Beschluss vom Amtsgericht Düsseldorf - 660 M 1748/21
Tenor
In der Zwangsvollstreckungssache
des Herrn T,
Gläubigers,
Verfahrensbevollmächtigter: Herr Rechtsanwalt H,
gegen
Herrn N,
Schuldner,
Obergerichtsvollzieherin F,
Gerichtsvollzieherin,
Auf die Erinnerung des Vertreters der Landeskasse vom 16.11.2021 wird die Kostenrechnung der Obergerichtsvollzieherin F vom 21.09.2021 zum Aktenzeichen ## ## ###/## bzw. ## ## ###/## dahingehend abgeändert, dass die dort angesetzte Auslagenpauschale nach KV 716 GvKostG auf 10,00 € und damit der gesamte Kostenansatz auf 85,42 € gekürzt wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG; 66 Abs. 7 S. 2 GKG).
1
Gründe:
2Der Gläubigervertreter beauftragte die Gerichtsvollzieherin unter dem 21.06.21 mit den Vollstreckungsmaßnahmen gem. Modul G1 (§ 802c ZPO, Vermögensauskunft) und M1-M4 (§ 802l ZPO, Drittauskunft) des amtlichen Formulars nach §§ 753 Abs. 3 ZPO, 1 GVFV.
3Nach Nichtabgabe der Vermögensauskunft holte die Gerichtsvollzieherin antragsgemäß drei Drittauskünfte ein. Sie rechnete mit Kostenansatz vom 21.09.21 insgesamt 86,82 € ab, darunter 11,40 € Auslagenpauschale gem. KV 718 GvKostG.
4Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Landeskasse durch den Bezirksrevisor vom 16.11.2021. Er geht davon aus, dass nur ein Auftrag vorliege und daher die Auslagenpauschale nur einmal bis zum Höchstbetrag von 10,00 € anzusetzen sei. Es liege mit der Wahl von Modul M4 insbesondere keine bedingte Beauftragung mit der Einholung von Drittauskünften vor, sondern nur eine beschränkte Beauftragung, oder eine solche unter der auflösenden Bedingung, dass die Vermögensauskunft abgegeben, aber zu keinem pfändbaren Vermögen führen würde.
5Die Gerichtsvollzieherin hat nicht abgeholfen und meint, es handle sich um kein bloßes Nebengeschäft.
6II.
7Die Erinnerung ist gem. § 5 GvKostG zulässig und statthaft.
8Sie ist auch begründet.
9Zurecht beanstandet der Bezirksrevisor den Ansatz der Auslagenpauschale gem. Nr. 716 KV GvKostG über den einfachen Maximalbetrag hinaus.
10Denn richtigerweise ist davon auszugehen, dass die Gerichtsvollzieherin gleichzeitig mit der Abnahme der Vermögensauskunft und der Einholung von Drittauskünften beauftragt wurde, sodass gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GvKostG von nur einem bzw. demselben Auftrag auszugehen ist, für den die Pauschale nach KV 716 GvKostG nur einmal und im konkreten Fall gedeckelt durch den Höchstbetrag von 10,00 € angesetzt werden kann.
11Im Einzelnen:
121.
13Die hier in Streit stehende Auslangepauschale nach KV 716 GvKostG wird „für sonstige bare Auslagen je Auftrag“ erhoben.
14Die für die Beurteilung eines kostenrechtlichen Auftrages maßgebliche Vorschrift des § 3 GvKostG lautet:
15(1)
161Ein Auftrag umfasst alle Amtshandlungen, die zu seiner Durchführung erforderlich sind; einem Vollstreckungsauftrag können mehrere Vollstreckungstitel zugrunde liegen. 2 […] 3Jeweils verschiedene Aufträge sind […] besondere Geschäfte nach Abschnitt 4 des Kostenverzeichnisses, soweit sie nicht Nebengeschäft sind. 4Die Vollziehung eines Haftbefehls ist ein besonderer Auftrag.
17(2)
181Es handelt sich jedoch um denselben Auftrag, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig beauftragt wird,
19[…]
203.mehrere Vollstreckungshandlungen gegen denselben Vollstreckungsschuldner oder Verpflichteten (Schuldner) oder Vollstreckungshandlungen gegen Gesamtschuldner auszuführen.
