Urteil vom Bundessozialgericht (1. Senat) - B 1 KR 19/09 R

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf weitere Vergütung für stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 94,84 Euro hat, weil die Beklagte die Abrechnung um einen Abschlag in Höhe von 0,5 % des Rechnungsbetrages (sog "Krankenhaus-Sanierungsbeitrag") gekürzt hat.

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Die Klägerin - als gGmbH Betreiberin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses - ist Mitglied der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), die wiederum Mitglied der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ist. Mit Wirkung vom 1.1.2007 war nach § 8 Abs 9 Satz 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG - idF des Art 19 Nr 2 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007 - GKV-WSG - BGBl I 378) bis zum Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung zur Finanzierung der Krankenhäuser ein Abschlag in Höhe von 0,5 % des Rechnungsbetrages vorzunehmen und auf der Rechnung auszuweisen. Die DKG vereinbarte mit den Verbänden der Krankenkassen (KKn) ua, dass die Kürzung der Rechnungen für Patienten, die nach dem 30.6.2007 entlassen werden, im Rahmen des maschinellen Abrechnungsverfahrens mit der Rechnungslegung ab dem 1.7.2007 beginnt (§ 1 Abs 2 "Empfehlungsvereinbarung zur Umsetzung der Abschlagsregelung nach § 8 Abs. 9 KHEntgG", Stand: 4.4.2007; vgl https://www.gkv-spitzenverband.de/upload/0,5_Prozent-Abschlag_2007_844.pdf). Da die Klägerin - ebenso wie die DKG und die KGNW - § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG für verfassungswidrig hält, erkannte sie gegenüber der Beklagten Rechnungskürzungen nach dieser Vorschrift generell nur vorläufig unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Klärung an und behielt sich "alle weiteren Rechte", insbesondere "die Geltendmachung der Rückerstattung der einbehaltenen bzw. zu Unrecht gekürzten Mittel" vor (Schreiben vom 27.6.2007). Der Abschlag von 0,5 % des jeweiligen Rechnungsbetrages von 30 Schlussrechnungen für von der Klägerin erbrachte stationäre Krankenhausbehandlungen an Versicherte der Beklagten, die vom 9.7. bis 14.11.2007 aus dem Krankenhaus entlassen wurden, betrug insgesamt 409,15 Euro; die Beklagte zahlte die um diesen Betrag gekürzte Vergütung des ursprünglichen Rechnungsbetrages an die Klägerin aus.

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Das SG hat die am 18.12.2007 erhobene Klage auf Zahlung weiterer Vergütung in Höhe von 409,15 Euro abgewiesen (Urteil vom 22.4.2008). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin nach Abschluss eines gerichtlichen Teilvergleichs nur noch die Zahlung von 94,84 Euro restlicher Vergütung geltend gemacht, nämlich für stationäre Krankenhausbehandlungen der bei der Beklagten versicherten B. vom 15.7. bis 28.7.2007 (29,39 Euro), Z. vom 25.7. bis 8.8.2007 (36,40 Euro) und W. vom 12.8. bis 27.8.2007 (29,05 Euro).

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Das LSG hat die (zugelassene) Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Beklagte habe die notwendigen, richtig abgerechneten stationären Krankenhausbehandlungen vollständig bezahlt. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf weitere Vergütung in Höhe von 94,84 Euro zu, denn die Beklagte habe zu Recht einen Abschlag von 0,5 % des Rechnungsbetrages nach der verfassungsgemäßen Regelung des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG vorgenommen (Urteil vom 26.3.2009).

