Beschluss vom Bundesgerichtshof (1. Strafsenat) - 1 StR 32/17

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 21. September 2016 werden als unbegründet verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des schweren Raubes schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten S.    hat es dafür eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten sowie gegen den Angeklagten I.      unter Einbeziehung einer Strafe aus vorausgegangener Verurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt.

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Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Rechtsmitteln, die jeweils auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützt sind. Der Angeklagte S.   beanstandet zudem das Verfahren.

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1. Die Rechtsmittel bleiben aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts erfolglos.

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2. Näherer ergänzender Erörterung bedarf lediglich eine durch den Angeklagten S.   erhobene Rüge der Verletzung von Art. 6 Abs. 1, Abs. 3 lit. d) EMRK. Dieser Rüge liegt Folgendes zugrunde:

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a) Das Landgericht hat seine Überzeugung von der täterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten S.   an dem ihm zur Last gelegten Überfall auf die Filiale einer Supermarktkette neben anderen Umständen auch darauf gestützt, dass der Angeklagte seine Tatbeteiligung als einer von zwei Tätern gegenüber dem Zeugen E.       zugegeben hatte. Ihm hatte der Angeklagte weiter offenbart, die beiden Täter hätten bei der Tat Strumpfmasken getragen und seien mit Waffen ausgerüstet gewesen, wobei es sich um eine echte und eine unechte Schusswaffe gehandelt habe. Zudem war dem Zeugen E.     durch den Angeklagten S.   berichtet worden, bei der Tatbegehung habe er (S.  ) zur Täuschung mit einem russischen Akzent gesprochen.

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Der Zeuge E.      konnte durch das Tatgericht nicht selbst gehört werden, weil er sich an einem unbekannten Ort aufhält, vermutlich in Brasilien. E.      war aber im Ermittlungsverfahren u.a. durch den (jetzigen) Zeugen PHM K.     vernommen worden. An dieser Vernehmung haben weder der Angeklagte noch ein Verteidiger für diesen teilgenommen, ein solcher war zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht bestellt gewesen. Vor dem Landgericht hat der Zeuge PHM K.     über den Inhalt der Angaben von E.        in dieser Vernehmung berichtet. Der Angeklagte beanstandet die Verwertung der ursprünglich von dem Zeugen E.     stammenden Informationen als Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens „in der Ausprägung des Konfrontationsrechts gemäß Art. 6 Abs. 1, Abs. 3 lit. d) EMRK“.

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b) Die Rüge dringt nicht durch.

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aa) Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Verletzung des völkerrechtlich gewährleisteten Konfrontationsrechts im innerstaatlichen Recht lediglich auf der Ebene der Beweiswürdigung zu besonders strengen Beweis- und Begründungsanforderungen führt (vgl. BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 8. Oktober 2010 - 2 BvR 547/08, NJW 2010, 925, 926; BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 169/00, BGHSt 46, 93, 103 ff.; Beschluss vom 29. November 2006 - 1 StR 493/06, BGHSt 51, 150, 157 Rn. 25) oder - obwohl verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfG aaO NJW 2010, 925, 926) - die Unverwertbarkeit auf einen nicht konfrontativ befragten Zeugen zurückgehender Informationen (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2014 - 1 StR 638/13, NStZ-RR 2014, 246, 248; nicht eindeutig BGH, Beschluss vom 17. März 2010 - 2 StR 397/09, BGHSt 55, 70, 78 f. Rn. 28-30) bewirkt. Führte die Verletzung von Art. 6 Abs. 3 Buchst. d) EMRK grundsätzlich zur prozessualen Unverwertbarkeit derjenigen Informationen, die ursprünglich von einer Person stammen, die durch den Angeklagten oder seine Verteidigung nicht hat konfrontativ befragt werden können, kann die Rüge möglicherweise nur dann zulässig erhoben werden, wenn die Unverwertbarkeit in der Tatsacheninstanz geltend gemacht und dort rechtzeitig (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 225 f.) der Verwertung widersprochen worden ist. Für die Notwendigkeit eines solchen Widerspruchs könnte auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den meist sog. unselbständigen Beweisverwertungsverboten sprechen, dass das Konfrontationsrecht individualschützenden Charakter zugunsten des Angeklagten hat (vgl. Weigend, Festschrift für Wolter, 2013, S. 1145, 1150 f.; Esser JR 2005, 247, 249 „Kernelement effektiver Verteidigung“ jeweils mwN) und er über die Verwertbarkeit der unter Verstoß gegen dieses Recht gewonnenen Informationen disponieren kann (siehe Esser aaO S. 251 mwN sowie Mahler, Das Recht des Beschuldigten auf konfrontative Befragung der Belastungszeugen, 2011, S. 55 f. jeweils bzgl. des Verzichts auf das Recht). Dies kann jedoch offenbleiben. Denn im Ergebnis hat die Nichtgewährung des Rechts auf konfrontative Befragung eines Belastungszeugen gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. d) EMRK vorliegend nicht dazu geführt, dass sich das Verfahren insgesamt als nicht mehr fair erweist (vgl. zum Maßstab EGMR, Urteil vom 15. Dezember 2015 - 9154/10 „Schatschaswilli ./. Deutschland“ Rn. 100 mwN).

