Urteil vom Bundessozialgericht (1. Senat) - B 1 KR 53/12 R

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. August 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

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Die Beteiligen streiten über die Erstattung der Kosten einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme (Reha-Maßnahme).

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Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin erlitt im März 2008 einen Hirninfarkt. Nach erfolgter Akutbehandlung und ambulanter Physiotherapie verordnete ihr die behandelnde Neurologin eine stationäre Reha-Maßnahme. Die Klägerin beantragte ua eine Behandlung in den - nach Ansicht der Klägerin zertifizierten - Kliniken S. Mit diesen Kliniken besteht ein Versorgungsvertrag. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung bejahte eine stationäre Reha-Maßnahme mit psychosomatisch-neurologischer Ausrichtung. Die Beklagte bewilligte der Klägerin eine "ca." dreiwöchige stationäre Reha-Maßnahme im Klinikzentrum M. in B. W. (Bescheid vom 2.6.2008) und wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Klinikzentrum M. sei deutlich kostengünstiger (Widerspruchsbescheid vom 4.8.2008). Die Klägerin verschaffte sich währenddessen eine neurologische Reha-Maßnahme (Phase D) vom 11.7. bis 15.8.2008 in den Kliniken S. in A. Die Klägerin ist mit ihrer Klage, gerichtet auf Erstattung von 5789 Euro abzüglich der zu leistenden Zuzahlung, erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 20.10.2010). Das LSG hat ihre Berufung zurückgewiesen: Der Klägerin stehe kein Kostenerstattungsanspruch zu. Ihr Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 Abs 1 SGB IX) verdränge nicht das Auswahlrecht der Beklagten (§ 40 Abs 3 S 1 SGB V). Die Auswahlentscheidung der Beklagten sei unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes ermessensfehlerfrei. Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen der den allgemeinen Gleichheitssatz nicht verletzenden Mehrkostenregelung nach § 40 Abs 2 S 2 SGB V. Der Beweisantrag der Klägerin sei unbeachtlich (Urteil vom 11.8.2011).

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Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 33 SGB I, des § 40 Abs 2 SGB V, des § 9 Abs 1 SGB IX, des Art 3 Abs 1 GG und des § 103 SGG. Mit dem Abschluss des Versorgungsvertrages und der Vergütungsvereinbarung stehe die Wirtschaftlichkeit der Reha-Einrichtung fest. Kostengesichtspunkte spielten keine Rolle mehr und das Auswahlermessen reduziere sich auf Null, wenn ein Versicherter sich in Ausübung seines Wunsch- und Wahlrechts für eine solche Einrichtung entscheide. Dies folge zudem aus § 40 Abs 2 S 2 SGB V, der das Wahlrecht des Versicherten sogar noch erweitert habe. Jedenfalls aber seien die Sowieso-Kosten entsprechend § 40 Abs 2 S 2 SGB V zu erstatten, weil es keinen sachgerechten Grund gebe, zwischen Reha-Einrichtungen mit und ohne Zertifizierung zu unterscheiden. Schließlich habe das LSG seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt, weil es dem Beweisantrag der Klägerin nicht gefolgt sei.

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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. August 2011, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 5789 Euro abzüglich zu leistender Zuzahlungen nebst 4 vH Zinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. August 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid zurückgewiesen. Die beklagte KK lehnte rechtmäßig eine Zahlung ab, denn die Klägerin hat gegen sie keinen Anspruch auf Erstattung der vollen oder anteiliger Kosten, die ihr für die stationäre medizinische Reha-Maßnahme in den Kliniken S. entstanden, und dementsprechend hierfür auch keinen Zinsanspruch. Keine Rechtsgrundlage eines Kostenerstattungsanspruchs für Versicherte ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung der Reha (dazu 1.). Die Voraussetzungen eines hier allein in Betracht kommenden Kostenerstattungsanspruchs wegen rechtswidriger Ablehnung der Leistung sind nicht erfüllt (dazu 2.).