212Der Gerichtsvollzieher gilt auch dann als gleichzeitig beauftragt, wenn
221.der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden ist (§ 807 Absatz 1 der Zivilprozessordnung), es sei denn, der Gerichtsvollzieher nimmt die Vermögensauskunft nur deshalb nicht ab, weil der Schuldner nicht anwesend ist, oder
232.der Auftrag, eine gütliche Erledigung der Sache zu versuchen, in der Weise mit einem Auftrag auf Vornahme einer Amtshandlung nach § 802a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 4 der Zivilprozessordnung verbunden ist, dass diese Amtshandlung nur im Fall des Scheiterns des Versuchs der gütlichen Erledigung vorgenommen werden soll.
24Gem. Kostenverzeichnis Anl. § 9 GvKostG zählen die Drittauskünfte nach § 802l ZPO zu den im Abschnitt 4 genannten Geschäften (KV 440 GvKostG) und werden nicht in Abschnitt 6 KV GvKostG über Gebühren für nicht erledigte Amtshandlungen erwähnt.
25Die Regelung des § 802l ZPO (in der hier interessierenden Fassung bis 31.12.2021) lautet:
26Abs. 1
271Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, so darf der Gerichtsvollzieher
28[die näher bezeichneten Drittauskünfte einholen]
29[…]
30Abs. 4
311Nach Absatz 1 Satz 1 erhobene Daten, die innerhalb der letzten drei Monate bei dem Gerichtsvollzieher eingegangen sind, darf dieser auch einem weiteren Gläubiger übermitteln, wenn die Voraussetzungen für die Datenerhebung auch bei diesem Gläubiger vorliegen. […]
32Schließlich formuliert das hier gewählte Modul M4 des amtlichen Vollstreckungsauftrages:
33Die vorstehend ausgewählte/-n Drittauskunft/Drittauskünfte sollen nur eingeholt werden, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt.
342.
35Zutreffend geht die Gerichtsvollzieherin davon aus, dass weder die Drittauskunft ein Nebengeschäft darstellt, noch die ihr (notwendig) vorauszugehende Ladung zur Vermögensauskunft, weil beide Vollstreckungsmaßnahmen gleichwertige Maßnahmen i.S.d. § 802a ZPO darstellen und der bloße Umstand, dass Drittauskünfte nur nach einem fehlgeschlagenen Auskunftsverfahren eingeholt werden können, dem tatbestandlich vorausgesetzten Auskunftsverfahren nicht seine Selbständigkeit nimmt (so im Ergebnis zutreffend z.B. Herrfurth in BeckOK § 3 GvKostG Rn 31 m.N.).
36Dies gilt umso mehr als nach der (hier in diesem Punkt geteilten) Rechtsprechung des BGH (B. v. 20.09.2018 – I ZB 120/17 dort Rn 10-13) die Einholung von Drittauskünften für die Tätigkeit der Rechtsanwälte eine besondere Angelegenheit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, weil selbständige (BGH a.a.O. Rn 12) Maßnahme darstellt.
37Folgerichtig ist § 802l ZPO nicht mehr neben § 755 ZPO in der Beschreibung von Nebengeschäften gem. Nr. 2 Abs. 7 lit b DB-GvKostG aufgeführt.
383.
39Richtig ist ferner, dass zur Einholung der Drittauskünfte ein vorheriges Verfahren auf Einholung der Vermögensauskunft stattgefunden haben muss (§ 802l Abs. 1 S. 1 ZPO), sodass die Ladung zur (und ggf. Abnahme der) Vermögensauskunft zur Durchführung der Drittauskünfte zwar erforderlich i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 GvKostG ist.
40Zugleich gehören aber die Drittauskünfte zu den besonderen Geschäften i.S.d. 4. Abschnitts Anl. § 9 GvKostG (KV 440), sodass nach § 3 Abs. 1 S. 3 GvKostG als Ausnahmeregelung zu S. 1 von verschiedenen Aufträgen auszugehen ist.
414.
42Gleichwohl unterfällt die Wahl der Module G und M in einem Auftrag der Rückausnahme in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GvKostG und zwar auch dann, wenn innerhalb von Modul M nicht nur die einzelnen Auskünfte M1 bis M3 beauftragt werden, sondern der Auftrag mit der Maßgabe des Modul M4 erteilt wird.
43Denn dann ist von einem gleichzeitigen Auftrag mit mehreren Vollstreckungshandlungen gegen denselben Schuldner auszugehen.
44Dabei kann hier nicht zweifelhaft sein, dass die in demselben Vollstreckungsauftragsformular erteilten Aufträge in tatsächlicher Hinsicht gleichzeitig erteilt worden sind (hierzu z.B. Kessel GvKostG 1. Aufl. § 3 Rn 12; Kawell in Kindl/Meller-Hannich GesRZV 4. Aufl. § 3 Rn 25), denn sie wurden am gleichen Tage mit einheitlichem Eingang bei der Gerichtsvollzieherverteilerstelle (hier am 23.06.21) erteilt (vgl. § 3 Abs. 3 S. 1 GvKostG).