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Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Art 74 Abs 1 Nr 12 und Nr 19a GG iVm Art 72 Abs 2 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14, Art 3 Abs 1 GG, des Rückwirkungsverbots (Art 20 GG bzw Art 14 GG iVm Art 20 GG) sowie einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben für Sonderabgaben. Sie beruft sich auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Sodan (Juni 2007) und führt im Wesentlichen aus: Die Regelung sei schon formell verfassungswidrig. Auf Art 74 Abs 1 Nr 19a GG könne sich der Bund dafür nicht stützen, da der Abschlag keine Regelung der Krankenhauspflegesätze sei. Auch seien die Voraussetzungen des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG nicht erfüllt: Die Verlagerung der Beitragslast auf Dritte sei nur dann nicht zu beanstanden, sofern - anders als vorliegend - sachorientierte Anknüpfungspunkte für eine fremdnützige Sozialversicherungslast Dritter bestünden. § 8 Abs 9 KHEntgG sei auch materiell verfassungswidrig, denn die Regelung verstoße zumindest gegen den objektiv-rechtlichen Gehalt von Verfassungsrecht. Nicht die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems, sondern lediglich der Schuldenabbau bei einigen KKn sei das gesetzgeberische Ziel gewesen, um den Gesundheitsfond einführen zu können. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) habe nämlich in dem maßgeblichen Zeitraum insgesamt Einnahmeüberschüsse erzielt. Die Verschuldung einzelner KKn habe auf ihrem rechtswidrigen Verhalten beruht, Kredite aufzunehmen statt die Beiträge zu erhöhen. Die Entschuldung der KKn hätte deshalb durch Beitragserhöhungen und nicht durch Belastungen der Krankenhäuser erfolgen dürfen. Der Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser verstoße zudem als unzulässige Sonderabgabe gegen Art 14, Art 12 Abs 1 iVm Art 105 und Art 110 GG und Art 3 Abs 1 GG. Es fehle an einem von der Rechtsprechung des BVerfG geforderten besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrund: Das Krankenhaus stehe als Leistungserbringer insbesondere nicht in einer besonderen Sachnähe zu dem Zweck der Schuldentilgung. Der Rechnungsabschlag greife zudem nachträglich rückwirkend für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum Inkrafttreten des GKV-WSG am 26.3.2007 in bereits entstandene Zahlungsansprüche der Krankenhausträger ein. Die für die Krankenhäuser sich durch das GKV-WSG ergebenden Belastungen seien nach den Grundsätzen des additiven Grundrechtseingriffs in einer Gesamtschau als Paket verfassungsrechtlich zu bewerten, nicht nur isoliert bezogen auf den Rechnungsabschlag von 0,5 %. Als Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser trete die Streichung der Rückzahlungsverpflichtung nicht verbrauchter Mittel zur Anschubfinanzierung der Jahre 2004 bis 2006 und die Verringerung des Mindererlösausgleichs von 40 % auf 20 % hinzu. Die Gesamtbelastung sei durch die im Gesetzgebungsverfahren verwendeten Zahlen ausreichend belegt.

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Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. März 2009 und des Sozialgerichts Aachen vom 22. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 94,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz ab dem 18. Dezember 2007 zu zahlen,

hilfsweise, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, ob § 8 Abs 9 KHEntgG formell und materiell verfassungswidrig ist.

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Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der klagenden Krankenhausträgerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG ihre Berufung gegen das die Klage abweisende SG-Urteil zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere 94,84 Euro Vergütung für stationäre Krankenhausbehandlungen der bei der beklagten KK versichert gewesenen B., Z. und W. in der Zeit vom 15.7. bis 28.7.2007, 25.7. bis 8.8.2007 und 12.8. bis 27.8.2007.

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Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Das klagende Krankenhaus macht den Anspruch auf weitere Vergütung für die Krankenhausbehandlung zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend (vgl allgemein: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2).

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Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf weitere Vergütung in Höhe des gesetzlichen Rechnungsabschlags sind nicht erfüllt. Die Klägerin könnte die geltend gemachte weitere Vergütung nur beanspruchen, wenn das BVerfG aufgrund einer Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG die Regelung des § 8 Abs 9 KHEntgG (in der vom 1.1.2007 bis 31.12.2008 geltenden Fassung des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; aufgehoben mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 vom 17.3.2009, BGBl I 534) für nichtig erklären würde. Denn die Beteiligten streiten ausschließlich darüber, ob § 8 Abs 9 KHEntgG verfassungsgemäß ist. Im Einklang mit den Feststellungen des LSG besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass die Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm §§ 7 ff KHEntgG sowie nach dem Krankenhausbehandlungsvertrag NRW vom 6.12.1996 idF vom 19.8.1998 gemäß § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V erfüllt sind: Die Versicherten bedurften danach der Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Die erbrachten Behandlungsleistungen der Klägerin erfüllten die Voraussetzungen der abgerechneten Positionen. Die Beklagte berechnete auch die Höhe des Rechnungsabschlags zutreffend nach § 8 Abs 9 KHEntgG. Der erkennende Senat sieht sich jedoch nicht veranlasst, den Rechtsstreit auszusetzen und das BVerfG anzurufen, weil § 8 Abs 9 KHEntgG formell (dazu 1.) und materiell (dazu 2.) verfassungsgemäß ist.

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1. § 8 Abs 9 KHEntgG ist formell verfassungsgemäß. Die Norm ist nach den Regelungen des Grundgesetzes zustande gekommen.

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Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt jedenfalls aus Art 74 Abs 1 Nr 19a iVm Art 72 Abs 2 GG. Danach erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung ua auf die Regelung der Krankenhauspflegesätze, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. Der Abschlag nach § 8 Abs 9 KHEntgG stellt als Vergütungsregulierung eine Regelung der Krankenhauspflegesätze im Sinne dieser Vorschrift (dazu a) dar, für die eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist (dazu b).