9

bb) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) prüft nach seiner vom Senat zu berücksichtigenden (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 u.a., BVerfGE 128, 326, 368 f. mwN) ständigen Rechtsprechung eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. d) EMRK - wovon die Revision insoweit zu Recht ausgeht - auf drei Stufen:

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Maßgeblich ist, ob (1.) ein triftiger Grund für das Nichterscheinen des Zeugen (in der Hauptverhandlung) und damit für die Zulassung seiner Aussage als Beweismittel besteht, (2.) die Aussage des abwesenden Zeugen die einzige („sole“) bzw. entscheidende („decisive“) Grundlage für die Verurteilung gewesen ist und ob es (3.) Faktoren gab, die ausreichten, um die Schwierigkeiten der Verteidigung infolge der Zulassung eines solchen Beweismittels auszugleichen und um die Fairness des Verfahrens insgesamt zu sichern (EGMR aaO Rn. 107 mwN).

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Wie der Gerichtshof klargestellt hat, lässt allein das Fehlen eines triftigen Grundes für die Abwesenheit eines Zeugen an sich nicht auf ein unfaires Verfahren schließen, mag das Nichterscheinen auch ein gewichtiger Faktor („very important to be weighed in the balance“) bei der Bewertung der Gesamtfairness des Verfahrens sein (EGMR aaO Rn. 113 aE). Beruht die Abwesenheit eines Zeugen auf dessen Unerreichbarkeit, muss das zuständige nationale Tatgericht alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um das Erscheinen des betroffenen Zeugen sicherzustellen (EGMR aaO Rn. 120 mwN). Hinsichtlich der Bedeutung der Aussage des nicht konfrontativ befragten Zeugen für die Überzeugungsbildung des Tatgerichts hat der Gerichtshof verdeutlicht, dass „einzig“ auf das einzige Beweismittel abstellt, welches gegen den Angeklagten vorliegt. Der Begriff „entscheidend“ müsse eng dahingehend ausgelegt werden, dass das Beweismittel nach Bedeutung und Gewicht für die Entscheidung ausschlaggebend sein kann (EGMR aaO Rn. 123). Dabei gilt nach der Auffassung des Gerichtshofs: je größer die Beweiskraft der stützenden Beweismittel ist, umso weniger wahrscheinlich ist, dass die Aussage des abwesenden Zeugen entscheidend ist (EGMR aaO). Bei der Frage, ob genügende ausgleichende Faktoren zur Kompensation der Schwierigkeiten der Verteidigung vorliegen, berücksichtigt der EGMR u.a. als bedeutende Garantie den Umstand, dass die Aussage des nicht konfrontativ befragten Zeugen vom Tatgericht vorsichtig geprüft worden ist. Eine weitere bedeutende Garantie stellt auch die Beibringung von Beweismitteln in der tatrichterlichen Hauptverhandlung dar, die die nicht konfrontierte Aussage erhärten (EGMR aaO Rn. 128 mwN).

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cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich das Verfahren trotz der Verwertung insbesondere der durch Vernehmung von PHM K.     in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Zeugen E.      , die dieser ausschließlich gegenüber polizeilichen Vernehmungsbeamten gemacht hat, als fair.

