Beschluss vom Bundesfinanzhof (7. Senat) - VII B 134/10

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wird wegen Überlieferung ihrer Milchquote im Milchwirtschaftsjahr 2006/ 2007 vom Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt) aufgrund der diesbezüglichen Abgabenanmeldung ihrer Molkerei auf eine Milchabgabe von rd. … € in Anspruch genommen. Einspruch und Klage dagegen blieben ohne Erfolg. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Finanzgerichts (FG) richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist unbegründet. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.

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1. Der von der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor.

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Die Beschwerde rügt insofern --zusammengefasst--, dass die Klägerin den Vorsitzenden des Senats, der über die Klage beim FG entschieden hat, abgelehnt und gegen den Beschluss, mit dem das FG dieses Ablehnungsgesuch zurückgewiesen hat, sofortige Beschwerde eingelegt habe; gleichwohl habe das FG vor endgültiger Erledigung dieses Ablehnungsgesuchs, insbesondere auch der vorgenannten Beschwerde, zur Sache entschieden, was einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 119 Nr. 2 FGO darstelle. Überdies sei der Klägerin die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden zu dem Ablehnungsgesuch vor dessen Bescheidung nicht zur Kenntnis gegeben und dadurch ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.

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Dieses Vorbringen kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil es unschlüssig ist. § 119 Nr. 2 FGO setzt voraus, dass ein Richter, der bei der Entscheidung mitgewirkt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt worden ist; das Ablehnungsgesuch der Klägerin hatte jedoch gerade keinen Erfolg. Dass das FG auch nicht vor Erlass seines Urteils die Entscheidung über die wegen des Ablehnungsgesuchs erhobene "sofortige Beschwerde" abwarten musste, bedarf keiner näheren Ausführung, nachdem diese Beschwerde gemäß § 128 Abs. 2 FGO offensichtlich nicht statthaft war.

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Ob im Übrigen das Ablehnungsgesuch gerechtfertigt war, ist gemäß § 128 Abs. 2, § 124 Abs. 2 FGO in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Ebenso wenig ist zu prüfen, ob das FG der Klägerin vor seiner Entscheidung über das Ablehnungsgesuch die dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Vorsitzenden Richters hätte zur Kenntnis geben müssen und ob es dies unterlassen hat, wie die Beschwerde im Widerspruch zum Akteninhalt behauptet. Denn selbst wenn die Vorgehensweise des FG in dieser Hinsicht verfahrensfehlerhaft gewesen sein mag, fehlt es für eine erfolgreiche Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör doch an den erforderlichen Darlegungen der Beschwerde, was sie bei Gewährung rechtlichen Gehörs noch hätte vortragen können und wollen und inwiefern dies geeignet gewesen wäre, das FG zu einer anderen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zu veranlassen.

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2. Die Rechtssache hat auch nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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Die Beschwerde hat in diesem Zusammenhang folgende Frage aufgeworfen:

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"Ist die Erhebung einer Abgabe auf dem Milchsektor unter Berücksichtigung der durch die Verordnungen (EG) Nr. 1787/2003 und (EG) Nr. 1788/2003 vom 29.09.2003 eingeführten Veränderungen (Aufhebung des Preisstützungsmechanismus durch Abschaffung des Richtpreises, zeitliche und mengenmäßige Begrenzung der Interventionen sowie kontinuierliche Reduzierung der Aufwendungen für den Milchmarkt) noch verhältnismäßig und erfüllt sie noch die gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen einer Abgabenerhebung?"

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Zur Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage trägt die Beschwerde vor, die Erhebung der Milchabgabe im Streitjahr sei unverhältnismäßig, weil durch die kontinuierliche Reduzierung der Aufwendungen für den Milchmarkt, die Abschaffung des Richtpreises für Milch und durch die zeitliche und mengenmäßige Begrenzung der Interventionen auf dem Milchmarkt der zuvor bestehende Preisstützungsmechanismus faktisch aufgehoben worden sei und dadurch das Milchquotensystem seine innere Rechtfertigung verloren habe. Die vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in den Entscheidungen, in denen er das System der Erhebung einer Milchabgabe gerechtfertigt habe, unterstellten Voraussetzungen lägen also nicht mehr vor.

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Dieses Vorbringen rechtfertigt jedoch ebenfalls nicht die Zulassung einer Revision. Denn es ist nicht erkennbar, dass die in der Rechtsprechung des EuGH bisher noch nicht ausdrücklich erörterten, von der Beschwerde hervorgehobenen Veränderungen in der Milchmarktordnung und der, wie die Beschwerde offenbar geltend machen will, bereits bei Erlass der hier einschlägigen Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 eingetretene Verfall des Milchpreises den Verordnungsgeber unbeschadet des ihm bei Maßnahmen der hier streitigen Art nach der Rechtsprechung des EuGH zustehenden weiten Gestaltungsspielraums hätten zwingen müssen, das System der Erhebung einer Milchabgabe bei Überschreitung der einzelbetrieblich festgesetzten Milchquote aufzugeben. Der beschließende Senat vermag auch weder dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen noch sonst zu erkennen, dass unter diesen Gesichtspunkten an der Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 Zweifel bestehen, die es erforderlich machen könnten, in dem angestrebten Revisionsverfahren dem EuGH die vorgenannte Verordnung zur Prüfung ihrer Gültigkeit mit einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorzulegen, sodass aus diesem Grunde, wie die Beschwerde geltend macht, die Revision zugelassen werden müsste.

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Soweit die Beschwerde ferner unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu Sonderabgaben gegen die Gültigkeit der Verordnung Einwände erhebt, verkennt sie, dass ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Milchabgabe um eine Sonderabgabe im Sinne dieser Rechtsprechung handelte, die Verordnung nicht an den Maßstäben zu messen ist, die das deutsche Verfassungsrecht (und das BVerfG) für Sonderabgaben aufstellen, sondern an den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und Prinzipien des Gemeinschaftsrechts, an denen der EuGH die Verordnung auch tatsächlich gemessen hat, ohne ihre Gültigkeit zu beanstanden. Dass dagegen nach Maßgabe der in diesem Zusammenhang einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG (vgl. u.a. Urteil vom 30. Juni 2009  2 BvE 2/08 u.a. --Lissabon--, BVerfGE 123, 267) aus der Sicht des deutschen Verfassungsrechts Einwände zu erheben wären, die sich gegen das Gemeinschaftsrecht deshalb durchsetzen, weil dieses die in Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) für unantastbar erklärten Grundsätze der Art. 1 und 20 GG verletzt und damit zur Wahrung des unantastbaren Kerngehalts der Verfassungsidentität des GG eine "Identitätskontrolle" durch das BVerfG eingefordert werden könnte, wird von der Beschwerde selbst nicht behauptet. Es ist auch offensichtlich nicht der Fall.

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3. Damit erledigt sich auch die Rüge der Beschwerde, es bedürfe der Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative FGO um einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts willen.

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