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1. Als Rechtsgrundlage für einen (anteiligen) Kostenerstattungsanspruch für Versicherte gegen ihre KK bei stationärer medizinischer Reha kommt § 40 Abs 2 S 2 SGB V (§ 40 SGB V insgesamt hier anzuwenden in der zuletzt geänderten Fassung durch Art 1 Nr 26 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) entgegen der Auffassung der Klägerin schon im Ansatz nach keiner Auslegungsmethode in Betracht. Die Regelung bestimmt als Ausnahme vom Grundsatz, dass KKn stationäre Reha in zertifizierten Reha-Einrichtungen erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht: Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, mit der kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen. Die Regelung ändert nichts daran, dass die KK auch in einem solchen Fall die stationäre Reha als Naturalleistung erbringt (§ 2 Abs 2 S 1, § 13 Abs 1 SGB V; allg M, vgl zB Hellkötter in LPK SGB V, 4. Aufl 2012, § 40 RdNr 27; Höfler in Kasseler Komm, SGB V, § 40 RdNr 13, Stand Einzelkommentierung August 2008; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 40 RdNr 14a; Schmidt in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 40 SGB V RdNr 162; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand Februar 2013, § 40 SGB V RdNr 15; ungenau Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 18). Die zertifizierte vertragslose Einrichtung, die der Versicherte gewählt und für die die KK die Leistungsgewährung bewilligt hat, erhält kraft Gesetzes im Rahmen der Bewilligungsentscheidung bei Versorgung des Versicherten einen Vergütungsanspruch unmittelbar gegen die KK. Dies entspricht dem allgemeinen Regelungskonzept des Vergütungsrechts der nicht vertragsärztlichen Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (vgl zur Krankenhausvergütung stRspr, zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13 mwN; zur Apothekervergütung stRspr, vgl zB BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15; zur Heilmittelerbringervergütung vgl BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 11). Die Reha-Einrichtung darf vom Versicherten für die Reha-Leistung lediglich die nicht von der KK abgedeckten Mehrkosten fordern, der Versicherte hat diese zu tragen.

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2. Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs 3 S 2 SGB V (anzuwenden idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX sind nicht erfüllt. § 13 Abs 3 S 2 SGB V bestimmt: Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Reha nach dem SGB IX werden nach § 15 SGB IX erstattet. Der Anwendungsbereich der Regelung ist eröffnet, weil sich die Klägerin eine von der Beklagten abgelehnte Leistung zur medizinischen Reha selbst beschaffte und hierfür Kostenerstattung begehrt. Im Rahmen des § 15 SGB IX kommt hier allein die Tatbestandsvariante des Abs 1 S 4 Fall 2 in Betracht. Danach besteht die Erstattungspflicht, wenn der Reha-Träger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Fallgruppe des § 15 Abs 1 S 4 SGB IX entspricht jener des § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V (vgl E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 296). Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX reicht dementsprechend nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung - medizinische Reha - zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr zu § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15 mwN; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 233 ff; zu den gesamten Voraussetzungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 7 mwN). Vorliegend fehlt es bereits daran, dass die Klägerin die ihr für die Dauer von drei Wochen (dazu b) zustehende stationäre medizinische Reha (dazu a) in den Kliniken S. beanspruchen konnte. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, der Klägerin die begehrte Reha in dieser gewünschten Klinik zu gewähren (dazu c).

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a) Rechtsgrundlage des Anspruchs auf eine medizinische Reha ist § 40 Abs 2 SGB V. Nach § 40 Abs 2 SGB V setzt der Anspruch auf stationäre Reha voraus, dass eine ambulante Leistung nach § 40 Abs 1 SGB V nicht ausreicht. Außerdem müssen Reha-Maßnahmen nach § 11 Abs 2 S 1 SGB V notwendig sein, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Die Feststellung der Notwendigkeit und der Erfolgsaussicht einer beantragten Reha-Maßnahme hängt weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn des Gesetzes vom Ermessen der KK ab (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 8, bereits zur vor dem Inkrafttreten des GKV-WSG geltenden Fassung des § 40 SGB V; offengelassen in BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 34 mwN). Grundsätzlich bedarf es zudem eines Antrags des Versicherten (vgl § 19 S 1 SGB IV und hierzu BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 11). Leistungen (ua) nach § 40 Abs 2 SGB V werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 SGB VI solche Leistungen nicht erbracht werden können (vgl § 40 Abs 4 SGB V). Die stationäre Reha-Leistung ist jedenfalls seit 1.4.2007 als Anspruchspflichtleistung ausgestaltet (vgl Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 4; aA noch zum zuvor geltenden Rechtszustand im Rahmen eines Leistungserbringerstreits BSGE 89, 294, 300 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 S 21). Ihre Voraussetzungen sind vom Gericht voll zu überprüfen (allg M, vgl zB Hellkötter in LPK SGB V, 4. Aufl 2012, § 40 RdNr 9; Brandts in Kasseler Komm, SGB V, Stand 1.3.2013, § 40 RdNr 44; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 40 RdNr 57; Schmidt in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 40 SGB V RdNr 243, 163, 117 mwN; Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 57 f; Kanter/Zipperer in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, GKV-Komm SGB V, Stand Februar 2013, § 40 RdNr 18 f; wohl auch Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 26).