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a) Zu den Regelungen der Krankenhauspflegesätze iS von Art 74 Abs 1 Nr 19a GG gehören Bestimmungen über Entgelte für teilstationäre und stationäre Krankenbehandlung Erfasst werden - entgegen der Ansicht der Klägerin - alle Regelungen, die diese Entgelte in ihrer Struktur oder Höhe beeinflussen. So liegt es bei § 8 Abs 9 KHEntgG idF des GKV-WSG, der wie folgt lautet:
        
"Bei gesetzlich krankenversicherten Patienten, die nach dem 31. Dezember 2006 entlassen werden, ist ein Abschlag in Höhe von 0,5 vom Hundert des Rechnungsbetrags vorzunehmen und auf der Rechnung des Krankenhauses auszuweisen; der Abschlag gilt bis zum Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung zur Finanzierung der Krankenhäuser für den Zeitraum nach dem Jahr 2008. Haben Krankenkassen Rechnungen nach Satz 1 ohne Abschlag bezahlt, ist der Krankenhausträger verpflichtet, jeweils einen Betrag in Höhe von 0,5 vom Hundert des Rechnungsbetrags an die jeweilige Krankenkasse zu erstatten. Bemessungsgrundlage für den Abschlag nach Satz 1 und 2 ist die Höhe der abgerechneten Entgelte nach § 6 Abs. 2a und § 7 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 5 einschließlich der Abschläge bei Verlegungen. Bei der Ermittlung des Erlösausgleichs nach § 4 Abs. 9 und § 6 Abs. 3 Satz 6 wird die Erlösminderung infolge des Abschlags nicht berücksichtigt."

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Keiner Vertiefung bedarf, dass dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zudem aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG zusteht. Hiernach erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung auf die Sozialversicherung. Diese Kompetenzregelung umfasst auch Regelungen der Finanzierung der Sozialversicherung (BVerfGE 14, 312, 318 = SozR Nr 1 zu Art 108 GG; BVerfGE 75, 108, 146 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BVerfGE 81, 156, 185 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 S 3; BVerfGE 99, 202, 212 = SozR 3-4100 § 128a Nr 9 S 53). Dazu gehören Regelungen nicht nur zur Aufbringung der Beiträge im engeren Sinne, sondern auch zur finanziellen Entlastung der Sozialversicherungssysteme. Beides dient gleichermaßen dem Erhalt ihrer Leistungsfähigkeit (BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 49).

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b) Eine bundesgesetzliche Regelung war auch erforderlich. Die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftsordnung gebietet es, das System der GKV für ganz Deutschland einheitlich zu regeln. Erforderlich sind eine einheitliche Berechnungsmethode und daher auch eine einheitliche Regelung der Berechnungsgrundlagen und, wenn auf diese Berechnungsgrundlagen durch Gesetz Einfluss genommen werden soll, eine einheitliche Reglementierung. Wollte man die Reglementierung der Kosten für Waren und Dienstleistungen im Gesundheitswesen und damit das wesentliche Instrument zur Begrenzung der Beitragssätze der Regelung durch die Landesgesetzgeber überlassen, so müsste ein bundesweiter Wettbewerb hingenommen werden, der aus unterschiedlichen Preisreglementierungen entstünde. Anbieter mit ausreichender Wirtschaftskraft könnten die Märkte meiden, die durch strenge Preisbeschränkungen gekennzeichnet sind. Hier würden nur noch Anbieter auftreten, die den stark reglementierten Preis halten können, dies aber mit Qualitätsabstrichen erreichen. Eine Versorgung der Versicherten auf gleichmäßig hohem Niveau könnte nicht mehr gewährleistet werden (BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 53). Da das Vergütungssystem für die Krankenhäuser in diesem Sinne bundesweit einheitlich ist, müssen auch - wie es zutreffend in der Gesetzesbegründung zum GKV-WSG heißt - die für alle Krankenhäuser geltenden Rahmenbedingungen (hier: der Vergütungsabschlag) im Interesse eines einheitlichen Standards der stationären Versorgung der Bevölkerung bundesweit einheitlich geändert werden (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - BT-Drucks 16/3100, S 93 zur Begründung A. Allgemeiner Teil III).

