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederholung schwerer Straftaten bestehe (Seiten 13 bis 16 der Ausfertigung des angegriffenen Urteils).
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Diese Einschätzung begegnet auch unter Berücksichtigung der vom Kläger im Zulassungsverfahren angesprochenen Gesichtspunkte keinen durchgreifenden Bedenken. Der Kläger geht in der Begründung seines Zulassungsantrags auf die Argumentationslinie des Verwaltungsgerichts nicht ein. Er stellt lediglich die in diesem Zusammenhang geäußerte Annahme des Verwaltungsgerichts in Frage, dass er sich in seiner aktuellen Lebenslage nicht in einem festen Ordnungsrahmen bewege, der ihn von der Begehung weiterer Straftaten zuverlässig abhalte. Dabei weist er auf regelmäßige persönliche Kontakte hin, die er mit seinem Bruder, seinem Onkel sowie Mitgliedern der Familie seines Onkels pflege. Von diesen Angehörigen erhalte er nicht nur materielle Unterstützung, sondern auch persönliche Zuwendung, Beratung sowie Begleitung bei gerichtlichen und behördlichen Angelegenheiten. Rückhalt und Unterstützung finde er zudem bei seinen früheren Pflegeeltern und seinem rechtlichen Betreuer. Es liege auf der Hand, dass er ohne diese Unterstützung „nicht allein klarkäme“ (Seite 5 des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigen des Klägers vom 08.02.2021). In den Jahren seit seiner Entlassung aus der Haft habe sich erwiesen, dass dieses Netzwerk hinreichend stabil sei und ihm Halt gebe.
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Diese Hinweise des Klägers sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Schlüssigkeit der Argumentation des Verwaltungsgerichts zu begründen. Sie deuten allein darauf hin, dass sich um den Kläger ein Netzwerk von Personen gebildet hat, das es ihm ermöglichet, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, nicht zu verwahrlosen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben sowie seine Interessen bei Gerichten und Behörden zu vertreten. Damit ist aber keine Aussage zu der hier maßgeblichen und vom Verwaltungsgericht mit plausibler Begründung verneinten Frage getroffen, ob die Einbindung des Klägers in dieses Netzwerk auch geeignet ist, ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Dies gilt umso mehr, als der Kläger seine schweren Straftaten zu Zeiten begangenen hat, in denen er fürsorglichen Pflegefamilien zugewiesen war, die ihm im Vergleich zu seiner aktuellen Lebenslage noch stärkeren Halt gegeben haben dürften. Hinzu kommt, dass keine der von ihm begangenen Straftaten auf Mängel seiner damaligen Betreuung und Unterbringung zurückzuführen sein dürfte. Sonstige Veränderungen in seiner persönlichen Entwicklung oder in seiner Lebenssituation, die darauf hindeuten, dass die von ihm ausgehende Gefahr der erneuten Begehung schwerer Straftaten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts entfallen oder in relevanter Weise vermindert sein könnte, hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht dargetan.
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(b) Den Darlegungen des Klägers im Zulassungsverfahren ist auch nicht zu entnehmen, dass die vom Verwaltungsgericht nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG vorgenommene Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet zu einem unrichtigen Ergebnis geführt hätte.
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(aa) Der Kläger beanstandet in diesem Zusammenhang zunächst, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der Interessenabwägung bei der Gewichtung seines Bleibeinteresses den verfassungs- und konventionsrechtlichen Schutz von Menschen mit Behinderung nicht ausreichend berücksichtigt habe. Dies betreffe die Diskriminierungsverbote nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und nach der UN-Behindertenrechtskonvention (Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Gesetz vom 21.12.2008, BGBl. II S. 1419, für Deutschland in Kraft seit 26.03.2009, BGBl. II S. 2009, 812). Danach sei es unzulässig, ihm - dem Kläger - im Rahmen der Interessenabwägung nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG Defizite vorzuhalten, die auf seine Behinderung zurückzuführen seien.
