Beschluss vom Bundesfinanzhof (3. Senat) - III B 62/10

Gründe

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Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die geltend gemachten Zulassungsgründe, soweit ihre Darlegung überhaupt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, liegen jedenfalls nicht vor.

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1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat nicht schlüssig vorgetragen, dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO).

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Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die sich auf die Abweichung der Vorentscheidung von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Finanzgerichts (FG) stützt, muss der Beschwerdeführer neben der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung dartun, dass das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Eine schlüssige Rüge setzt weiter die Darlegung voraus, dass die Entscheidungen zu gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalten ergangen sind (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846).

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Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Nach ihr schließt sich das FG vielmehr "im Grundsatz" der ständigen BFH-Rechtsprechung an, wonach mehrere Betriebe eines Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Einheit bilden, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen. Zwar stellt der Kläger die Aussage des FG, bei einer natürlichen Person führe die Konzentration der wesentlichen Verwaltungsaufgaben in einem Betrieb --ebenso wie die Bildung einer vertikalen Konzernstruktur-- grundsätzlich zu einer wirtschaftlichen Verflechtung, der ständigen Rechtsprechung des BFH gegenüber, wonach ein finanzieller oder organisatorischer Zusammenhang, der allein auf der Identität des Unternehmers beruht, nicht genügt (Urteile vom 16. Dezember 1964 I 375/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965, 224; vom 25. April 1989 VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261). Während der Kläger aber einerseits meint, im Streitfall beruhe die Konzentration der Verwaltungsaufgaben allein auf seiner Person, d.h. auf der Identität des Inhabers, räumt er mit seiner Beschwerde andererseits ein, dass er Kosten zwischen seinen Betrieben verrechnet hat.

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Im Kern macht er damit geltend, das FG habe den Streitfall falsch entschieden, insbesondere die Verwaltungsverträge unzutreffend gewürdigt. Dies vermag eine Divergenz jedoch nicht zu begründen, zumal sich das FG für seine Entscheidung u.a. auf das Senatsurteil vom 1. Februar 2001 III R 11/98, III R 12/98 (BFH/NV 2001, 899) beruft, nach dem die Annahme eines selbständigen Gewerbebetriebes eine vollkommene Eigenständigkeit erfordert.

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2. Die Revision ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

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a) Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), zu denen auch die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) gehört, geht das Rügerecht schon durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren; ein Verzichtswille ist hierfür nicht erforderlich. Anders kann dies bei einem fachkundig vertretenen Verfahrensbeteiligten nur dann sein, wenn er auf Grund des Verhaltens des FG die Rüge für entbehrlich halten durfte (Senatsbeschluss vom 24. Februar 2003 III B 117/02, BFH/NV 2003, 810).

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Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem FG, in der er durch Steuerberater vertreten war, weder das Übergehen von Beweisanträgen noch die Verletzung einer von Amts wegen --auch ohne entsprechenden Beweisantrag-- gebotenen Sachaufklärung gerügt. Er hat auch keinen Sachverhalt geschildert, auf Grund dessen er eine solche Rüge für entbehrlich hätte halten können (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 8. März 2010 III B 123/09, BFH/NV 2010, 1288).

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b) Schließlich greift auch nicht die Rüge, das FG sei nicht vorschriftsmäßig i.S. von § 119 Nr. 1 FGO besetzt gewesen.

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Ein Gericht ist nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn ein Richter während der mündlichen Verhandlung schläft und deshalb wesentlichen Vorgängen nicht folgt. Aus dem Vortrag, einer der Richter habe unmittelbar nach Verhandlungsbeginn den Kopf mit Hand und Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt, die Augen geschlossen, den Kopf leicht in Richtung Fenster gewandt, habe über den gesamten Verlauf der mündlichen Verhandlung regungslos in dieser Position verharrt und sich in keiner erkennbaren Weise an der mündlichen Verhandlung beteiligt, kann nicht mit Sicherheit geschlossen werden, der Richter habe geschlafen oder sei in anderer Weise "abwesend" gewesen (z.B. BFH-Beschluss vom 16. Juni 2009 X B 202/08, BFH/NV 2009, 1659, m.w.N.). Das Schließen der Augen kann auch Zeichen besonderer Konzentration sein (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Mai 1999 VIII R 17/99, BFH/NV 1999, 1491), aus der der Richter beim Hereintragen von Postkisten unter nach dem Vortrag des Klägers erheblicher Geräuschentwicklung aufschreckte, während er sich im Übrigen dem Wesentlichen widmete und dem laut Kläger-Vortrag von den übrigen in der mündlichen Verhandlung anwesenden Personen mit Erheiterung aufgenommenen Magenknurren des Steuerberaters keine Beachtung schenkte. Im Übrigen haben die Sitzungsvertreter keinen Anlass gesehen, den Vorsitzenden auf eine von Beginn der Verhandlung an eingeschränkte Beteiligung des Richters an der Verhandlung aufmerksam zu machen. Die Vertreter des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) haben ausweislich der Stellungnahme des FA nicht bemerkt, dass einer der Richter geschlafen habe.

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