Beschluss vom Amtsgericht Weiden i.d. OPf. . - UR III 5/20

Tenor

Der Antrag der gesetzlichen Vertreter des betroffenen Kindes auf gerichtliche Berichtigung des Geburtenregistereintrags G…/2019 wird abgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind die Eltern und gesetzlichen Vertreter des am … im Klinikum Weiden geborenen Kindes …. Sie sind syrische Staatsangehörige.

Beim Standesamt wurden im Hinblick auf eine Eheschließung der Eltern ein Auszug aus dem syrischen Personenstandsregister der Mutter, eine syrische Heiratsurkunde der Eltern, ein Auszug aus dem syrischen Familienstandsregister, eine Bescheinigung des Schariagerichts Aleppo über die Bestätigung einer Eheschließung und eine „Spezialvollmacht“ vom 01.04.2014 des Kindsvaters als Vollmachtgeber über die Bevollmächtigung eines … als Vollmachtnehmer zur Vertretung des Vollmachtgebers bei der Eheschließung.

Alle Unterlagen wurden im Original mit amtlicher Übersetzung in die deutsche Sprache vorgelegt.

Nach der vorgelegten Eheurkunde erfolgte am 10.09.2017 beim Schariagericht in Aleppo die Bestätigung und Eintragung einer Eheschließung der Eltern am 15.03.2017. Hierbei war der Vater abwesend, er befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Deutschland, und wurde aufgrund der genannten Vollmacht durch den Bevollmächtigten …, bei dem es sich um seinen Vater handeln soll, vertreten.

Die Vollmacht enthält keine Angaben über den Ehegatten, mit dem die Eheschließung erfolgen soll.

Bei der Beurkundung der Geburt des Kindes wurden im Hinweisteil des Geburtenregistereintrags vom 06.02.2019, Geburtenregisternummer G… 2019 durch das Standesamt Weiden i.d.OPf. Im Hinweisteil keine Daten zu einer Eheschließung der Eltern aufgenommen.

Die Eltern beantragen nunmehr, den Geburtenregistereintrag dahingehend zu berichtigen, dass im Hinweisteil des Geburtenregistereintrags als Tag der Eheschließung der Eltern der 15.03.2017 und als Ort der Eheschließung der Eltern Aleppo, Arabische Republik Syrien aufgenommen wird.

Nach Auffassung des Standesamts und der Standesamtsaufsicht der Stadt Weiden i.d.OPf. Liegen die Voraussetzungen für die beantragte Berichtigung nicht vor, Sie treten dem Antrag entgegen.

Die Eltern/gesetzlichen Vertreter des Kindes wurden am 21.01.2021 durch das Gericht persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Anhörungsvermerk vom 21.01.2021 Bezug genommen. Weiterhin wurden die Ausländerakten beider Eltern beigezogen.

II.

Der Antrag auf Berichtigung des Geburtenregistereintrags ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Antrag ist zunächst zulässig. Das Amtsgericht Weiden i.d.OPf. Ist sachlich, örtlich und international zuständig, § 50 Abs. 1 und 2 PStG. Berichtigung im Sinne von § 48 PStG kann grundsätzlich auch die Hinzufügung von etwas Fehlendem sein, hier der Angaben zur Eheschließung der Eltern im Hinweisteil des Geburtenregisters.

Der Antrag ist aber nicht begründet,

Voraussetzung für eine Berichtigung ist, dass ein mit der Unterschrift des Standesbeamten abgeschlossener Eintrag von Anfang an unrichtig war. Eine solche Unrichtigkeit liegt nicht vor, da von einer wirksamen Eheschließung der Eltern nach dem zur Anwendung kommenden deutschen internationalen Privatrecht nicht ausgegangen werden kann.

Der Vater des Kindes wurde mit am 03.05.2015 zugestellten Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar als ausländischer Flüchtling anerkannt. Das Personalstatut jedes anerkannten Flüchtlings bestimmt sich gem. Art. 12 Abs. 1 GFK nach dem Recht des Landes seines Wohnsitzes oder, in Ermangelung eines Wohnsitzes, nach dem Recht seines Aufenthaltslandes. Das Personalstatut des Vaters, der vorliegend bei der Eheschließung vertreten wurde und das damit maßgeblich ist, bestimmt sich damit nach deutschem Recht. Der Statutenwechsel fand auch vor der Eheschließung statt (Art. 12 Abs. 2 GFK).

