Beschluss vom Bundesfinanzhof (10. Senat) - X B 153/10

Gründe

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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

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1. Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) gerügte Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung führt nicht zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), da ein etwaiger Mangel im Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann.

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a) Das Finanzgericht (FG) kann zwar durch eine unterlassene Beiziehung der Strafakten seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt haben (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2001 III B 50/00, BFH/NV 2001, 1439). Im Verfahren vor dem BFH kann jedoch ein Verfahrensmangel nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Beachtung die fachkundigen Prozessbeteiligten verzichten können und verzichtet haben (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Zu diesen verzichtbaren Mängeln gehört auch das Übergehen eines Beweisantrages (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. Januar 2007 VIII B 74/06, BFH/NV 2007, 1146). Eine schlüssige Verfahrensrüge setzt deshalb den Vortrag voraus, dass der Beschwerdeführer --zumindest wenn er im finanzgerichtlichen Verfahren fachkundig vertreten war-- den behaupteten Verfahrenverstoß in der Vorinstanz gerügt hat bzw. aus welchen entschuldbaren Gründen er an einer derartigen Rüge vor dem FG gehindert gewesen sein soll.

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b) Die bereits im finanzgerichtlichen Verfahren von ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Kläger haben zwar in der Klagebegründungsschrift vom 2. August 2007 die Beiziehung der Strafakten beantragt, jedoch --obwohl das erstinstanzliche Urteil erst im Juli 2010 ergangen ist-- zu keinem Zeitpunkt gerügt, dass das FG diesem Beweisantrag nicht nachgekommen ist. Dazu hätte insbesondere nach der Einstellung des Verfahrens gegen den Kläger nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) im Berufungsverfahren Anfang 2010 besondere Veranlassung bestanden. Dass das FG bis zu diesem Zeitpunkt die Strafakten nicht beigezogen hat, musste den Klägern wegen der fehlenden Benachrichtigung durch das Gericht --nach § 96 Abs. 2 FGO darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten-- bekannt sein.

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2. Auch das weitere Vorbringen der Kläger, das FG habe die Bestätigung der Neuen X-Bank als wertlos bezeichnet und damit in ihr Gegenteil verkehrt, begründet keinen Verfahrensfehler, auf dem das FG-Urteil beruht.

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Hierbei kann dahinstehen, ob es sich bei der Annahme des FG, die Bescheinigung sei wertlos, nicht lediglich um einen dem materiellen Recht zuzuordnenden Rechtsanwendungsfehler handelt, der im Revisionszulassungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich ist. Denn jedenfalls beruht das Urteil nicht auf einer verfahrensfehlerhaften Feststellung, weil das FG seine Entscheidung, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) habe zu Recht in den Jahren 1997 und 1999 die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb dem Grunde und der Höhe nach erhöht und für das Jahr 1995 eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen, auf eine Vielzahl von Punkten gestützt hat. Es hat darauf abgestellt, dass nach dem Vertrag zwischen der S-GmbH und der Z-AG, die dem Kläger die EDV-Beratung zugewiesen hatte, ein Stundensatz von 180 DM vereinbart worden sei und die Z-AG gegenüber dem Auftraggeber auch so abgerechnet habe. Da dem Kläger bekannt gewesen sei, dass die Z-AG ihren Kunden zusätzlich zum vereinbarten Honorar 5 DM pro Stunde in Rechnung gestellt habe und er, der Kläger, verpflichtet gewesen sei, jeweils 7 % des vereinbarten Honorarsatzes als Verwaltungspauschale an die Z-AG abzuführen, sei unverständlich, dass der Kläger der Z-AG für seine Tätigkeit nur einen Stundensatz von 100 DM bzw. 110 DM in Rechnung gestellt und nicht das ihm zustehende Honorar (180 DM abzüglich der vereinbarten Abzüge) verlangt habe. Der Kläger habe seit mindestens Anfang der achtziger Jahre größere EDV-Projekte betreut. Es sei daher nicht vorstellbar, dass er die auf dem Markt üblichen und durchsetzbaren Preise für EDV-Beraterleistungen nicht gekannt habe. Dies ergebe sich auch daraus, dass er mindestens bei einem inländischen Kunden 1998 und 1999 Nettostundensätze von zwischen 150 DM und 175 DM verlangt habe. Auch für die unübliche Art der Rechnungsstellung --der Kläger habe der Z-AG am Ende des Monats die gearbeiteten Stunden mitgeteilt, die Z-AG habe auf dieser Grundlage mit den Kunden abgerechnet und wenige Tage später habe der Kläger dann gegenüber der Z-AG abgerechnet-- sei kein nachvollziehbarer Grund vorgetragen worden. Üblich wäre die Erteilung einer Rechnung durch den EDV-Berater unter Angabe des Stundensatzes und des sich daraus ergebenden Honorars an seinen Vertragspartner und die anschließende Weiterberechnung durch diesen an seine Kunden. Das FG hat seine Entscheidung auf die Einlassung des geschäftsführenden Gesellschafters der Z-AG gegenüber der Kantonspolizei des Kantons Y gestützt, ferner darauf, dass andere EDV-Berater --wie dessen Prozessvertreter eingeräumt habe-- Rechnungen hätten aufteilen und Zahlungen auf zwei Konten hätten splitten lassen. Nur in diesem Zusammenhang führt das FG an, die Bestätigung der X-Bank sei wertlos.

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3. Selbst wenn --wie die Kläger in der Beschwerdebegründung vortragen-- im Strafverfahren geringere nicht der Besteuerung unterworfene Beträge angesetzt worden sein sollten als im finanzgerichtlichen Verfahren, ist nicht ersichtlich, gegen welche Verfahrensvorschrift das FG verstoßen haben sollte.

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Gemäß § 393 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) richten sich die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften; d.h. für das Besteuerungsverfahren gilt die AO, für das Strafverfahren die StPO. Beide Verfahren stehen von Gesetzes wegen unabhängig und gleichrangig nebeneinander (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Oktober 1990  2 BvR 385/87, Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht 1991, 175; vom 15. Oktober 2004  2 BvR 1316/04, BFH/NV 2005, Beilage 2, 108). Im Besteuerungsverfahren wird der Amtsermittlungsgrundsatz durch die (erweiterten) Mitwirkungspflichten der Beteiligten begrenzt. Zwar müssen auch im Besteuerungsverfahren die subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Steuerhinterziehung dem Grunde nach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen sein (BFH-Urteil vom 7. November 2006 VIII R 81/04, BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364); hinsichtlich der Höhe der hinterzogenen Einkünfte hat das FG jedoch bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht eine eigene Schätzungsbefugnis. Im Strafverfahren gilt hingegen auch insoweit der Grundsatz "in dubio pro reo".

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4. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) haben die Kläger nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. In ihrer Beschwerdebegründung fehlen Ausführungen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die aufgeworfenen Rechtsfragen umstritten sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Februar 2010 III B 112/09, BFH/NV 2010, 881, m.w.N.). Zudem haben sie sich nicht mit den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen auseinandergesetzt (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Juni 2010 IX B 14/10, BFH/NV 2010, 1654).

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Auch wäre die von ihnen aufgeworfene Rechtsfrage, welche konkreten Mitwirkungspflichten Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten obliegen, in einem Revisionsverfahren nicht klärbar. Welche Mitwirkungspflichten erforderlich, möglich, zumutbar und verhältnismäßig sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483), ist stets eine Frage des Einzelfalles.

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