Urteil vom Amtsgericht Köln - 139 C 96/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerseite darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen.
3Er hatte zudem Anteile an der Fima I. erworben, wodurch er Mitgliedschafts- bzw. Nutzungsrechte erhielt, die ihn nach Maßgabe der Regelungen eines Punktesystems berechtigten, im Eigentum von I. stehende Ferienwohnungen zu benutzen.
4Eine entsprechend für den Zeitraum vom 10.09.-24.09.2014 gebuchte Nutzung einer Ferienwohnung stornierten die Klägerin und ihr Ehemann, wodurch auf dem Punktekonto ein Verlust von 119 Punkten entstand und eine Bearbeitungsgebühr von € 100,00 in Rechnung gestellt worden ist.
5Die Klägerin behauptet, ein Punkt habe einen Wert von 6,05 sFr.
6Sie ist der Auffassung es läge ein Versicherungsfall, insbesondere eine versicherte Reise (einzeln gebuchte Mietleistung) gemäß § 3 der Versicherungsbedingung (Bl. 9, 43 GA, B1) vor.
7Sie beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an sie € 679,89 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2014
9sowie
10außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 147,56 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2014
11zu zahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist unbegründet.
17Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch aus der Reiserücktrittsversicherung zu.
18Ein Versicherungsfall liegt - mangels einer versicherten Reise i.S.d. § 3 der Versicherungsbedingungen - nicht vor. Nach dieser Bedingung gilt als versicherte Reise eine Pauschalreise oder eine einzeln gebuchte Transport- oder Mietleistung. Allein in Betracht kommt vorliegend eine „Mietleistung“. Mangels näherer Angaben hierzu ist von einer Miete i.S.d. § 535 BGB auszugehen. Dass die vorliegende Nutzungsberechtigung auf einem solchen Vertrag beruht ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst erkennbar. Vielmehr ist Grundlage der Wohnberechtigung an dem Ferienhaus der I. AG eine Beteiligung an dieser Gesellschaft durch Rechtskauf.
19Das gesellschaftsrechtliche Timesharing hat praktische Bedeutung allein für das auf Schweizer Aktienrecht beruhende sog. I.-Modell gewonnen. Danach gewährt der Verbraucher gleichzeitig mit dem Erwerb einer Aktie der AG ein „unkündbares, unverzinsliches Darlehen“ und erhält durch jährliche Zuweisung von Wohnberechtigungspunkten eine Wohnberechtigung an den Anlagen der AG. Da sich die Wohnberechtigung auf alle Anlagen der AG erstreckt, erlaubt das I.-Modell eine flexiblere Urlaubsgestaltung als normales Timesharing, ohne dass ein Tauschpool bemüht werden müsste. Die Wohnberechtigung ersetzt sowohl die Zinsen für das Darlehen wie die ebenfalls ausgeschlossene Dividende für die Aktie. Außerdem sind verbrauchsabhängige Nebenkosten gesondert zu zahlen.
20(Tonner in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 481 BGB, Rn. 53; vgl. auch auch Weidenkaff in Palandt, BGB, 73. Aufl. (2014), § 481 Rn. 1; Franzen in MüKo BGB, 6. Aufl. (2012), § 481 Rn. 19 mit konkreter Nennung von I.).
21Soweit aufgrund der nicht ausgeübten Wohnberechtigung ein Nachteil entstanden ist, folgt dieser aus der gesellschaftlichen Regelung. Nach Auffassung des Gerichts lässt sich dieser Sachverhalt daher nicht unter die vereinbarte „einzeln gebuchte Mietleistung“ subsumieren.
22Dementsprechend hat i.ü. auch das KG Berlin (i.R. einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage, Urt. v. 19.12.1996 – 25 U 5139/96, KGR Berlin 1998, 164, juris) ausgeführt, dass durch I.
23nicht gleich einem Reiseveranstalter oder Verkehrsverein Ferienwohnungen zur Miete angeboten werden, sondern ein langfristiges, wenn auch jährlich begrenztes Wohnrecht als Folge des Erwerbs einer eigentümerähnlichen Stellung, also ein Nutzungsrecht im Rahmen eines Time-Sharing-Modells.
24Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
25Streitwert: € 679,89
26Rechtsbehelfsbelehrung:
27Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
281. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
292. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
30Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
31Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
32Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
33Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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