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Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die genannten Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf eine medizinische stationäre Reha vom 11.7.2008 für die Dauer von zunächst drei Wochen erfüllt waren. Nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) konnte die Klägerin eine stationäre medizinische Anschluss-Reha in diesem Umfang beanspruchen.

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b) Ein Anspruch auf Reha für eine Zeit von mehr als drei Wochen stand der Klägerin nicht zu. Die selbst beschaffte, nach ärztlichem Attest notwendige Leistung hielt sich zeitlich nicht in den Grenzen des § 40 Abs 3 S 2 Halbs 2 SGB V. Danach sollen Leistungen nach § 40 Abs 2 SGB V für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Greift ein Versicherter nicht die Dauer der bewilligten Reha an, sondern nur die von der Beklagten ausgewählte Einrichtung, muss er auch bei einer selbst beschafften Leistung einen Verlängerungsantrag stellen. Denn bei der Verlängerung der Reha handelt es sich um eine eigenständige, erneute Leistungsgewährung der KK, zumal die Reha nicht zwingend in derselben, bislang in Anspruch genommenen Einrichtung erfolgen muss. Letzteres kann insbesondere der Fall sein, wenn im Verlauf der Behandlung ein weiterer Reha-Bedarf erkannt wird, den die zunächst in Anspruch genommene Einrichtung mit ihrem Leistungsangebot nicht abdecken kann. Der Versicherte, der sich - bei unterstellter rechtswidriger Ablehnung der von ihm gewünschten Einrichtung - eine Reha dort selbst beschafft, darf danach nicht bessergestellt werden, als der, der die bewilligte Reha mit regelhafter Dauer von drei Wochen als Sachleistung in Anspruch nimmt.

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Die Klägerin hat die ihr ursprünglich bewilligte Dauer der Reha ("… dass wir die Kosten der ca. 3-wöchigen stationären Behandlung übernehmen.") nicht angegriffen, sondern nur die von der Beklagten getroffene Bestimmung der Einrichtung. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte dem Klinikzentrum M. in einem nur an dieses gerichteten Schreiben eine Kostenzusage von 19 bis 29 Tagen machte. Danach war die Klägerin auch bei einer selbst beschafften Reha nicht der Notwendigkeit enthoben, eine Entscheidung der Beklagten darüber herbeizuführen, dass eine Verlängerung der Reha aus medizinischen Gründen dringend erforderlich war. Einen Verlängerungsantrag hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gestellt. Es fehlt auch an den Senat bindenden Feststellungen, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, rechtzeitig eine Entscheidung der Beklagten herbeizuführen.

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c) Die Beklagte wählte im Übrigen ermessensfehlerfrei eine Einrichtung für die von der Klägerin zu beanspruchende Reha aus und lehnte es rechtmäßig ab, die medizinische Reha in den Kliniken S. zu gewähren. Insoweit bedarf es keiner Vertiefung, ob jeder Ermessensfehler bei der Ablehnung einer begehrten Leistung zu einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V führt. Gemäß § 40 Abs 3 S 1 SGB V bestimmt die KK nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen (ua) nach § 40 Abs 2 SGB V sowie die Reha-Einrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Bei einem Streit über die Gewährung von Ermessensleistungen hat das Gericht im Streitfall nach § 54 Abs 2 SGG zu prüfen, ob der Versicherungsträger die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, und ob dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist. Dieser Prüfmaßstab gilt auch, wenn der Rechtsstreit einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V wegen (vermeintlich) rechtswidriger Ablehnung einer Leistung zum Gegenstand hat, über deren Gewährung die KK nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden musste.

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Die Beklagte traf eine Ermessensentscheidung, ohne die gesetzlichen Grenzen zu überschreiten (dazu aa) oder den Zweck der Ermächtigung zu missachten (dazu bb). Ihr Ermessensspielraum war weder durch § 40 Abs 2 S 2 SGB V (dazu cc) noch durch das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX (dazu dd) noch verfassungsrechtlich (dazu ee) eingeschränkt.

