Beschluss vom Anwaltsgerichtshof NRW - 2 AGH 6/20
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung gegen die Zwangsgeldfestsetzung und -androhung der Antragsgegnerin vom 18.03.2020 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Der Geschäftswert wird auf 2.000,-- EUR festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Haftpflichtversicherer der Antragstellerin telte der Antragsgegnerin mit, dass die Vermögensschadensversicherung der Antragstellerin am 13.08.2019 beendigt sei und bereits seit dem 11.06.2019 kein Versicherungsschutz mehr bestehe. Aus einem späteren Schreiben des Versicherers an die Antragsgegnerin ergab sich, dass die Antragstellerin ab dem 12.09.2019 eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte.
4Die Antragsgegnerin forderte die Antragstellerin daraufhin zunächst auf, einen Nachweis über die Schließung des Versicherungsschutzes zu erbringen.
5Nachdem die Antragstellerin dem nicht nachkam, leitete die Antragsgegnerin ein Aufsichtsverfahren ein und forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 14.11.2019 unter gleichzeitigem Hinweis auf ihr gesetzliches Auskunftsverweigerungsrecht auf, innerhalb einer Frist bis zum 12.12.2019 zu dem Sachverhalt Stellung zu nehmen.
6Mit Schreiben vom 13.12.2019 erinnerte die Antragsgegnerin die Antragstellerin an die Erteilung der Auskunft und bat im Hinblick darauf, dass der Antragstellerin das Schreiben vom 14.11.2019 per besonderem elektronischen Postfach (beA) übermittelt worden war, um "ergänzende Auskunft..im Hinbklick auf § 31a VI BRAO.."
7Nach fruchtlosem Fristablauf drohte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 15.01.2020 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an für den Fall, dass ihre Stellungnahme nicht innerhalb von 4 Wochen nach Zustellung des Bescheides eingegangen sein sollte. Da eine Stellungnahme der Antragstellerin nicht einging,
8beschloss die zuständige Abteilung der Antragsgegnerin, das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro gegen die Antragstellerin festzusetzen. Mit Bescheid vom 18.03.2020 teilte der Präsident der Antragsgegnerin diese Festsetzung mit. Zugleich drohte er ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro gegen sie für den Fall an, dass die geforderte Stellungnahme nicht innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Zustellung des Bescheides abgegeben werde. Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin am 04.04.2020 zugestellt.
9MIt einem am 20.04.2020 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Schriftsatz legte die Antragstellerin "gegen das ... ausgesprochene Zwangsgeld ... Rechtsmittel" ein. Eine Begründung dieses "Rechtsmittels" erfolgte - trotz beantragter Fristverlängerung nicht.
10Der Vorstand der Antragsgegnerin hat dem Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 13.05.2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
11II.
12Der form- und fristgerecht gestellte Antrag ist nicht begründet.
131.
14Das "Rechtsmittel" der Antragstellerin ist als Antrag auf Entscheidung des
15Anwaltsgerichtshofs iSv § 57 III BRAO auszulegen. Dieser Antrag ist der einzig statthafte Rechtsbehelf.
162.
17Gegenstand des Antrags auf gerichtliche Entscheidung ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2020, also nicht nur die Festsetzung eines Zwangsgeldes iHv 1.000 €, sondern darüber hinaus die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes iHv 1.000 € durch den Präsidenten der Antragsgegnerin.
18Zwar hat die Antragstellerin (nur) gegen das "ausgesprochene Zwangsgeld" "Rechtmittel" eingelegt. Aus einer Gesamtschau ergibt sich aber, dass die Antragstellerin den Bescheid insgesamt angreifen will. und sich daher auch gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes wenden will.
193.
20Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist form- und fristgerecht, insbesondere innerhalb der Monatsfrist (§ 57 Abs. 3 BRAO) eingelegt worden.
214.
22Der Antrag ist unbegründet, denn die Antragstellerin ist ihrer Verpflichtung gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 BRAO, nämlich der Antragsgegnerin gegenüber Auskunft zu erteilen, innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen.
23Rechtsanwälte sind der Rechtsanwaltskammer gegenüber nach § 56 I BRAO zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung ist gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 BRAO nicht nur ein geringfügiger Verstoß gegen berufsrechtliche Verpflichtungen, da die Rechtsanwältin durch ihre Säumnis den Kammervorstand daran gehindert hat, seiner Aufsichtspflicht nachzukommen.
24Die Festsetzung des Zwangsgeldes und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes ist zu Recht erfolgt. Sie erfolgten ausschließlich wegen der Weigerung der Antragstellerin, zu der bestehenden "Versicherungslücke" Auskunft zu erteilen. Dies ergibt sich hinreichend deutlich daraus, dass die Androhung des Zwangsgeldes mit Schreiben vom 15.01.2020, auf welche der angefochtene Bescheid seinerseits Bezug nimmt, ausdrücklich und ausschließlich auf das Schreiben vom 14.11.2019 Bezug nimmt. In diesem Schreiben wird die Antragstellerin zur Aukunft gem. § 56 BRAO wegen der Versicherungslücke aufgefordert. Es kann daher dahingestellt bleiben, dass Bedenken daran bestehen, ob die Belehrung nach § 56 I 3 BRAO in dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 13.12.2019, in welchem die Antragstellerin nicht nur an die Auskunftserteilung erinnert, sondern "im Hinblick auf § 31 VI BRAO“ zur "ergänzenden Auskunft" aufgefordert wurde, ordnungsgemäß ist. Diese Aufforderung zur "ergänzenden Auskunft" ist nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.
25Gründe, die das Verhalten der Antragstellerin in der Sache oder in dem vorliegenden Verfahren rechtfertigen könnte, sind weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.
26Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war nach alledem zurückzuweisen.
27III.
28Der Antragstellerin waren die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, §§ 197, 197a BRAO.
29IV.
30Der Geschäftswert entspricht dem festgesetzten und dem erneut angedrohten Zwangsgeld.
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Referenzen
- BRAO § 197 Kostenpflicht des Verurteilten 1x
- BRAO § 197a Kostenpflicht im Verfahren bei Anträgen auf anwaltsgerichtliche Entscheidung 1x
- BRAO § 57 Zwangsgeld bei Verletzung der besonderen Pflichten 2x
- BRAO § 56 Besondere Pflichten gegenüber dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer 3x
- BRAO § 31a Besonderes elektronisches Anwaltspostfach 1x