455.
46Sie sind bei richtiger Betrachtung auch in (kosten-)rechtlicher Hinsicht als gleichzeitig erteilt anzusehen.
47Es handelt sich insbesondere nicht um einen bedingten Auftrag entsprechend den gesetzlich geregelten Fällen des § 3 Abs. 2 S. 2 GvKostG, oder den wohl in Nr. 2 Abs. 2 1. HS DB-GvKostG gemeinten, darüber hinausgehenden Fällen.
48Dabei ist grundsätzlich anerkannt, dass es möglich ist, einen Auftrag unter einer aufschiebenden Bedingung zu erteilen, sodass der Auftrag erst als erteilt gilt, wenn die Bedingung eingetreten ist.
49Umgekehrt liegt kein aufschiebend bedingter Auftrag, sondern gebührenrechtlich eine gleichzeitige Beauftragung vor, wenn der Gerichtsvollzieher unter einer bestimmten Bedingung nicht weiter tätig werden soll, also die Beauftragung auflösend bedingt oder beschränkt erteilt ist (so, wenngleich in etwas anderem Zusammenhang und mit anderer Begrifflichkeit: Toussaint/Uhl, 51. Aufl. 2021, GvKostG § 3 Rn. 48; OLG Celle DGVZ 2015, 228; AG Berlin-Lichtenberg DGVZ 2020, 186; OLG Celle DGVZ 2015, 88). Dies folgt aus dem auch im Zwangsvollstreckungsrecht geltenden Grundsatz der Dispositionsmaxime. So galt ein Verzicht auf die Übersendung der Vermögensauskunft nach § 802d ZPO (a.F.) im Rahmen eines Auftrages nach § 802c ZPO als zulässig, wenn sich herausstellt, dass bereits eine Vermögensauskunft abgegeben worden war (vgl. OLG Celle DGVZ 2015, 88, 90). Dass durch die Neuregelung des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO ein solcher Verzicht „unbeachtlich“ ist, zeigt im Umkehrschluss, dass derartige auflösende Bedingungen, Beschränkungen oder eben ein Verzicht weiterhin für zulässig erachtet werden.
50Die Auswahl von Modul M4 rechtfertigt nicht die Annahme eines bedingten Auftrages, in dem Sinne, dass er erst als erteilt gelten soll, wenn die Vermögensauskunft nicht eingeholt werden konnte (so aber Herrfurth in BeckOK KostR § 3 GvKostG Rn 33).
51Ein Verständnis in diesem Sinne ist weder durch den Wortlaut von Modul M4 geboten noch in rechtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der Vollstreckungsziele des Gläubigers und insbesondere auch seines Kosteninteresses.
52Vielmehr liegt hierin nach sachgerechtem Verständnis eine auflösende Bedingung oder eine Beschränkung bzw. ein Verzicht auf Einholung von Drittauskünften, für den Fall, dass der Schuldner die Vermögensauskunft abgibt (oder eine solche schon i.S.d. § 802d ZPO vorliegt).
53a)
54Nach dem Wortlaut des Moduls ist ein Verständnis dahingehend, dass die Einholung der Auskünfte unter der aufschiebenden Bedingung der pflichtwidrigen Nichtabgabe der Vermögensauskunft steht, nicht zwingend.
55Vielmehr ist die Wahl des Wortes „nur“ in dem Zusammenhang zu verstehen, dass die Einholung von Drittauskünften von zwei alternativen Voraussetzungen abhängig ist.
56Es hätte daher ebenso gut z.B. formuliert werden können: „Drittauskünfte sollen nicht eingeholt werden, wenn bei einer Vollstreckung in die in einem vorhandenen Vermögensverzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist.“
57b)
58Der Gläubiger kann nach dem klaren Wortlaut des § 802l ZPO (nunmehr auch für Folgegläubiger mit § 802l BGB in der ab 01.01.22 geltenden Fassung klargestellt) Drittauskünfte nur erlangen, wenn er selbst zuvor das Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft beantragt hat.
59Der Gläubiger, der die Vermögensverhältnisse des Schuldners durch ein Auskunftsverfahren und Drittauskünfte erforschen will, wird also typischerweise beide Aufträge gleichzeitig erteilen.