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2. § 8 Abs 9 KHEntgG ist auch materiell verfassungsgemäß. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin, dass sie sich auf die Grundrechte der Art 12 Abs 1 GG (dazu a und c), Art 14 GG - ggf iVm Art 2 Abs 1 GG (dazu b und c) sowie Art 3 Abs 1 GG (dazu d) berufen kann, obwohl nicht feststeht, dass sie sich als juristische Personen des Privatrechts nicht überwiegend im Eigentum der öffentlichen Hand befindet (zum Problem der Grundrechtsfähigkeit gemäß Art 19 Abs 3 GG in solchen Fällen vgl zB: BVerfG SozR 4-3300 § 9 Nr 3 RdNr 77 f; BVerfGE 45, 63, 79 f; BVerfGE 68, 193, 212 f = SozR 5495 Art 5 Nr 1; BVerfGE 70, 1, 15 = SozR 2200 § 376d Nr 1; zu einem mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichen Stromversorgungsunternehmen vgl BVerfG, Beschluss vom 16.5.1989 - 1 BvR 705/88 -, NJW 1990, 1783; vgl insgesamt BVerfG, Beschluss vom 18.5.2009 - 1 BvR 1731/05 - NVwZ 2009, 1282). Denn die in Frage kommenden Grundrechte sind jedenfalls nicht verletzt.

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a) Der Sanierungsbeitrag in Form eines Rechnungsabschlags von 0,5 % verletzt nicht Art 12 Abs 1 GG. Die Norm schützt die Erwerbszwecken dienende Tätigkeit (vgl BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 129). Jede Preisreglementierung - wie auch der Rechnungsabschlag - enthält eine Berufausübungsregelung (vgl BVerfGE 68, 193, 216 = SozR 5495 Art 5 Nr 1; BVerfGE 106, 275, 298 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22; BVerfG, Beschluss vom 1.9.1999 - 1 BvR 264/95 ua -, SozR 3-5407 Art 30 Nr 1 S 3 f; BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 129). Berufsausübungsregelungen müssen durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dazu gehört die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV (vgl BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3). Diesen Zweck verfolgte auch das GKV-WSG mit der Einführung des Krankenhaussanierungsbeitrags (dazu aa), einem gemessen am gesetzgeberischen Ziel geeigneten (dazu bb), erforderlichen (dazu cc), angemessenen und zumutbarem Mittel (dazu dd) auch unter Einbeziehung einer möglichen additiven Grundrechtsverletzung (dazu ee).

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aa) Der Gesetzgeber verfolgte mit dem GKV-WSG ua das Ziel, in die Sicherung der Nachhaltigkeit der Finanzierung der GKV einzusteigen (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 1 f, 85 f). Die finanzielle Stabilisierung bzw "Konsolidierung" der GKV gehört zu den vernünftigen Gründen des Gemeinwohls. Dies hat das BVerfG bereits mehrfach entschieden (vgl BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1; BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 131). Gerade im Gesundheitswesen hat der Kostenaspekt für gesetzgeberische Entscheidungen erhebliches Gewicht (vgl BVerfGE 103, 172, 184 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4; BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; s auch BSGE 100, 221 = SozR 4-2500 § 62 Nr 6, jeweils RdNr 14 mwN).

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Ein vernünftiger Grund des Gemeinwohls ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht etwa deshalb zu verneinen, weil es dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund einer sich stabilisierenden Finanzlage der KKn auch um die Entschuldung der KKn mit Blick auf andere Ziele ging. Folgende Erwägungen des Gesetzgebers waren ua für die Einführung des Rechnungsabschlags maßgeblich: Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) habe einen wesentlichen Beitrag zur finanziellen Konsolidierung der GKV geleistet; die Nettoverschuldung, die Ende 2003 saldiert bei über 6 Mrd Euro gelegen habe, habe saldiert bis Ende 2005 nahezu vollständig abgebaut werden können; allerdings seien noch immer 81 KKn mit mehr als der Hälfte aller Versicherten verschuldet; diese Schulden müssten bis Ende 2007 vollständig abgetragen werden (so Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 85 zu 2.). Dem Ziel der weiteren Konsolidierung der GKV widerspricht es nicht, dass eine große Anzahl der KKn nicht mehr verschuldet gewesen ist und die KKn in den Jahren 2004 bis 2006 bereinigte Einnahmenüberschüsse von 4,020 Mrd, 1,671 Mrd und 1,731 Mrd verzeichneten. Denn angesichts der Bedeutung der GKV für die Gesundheitsversorgung von ca 90 % der Bevölkerung bewegt es sich auch im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, das Ziel der Entschuldung aller KKn als Zwischenziel anzustreben. Dies gilt - entgegen der Ansicht der Klägerin - unabhängig davon, wie die Verschuldung zustande gekommen ist und ob sie die KKn selbst durch rechtswidriges Verhalten verursacht haben; denn weitere Beitragserhöhungen - die die Klägerin als vorrangige Mittel zur Sanierung ansieht - sollten gerade vermieden werden (vgl dazu auch cc).

