Beschluss vom Bundesgerichtshof (12. Zivilsenat) - XII ZB 300/18

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 12. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtskostenfrei.

Wert: 500 €

Gründe

I.

1

Der Beteiligte zu 1, ein Rechtsanwalt, ist zum Berufsbetreuer für den Betroffenen unter anderem mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt. Er führt bei der M. Bank ein von ihm als "Barkasse" bezeichnetes Rechtsanwalts-Sammelanderkonto, auf dem er Gelder verschiedener Betreuter verwaltet. Daneben verfügt der Betreute über ein eigenes Girokonto bei derselben Bank, welches als Pfändungsschutzkonto geführt wird.

2

Mit Beschluss vom 15. März 2018 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts dem Beteiligten zu 1 geboten, die für den Betroffenen auf dem Rechtsanwalts-Sammelanderkonto vorgehaltenen Gelder dem Vermögen des Betroffenen zurückzuführen, und ihm verboten, das Rechtsanwalts-Sammelanderkonto für den Betroffenen weiter zu führen bzw. künftig nochmals Gelder aus dem Vermögen des Betroffenen einem Fremdgeld- oder Anderkonto zuzuführen.

3

Das Landgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

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Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Gemäß § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1805 BGB dürfe der Betreuer Vermögen des Betroffenen nicht für sich verwenden. Daraus folge, dass er die beiderseitigen Vermögen grundsätzlich getrennt voneinander zu halten habe. Dies gelte auch für Geld, das zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten sei. Im Falle eines Anderkontos sei diese Trennung nicht gewahrt. Gläubiger des Betreuers könnten auf das Vermögen des Betreuten zugreifen. Bei Sammelanderkonten für mehrere Betroffene werde auch die Kontrolle durch das Betreuungsgericht erschwert. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Betreuer die erforderlichen Ausgaben nicht durch Überweisung vom Girokonto des Betroffenen oder aus vorzuhaltenden Barmitteln tätigen könne. Dass ein Guthaben auf dem Girokonto, über das bis zum Ende des Kalendermonats nicht verfügt worden sei, gemäß § 850 k Abs. 1 ZPO von der Pfändung erfasst würde, sei von der Rechtsordnung so gewollt und lasse sich auch durch die Umbuchung auf ein Sammelanderkonto nicht verhindern.

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2. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

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a) Das Landgericht hat die Anordnung des Amtsgerichts zutreffend dahin verstanden, dass sich die ausgesprochenen Gebote wie auch Verbote auf die Verwaltung von Geldern des Betroffenen auf einem Rechtsanwalts-Sammelanderkonto beziehen.

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b) Gemäß § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1837 Abs. 2 BGB hat das Betreuungsgericht gegen Pflichtwidrigkeiten des Betreuers durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. Zutreffend hat das Landgericht eine Pflichtwidrigkeit des Beteiligten zu 1 darin gesehen, Verfügungsgelder des Betroffenen auf einem Sammelanderkonto zu verwalten.

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aa) Gemäß § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1805 Satz 1 BGB darf der Betreuer Vermögen des Betroffenen nicht für sich verwenden. Mit der Vorschrift des § 1805 Satz 1 BGB sollte nach den Gesetzesmotiven eine "unzweideutige Mahnung" erteilt werden, dass der Vormund sein Vermögen und das des Mündels in allen Beziehungen getrennt zu halten habe (vgl. Motive IV S. 1107, zitiert bei Mugdan Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bd. IV S. 587 f.). Entsprechendes gilt gemäß § 1908 i Abs. 1 BGB für den Betreuer. Es besteht daher Einigkeit darin, dass der Betreuer ein Trennungsgebot für die Vermögenssphären seiner eigenen Person und der des Betroffenen einzuhalten hat (LG Münster Beschluss vom 28. Juli 2011 - 5 T 309/11 - BeckRS 2012, 22126; BeckOGK/Fröschle BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 7; MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs 7. Aufl. § 1805 Rn. 3; jurisPK-BGB/Lafontaine [Stand: 15. Oktober 2016] § 1805 BGB Rn. 5; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2; NK-BGB/Fritsche 3. Aufl. § 1806 Rn. 2).

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bb) § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1806 2. Halbsatz BGB gestattet es dem Betreuer allerdings, zur Bestreitung von Ausgaben des Betreuten benötigtes Geld bereitzuhalten. Dieses sogenannte Verfügungsgeld darf er - getrennt von seinem eigenen Vermögen - als Bargeld für den Betroffenen verwahren.

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Ob die Befugnis zur Bereithaltung eines Barbetrags zur Bestreitung von Ausgaben des Betroffenen auch die Berechtigung eines Rechtsanwalts als Betreuer einschließt, für den Betroffenen ein Anderkonto zu führen, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

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(1) Nach verbreiteter Auffassung wird das Verwalten von Geldern eines Mündels oder Betreuten auf einem Anderkonto des Betreuers als grundsätzlich unzulässig angesehen (KG NJW 1967, 883; OLG Köln OLGR 1997, 51; LG Münster Beschluss vom 28. Juli 2011 - 5 T 309/11 - BeckRS 2012, 22126; BeckOK BGB/Bettin [Stand: 1. August 2018] § 1805 Rn. 2; jurisPK-BGB/Lafontaine [Stand: 15. Oktober 2016] § 1805 BGB Rn. 11; Hk-BGB/Kemper 9. Aufl. § 1805 Rn. 1; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2; BGB-RGRK/Dickescheid 12. Aufl. § 1805 Rn. 2; Jurgeleit/Reinfarth Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2), wobei dies auch für Rechtsanwalts-Anderkonten gelte.