60Ein Verständnis, ein Auftrag solle nur als erteilt angesehen werden, wenn dessen gesetzliche Voraussetzungen vorliegen, erscheint regelmäßig fernliegend und nur dann gerechtfertigt, wenn die Annahme eines bedingten Auftrages dem Gläubiger (und nicht etwa dem Gerichtsvollzieher) Vorteile bietet.
61b)
62Derartige Vorteile bietet ein aufschiebend bedingt erteilter Auftrag hingegen in der Regel nicht.
63Der Gläubiger hat typischerweise ein Interesse daran, seinen Auftrag auf Einholung von Drittauskünften auf eine von zwei alternativen Voraussetzungen zu beschränken.
64Hat der Gläubiger keinerlei Einblick in die Vermögensverhältnisse des Schuldners gewinnen können, weil keine Vermögensauskunft abgegeben wurde, so hat er erkennbar ein Interesse daran, die Vermögensverhältnisse weiter aufzuklären.
65Dabei wird er bereit sein, Drittauskünfte zum Preis von je einer Gebühr nach KV 440 GvKostG (bis 31.12.21 je 13,00 €, also max. 36,00 € zzgl. 15,00 € für die nicht erledigte Vermögensauskunft).
66Erhält er auf seinen Auftrag nach § 802c ZPO aber (N.B.: für dann aber 33,00 € gem. KV 260) ein Vermögensverzeichnis, will er im Zweifel nicht zum Preis von bis zu weiteren 36,00 € die Vollständigkeit und Richtigkeit eines vorhandenen Vermögensverzeichnisses einer Prüfung durch Drittauskünfte unterziehen.
67Zugleich ist ein berechtigtes Interesse des Gläubigers daran anzuerkennen, die Frage, ob ein vorhandenes Vermögensverzeichnis anschließende Drittauskünfte lohnenswert erscheinen lässt, selbst prüfen zu wollen.
68Auch hinsichtlich der anfallenden Gebühren liegt die Annahme eines gleichzeitigen, gerade nicht aufschiebend bedingten Auftrages, sondern eines auflösend bedingten Auftrages (oder einer aufschiebend bedingten Auftragsrücknahme oder -beschränkung) nahe. Denn für die Nichteinholung von Drittauskünften fällt eine Nichterledigungsgebühr nach Nr. 604, 260 GVKostG nicht an. Umgekehrt würde – wie hier geschehen – die Annahme eines aufschiebend bedingten Auftrages eine weitere Auslagenpauschale auslösen.
69Damit entspricht regelmäßig nur die Annahme eines beschränkten oder auflösend bedingten Auftrages den typischen Gläubigerinteressen, nicht jedoch die Annahme eines aufschiebend bedingten Auftrages.
70c)
71Dies belegt auch eine Kontrollüberlegung:
72Würde der Gläubiger lediglich die Module M, M1-M3 wählen, ließe sich die Konstruktion eines bedingten Auftrages zu Begründung der Annahme zweier eben nicht gleichzeitig beauftragter Vollstreckungsaufträge nicht halten lassen.
73Es ist aber nicht einsichtig, von einem aufschiebend bedingten und damit gebührenrechtlich zweiten Auftrag auszugehen, wenn der Gläubiger letztlich mit Modul M4 ein Weniger gegenüber dem Regelfall beantragt.
74d)
75Das hier gefundene Ergebnis wird schließlich auch durch einem Vergleich mit der Regelung zu § 3 Abs. 2 Nr. 1 2. Halbsatz GvKostG bestätigt.
76Danach
77„gilt [der Gerichtsvollzieher] auch dann als gleichzeitig beauftragt, wenn 1.der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden ist (§ 807 Absatz 1 der Zivilprozessordnung), es sei denn, der Gerichtsvollzieher nimmt die Vermögensauskunft nur deshalb nicht ab, weil der Schuldner nicht anwesend ist…“
78Dieser sog. „Kombiauftrag“ gilt grundsätzlich als gleichzeitiger Auftrag, sprich die von dem Erfordernis der Zahlungs- und Ladungsfrist nach § 802f Abs. 1 S. 1, 2 ZPO befreite sofortige Vermögensauskunft gilt explizit als gleichzeitig beauftragt. Hiervon macht das Gesetz die Rückausnahme nicht etwa in Fällen, in denen der Gläubiger auf eine Vermögensauskunft verzichtet, wenn der Pfändungsversuch fruchtlos war (§ 807 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO), sondern nur dann, wenn der Pfändungsversuch vollständig scheitert, also der Schuldner gar nicht erst angetroffen wird und mithin die Erleichterungen gegenüber § 802f ZPO nicht herbeigeführt werden konnten.