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bb) Die den KKn zugute kommenden Abschläge bei Rechnungen der Leistungserbringer - wie hier der Krankenhäuser - sind ein geeignetes Mittel, die Ausgabenseite der GKV zu verbessern und damit zu deren finanziellen Stabilisierung beizutragen (vgl etwa zu den Rabatten nach § 130a SGB V: BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 132). Da die Abschläge die Einzelheiten des Vergütungsgefüges nicht beeinflussen, sind sie besonders tauglich, wenn - wie hier - ein zeitlich befristeter Beitrag zur Ausgabensenkung geleistet werden soll.

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cc) Der Rechnungsabschlag durfte auch als erforderlich angesehen werden. Im Rahmen seines Gestaltungsermessens hat der Gesetzgeber zu Recht auch eine Beteiligung der Krankenhäuser an der Konsolidierung der GKV für notwendig erachtet. Es ist nicht erkennbar, dass die Höhe und Dauer des Sanierungsbeitrags das Maß des Erforderlichen überschreitet. Vielmehr ist der Beitrag im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens von ursprünglich vorgesehenen 0,7 % auf 0,5 % abgesenkt worden. Zudem war der Rechnungsabschlag von vornherein eine auf ca zwei Jahre befristete Maßnahme, die nur bis zum Inkrafttreten des ordnungspolitischen Rahmens zum DRG-System im Jahr 2009 angewandt werden sollte (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 194 zu Nr 2). Andere Wege zur weiteren finanziellen Konsolidierung der GKV hat der Gesetzgeber ausreichend berücksichtigt.

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Die von der Klägerin angeführte - aus ihrer Sicht vorrangige - Inanspruchnahme der Versicherten oder anderer Leistungserbringer hat der Gesetzgeber ausreichend erwogen und teilweise gleichzeitig im GKV-WSG umgesetzt. Es entsprach seinem weiten wirtschafts- und sozialpolitischen Gestaltungsspielraum, dass er nach der Einführung des Gesundheitsfonds weitere Beitragssatzsteigerungen möglichst vermeiden und damit auch die Kosten für die Wirtschaft und die Unternehmen stabilisieren wollte. Die Einnahmenseite wurde zudem insofern berücksichtigt, als der Beitragssatz durch Rechtsverordnung festgelegt und den KKn, die mit den Mitteln des Gesundheitsfonds nicht auskommen, die Möglichkeit eingeräumt wurde, von ihren Mitgliedern - bei einer Begrenzung auf 1 % des beitragspflichtigen Einkommens - einen prozentualen oder pauschalen Zusatzbeitrag zu erheben (vgl § 242 SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378). Dass die Versicherten nicht unmittelbar weitergehend belastet wurden, ist vor allem vor dem Hintergrund zu verstehen, dass diesen bereits wesentliche Beiträge zur Stabilisierung der GKV durch die Maßnahmen des GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) auferlegt worden waren (vgl insbesondere Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung -, BT-Drucks 15/1525, Begründung zum Allgemeinen Teil S 76 f zu Nr 8).

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Auch hat der Gesetzgeber im Rahmen des GKV-WSG nicht nur die Krankenhäuser, sondern auch andere Leistungserbringer etwa durch Regelungen in der Arznei- und Hilfsmittelversorgung an der "Sanierung" der GKV beteiligt. Unter Hinweis auf den starken Anstieg der Kosten für die Arzneimittelversorgung und die bereits getroffenen, nicht ausreichenden Maßnahmen durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung nahm er weitere Regelungen im Bereiche der Festsetzung der Arzneimittelpreise vor (vgl nur Übersicht in Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100, S 88 f zu Nr 4). Zudem wurden etwa die Vorschriften zur Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel weiterentwickelt und eine Ausgabensenkung bei den Fahrkosten durch Ausgabenabschläge in Höhe von 3 % vorgenommen, in die auch die Rettungsfahrten einbezogen wurden (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100, S 89 zu Nr 5 und 6). Vor diesem Hintergrund ist es unter dem Aspekt verfassungsrechtlich zulässiger Gestaltung nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die besondere finanzielle Bedeutung des Krankenhaussektors für die Ausgaben der GKV in Verbindung mit seinen überproportionalen Ausgabensteigerungen auch die Belastung der Krankenhäuser für erforderlich angesehen hat.

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dd) Der Vergütungsabschlag und seine Ausgestaltung ist auch angemessen und den Krankenhäusern zuzumuten. Auf der Grundlage der bindenden, mit Revisionsgründen nicht beanstandeten Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) ergibt sich nichts dafür, dass die Klägerin oder die Krankenhäuser drohten, durch den Abschlag in Höhe von 0,5 % in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten oder geraten sind. Die Abwicklung im Rahmen des maschinellen Abrechnungsverfahrens mit der Rechnungslegung verursachte zudem (jedenfalls für die Zeit ab 1.7.2007) auf Seiten der Krankenhäuser keinen nennenswerten zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Entgegen der Ansicht der Klägerin führt der Abschlag auch nicht notwendig zu einer unangemessenen Vergütung im Einzelfall, denn die Vergütung der Krankenhausleistungen nach Fallpauschalen orientiert sich nicht mehr an dem Kostendeckungsprinzip. Vielmehr hat der Wandel des Krankenhausfinanzierungsrechts den Krankenhäusern die Möglichkeit eröffnet, Gewinne oder Verluste zu machen (vgl BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 41). Dementsprechend schränkt ein geringfügiger Rechnungsabschlag lediglich die Spanne ein, in dessen Rahmen das Krankenhaus wirtschaften kann.