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(1) Das Landgericht hat alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um den Zeugen E.       in der Hauptverhandlung selbst vernehmen zu können und so dem Angeklagten S.    und seiner Verteidigung die Möglichkeit konfrontativer Befragung zu eröffnen. Bei Haftentlassung des Zeugen E.        war als Entlassungsanschrift die Heilsarmee in M.     genannt worden. Auf Nachfrage dort wurde mitgeteilt, der Zeuge sei schon vor längerer Zeit nach Brasilien zurückgekehrt, eine dortige Anschrift sei nicht bekannt. Auch eine durch das Landgericht veranlasste Nachfrage bei einer Frau G.   , die der Zeuge E.       im Rahmen seiner früheren polizeilichen Vernehmung als Kontaktadresse angegeben hatte, führte zu dem Ergebnis, dass E.      vor rund einem Jahr zuletzt Kontakt mit Frau G.    gehabt habe und dieser sich mittlerweile in Brasilien aufhalte. Der Zeuge E.        hatte aber in seiner polizeilichen Vernehmung selbst verlautbaren lassen, für den Fall, dass er sich bis zu einer möglichen Verhandlung gegen den Angeklagten auf freiem Fuß befinde, hinterlasse er die Adresse von Frau G.   , über die er postalisch zu erreichen sei und die ihm dann eine Ladung zukommen lassen würde. Gerade das hat sich als unrichtig erwiesen. Damit stand dem Landgericht keine ladungsfähige Anschrift des Zeugen zur Verfügung. Eine Adressrecherche in „außerbayerischen Datenbanken“, wie sie die Revision als geboten erachtet, war angesichts der von zwei Quellen genannten Rückkehr des Zeugen E.      nach Brasilien ohne eine bekannte dortige Adresse nicht veranlasst.

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Angesichts der mit zumutbaren Maßnahmen nicht zu bewirkenden Ladung des Zeugen E.       zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht bestand damit ein triftiger Grund für dessen Nichterscheinen und damit auch für die Verwertung derjenigen Angaben des Zeugen, die dieser gegenüber dem früheren Vernehmungsbeamten PHM K.      , nach dessen Aussage, gemacht hatte.

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(2) Bei der im Ermittlungsverfahren erfolgten Aussage des Zeugen E.         über das Offenbaren der Tatbeteiligung seitens des Angeklagten S.    handelt es sich zudem weder um das einzige noch das für die Überzeugungsbildung des Landgerichts entscheidende Beweismittel.

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Wie sich aus der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils ergibt, hat das Tatgericht seine Überzeugung von der festgestellten Tatbeteiligung auf eine Gesamtschau unterschiedlicher Beweismittel gestützt. So hat der Angeklagte S.   auch gegenüber dem Zeugen Ke.   die Tatbeteiligung eingeräumt und diesem berichtet, den Überfall auf die fragliche Supermarktfiliale mit einem weiteren Täter begangen und dabei „Russendeutsch“ imitiert zu haben, um „als Russen durchzugehen“. Im Kern übereinstimmend hatte der Angeklagte S.   seine Tatbeteiligung und Details der Tatausführung (u.a. Verwendung von „Russendeutsch“, um die Täterschaft von Personen osteuropäischer Herkunft vorzuspiegeln) in gleicher Weise auch - nach dem Bericht von PHM K.    - gegenüber E.      angegeben. Das Landgericht hat beweiswürdigend ohne Rechtsfehler ausgeschlossen, dass sich die Zeugen Ke.    und E.       kennen (UA S. 10). Es handelt sich daher um zwei völlig unabhängig voneinander entstandene Aussagen über das Einräumen der Tatbeteiligung durch den Angeklagten S.  . Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat sich das Landgericht von der Zuverlässigkeit des Zeugen Ke.   und seiner Aussage überzeugt.

17

Weitere Bestätigung der Aussage beider Zeugen ergibt sich zudem nach der tatrichterlichen Beweiswürdigung aus dem Ergebnis der molekulargenetischen Auswertung einer DNA-Spur an einer am Tatort aufgefundenen Klebebandrolle durch eine Sachverständige. In 15 der 16 untersuchten Systeme fand sich eine vollständige Übereinstimmung mit dem DNA-Muster des Angeklagten S.   . Eine Übertragung seiner DNA durch die in der überfallenen Filiale tätige Freundin dieses Angeklagten hat das Landgericht auszuschließen vermocht. Gleiches gilt für die Möglichkeit, dass es zu der Anhaftung während eines Probearbeitsverhältnisses des Angeklagten in der Filiale gekommen sein könnte. Denn aufgrund weiterer Zeugenbefragungen konnte ein solches Arbeitsverhältnis ausgeschlossen werden.

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Die auf den nicht konfrontativ befragten Zeugen E.       zurückgehenden Informationen über die Tatbeteiligung des Angeklagten S.   haben daher Bestätigung durch weitere, davon unabhängige Beweismittel gefunden.