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Diese Argumentation des Klägers lässt unberücksichtigt, dass weder Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG noch Art. 5 Abs. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention noch deren Art. 18 Abs. 1 oder Art. 19 Buchst. a eine Verpflichtung der Ausländerbehörden und Gerichte begründen, das spezialpräventiv auf die Abwehr von Gefahren gerichtete öffentliche Interesse an der Ausweisung eines straffälligen Ausländers mit Behinderungen im Rahmen der nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG vorzunehmenden Interessenabwägung per se mit geringerem Gewicht anzusetzen, als dasjenige an der Ausweisung eines straffälligen Ausländers ohne Behinderungen. Ebenso wenig gebieten es die genannten verfassungs- und konventionsrechtlichen Vorschriften, das Bleibeinteresse eines straffälligen Ausländers mit Behinderungen im Rahmen der Interessenabwägung per se höher zu gewichten, als dasjenige eines straffälligen Ausländers ohne Behinderungen. Denn sie schaffen kein Sonderrecht für Menschen mit Behinderungen (so zur UN-Behindertenrechtskonvention ausdrücklich die Denkschrift der Bundesregierung zu dem Übereinkommen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BT-Drs. 16/10808, S. 46) und begründen für Ausländer mit Behinderungen auch keine Ansprüche, sich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten (OVG Hamburg, Urteil vom 25.08.2016 - 3 Bf 153/13 - juris Rn. 118 f.). Sie untersagen vielmehr in erster Linie spezifische, benachteiligende Regelungen für Menschen mit Behinderungen. Eine derart spezifische Regelung enthält das Aufenthaltsgesetz aber nicht. Es erfasst vielmehr in gleicher Weise wie Menschen ohne Behinderungen auch Menschen mit Behinderungen, enthält in einzelnen Bereichen Privilegierungen von Menschen mit Behinderungen (vgl. etwa § 9 Abs. 2 Satz 3, § 9c Satz 1 Nr. 2, § 25b Abs. 3, § 28 Abs. 1 Satz 5, § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, § 35 Abs. 4, § 36a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 104a Abs. 1 Satz 5 AufenthG), führt aber weder direkt noch indirekt zu einer Diskriminierung aufgrund der Behinderung (vgl. zu Einzelheiten OVG Hamburg, Urteil vom 25.08.2016 - 3 Bf 153/13 - juris Rn. 119 und NdsOVG, Beschluss vom 23.02.2015 - 8 PA 13/15 - juris Rn. 17). Dies entbindet die Ausländerbehörden und Gerichte allerdings nicht von ihrer Aufgabe, Nachteile einer Ausweisung, die sich für den betroffenen Ausländer gerade aufgrund seiner Behinderungen ergeben, in den Blick zu nehmen, sie im Rahmen der Interessenabwägung mit angemessenem Gewicht zu berücksichtigen und dabei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Staat kraft Verfassungs- und Konventionsrechts eine besondere Verantwortung für Menschen mit Behinderungen trägt (vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerfG, Beschluss vom 30.01.2020 - 2 BvR 1005/18 - juris Rn. 37 f. und NdsOVG, Beschluss vom 12.12.2017 - 13 PA 222/17 - juris Rn. 12). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht diese Aufgabe erkannt (vgl. Seiten 20 bis 23 der Ausfertigung des angegriffenen Urteils) und aus Sicht des beschließenden Senats auch in einer Weise erfüllt, die mit Blick auf § 108 Abs. 1 und § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keinen Anlass gibt, die Berufung zuzulassen.
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(bb) Weiter kritisiert der Kläger, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Interessenabwägung dem Umstand zu wenig Rechnung getragen, dass er aufgrund seiner Behinderungen auf die Unterstützung durch seine Familie, seine früheren Pflegeeltern und seinen rechtlichen Betreuer angewiesen sei. Auf diese Weise habe es seine - des Klägers - verfassungs- und konventionsrechtlichen Rechte aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK missachtet. Hinzu komme, dass das Verwaltungsgericht den Umstand nur unvollständig berücksichtigt habe, dass er nur die deutsche Sprache beherrsche, behinderungsbedingt außerstande sei, eine andere Sprache zu erlernen, und daher im Falle seiner Abschiebung in den Kosovo der Möglichkeit des sprachlichen Austauschs beraubt werde.