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ee) Die Rechtsänderungen durch das GKV-WSG begründen auch nicht in ihrer Gesamtheit einen mit der Berufsfreiheit der Klägerin unvereinbaren "additiven" Grundrechtseingriff. Grundsätzlich ist es zwar denkbar, dass verschiedene einzelne, für sich betrachtet geringfügige Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche in ihrer Gesamtwirkung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung führen, die das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschreitet (vgl BVerfGE 112, 304, 319 f; BVerfGE 114, 196, 247 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 S 136 f; BVerfGE 123, 186, 265 f). Jedoch lässt sich eine derartige Wirkung der die Krankenhäuser betreffenden gesetzlichen Regelungen durch das GKV-WSG nicht feststellen. Weder die Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), noch die Ausführungen der Klägerin ergeben hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der befristete Rechnungsabschlag zusammen mit der Absenkung der Mindererlösquote der Krankenhäuser von bisher 40 % auf 20 % (§ 4 Abs 9 KHEntgG idF des GKV-WSG, aaO) sowie der Streichung der Rückzahlungspflicht der KKn für nicht verwendete Mittel der Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung (§ 140d Abs 1 Satz 5 SGB V idF des GKV-WSG, aaO) in ihrem kumulativen Zusammenwirken die Klägerin in ihrer Funktionsfähigkeit ernsthaft bedroht hätten. Insoweit macht die Klägerin lediglich im Wesentlichen pauschal unter Hinweis auf die im Gesetzesverfahren genannten Angaben zum finanziellen Umfang geltend, in materieller Hinsicht erreiche die (einseitige) Gesamtbelastung der Krankenhäuser mit den drei belastenden Maßnahmen des GKV-WSG ein Ausmaß, das auch durch den Gemeinwohlbelang der finanziellen Stabilität der GKV nicht hinreichend gerechtfertigt werden könne. Diese insofern nur allgemein gehaltenen Ausführungen begründen nicht die Verfassungswidrigkeit eines "additiven" Grundrechtseingriffs. Die Klägerin macht schon nicht hinreichend deutlich, inwieweit die weiteren gesetzlichen Regelungen sie unmittelbar im Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG betreffen. Soweit sie darauf hinweist, dass die finanziellen Auswirkungen der beiden anderen Maßnahmen - ohne Inanspruchnahme der KKn - nicht zur Verfügung stünden, entlastet dies die Klägerin nicht davon, zumindest ihre eigene wirtschaftliche Situation konkret zu schildern.

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b) § 8 Abs 9 KHEntgG ist mit Art 14 Abs 1 GG vereinbar. Art 14 Abs 1 GG schützt nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (vgl BVerfGE 20, 31, 34; BVerfGE 30, 292, 334 f), umfasst also grundsätzlich nicht in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl BVerfGE 30, 292, 335; BVerfGE 45, 272, 296; BVerfGE 68, 193, 223; BVerfGE 95, 173, 187 f mwN; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 30). Es fehlt vorliegend bereits an einem Eingriff in ein konkretes vermögenswertes Recht der Klägerin. Entgegen der Ansicht der Klägerin greift § 8 Abs 9 KHEntgG im Streitfall nicht in eine ihr bereits zustehende vergütungsrechtliche Position ein.

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Die verfassungsrechtliche Beurteilung des ab 1.1.2007 in Kraft getretenen § 8 Abs 9 KHEntgG richtet sich insoweit nach den Regeln über die Rückwirkung von Rechtsnormen in der Ausprägung, die sie durch Art 14 Abs 1 GG erfahren haben (vgl dazu zB BVerfGE 95, 64, 86 f). Diese Regeln enthalten für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen. Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Sie ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl BVerfGE 30, 392, 402 f, stRspr). Jedoch können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Das ist dann der Fall, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

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Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl BVerfGE 11, 139, 145 f, stRspr). Auch in diesem Fall tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, aber zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Der Schutz des Vertrauens in den Bestand des alten Rechts endet in jedem Fall mit dem Beschluss des neuen Rechts (vgl BVerfGE 13, 206, 213 f, stRspr).

