Beschluss vom Bundesgerichtshof (3. Strafsenat) - 3 StR 71/17

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 10. November 2016 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Zu der Rüge nach § 338 Nr. 5 StPO, § 185 GVG bemerkt der Senat ergänzend zu den Darlegungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift:

Der Generalbundesanwalt hat im Ergebnis zu Recht ausgeführt, dass die Rüge keinen Erfolg hat, weil die Dolmetscherin nicht bei einem wesentlichen Teil der Hauptverhandlung abwesend war. Dies gilt auch insoweit, als die Verfahrensbeteiligten auf die Mitteilung des Vorsitzenden, mehrere für einen späteren Zeitpunkt geladene und nicht erschiene Zeugen abladen zu wollen, sich hiermit einverstanden erklärten. Dieser Erklärung kommt - im Gegensatz zu dem Einverständnis zum Absehen der Vernehmung präsenter Zeugen - eine für die Hauptverhandlung im Sinne der zu § 338 Nr. 5 StPO entwickelten Maßstäbe (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 338 Rn. 36; KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 338 Rn. 70; jew. mwN) wesentliche Bedeutung nicht zu. Hierzu gilt:

Nach § 245 Abs. 1 Satz 1 StPO ist die Beweisaufnahme - soweit hier von Belang - grundsätzlich auf alle vom Gericht vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen zu erstrecken. Die Einvernahme der Zeugen kann nur unterbleiben, wenn die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte gemäß § 245 Abs. 1 Satz 2 StPO damit einverstanden sind, dass von der Er-hebung einzelner Beweise abgesehen wird. Sind die Zeugen geladen und erschienen, so hat deshalb das entsprechende Einverständnis der im Gesetz genannten Verfahrensbeteiligten eine für den Fortgang der Beweisaufnahme rechtserhebliche Bedeutung. Die Abgabe der Erklärung nach § 245 Abs. 1 Satz 2 StPO ist somit ein im Sinne des § 338 Nr. 5 StPO wesentlicher Teil der Hauptverhandlung (BGH, Beschluss vom 5. September 1995 - 1 StR 456/95, NStZ 1996, 351).

Sind demgegenüber die Zeugen - wie hier - erst für einen späteren Zeitpunkt geladen und noch nicht erschienen, so kann das Gericht ihre Abladung auch ohne die Zustimmung der genannten Verfahrensbeteiligten veranlassen; für diese Verfahrenskonstellation besteht eine § 245 Abs. 1 Satz 2 StPO entsprechende Regelung nicht. Die Verfahrensbeteiligten sind vielmehr gegebenenfalls gehalten, auf die Vernehmung der abgeladenen Zeugen etwa durch das Stellen entsprechender Anträge hinzuwirken. Das - wie hier - in der Hauptverhandlung erklärte Einverständnis mit der Abladung nicht präsenter Zeugen entfaltet deshalb keine Rechtswirkungen, die denjenigen einer Erklärung im Sinne des § 245 Abs. 1 StPO vergleichbar und damit im Sinne des § 338 Nr. 5 StPO als wesentlicher Teil der Hauptverhandlung anzusehen sind.

Becker     

        

Schäfer     

        

RiBGH Gericke befindet sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

                                   

Becker

        

Tiemann     

        

Hoch     

        

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