79Auch § 3 Abs. 3 GvKostG bestätigt dieses Ergebnis:
801Ein Auftrag ist erteilt, wenn er dem Gerichtsvollzieher oder der Geschäftsstelle des Gerichts, deren Vermittlung oder Mitwirkung in Anspruch genommen wird, zugegangen ist. 2Wird der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden (§ 807 Abs. 1 der Zivilprozessordnung), gilt der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft als erteilt, sobald die Voraussetzungen nach § 807 Abs. 1 der Zivilprozessordnung vorliegen.
81Sobald der Vollstreckungsauftrag mit den ausgewählten Modulen G und M nach Abs. 3 S. 1 zugegangen ist, ist er erteilt. Damit sind die Vollstreckungshandlungen nach §§ 802c und 802l ZPO bei Auswahl der Module G und M in demselben Auftragsformular auch gleichzeitig erteilt. Dass die Drittauskünfte aufgrund der tatbestandlichen Voraussetzungen erst nach Durchführung des Verfahrens nach §§ 802c ZPO eingeholt werden können, spielt nach dem Gesetz also keine Rolle.
82Das Gesetz interpretiert, oder besser: fingiert, gebührenmäßig die Auftragserteilung nur dann als bedingt oder zeitlich aufeinanderfolgend, wenn die besonderen Voraussetzungen der sofortigen Vermögensauskunft geschaffen wurden. Insoweit handelt es sich aber nach Auffassung des Gerichts um eine Spezialregelung, die auf andere Fälle nicht entsprechend angewendet werden kann. Vielmehr ergibt sich im Umkehrschluss, dass in anderen Fällen gerade nicht durch Annahme eines aufschiebend bedingten Auftrages eine vergleichbare Situation geschaffen werden soll.
83Es besteht im Falle des § 802l ZPO auch kein Bedarf für eine derartige Konstruktion eines bedingten Auftrages. Denn während die gleichzeitig beauftragte Vermögensauskunft eine Nichterledigungsgebühr nach Nr. 604, 260 GVKostG auslösen würde, ist eine solche für nicht eingeholte Auskünfte gerade nicht vorgesehen.
84Letztlich ist es gewollt, dass der Gläubiger keinen bedingten Auftrag erteilen muss, um sich zum Preis einer weiteren Auslagenpauschale ggf. die Nichterledigungsgebühr zu ersparen. Vielmehr ist es ihm ermöglicht, den Auftrag zu beschränken, oder bedingt zurückzunehmen oder unter eine auflösende Bedingung zu stellen, ohne hierfür zusätzlich Gebühren investieren zu müssen.
85Die bloße Nichteinholung von Drittauskünften erzeugt auch – anders als z.B. die Ladung zur Vermögensauskunft bei Säumnis – keinen zusätzlichen Aufwand, den es in irgendeiner Form zu honorieren gälte.
86Umgekehrt gibt es auch keine Rechtfertigung bei Einholung von Drittauskünften nur deshalb eine erhöhte Auslagenpauschale zuzubilligen, weil sie eingeholt wurden, weil diejenige von zwei alternativen Voraussetzungen eingetreten ist, die der Gläubiger gewählt hat.
87Nach allem kann hier nicht von einer bedingten Beauftragung ausgegangen werden.
88Damit liegt ein einziger, gleichzeitig erteilter Auftrag vor, der den Ansatz einer zweiten Auslagenpauschale für die Einholung von Drittauskünften ausschließt.
89Rechtsmittelbelehrung:
90Gegen diesen findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
91Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts einzulegen.
92Die Beschwerde hat die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung zu enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
93Düsseldorf, 19.01.2022Amtsgericht
94M
95Richter am Amtsgericht
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Referenzen
- ZPO § 802f Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft 2x
- ZPO § 802c Vermögensauskunft des Schuldners 5x
- GvKostG § 3 Auftrag 11x
- ZPO § 755 Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners 1x
- §§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG; 66 Abs. 7 S. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 753 Abs. 3 ZPO, 1 GVFV 2x (nicht zugeordnet)
- RVG § 18 Besondere Angelegenheiten 1x
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- ZPO § 802l Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers 8x
- GvKostG § 5 Kostenansatz, Erinnerung, Beschwerde, Gehörsrüge 2x
- ZPO § 802d Erneute Vermögensauskunft 3x
- I ZB 120/17 1x (nicht zugeordnet)
- GvKostG § 9 Höhe der Kosten 2x
- ZPO § 802a Grundsätze der Vollstreckung; Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers 1x
- ZPO § 807 Abnahme der Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch 1x