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aa) Die Beklagte übte ihr Ermessen aus, indem sie der Klägerin eine Einrichtung vorschlug. Sie überschritt hierbei nicht die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens. § 40 SGB V ermächtigte die Beklagte bei sachgerechter Auslegung hierzu. Allerdings hätte § 40 Abs 2 S 1 SGB V nach seinem Wortlaut Reha-Leistungen ausgeschlossen. Die Regelung sieht vor, dass die KK die stationäre Reha mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs 2a SGB IX zertifizierten Reha-Einrichtung erbringt, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht. An einer Zertifizierung der von der Beklagten und der Klägerin vorgeschlagenen Einrichtungen dürfte es gefehlt haben.Die Spitzenverbände der Reha-Träger legten auf der Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation nämlich erst mit Wirkung vom 1.10.2009 die Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement und das Verfahren zur Zertifizierung durch die "Vereinbarung zum internen Qualitätsmanagement nach § 20 Abs 2a SGB IX" fest (vgl www.bar-frankfurt.de und hierzu Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 55 bei Fn 70). Der Wortlaut muss hier aber hinter dem Regelungszweck zurücktreten, da der Gesetzgeber den Fall verspäteter Schaffung der Zertifizierungsvoraussetzungen nicht bedacht hat. § 40 Abs 2 SGB V zielt nach seiner Konzeption - wie dargelegt - gerade darauf ab, einen Anspruch auf stationäre Reha zu begründen. Dementsprechend hatten Versicherte auch für die Übergangszeit bis zur Verabschiedung konkreter Vorgaben zur Zertifizierung Anspruch darauf, das ihnen die KK die zu beanspruchenden Reha-Leistungen in stationären Einrichtungen gewährten, mit denen lediglich ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand (vgl zutreffend Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 55).

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bb) Die Beklagte machte von ihrem Ermessen auch in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch. Sie richtete ihre Entscheidung in erster Linie an den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls aus. Deshalb suchte sie nicht nur nach einer für die Klägerin medizinisch geeigneten Einrichtung, sondern bat die Klägerin, über den sie behandelnden Arzt mitzuteilen, aus welchen medizinischen Gründen die ausgewählte Einrichtung nicht geeignet sei. § 40 Abs 3 S 1 SGB V sieht gerade die medizinischen Erfordernisse des Einzelfalls als entscheidend an. Medizinische Gründe dafür, eine Maßnahme in den Kliniken S. gegenüber einer Reha in den von der Beklagten angebotenen Einrichtung vorzuziehen, bestanden indes nicht.

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Das LSG hat festgestellt, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Klinikzentrum M. weniger geeignet sei als die Kliniken S. Der Senat ist an diese getroffene Feststellung gebunden, denn die Klägerin hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (vgl § 163 SGG). Soweit sie mit der Revision rügt, das LSG habe es unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) unterlassen, diese Annahme durch Vernehmung der die Klägerin in F. behandelnden Ärzte zu überprüfen, hat sie im Sinne von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen (vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 mwN). Die Klägerin legt nicht dar, warum die als Zeugen benannten Ärzte in der Lage gewesen sein sollen, die von den Tatsacheninstanzen nach Art und Umfang nicht ermittelten, vom Klinikzentrum M. für die Klägerin vorgesehenen Reha-Leistungen und die dort vorhandenen sächlichen und personellen Ressourcen mit der in den Kliniken S. tatsächlich durchgeführten Reha und den dortigen sächlich-personellen Rahmenbedingungen aus eigener Kenntnis beurteilen und vergleichen zu können.

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Die Beklagte durfte auch in zweiter Linie, innerhalb des Kreises der medizinisch geeigneten Einrichtungen, nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V) die kostengünstigste Einrichtung auswählen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt für alle Leistungsbereiche des SGB V (vgl zu Reha-Leistungen zB BSGE 105, 271 = SozR 4-2500 § 40 Nr 5, RdNr 27). Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die KKn nicht bewilligen. Reha-Einrichtungen, deren Angebot für den betroffenen Einzelfall über das Maß des Notwendigen hinausgeht oder die unwirtschaftlich sind, weil sie gegenüber anderen gleich geeigneten, ausreichenden und erforderlichen Einrichtungen teurer sind, sind für den konkret betroffenen Einzelanspruch des Versicherten auf Reha aus dem Leistungskatalog der GKV grundsätzlich ausgeschlossen. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 40; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 70; Hauck, SGb 2010, 193, 197 f mwN). Das Wirtschaftlichkeitsgebot greift bloß dann nicht ein, wenn überhaupt nur eine Leistung in Rede steht (vgl zum Ganzen BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr 6, RdNr 13 f; siehe auch BSGE 78, 70, 89 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 46; Hauck, SGb 2010, 193, 198). Nach diesen Grundsätzen durfte und musste die Beklagte ihr geeignetes Angebot auf die von ihr genannte kostengünstigere Einrichtung beschränken und eine stationäre Reha in den teureren Kliniken S. ablehnen.