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(2) Nach anderer Auffassung sei Rechtsanwälten als Vormündern oder Betreuern die Verwaltung von Geldern auf Anderkonten erlaubt (Beitzke ZBlJugR 1967, 237, 241; Schütz NJW 1967, 1569; Staudinger/Veit BGB [2014] § 1805 Rn. 9; Erman/Schulte-Bunert BGB 15. Aufl. § 1805 Rn. 4; Palandt/Götz BGB 77. Aufl. § 1805 Rn. 1; auf Ausnahmefälle beschränkend MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs 7. Aufl. § 1806 BGB Rn. 16; BtKomm/Roth 5. Aufl. Teil D Rn. 48; Jürgens/von Crailsheim Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1805 BGB Rn. 5 f.; vgl. allgemein BeckOGK/Fröschle BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 9 ff.).

14

Von einigen Vertretern der letztgenannten Auffassung wird sogar die Verwaltung auf Sammelanderkonten als zulässig erachtet, solange eine eindeutige Zuordnung gewahrt sei (Staudinger/Veit BGB [2014] § 1805 Rn. 9; Beitzke ZBlJugR 1967, 237, 242; Erman/Schulte-Bunert BGB 15. Aufl. § 1805 Rn. 4; Palandt/Götz BGB 77. Aufl. § 1805 Rn. 1; auf geringere Summen beschränkend NK-BGB/Fritsche 3. Aufl. § 1805 Rn. 3), von anderen hingegen als generell unzulässig angesehen (BtKomm/Roth 5. Aufl. Teil D Rn. 48; BeckOGK/Fröschle BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 10; ebenso LG Münster Beschluss vom 28. Juli 2011 - 5 T 309/11 - BeckRS 2012, 22126; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2; Jurgeleit/Reinfarth Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 3).

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(3) Zutreffend ist, dass auch Rechtsanwälte als Betreuer Gelder von Betroffenen jedenfalls nicht auf Sammelanderkonten verwalten dürfen.

16

Bereits für das frei vereinbarte, auf besonderem Vertrauen beruhende (vgl. KG NJW 1967, 883) Mandatsverhältnis enthält § 4 Abs. 2 Sätze 2 und 5 BORA eine Beschränkung dahin, dass Fremdgelder - mangels abweichender Vereinbarung - in der Regel auf Einzelanderkonten zu verwalten sind. Denn auf Sammelkonten können im Laufe der Zeit Unklarheiten darüber entstehen, welchem Treugeber welche Beträge zustehen (Henssler/Prütting/Henssler BRAO 4. Aufl. § 4 BORA Rn. 6).

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Noch strengere Maßstäbe sind angelegt, wenn das Treuhandverhältnis nicht auf einer frei vereinbarten Vertrauensstellung gründet, sondern auf öffentlicher Amtsstellung beruht. So ist etwa Notaren als Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) die Einrichtung von Sammelanderkonten im Rahmen öffentlicher Beurkundungen und Verwahrungen gänzlich untersagt (§ 58 Abs. 2 Satz 3 BeurkG).

18

Entsprechendes muss gelten für die auf gerichtlicher Bestellung des Vormunds oder Betreuers gründende Verwaltung von Mündelgeldern und Geldern von Betreuten. Denn § 1805 Satz 1 BGB erfordert nicht nur die Trennung der Vermögenssphäre der eigenen Person und der des Betroffenen, sondern auch, die Vermögen mehrerer Mündel oder Betreuten voneinander getrennt zu halten (BeckOGK/Fröschle BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 7, 10). Dies erlaubt es grundsätzlich nicht, Mündelgelder und Gelder von Betreuten dauerhaft gemeinsam mit anderen Fremdgeldern auf Sammelanderkonten zu verwalten. Die Gefahr entstehender Unklarheiten wäre hier besonders groß, da die Verwaltung von Verfügungsgeldern nicht in singulären, leicht rekonstruierbaren Ein- und Auszahlungen besteht, sondern sich in einem laufenden Kontokorrent vollzieht. Auch die Kontrolle durch das Betreuungsgericht - unter Wahrung der Geheimhaltungsinteressen der weiteren Berechtigten - an dem Sammelanderkonto wäre unzuträglich erschwert.

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Das Führen von Sammelkonten für Mündel ist deshalb von Gesetzes wegen aufgrund der Sonderbestimmung des § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII lediglich einem Amtsvormund gestattet. Selbst dies steht unter einem grundsätzlichen Genehmigungsvorbehalt des Familiengerichts und setzt voraus, dass es den Interessen des Mündels dient sowie die sichere Verwaltung, Trennbarkeit und Rechnungslegung des Geldes einschließlich der Zinsen jederzeit gewährleistet ist.

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Da das Gesetz für Rechtsanwälte keine dementsprechende Gestattung enthält, auch nicht unter dem Vorbehalt einer Genehmigung des Familiengerichts, kommt für sie eine dauerhafte Vermischung der ihnen gesetzlich anvertrauten Fremdgelder von Mündeln und Betreuten auf Sammelanderkonten nicht in Betracht.

Dose     

      

Klinkhammer     

      

Schilling

      

Nedden-Boeger     

      

Botur     

      

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