Urteil vom Amtsgericht Halle (Saale) - 120 C 1995/12
Tenor
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft „..." in Halle. Er ist Eigentümer der Einraumwohnung E.
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Die Beklagte ist Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft.
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In den Jahren 2007 und 2008 hatte die Wohnung leer gestanden. Im Jahre 2009 war sie vermietet.
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Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte die i... GmbH damit beauftragt, die Heizkostenabrechnung für das gesamte Objekt zu erstellen. Die i... hatte in der fraglichen Wohnung im Jahre 2006 letztmals Zugang erhalten. In den Jahren 2007 und 2008 war das nicht der Fall. Im Jahre 2009 legte die i... ihrer Berechnung einen vom Mieter genannten Selbstablesungsbetrag zugrunde (Blatt 26).
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Die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft für das Jahr 2007 ergab für die Einzelabrechnung der klägerischen Wohnung Heizkosten in Höhe von knapp 135,00 € (Blatt 13). Die Einzelabrechnung enthält die Angabe, dass nach dem Vorjahresverbrauch geschätzt worden war. Ähnlich liegt es für die Abrechnung des Jahres 2008 (Blatt 17 und 18 der Akte). Die Einzelabrechnung für das Jahr 2009 lag auf Grund der nun vorliegenden Angaben des Mieters bei einem Heizkostenanteil von ca. 1.930,00 € (Blatt 23). Insgesamt ergab sich damit für den Kläger ein Nachzahlungsbetrag von 1.460,24 € (Blatt 19 der Akte).
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Die Beklagte lud zur Wohnungseigentümerversammlung am 12.06.2010 (Tagesordnung Blatt 29 bis 31) ein. Einige Tage vor Durchführung der Versammlung am 07.06.2010 erhielt die Beklagte von der i... eine E-Mail (Blatt 26). Darin legte die i... dar, wie man in den Jahren 2007 bis 2009 in der streitgegenständlichen Wohnung zu den Verbrauchszahlen gekommen war.
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In der Wohnungseigentümerversammlung am 12.06.2010 ergingen sowohl zu der Gesamtjahresabrechnung wie zu den Einzelabrechnungen zustimmende Mehrheitsbeschlüsse.
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Der Kläger machte mit Schreiben vom 03.07.2010 (Blatt 24) und 10.09.2010 (Blatt 25) gegenüber der Beklagten geltend, der für sein Objekt in Ansatz gebrachte Ablesewert (und damit auch Zahlbetrag) sei zu hoch.
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Die Beklagte forderte gegenüber dem Kläger gleichwohl den Nachzahlungsbetrag ein. Es kam zu einem Gerichtsverfahren. In jenem gab der – hiesige - Kläger ein Anerkenntnis ab. Es erging ein Anerkenntnisurteil (Blatt 32); anschließend ein Kostenfestsetzungsbeschluss über 401,18 € (Blatt 33). Weiter hatte der Kläger in jenem Verfahren 441,20 € an seine Anwälte zu entrichten (Blatt 34).
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Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe ihre Verwalterpflichten ihm gegenüber verletzt. Sie habe daher für sämtliche ihm aus der Abrechnung des Jahres 2009 entstandenen Schäden zu haften. Darunter fasst er sowohl die Nebenkostennachforderung in Höhe von 1.460,00 € nebst Zinsen, als auch die seinerzeit entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten. Er behauptet dazu, die Beklagte habe der Wohnungseigentümerversammlung bewusst eine falsche Einzelabrechnung in Bezug auf sein Objekt vorgelegt; sie habe mit Arglist gehandelt.
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Der Kläger beantragt
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1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 24.01,51 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 zu zahlen.
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2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger einen Betrag i. H. v. 229,55 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie steht auf dem Standpunkt, korrekt gehandelt zu haben.
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Ergänzend werden für den Sachvortrag der Parteien die wechselseitig eingereichten Schriftsätze samt Anlagen in Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch zu.
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Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus der Verletzung des Verwaltervertrages der Beklagten mit der Wohnungseigentümergemeinschaft (§§ 675 Abs. 1, 241 Abs. 1 u. 2., 280 BGB).
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Das Gericht sieht bereits keine Pflichtverletzung.
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Allerdings werden auch die Rechtspositionen des einzelnen Wohnungseigentümers vom Schutzzweck des Verwaltervertrages zwischen Verwalter und dem Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft erfasst (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG, § 27 RN 102). Verletzt der Verwalter schuldhaft seine Pflichten aus dem Verwaltervertrag, kann er daher auch dem einzelnen Wohnungseigentümer zu Schadenersatz verpflichtet sein. Indes trägt der klägerische Sachvortrag eine solche Rechtsfolge hier nicht.
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Es gehört zum Pflichtenkreis des Verwalters, nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen (§ 28 Abs. 3 WEG). Eine vollständige Jahresabrechnung liegt nur vor, wenn sie die Einzelabrechnungen nebst Heizkosteneinzelabrechnung umfasst. Die Jahresabrechnung muss eine Einzelaufteilung des Gesamtergebnisses auf die einzelnen Wohnungseigentümer enthalten mit Angabe der angewendeten Kostenverteilungsschlüssel (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten § 28 RN 65).