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So liegt es hier. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - wenn die Versorgung wie vorliegend in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (stRspr, vgl nur BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11 mwN). Da die in diesem Rechtsstreit betroffenen Krankenhausbehandlungen erst im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2007 durchgeführt wurden, entstanden die Vergütungsansprüche der Klägerin auch erst in diesem Zeitraum, also nach dem Inkrafttreten der Regelung am 1.1.2007, nach dem Gesetzesbeschluss vom 26.3.2007 und auch nach der Verkündung des Gesetzes am 30.3.2007. Ein Besitzstand derart, dass die Chance erhalten bleiben müsste, alle Leistungen weiterhin im bisherigen Umfang honoriert zu erhalten, kommt Niemandem, auch keinem Krankenhausträger zu.

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c) Der Sanierungsbeitrag verletzt auch kein Verfassungsrecht aus dem Zusammenspiel von Art 12 Abs 1 GG, Art 14 GG und Art 2 Abs 1 GG, weil es sich nicht um eine unzulässige Sonderabgabe handelt. Der Beitrag ist vielmehr begrifflich und nach dem Sinn und Zweck der hierfür aufgestellten Regeln weder Sonderabgabe noch wegen seiner Wirkungen den Regelungen über Sonderabgaben zu unterstellen. Eine Sonderabgabe ist eine hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht, der keine unmittelbare Gegenleistung gegenübersteht (BVerfGE 81, 156, 186 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1; BVerfGE 78, 249, 267; BVerfGE 75, 108, 147 = SozR 5425 § 1 Nr 1). Sie unterscheidet sich von der Steuer dadurch, dass sie die Abgabenschuldner über die allgemeine Steuerpflicht hinaus belastet, ihre Kompetenzgrundlage in einer Sachgesetzgebungszuständigkeit sucht und ihr Abgabeaufkommen einem Sonderfonds vorbehalten ist (BVerfGE 101, 141, 148). Bei dem Rechnungsabschlag fehlt es schon an den Grundvoraussetzungen einer Sonderabgabe. Ihm liegt nämlich eine Rechtsbeziehung zugrunde, in der eine erbrachte Gegenleistung vergütet wird. Auch führt er lediglich zu einer Reduktion der Aufwendungen der KK für ihre allgemeine Aufgabenerfüllung; die ersparten Mittel fließen nicht etwa (ebenso wenig wie die Praxisgebühr nach § 28 Abs 4 SGB V) einem staatlichen Sonderfonds zu (vgl BSGE 103, 275 = SozR 4-2500 § 28 Nr 3, jeweils RdNr 23 - Praxisgebühr).

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Die Maßstäbe, die von der Rechtsprechung für die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben entwickelt wurden, sind nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf staatliche Preisreglementierungen wie Mindestvergütungen oder Zwangsrabatte anwendbar (BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 144). Sie sollen eine Umgehung der Finanzverfassung des GG in den Fällen verhindern, in denen der Gesetzgeber unter Rückgriff auf seine Kompetenzen aus Art 70 ff GG den Bürger jenseits der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln mit nichtsteuerlichen Abgaben belegt (vgl BVerfGE 110, 370, 387 f mwN) und die Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen und den Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (Art 110 Abs 1 GG) gewährleisten. In den Fällen, in denen der Gesetzgeber auf eine Abgabepflicht und entsprechende Finanzierungsinstrumente verzichtet, sondern durch Preisregulierungen in den Bereich (privatautonom) vereinbarter Leistungsbeziehungen eingreift, ist nicht die Finanzverfassung der entscheidende Prüfungsmaßstab. Es genügt vielmehr, wenn die entsprechenden Preisinterventionen den übrigen formellen und materiellen Voraussetzungen des GG entsprechen, das durch die Grundrechte aus Art 14, Art 12 und ggf Art 2 Abs 1 GG hinreichenden Schutz bietet (vgl zum Ganzen BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 144 - Beitragssatzsicherungsgesetz). Der Sanierungsbeitrag in Form des Rechnungsabschlags unterscheidet sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht wesentlich von dem Rabatt nach § 130a SGB V, den das BVerfG ausdrücklich als Preisreglementierung und nicht als Sonderabgabe eingestuft hat (BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 144). In beiden Fällen wird nämlich in die Preisgestaltung für Leistungen der GKV, die sowohl durch gesetzliche Regelungen als auch durch Vereinbarungen der Vertragspartner beeinflusst wird (vgl etwa die Vereinbarungen der Selbstverwaltungspartner auf Bundes- und Landesebene nach §§ 9, 10 KHEntgG), durch einen Abschlag oder Rabatt eingegriffen und das Vergütungsniveau gesenkt.