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Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht allerdings auch diese Aspekte gesehen, berücksichtigt und auf schlüssige Weise im Rahmen der Interessenabwägung nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG gewürdigt (vgl. Seiten 19 bis 21 der Ausfertigung des angegriffenen Urteils). Umstände, die darauf hindeuten, dass dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang nach § 108 Abs. 1 VwGO relevante Fehler unterlaufen wären, hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht aufgezeigt.
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Hinzu kommt, dass nach Mitteilung des Beklagten (vgl. Seite 12 des Schriftsatzes vom 11.03.2021) die umfangreichen Bemühungen zur Klärung der Staatsangehörigkeit des Klägers erfolglos geblieben seien. Daher stehe bis auf Weiteres in Bezug auf den Kläger keine tatsächliche Aufenthaltsbeendigung im Raum. Der Kläger werde sich vielmehr längerfristig geduldet im Bundesgebiet aufhalten können. Bei dieser Sachlage ist aktuell nicht damit zu rechnen, dass sich die Nachteile, die dem Kläger im Falle seiner Abschiebung in einen anderen Staat drohen würden, in absehbarer Zeit realisieren werden. Dies mindert das Gewicht seiner schützenswerten Interessen, den Eintritt dieser Nachteile zu vermeiden (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16.02.2022 - 1 C 6.21 - juris Rn. 43, vom 09.05.2019 - 1 C 21.18 - juris Rn. 28, vom 25.07.2017 - 1 C 12.16 - juris Rn. 31 und vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 - juris Rn. 58).
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(cc) Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe das Gewicht der Nachteile verkannt, die ihm aus dem Wechsel von der Innehabung einer Niederlassungserlaubnis in den Status eines nur geduldeten Ausländers entstünden, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Das Verwaltungsgericht hatte ohne entsprechenden Vortrag des Klägers keinen Anlass, auf die vom Kläger nun im Zulassungsverfahren angesprochenen Gesichtspunkte ausdrücklich einzugehen. Denn der Kläger thematisiert hier lediglich einzelne nachteilige praktischen Folgen, die sich für ihn aus dem Verlust seiner Niederlassungserlaubnis ergeben. Das sich an den Besitz einer Niederlassungserlaubnis anknüpfende, besonders schwerwiegende Bleibeinteresse des Klägers hat das Verwaltungsgericht aber durchaus gesehen, im Zusammenhang mit der Lebenssituation des Klägers im Bundesgebiet erörtert und im Rahmen der Interessenabwägung mit dem sich aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ergebenden Gewicht berücksichtigt (vgl. Seiten 16 und 18 der Ausfertigung des angegriffenen Urteils). Das dabei vom Verwaltungsgericht entwickelte Ergebnis ist plausibel. Dies gilt auch, wenn man die konkreten praktischen Nachteile in den Blick nimmt, die sich für den Kläger aus seiner Ausweisung, dem Verlust seiner Niederlassungserlaubnis und seinem Wechsel in das Duldungsregime ergeben. Denn gerade bei straffälligen Ausländern, von denen eine relevante Gefahr der erneuten Begehung schwerer Straftaten ausgeht, deren Aufenthalt im Bundesgebiet aber auf absehbare Zeit nicht beendet werden kann, besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse, der Begehung weiterer Straftaten durch Einsatz aufenthaltsrechtlicher Instrumente (vgl. insbesondere § 4a Abs. 4, §§ 56 f., § 61 AufenthG) entgegenwirken zu können. Ob diese Instrumente im Fall des Klägers bislang richtig zur Anwendung gebracht wurden, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
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(dd) Die Rüge des Klägers, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Berücksichtigung seiner Straffälligkeit im Rahmen der Interessenabwägung nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG erweise sich als unzulässige Doppelbestrafung, greift ebenfalls nicht durch. Denn es ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass weder Verfassungs- noch Konventionsrecht einer solchen Berücksichtigung entgegensteht (vgl. EGMR Urteile vom 28.06.2007 - Nr. 31753/02 - Rn. 52, vom 18.10.2006 <Ümer> - Nr. 46410/99 - Rn. 56; BVerwG, Beschluss vom 21.07.2015 - 1 B 26.15 - juris Rn. 7). Dies entspricht auch der Auffassung des beschließenden Senats.
