Urteil vom Amtsgericht Krefeld - 72 C 318/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Von der Darstellung wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
3Entscheidungsgründe:
4Die Klage bleibt ohne Erfolg.
5Die Beklagten haften der Klägerin nicht als Gesamtschuldner für ihren Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 0 gemäß §§ 7, 17 StVG, 249 ff., 421 ff. BGB, 3 PflVG.
6Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme vermag das Gericht die Richtigkeit des von der Klägerin behaupteten Unfallhergangs nicht mit der dafür erforderlichen Sicherheit festzustellen. Die Klägerin hat insbesondere nicht den Beweis dafür erbracht, dass der Beklagte zu 1) ihr Ausweichmanöver nach rechts dadurch verursacht hat, dass er mit seinem Pkw Audi so nah zwischen ihr und dem vorausfahrenden Bus auf die rechte Fahrspur gewechselt ist, dass ein Ausweichen auf den Bürgersteig objektiv erforderlich bzw. unvermeidbar war.
7Der Umstand, dass es zu keiner Berührung zwischen dem von der Klägerin geführten Pkw und dem Pkw des Beklagten zu 1) gekommen ist, bevor sie auf den rechten Bürgersteig auffuhr, steht einer Haftung der Beklagten aus §§ 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1, 2 PflVG zwar grundsätzlich nicht entgegen; erforderlich ist zunächst lediglich, dass der Schaden "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges – hier des Pkw des Beklagten zu 1) – entstanden ist.
8Kommt es jedoch - wie hier - überhaupt nicht zu einer Berührung zwischen dem Geschädigten und dem Kraftfahrzeug des Unfallgegners, rechtfertigt die bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeuges an der Unfallstelle nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht die Annahme, der Unfall sei bei dem Betrieb des Kraftfahrzeuges entstanden. Vielmehr ist erforderlich, dass die Fahrweise oder eine von dem Betrieb dieses Fahrzeuges typischerweise ausgehende
9Gefahr zu dem Entstehen des Unfalls ursächlich beigetragen hat. Hierfür ist ein bestimmtes Verhalten des in Anspruch Genommenen erforderlich, das bei objektiver Betrachtungsweise geeignet ist, auf den Fahrer des Unfallwagens einzuwirken; es kommt darauf an, ob in einer konkreten Situation die Gegenwart des Fahrzeuges vom Lenker des unfallgeschädigten Wagens als gefährlich empfunden werden durfte (BGH VersR 1969, 58; NJW 1988, 2802). Stets ist aufgrund einer insoweit gebotenen wertenden Betrachtung des Schadensgeschehens die Feststellung erforderlich, dass die Reaktion des geschädigten Verkehrsteilnehmers – aus seiner Sicht des konkreten Verkehrsgeschehens vor dem Unfall – subjektiv vertretbar erscheint; es müssen also Anhaltspunkte dafür festgestellt werden, dass das Verhalten des in Anspruch Genommenen dem Geschädigten subjektiv zur Befürchtung hätte Anlaß geben können, es werde ohne seine Reaktion zu einer Kollision mit dem anderen Verkehrsteilnehmer kommen (vgl. BGH VersR 1969, 58). Der Geschädigte hat den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Kraftfahrzeuges und dem Schaden zu beweisen. Dieser Beweis ist naturgemäß oft schwierig, wenn eine Berührung nicht stattgefunden hat; auch in derartigen Fällen gehen jedoch etwaige Zweifel an der Ursächlichkeit für den Unfall zu Lasten des Geschädigten (BGH VersR 1969, 58; DAR 1976, 246).
10Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Klägerin nicht bewiesen, dass "der Betrieb" des Kraftfahrzeuges des Beklagten zu 1) vor seinem Fahrstreifenwechsel nach rechts für ihr Verhalten ursächlich war. Aufgrund der Umstände des Falles nach der informatorischen Anhörung der unfallbeteiligten Fahrer und der Aussagen der Zeuginnen R und F sind hinreichende Anhaltspunkte dafür nicht festzustellen, die Klägerin habe sich infolge des Betriebes des von dem Beklagten zu 1) geführten Pkw Audi zu dem von ihr durchgeführten Ausweichmanöver nach rechts veranlaßt sehen dürfen, da sie habe befürchten müssen, anderenfalls mit dem Pkw Audi zu kollidieren. Insbesondere kann nicht die Richtigkeit der Behauptung der Klägerin festgestellt werden, der Beklagte zu 1) sei plötzlich "so nah" vor ihr eingeschert, so dass sie Kläger nach rechts ausweichen "mußte". Zwar vollzog sich das Fahrverhalten der Klägerin wohl in örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Betrieb des Pkw des Beklagten zu 1), der selbst eingeräumt hat, die Strecke täglich zu befahren, so auch am 0. Es steht jedoch nicht fest, dass das von der Klägerin eingeleitete
11Lenkmanöver nach rechts objektiv erforderlich war, um eine Kollision zu vermeiden, und ein bloßes Abbremsen dafür nicht ausgereicht hätte. Dafür fehlt es - neben nachweislichen Angaben zur konkreten Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs - sowohl an greifbaren Anhaltspunkten zu dem Abstand zwischen der Klägerin und dem vorausfahrenden Bus, zwischen die der Beklagte zu 1) einzuscheren versuchte, als auch zu dem Abstand zwischen der Klägerin und dem ihr nachfolgenden Verkehr. Auch waren weder der Klägerin noch der Zeugin R genaue Bekundungen zu der Nähe des gegnerischen Fahrzeugs zu dem der Klägerin möglich. Danach kann auch nicht festgestellt werden, dass diese das Fahrverhalten des Beklagten zu 1) als für sich derart gefährlich empfinden mußte oder durfte, dass sie nach rechts auf den Bürgersteig zu fahren veranlaßt wurde; denn letztlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihr Fahrverhalten ausschließlich mit ihrer Unfalldarstellung motiviert. Das erscheint zwar subjektiv nachvollziehbar, ändert aber nichts daran, dass die Unfalldarstellung objektiv nicht bewiesen ist. Nach alledem kommt eine Haftung der Beklagten für den vorgetragenen unfallbedingten Schaden nicht in Betracht.
12Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO. Ein Grund zur Zulassung der Berufung liegt nicht vor (§ 511 Abs. 4 ZPO).
13Streitwert: Bis 300,00 EUR.
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