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d) § 8 Abs 9 KHEntgG verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Nur dort, wo sich sachlich gerechtfertigte Unterschiede vom Gericht nicht feststellen lassen, sind die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 4 RdNr 9 mwN; stRspr). Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt ist, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, und insofern ein weites Gestaltungsermessen besitzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es daher nicht, eine gesetzliche Regelung daraufhin zu überprüfen, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gewählt hat (BSGE 103, 275 = SozR 4-2500 § 28 Nr 3, jeweils RdNr 27 - Praxisgebühr; Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl 2009, Art 3 RdNr 15, 54 mwN).

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Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in der unterschiedlichen Behandlung von Krankenhäusern und Versicherten. Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob Krankenhäuser als Leistungserbringer mit den Versicherten als den Leistungsberechtigten überhaupt eine geeignete Vergleichsgruppe bilden. Jedenfalls bestehen zwischen Krankenhäusern und Versicherten Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Während die Versicherten durch ihre Beiträge und Eigenbeteiligungen (vgl etwa die durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 - BGBl I 2190 - mit Wirkung vom 1.1.2004 in § 28 Abs 4 SGB V eingeführte Praxisgebühr) die GKV mittragen, gehören die Krankenhäuser zu den Leistungserbringern im Auftrag der KKn. Mit der Inanspruchnahme der Krankenhäuser als Leistungserbringer der GKV wird - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht etwa der Bereich der sachlich gerechtfertigten Differenzierung verlassen und an "eine systemwidrige, fremdnützige Inanspruchnahme" angeknüpft, sondern zu Recht dem Umstand Rechnung getragen, dass die GKV eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftliche Betätigung der Leistungserbringer bildet, diese also von einer stabilen GKV in hohem Maße profitieren. Die Versicherten tragen auf andere Art - nämlich durch ihre Beiträge und Eigenbeteiligungen - zur Sicherstellung der finanziellen Stabilität der GKV bei und sind im Übrigen auch durch Maßnahmen des GKV-WSG weiter belastet worden (Zusatzbeitrag). Zudem ist das Interesse des Gesetzgebers, Beitragserhöhungen zu vermeiden, wiederum ein verfassungsrechtlich anerkanntes Ziel.

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Auch in Bezug auf die Leistungserbringer außerhalb des Krankenhausbereichs scheidet eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots aus. Auch insoweit bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die übrigen Leistungserbringer in Bezug auf den Rechnungsabschlag zusammen mit den Krankenhäusern eine gemeinsame geeignete Vergleichsgruppe bilden. Die Ungleichbehandlung ist jedenfalls gerechtfertigt. Gemessen an dem Ziel der Konsolidierung der GKV war ihre Heranziehung zu einem Sanierungsbeitrag von den sachlichen Überlegungen des Gesetzgebers getragen, die Versorgung im Krankenhaus stelle den größten Ausgabenfaktor der GKV dar und habe zu überproportionalen Ausgabenzuwächsen geführt (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 89 zu Nr 7). Der Gesetzgeber hat damit - rechtlich zulässig - auch berücksichtigt, dass die Ausgaben der GKV in besonderem Umfang den Krankenhäusern als Leistungserbringer zu Gute gekommen sind und diese deshalb an der Konsolidierung selbst auch in besonderem Maße Interesse haben dürften. Er hat sein Gestaltungsermessen nicht überschritten.

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Die Beschränkung des Rechnungsabschlages schließlich auf Krankenhäuser, die nach dem KHEntgG abrechnen, führt zwar zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den übrigen Krankenhäusern, deren Vergütung sich nach tagesgleichen Pflegesätzen bemisst. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch gerechtfertigt. Im Gesetzgebungsverfahren wurde auf die ursprünglich in § 14 Abs 7 Bundespflegesatzverordnung entsprechend vorgesehene Regelung (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 195 zu Nr 3) verzichtet, weil die Personalkostenintensität im Bereich der Psychiatrie besonders hoch sei (Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu ua dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 16/3100 -, BT-Drucks 16/4247 S 64 f zu Art 20 Nr 3). Auch wenn der Hinweis der Klägerin zutreffend sein sollte, dass allenfalls ein Personalkostenunterschied von nur 15 % bis maximal 20 % gegeben sei, hindert dies den Gesetzgeber nicht, die Ungleichbehandlung mit diesem sachlichen Unterschied zu begründen. Die Klägerin hat jedenfalls keine besonderen Auswirkungen des Rechnungsabschlags auf die nach dem KHEntgG abrechnenden Krankenhäuser dargelegt, die für eine Überschreitung der Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens sprechen. Hinzu kommt, dass das Gewicht der Ungleichbehandlung von vornherein eingeschränkt ist, da der Gesetzgeber die zeitliche Geltung der Regelung bis Ende 2008 begrenzt hat, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen ordnungspolitischen Rahmens für das DRG-System (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 194 zu Nr 2).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

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