Eine formgültige Eheschließung liegt zwar vor. Für die Formgültigkeit ist vorliegend nach Art. 11 Abs. 1 bis 3 EGBGB ausreichend, dass die Eheschließung dem Ortsrecht, mithin syrischem Recht entspricht. Nach dem auf Muslime anwendbaren Recht der Arabischen Republik Syrien ist die persönliche Anwesenheit beider Eheschließenden bei der Eheschließung nicht zwingend erforderlich. Der Bevollmächtigte darf dabei (nur) im Rahmen seiner Vollmacht agieren (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderbericht Syrien, Arabische Republik). Art, 8 Abs. 1 des syrischen Personalstatutsgesetz bestimmt: „Bei der Eheschließung ist die unbeschränkte [wikäla mutlaqa] und die beschränkte [muqaiyada] Stellvertretung zulässig. Das syrische Recht lässt damit wie auch das Recht anderer islamischer Staaten auch eine Vertretung in der Weise zu, dass der Bevollmächtigte über die Person des anderen Ehegatten entscheidet.

Ob die Bildung des Ehewillens selbst an Dritte delegiert werden kann (Stellvertretung im Willen), ist nach allgemeiner Meinung eine Frage der sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen. Das deutsche Sachrecht gestaltet die Eheschließung nach § 1311 BGB anders als das syrische Recht als höchstpersönliches und damit vertretungsfeindliches Rechtsgeschäft aus. Auch ohne Beteiligung Deutscher scheitert die Anerkennung der Ehe bei ausreichendem Inlandsbezug, am ordre public (Art. 6 EGBGB). Die Ehe ist daher nichtig, wenn sie auf eine die Partnerwahl einschließende, umfassende Generalvollmacht zurückgeht (BeckOGK/Rentsch, 01.06.2020, EGBGB Art. 13 Rn. 70-73).

Ein ausreichender Inlandsbezug ist vorliegend zu bejahen, weil die Familie in Deutschland lebt und der Geburtenregistereintrag eines deutschen Standesamts berichtigt werden soll.

Die Vollmacht vom 01.01.2014 trifft keine Aussage dazu, mit welcher konkreten Frau die Eheschließung erfolgen soll. Entgegen ihrer Bezeichnung als Spezialvollmacht handelt es dem Wortlaut nach um eine Generalvollmacht, die dem Bevollmächtigten mangels anderweitiger Bestimmung auch ein Recht auf Wahl des Ehepartners einräumt. Für die Einordnung als Generalvollmacht spricht auch der Umstand, dass die Vollmacht dem Wortlaut nach nicht nur die Eheschließung, sondern schon auch die Vertretung bei der Scheidung umfasst.

Eine positive Feststellung, dass vorliegend nur eine Stellvertretung in der Erklärung und nicht auch eine Stellvertretung im Willen zulässig war und auch erfolgt ist, kann auch nicht anhand außerhalb der schriftlichen Vollmacht liegende Umstände getroffen werden.

Dagegen spricht zunächst der zeitliche Zusammenhang. Zwischen Ausstellung der Vollmacht (01.01.2014) und Eheschließung (15.03.2017) bzw. Bestätigung der Eheschließung durch das Scharia-Gericht (10.09.2017) liegt ein Zeitraum von mehr als 3 1/2 Jahren.

Die Eltern haben bei ihrer persönlichen Anhörung durch das Gericht zwar übereinstimmend erklärt, dass sie aus demselben Stadtteil der Stadt Idlib stammen, die Familien beider Elternteile auch verwandt seien und sie sich schon als Kinder gekannt hätten, sie sich 2014 verlobt hätten und schon vor der Verlobung festgestanden hätte, dass sie einander heiraten. Die bloßen Erklärungen der Eltern reichen aber alleine für einen positiven Nachweis auf Beschränkung des Vollmachtnehmers auf bloße Übermittlung der Erklärung nicht aus.

Andere objektive Anhaltspunkte, dass der Bevollmächtigte vorliegend auf eine reine Vertretung in der Erklärung beschränkt war, liegen aber nicht vor. Der vorgelegten Erklärung vom 03.08.2020 kommt insoweit keine nennenswerte Bedeutung zu, da nach Auffassung des Gerichts insoweit jedenfalls die Vorlage der Originalurkunde erforderlich gewesen wäre (§ 30 FamFG i.V.m. § 420 ZPO).

Auch aus den beigezogenen Ausländerakten der Eltern ergeben sich im Hinblick auf eine Beschränkung des Vollmachtnehmers auf bloße Übermittlung der Erklärung keine Anhaltspunkte.

Eine weitere Aufklärung ist vorliegend nicht möglich.

Da zusammenfassend eine Unrichtigkeit/Unvollständigkeit des Geburtenregistereintrags des betroffenen Kindes nicht festgestellt werden kann, war der Berichtigungsantrag abzulehnen.

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