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Eine den Angeklagten S.   entlastende Aussage seiner Freundin, der Zeugin N.   , hat das Tatgericht rechtsfehlerfrei als nicht glaubhaft bewertet. Dabei hat es auch die Motivlage der Zeugin für eine wahrheitswidrige Entlastung angesichts des Umstandes bedacht, dass rund zehn Monate vor der gegenständlichen Tat in gleicher Weise eine andere Filiale desselben Unternehmens überfallen worden und die Zeugin zum Zeitpunkt dieses Überfalls dort beschäftigt war. Die Begehung des hier verfahrensgegenständlichen Überfalls durch den Zeugen S.    hätte die Zeugin angesichts des Vorgenannten selbst in den Verdacht einer wie auch immer gearteten Beteiligung an den Taten gebracht.

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Es handelt sich damit bei der mittelbar in die Hauptverhandlung eingeführten Aussage des Zeugen E.       nicht um das einzige oder entscheidende Beweismittel. Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch im Hinblick auf die Verurteilung aus dem Qualifikationstatbestand § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB. Das Vorhandensein einer Bewaffnung ergibt sich auch aus der Aussage der durch die Tat geschädigten Zeugin H.  . Darauf, dass es sich nach den berichteten Angaben des Zeugen E.      um eine echte und eine „unechte“ Schusswaffe gehandelt haben soll, kommt es nicht an, weil das Landgericht - wie angesprochen - lediglich aus § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB verurteilt hat, der auch Scheinwaffen (siehe nur Fischer, StGB, 64. Aufl., § 250 Rn. 10) erfasst.

21

(3) Genügend die Nichtgewährung des Konfrontationsrechts ausgleichende Faktoren liegen vor. Das Landgericht hat die Zuverlässigkeit der Angaben des Zeugen E.       gegenüber PHM K.    sowie ergänzend gegenüber KHK Ma.   sorgfältig geprüft. Es hat dabei mögliche Motive des Zeugen, den Angeklagten S.   zu Unrecht zu belasten, in den Blick genommen, aber letztlich nicht als durchgreifend erachtet. Bestätigung für die Richtigkeit von dessen Angaben hat es nicht nur in der Aussage des Zeugen Ke.   gefunden, sondern auch darin, dass der Zeuge E.        gegenüber dem Vernehmungsbeamten KHK Ma.  angegeben hat, der Angeklagte S.    habe ihm (E.       ) die geschädigte Zeugin H.   gezeigt und E.        dann eine Beschreibung dieser Zeugin abgegeben habe, die auf diese tatsächlich zutrifft. Darüber hinaus bestand für den Angeklagten die Möglichkeit, sich zu den weiteren erhobenen Beweisen zu verhalten (vgl. § 257 StPO) und die übrigen Zeugen, vor allem den Zeugen Ke.  , konfrontativ zu befragen (zu diesem Aspekt EGMR aaO Rn. 143).

22

(4) Unter Berücksichtigung des Vorstehenden erweist sich das Verfahren trotz der nicht eröffneten Möglichkeit, den Zeugen E.       konfrontativ zu befragen, als insgesamt fair. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zuständige Staatsanwaltschaft gehalten war, im Ermittlungsverfahren durch einen frühzeitigen Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers (§ 141 Abs. 3 Satz 1 und 2 StPO) und die Veranlassung einer mit Anwesenheitsrechten (§ 168c Abs. 2 und 5 StPO) verbundenen richterlichen Zeugenvernehmung die Wahrnehmung des Rechts aus Art. 6 Abs. 3 Buchst. d) EMRK zu gewährleisten (vgl. EGMR aaO Rn. 154 f.; BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 169/00, BGHSt 46, 93, 97 ff.; Esser JR 2005, 247, 251 f.). Da der Zeuge E.       in seiner polizeilichen Vernehmung erklärt hatte, als Zeuge in dem Strafverfahren gegen den Angeklagten S.    zur Verfügung zu stehen, und er sogar seine Erreichbarkeit über Frau G.   angegeben hatte, bestehen Zweifel an einem für die Staatsanwaltschaft erkennbaren Anlass einer solchen Vorsorge. Selbst wenn aber eine solche Obliegenheit anzunehmen wäre, stellte dies die Gesamtfairness nicht in Frage. Aus den bereits dargelegten Gründen kam den ursprünglich vom Zeugen E.      herrührenden Informationen keine entscheidende Bedeutung für die Verurteilung des Angeklagten zu. Das gilt insbesondere angesichts der davon völlig unabhängigen Aussage des Zeugen Ke.  .

Raum     

       

Graf     

       

Cirener

       

Radtke     

       

Bär     

       

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