Urteil vom Amtsgericht Halle (Saale) - 120 C 811/12
Tenor
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
a) Anfechtung des Beschlusses vom 01.02.2012:
1.500,00 €
b) Anfechtung des Beschlusses vom 28.02.2012:
2.000,00 €
c) Gesamtstreitwert:
3.500,00 €
Tatbestand
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Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft O. in Halle. Die Gemeinschaft wird verwaltet von der beigeladenen Verwalterin.
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Das Gebäude mit insgesamt sechs Wohneinheiten liegt mit der Giebelseite zur Straße hin (Lageplan Blatt 36). Der von der Straße aus gesehen links neben dem Haus liegende Streifen ist Gemeinschaftseigentum ohne eine Sondernutzungsrechtszuweisung. Zwischen den Parteien ist seit längerer Zeit streitig, in welchem Umfang es den Beklagten gestattet sein soll, auf dem Grundstück zu grillen. Für die Grillereignisse pflegen sich die Beklagten (oder auch einige von ihnen) am Ostende des bezeichneten Grundstücksstreifen aufzuhalten (Blatt 36 grün markiert). Der Grill selbst wird (in letzter Zeit) überwiegend im Bereich des Sondernutzungsrechtes des Beklagten M. aufgestellt (Blatt 24 rot markiert). Die Beklagten verlegten in der bezeichneten äußersten Ecke der Gemeinschaftsfläche Rasengittersteine und stellten dort eine Bank auf (Fotos Blatt 35). Das traf nicht auf die Zustimmung des Klägers, der dadurch die Grillaktivität gefördert sieht. So kam es zu einer Thematisierung dieses Punktes in der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.02.2012. Folgender Mehrheitsbeschluss wurde gefasst: „Die Eigentümer beschließen, auf der sich im Gemeinschaftseigentum befindlichen Rasenfläche eine Sitzgruppe mit Grill bzw. Grillstandort zu errichten bzw. diese zu genehmigen“ (Blatt 4).
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Eine weitere Wohnungseigentümerversammlung wurde am 28.02.2012 durchgeführt. Unter Tagesordnungspunkt 5 wurde mit Mehrheitsbeschluss eine neue Hausordnung (Text Blatt 54 bis 56) angenommen (Blatt 52, 53).
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Die Kläger sind der Auffassung, die Rasengittersteine und die Bank seien als bauliche Veränderung nicht hinnehmbar. Durch die Hausordnung fühlen sie sich durch näher bezeichnete Einzelregelungen (Blatt 31 bis 34) beeinträchtigt.
- 5
Die Kläger beantragen,
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1.)
den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.02.2012 zu Top 2 (Grillsitzgruppe) für ungültig zu erklären.
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2.)
den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.02.2012 zu Top 5 (Hausordnung) für ungültig zu erklären.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Bei der Sitzgruppe sehen sie keinerlei geltend gemachten Nachteile durch die Kläger. Die Hausordnung halten sie für korrekt.
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Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens werden die wechselseitig eingereichten Schriftsätze samt Anlagen in Bezug genommen.
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Die Anfechtungsschrift bezüglich des Beschlusses vom 01.02.2012 ist am 01.03.2012 bei Gericht eingegangen (Blatt 1), diejenige zu dem Beschluss vom 28.02.2012 als Fax am 30.03.2012 (Blatt 13) und als Originalschriftsatz am 03.04.2012 (Blatt 25).
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die Klage bezüglich des angefochtenen Beschlusses vom 28.02.2012 ist bereits verfristet (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Eine Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Das ist nicht geschehen. Das Fristende fiel auf den Tag des Folgemonats (nach dem maßgeblichen Ereignis, der Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung), der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht (§§ 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB). Das war der 28.03.2012. Die Antragsschrift hingegen ist (in ihrer Faxform) erst am 30.03.2012 bei Gericht eingegangen. Darauf hat das Gericht hingewiesen (Blatt 43 und 58 d.A.), ohne dass der Sachvortrag hierzu ergänzt worden wäre.
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Das Gericht hatte vor diesem Hintergrund nicht etwa darauf hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO), dass der Anfechtungsantrag in einen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit abgeändert würde (mit Blick auf § 48 Abs. 4 WEG). Denn dieses wäre nur erforderlich, wenn Nichtigkeitsgründe für den angegriffenen Beschluss erkennbar wären. Das ist nicht der Fall. Dies gilt auch im Hinblick auf Punkt 5 Abschnitt „Sicherheit“ der Hausordnung (Blatt 55 d.A.). Danach sind „bei Abwesenheit der Eigentümer Fenster und Balkontüren geschlossen zu halten, um Schäden bei Unwettern zu vermeiden“. Wollte man diese Regelung in einem absoluten Sinne verstehen (wonach bei jedem Sich-Entfernen aus der Wohnung die Fenster und Türen zu schließen wären), könnten in der Tat Bedenken zu einem etwaigen Eingriff in rein interne Abläufe und Entscheidungen der einzelnen Wohnungseigentümer angemeldet werden. Indes geht das Gericht davon aus, dass eine Wohnungseigentümerversammlung grundsätzlich ihre Beschlusskompetenz nicht überschreiten will und daher der Text geltungserhaltend auszulegen ist, soweit diese Möglichkeit besteht.
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Danach sind die Türen und Fenster nur dann zu schließen, wenn ansonsten die Gefahr eines Unwetterschadens besteht. Das wird regelmäßig bei den gewöhnlich herrschenden Wetterlagen nicht der Fall sein.
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2. Auch die Anfechtung des Beschlusses vom 01.02.2012 greift nicht durch.
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Jedenfalls durch die verwendeten Rasengittersteine liegt ein Eingriff in die Substanz sowie das äußere Erscheinungsbild des Grundstücks vor und damit eine bauliche Veränderung (im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG). Ein - wie hier - Mehrheitsbeschluss ist nur dann wirksam, wenn die Rechte der überstimmte Partei nicht beeinträchtigt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG). Diese Konstellation ist vorliegend gegeben. Klägerseits werden keine tatsächlichen oder rechtlichen Nachteile durch die geschaffene Rasengittersteininsel dargelegt.
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Dabei kommt es vorliegend nicht auf das Grillverhalten der Beklagten an (welches Gegenstand des Parallelverfahrens 120 C 1126/12 ist). Letzteres beruht nicht auf dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des befestigten Bankplatzes. Das Grillen hatte zuvor bereits auch ohne diesen Platz und ebenfalls bereits beanstandet durch die Kläger statt gefunden. Selbst jetzt (mit der vorhandenen Sitzmöglichkeit) werden die Grillgeräte nicht an dieser aufgestellt, sondern auf dem Gebiet des Sondernutzungsrechts des Beklagten M. betrieben (Blatt 36). Einwände gegen die bauliche Gestaltung als solche werden durch die Kläger (worauf die Beklagten zu recht hinweisen, Blatt 46 u. 47) nicht erhoben. Sie drängen sich angesichts der unauffälligen Gestaltung und der abgelegenen Lage auf dem Grundstück auch nicht auf. Insgesamt liegen auf Seiten der Kläger keine Beeinträchtigungen vor, die durch das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen (§§22 Abs. 1 Satz 1, 14 Nr. 1 WEG).
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht festgesetzt § 49 a GKG.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbar basiert auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- BGB § 188 Fristende 1x
- § 48 Abs. 4 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 139 Materielle Prozessleitung 1x
- 120 C 1126/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 49 a GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB 1x (nicht zugeordnet)