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2. Soweit sich das angegriffene Urteil auf die Ziffern 2 und 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.12.2018 bezieht (Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung), setzt sich der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags nicht hinreichend mit den vom Verwaltungsgericht hierzu vertretenen Ansätzen auseinander. Es fehlt vor allem jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Regierungspräsidiums Karlsruhe in der Begründung des angegriffenen Bescheids (vgl. dort Seiten 16 und 17). Eine solche war aber geboten. Denn das Verwaltungsgericht hat auf die Argumentation des Regierungspräsidiums gemäß § 117 Abs. 5 VwGO ausdrücklich Bezug genommen und sie sich damit zu eigen gemacht. Der Kläger erhebt in diesem Zusammenhang lediglich die pauschale Rüge, dass die Bezugnahme auf die Begründung des angegriffenen Bescheids nicht mehr passe, weil sich seine persönlichen Verhältnisse inzwischen anders darstellten als zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids (vgl. Seite 12 des Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten vom 08.02.2021). Dagegen erläutert der Kläger nicht, in welcher Hinsicht die von ihm angesprochenen Veränderungen für die rechtliche Bewertung der an ihn adressierten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohungen von Bedeutung sein könnten. Insofern genügt die Begründung des Zulassungsantrags bereits nicht dem Darlegungserfordernis nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
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3. Der Kläger hat dagegen mit einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Begründung dargelegt, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen, soweit dieses die in den Ziffern 5 und 6 der streitgegenständlichen Verfügung vom 11.12.2018 getroffenen Regelungen betrifft. Bei diesen handelt es sich um Anordnungen zweier Einreise- und Aufenthaltsverbote von bestimmter Dauer (vgl. hierzu nur BVerwG, Urteil vom 16.02.2022 - 1 C 6.21 - juris Rn. 19 mit weiteren Nachweisen). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach Ziffer 5 der Verfügung knüpft an die Ausweisung des Klägers an, dasjenige nach Ziffer 6 an die Durchführung der dem Kläger angedrohten Abschiebung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). In Würdigung des klägerischen Vortrags und mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Ermessensausübung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG bei der Bestimmung der Länge der Frist eines Einreise- und Aufenthaltsverbots (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.02.2022 - 1 C 6.21 - juris Rn. 57 und vom 07.09.2021 - 1 C 47.20 - juris Rn. 15 ff. in Fortentwicklung der Rechtsprechung in BVerwG, Beschluss vom 11.11.2013 - 1 B 11.13 - juris Rn. 3 und Urteil vom 30.07.2013 - 1 C 9.12 - juris Rn. 42 f.) hält der beschließende Senat an seiner im Eilrechtsschutzverfahren vertretenen Auffassung nicht mehr fest, dass die angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbote keinen durchgreifenden Bedenken begegneten (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23.06.2020 - 11 S 990/19 - juris Rn. 42).
