Beschluss vom Bundesgerichtshof (9. Zivilsenat) - IX ZB 63/17

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 8. September 2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf 16.755,10 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der weitere Beteiligte wurde mit Beschluss vom 9. Mai 2016 zum vorläufigen Verwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt, über das am 12. Dezember 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter hat das Insolvenzgericht auf 17.148,19 € festgesetzt. Es ist hierbei von einer Masse von 53.126,49 € ausgegangen und hat eine Erhöhung der Regelvergütung von 25 vom Hundert auf insgesamt 80 vom Hundert für gerechtfertigt erachtet. Auf seine hiergegen gerichtete Beschwerde, mit der er beantragt hat, die Vergütung entsprechend seinem Vergütungsantrag auf 34.883,18 € festzusetzen, hat das Beschwerdegericht durch den Einzelrichter die Vergütung des weiteren Beteiligten auf 18.128,08 € festgesetzt und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen Vergütungsantrag weiter.

II.

2

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

3

Entscheidet der originäre Einzelrichter - wie hier - in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über die Beschwerde und lässt er die Rechtsbeschwerde zu, so ist die Zulassung wirksam. Auf die Rechtsbeschwerde unterliegt die Entscheidung jedoch wegen der fehlerhaften Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen, weil der Einzelrichter über die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht selbst entscheiden durfte, sondern das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. Dem originären Einzelrichter nach § 568 ZPO ist die Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2012 - I ZB 65/11, NJW 2012, 3518 Rn. 4 mwN). Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2016 - IX ZB 82/15, InsbürO 2017, 29 Rn. 3 mwN; vom 18. Mai 2017 - IX ZB 79/16, ZInsO 2017, 1426).

III.

4

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

5

1. Die Bemessung von Zu- und Abschlägen bei der Vergütung des Insolvenzverwalters ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Ausreichend aber auch erforderlich ist, dass der Tatrichter die möglichen Zu- und Abschlagstatbestände dem Grunde nach prüft und anschließend in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder Gesamtabschlag bestimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - IX ZB 48/16, NZI 2017, 459 Rn. 8 mwN).

6

2. Für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gilt insofern nichts anderes. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat wie der Insolvenzverwalter Anspruch, für seine Tätigkeit angemessen vergütet zu werden (§ 63 Abs. 1 und Abs. 3 InsO). Die Vergütung ist grundsätzlich in der Weise zu berechnen, dass besondere Umstände, welche die Tätigkeit erleichtern oder erschweren, unmittelbar den für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgeblichen Bruchteil verringern oder erhöhen (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03, NZI 2004, 251, 252; vom 28. September 2006 - IX ZB 212/03, ZInsO 2007, 439 Rn. 6). Dabei muss das Leistungsbild der entfalteten Verwaltertätigkeit - losgelöst von der Tätigkeit des späteren Verwalters - im Einzelfall gewürdigt und zum Grundsatz einer im Ganzen leistungsangemessenen Vergütung in Beziehung gesetzt werden (MünchKomm-InsO/Stephan, 3. Aufl., § 11 InsVV Rn. 62). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gebietet es § 11 Abs. 3 InsVV nicht, alleine aufgrund einer längeren als durchschnittlichen Dauer des Eröffnungsverfahrens einen Zuschlag auf den Ausgangssatz von 25 vom Hundert der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters (§ 63 Abs. 3 Satz 2 InsO) zu gewähren. Maßgebend sind nach der Bestimmung des § 63 Abs. 1 Satz 3 InsO, die gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO auch für die Vergütung des vorläufigen Verwalters gilt, der Umfang und die Schwierigkeit der Geschäftsführung. Ebenso wie bei der Vergütung des Insolvenzverwalters (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - IX ZB 123/09, ZInsO 2010, 1504 Rn. 7; vom 16. September 2010 - IX ZB 154/09, NZI 2010, 982 Rn. 8) kann deshalb auch beim vorläufigen Verwalter ein Zuschlag nicht allein an den Zeitablauf angeknüpft werden. Zu bewerten ist vielmehr die während der Dauer des Eröffnungsverfahrens erbrachte Tätigkeit.

Kayser     

        

Gehrlein     

        

Grupp 

        

Schoppmeyer     

        

Meyberg     

        

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