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Allerdings wird die Heizkostenabrechnung in der Regel nicht durch den Verwalter selbst erstellt, sondern von einem hierauf spezialisierten Dienstleistungsunternehmen. So lag es auch hier. In diesem Fall hat der Verwalter dem Serviceunternehmen die in der Abrechnungsperiode entstandenen Brennstoffkosten und die umlagefähigen Betriebskosten zu übermitteln. Es ist dann das Serviceunternehmen, welches bei den einzelnen Nutzern anhand der Verbrauchsmessgeräte den individuellen Verbrauch ermittelt. Anschließend erstellt es die Heizkostenabrechnung entsprechend den Vorgaben der Heizkostenverordnung nach den für die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft maßgebenden Besonderheiten. Dieses Ergebnis der Heizkostenabrechnungen bestimmt den Anteil des einzelnen Wohnungseigentümers an den Gesamtheizkosten (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten § 28 RN 52).
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Im Falle einer solchen – hier gegebenen – Aufgabenteilung zwischen Dienstleister für die Heizkostenabrechnung und WEG-Verwalter ist es Sache des Ersteren, die korrekten Basisdaten in die Heizkostenabrechnung einzustellen. Die Wohnungseigentumsverwalterin hat grundsätzliche mit den ihr dann überreichten Abrechnungen zu arbeiten. Allerdings ist aus dem besonderen Näheverhältnis zwischen WEG-Verwalterin und der Wohnungseigentümergemeinschaft abzuleiten, ihr eine gewisse Plausibilitätskontrolle aufzuerlegen.
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Auf ernsthafte Mängel der Abrechnung hat die WEG-Verwalterin die Wohnungseigentümerversammlung vor womöglicher Beschlussfassung hinzuweisen. Diesen Anforderungen wird das Verhalten der Beklagten gerecht.
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Die beiden Abrechnungen für die Vorjahre 2007 und 2008 hatten jeweils die Bemerkung enthalten, dass es sich hier um Schätzungen hinsichtlich der Heizkosten handele (Blatt 13 und 17). Damit lag für den Kläger die Ausgangssituation offen auf der Hand. Die Entscheidung, dem Ableseunternehmen eine konkrete Datenerfassung zu ermöglichen, fiel in seinen Zuständigkeitsbereich. Nur er war in der Lage, dem Ableseunternehmen freien Zugang zu verschaffen.
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Vor dem Hintergrund der offen ausgewiesenen Schätzungen in den Vorjahren gab die Mail des Dienstleistungsunternehmens vom 07.06.2010 an die Beklagte (Blatt 26) dieser auch keinen Anlass, in besonderer Richtung tätig zu werden, auch nicht durch entsprechende Hinweise vor der Beschlussfassung. Grundsätzlich ist bei Mängeln der Verbrauchserfassung (zu denen auch nicht abgelesene Zählerstände gehören) der Verbrauch zu schätzen (§ 9 a Heizkostenverordnung; Becker in Bärmann WEG, § 16 RN 67 mit weiteren Nachweisen). Zudem hatte das Abrechnungsunternehmen in der Mail mitgeteilt, dass nunmehr – immerhin – erstmals seit drei Jahren wieder eine Ablesung möglich geworden war.
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Eine gesteigerte Kontrollpflicht der Beklagten, etwa im Hinblick auf die Überprüfung jeder einzelnen der Heizkostenabrechnung zugrunde gelegten Verbrauchszahl, besteht nicht. Das Abrechnungsunternehmen wird nicht als Erfüllungsgehilfe des Verwalters, sondern eigenständig auf der Grundlage eines mit der Wohnungseigentümergemeinschaft bestehenden Vertragsverhältnisses für diese tätig (Brandenburgisches OLG vom 22.11.2006 – 13 WX 4/06).
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Selbst wenn man diese Eingrenzung der Verwalterpflichten abweichend bewertet, ist durch das weitere Verhalten der Beteiligten ein Zurechnungszusammenhang zum Nachteil der Beklagtenverwalterin nicht (mehr) gegeben. Nach eigenem Vorbringen hielt der Kläger die Abrechnung von Beginn an für falsch. Mit der Anfechtungsklage (nach § 46 Abs. 1 WEG) stand ihm ein Instrument zur Verfügung, dies gerichtlich geltend zu machen. Davon hat er sehenden Auges abgesehen. Auch dieser Rechtsgedanke steht einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten entgegen.
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Das Vorgehen der Beklagten ist auch unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB) nicht geeignet, den Schadensersatzanspruch zugunsten des Klägers zu begründen. Soweit die Klägerseite sich auf „bewusste falsche Erstellung“ einer Abrechnung beruft und auf „Arglist“ (Blatt 4, 54 der Akte) sind diese Rechtsbegriffe durch keine weiteren Tatsachen angereichert, als bereits vorstehend zur etwaigen Vertragsverletzung erörtert worden. Ein Pflichtverstoß besteht daher auch in dieser Hinsicht nicht.
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Derjenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- 13 WX 4/06 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 46 Abs. 1 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 823 Schadensersatzpflicht 1x
- BGB § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung 1x
- § 28 Abs. 3 WEG 1x (nicht zugeordnet)