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Nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der beschließende Senat anschließt, begründet § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG das Gebot einer zweistufigen Ermessensausübung in Bezug auf die Bestimmung der angemessenen Frist für die Dauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots. In einem ersten Schritt bedarf es der prognostischen Einschätzung der Ausländerbehörde, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots veranlassenden Ausweisung oder Abschiebung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an einer Gefahrenabwehr durch Fernhalten des Ausländers vom Bundesgebiet zu tragen vermag. In der zweiten Stufe sind dem gefahrenabwehrrechtlich geprägten öffentlichen Interesse die Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die private Lebensführung des Ausländers gegenüberzustellen. Dieser zweite Prüfungsschritt zielt im Lichte von Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 EU-GR-Charta sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf eine Begrenzung der einschneidenden Folgen eines Einreise- und Aufenthaltsverbots für das Familien- und Privatleben des Betroffenen. Auch die oben bereits angesprochene besondere Verantwortung des Staates für Menschen mit Behinderungen dürfte hier im Lichte der objektiven Wertentscheidung des Verfassungsgebers in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu berücksichtigen sein. Der zweite Prüfungsschritt bezweckt zudem, dem Interesse des Ausländers an einer angemessenen Rückkehrperspektive bei aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen Rechnung zu tragen. Deshalb ist das Gewicht des individuellen Interesses, sich wieder im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, bei der Bemessung der Frist zu berücksichtigen (vgl. zu Einzelheiten BVerwG, Urteil vom 07.09.2021 - 1 C 47.20 - juris Rn. 17 ff.). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung stellt sich die Frage, ob in Fällen, in denen die Beendigung des Aufenthalts eines ausgewiesenen Ausländers im Bundesgebiet auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird, die Notwendigkeit besteht, bei der inhaltlichen Ausgestaltung der nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gebotenen Einreise- und Aufenthaltsverbote nicht dem Interesse des Ausländers an einer angemessenen Rückkehrperspektive, sondern in geeigneter Weise seinem Interesse an einer angemessenen Bleibeperspektive Rechnung zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frist für den Lauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots erst mit der Ausreise beginnt (§ 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Zugleich spricht manches für die Annahme, dass einem Erfordernis, einem ausgewiesenen Ausländer eine angemessene Bleibeperspektive aufzuzeigen, nicht bereits durch die Existenz des Verfahrens nach § 11 Abs. 4 AufenthG Genüge getan ist. Sollte diese Annahme zutreffen, käme es in Betracht, den oben angesprochenen Grund- und Menschenrechten in der Weise Rechnung zu tragen, dass ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Zusicherung (§ 38 LVwVfG) verbunden wird, es nach gewisser Dauer aufzuheben, wenn der Ausländer bis dahin das Bundesgebiet nicht verlassen und sich nicht erneut strafbar gemacht hat.
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Bei der Bestimmung der Dauer der streitgegenständlichen Einreise- und Aufenthaltsverbote hat das Regierungspräsidium Karlsruhe zwar beachtet, dass insofern eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Jedenfalls aus der Begründung des Bescheids (vgl. dort die Seiten 17 bis 19) ist aber nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass die zweite Stufe der Ermessensausübung vollständig durchgeführt wurde (vgl. in diesem Zusammenhang § 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Vielmehr hat sich die Behörde im Wesentlichen mit der spezial- und generalpräventiven Zielsetzung der von ihr verfügten Ausweisung sowie damit befasst, dass der Kläger durch die drohende Sperrwirkung seiner Abschiebung zur freiwilligen Ausreise veranlasst werden soll. Aspekte, die im zweiten Prüfungsschritt zu beachten sind, haben hingegen keine Erwähnung gefunden. Dies deutet darauf hin, dass die Anordnungen an nach § 114 Satz 1 VwGO relevanten Ermessensfehlern leiden. Der beschließende Senat sieht nach Aktenlage auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht oder im Zulassungsverfahren eine Ergänzung der behördlichen Ermessenserwägungen erfolgt wäre (§ 114 Satz 2 VwGO). Er berücksichtigt dabei, dass ein Nachschieben von Ermessenserwägungen dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 LVwVfG) unterliegt. Wird eine Änderung der Ermessenserwägungen erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden (BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 46.12 - juris Rn. 35; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.04.2021 - 5 S 1996/19 - juris Rn. 57). In diese Richtung zielende Erklärungen wurden nach Aktenlage im bisherigen Verfahren nicht abgegeben.
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4. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seinen Hilfsantrag verfahrensfehlerhaft als unzulässige Klageänderung eingestuft, rechtfertigt dagegen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Denn dem Kläger fehlt insofern bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Sein in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellter Hilfsantrag zielt auf die Verpflichtung des Beklagten, ihm eine Duldung zu erteilen. Bereits aus dem klägerischen Vortrag im Zulassungsverfahren geht aber hervor, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger seit längerer Zeit regelmäßig Duldungen erteilt. Auch der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11.03.2021 klargestellt, dass sich der Kläger längerfristig geduldet im Bundesgebiet wird aufhalten können. Damit steht es außer Frage, dass eine auf die Verpflichtung des Beklagten zur Duldungserteilung gerichtete Klage derzeit nicht veranlasst ist.
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5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).
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6. Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung im Berufungsverfahren vorbehalten.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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