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cc) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin für ihre abweichende Auffassung auf § 40 Abs 2 S 2 SGB V. Die Norm gibt Versicherten nur dann ein Recht, eine andere zertifizierte Einrichtung zu wählen, wenn mit dieser kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht erfüllt. Die Kliniken S. sind eine andere (im Jahr 2008 wohl noch nicht zertifizierte, vgl oben) Einrichtung, mit der im Jahr 2008 ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand. Für solche Vertragseinrichtungen gilt die Mehrkostenregelung gerade nicht. Das belegen auch die Gesetzgebungsmaterialien: Versicherte sollten lediglich künftig im Rahmen des ohnehin bestehenden Wunsch- und Wahlrechts "zusätzlich" das Recht erhalten, auch solche zertifizierten Reha-Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, mit denen die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen keine Versorgungsverträge abgeschlossen haben (Entwurf eines GKV-WSG der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 16/3100 S 106 zu Nr 26 <§ 40> Buchst b).

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Die Beklagte musste bei ihrer Entscheidungsfindung nicht von sich aus auf - so überhaupt seinerzeit vorhanden - zertifizierte Reha-Einrichtungen eingehen, mit denen kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand. Hierzu wäre sie nur verpflichtet gewesen, wenn die Klägerin den Wunsch geäußert hätte, in eine solche konkret bezeichnete vertragslose Einrichtung zu gehen. Die KK hat lediglich bei rechtzeitig im Verwaltungsverfahren geäußertem Wunsch über die Eignung einer vom Versicherten benannten zertifizierten vertragslosen Wunscheinrichtung für eine beantragte Reha und über die von der KK - bei Eignung - zu tragenden Teilkosten im Rahmen der Bewilligung mitzuentscheiden (vgl im Übrigen zu den Beratungspflichten nach §§ 13 ff SGB I Luthe in jurisPK-SGB IX, Online-Ausgabe, Stand 10.4.2012, § 9 RdNr 49).

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dd) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg unter Hintanstellung des Wirtschaftlichkeitsgebots auf das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX) berufen. Danach wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 SGB I. Diese Regelung ordnet an: Ist der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art oder Umfang nicht im Einzelnen bestimmt, sind bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.

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Der erkennende Senat lässt die Frage offen, ob "berechtigte Wünsche der Leistungsberechtigten" (§ 9 Abs 1 S 1 SGB IX) generell nur solche sind, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V nicht widersprechen. Es erscheint jedenfalls methodisch im Ansatz als nicht unproblematisch, eine generelle, leistungsbereichsübergreifende Regelung wie § 9 Abs 1 S 1 SGB IX nach Maßgabe einer speziellen Regelung eines Leistungsbereichs (§ 12 Abs 1 SGB V) auszulegen. Soweit man das Wunsch- und Wahlrecht nicht auf einen mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V konformen Anwendungsbereich reduzieren will, tritt es jedenfalls bei Ansprüchen auf Reha-Leistungen nach dem SGB V hinter dessen speziellere Anforderungen zurück. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats wird der Anspruch der Versicherten der GKV auf Krankenbehandlung durch die Regelungen des SGB IX nicht erweitert (vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 13; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18 - Adaptionsmaßnahme; BSG Beschluss vom 21.2.2008 - B 1 KR 107/07 B - RdNr 5 mwN, nicht veröffentlicht; ähnlich 3. Senat des BSG, BSGE 91, 60 RdNr 11 ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 12 ff). Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird insoweit nach wie vor auf die für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetze verwiesen, während die Vorschriften des SGB IX nur maßgebend sind, soweit etwa im SGB V nichts Abweichendes vorgesehen ist (vgl § 7 SGB IX). Anders als § 15 Abs 1 S 1 SGB VI verweist das SGB V für Leistungen zur medizinischen Reha nicht pauschal auf die §§ 26 bis 31 SGB IX. Die KKn - gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX mögliche Träger von Leistungen zur medizinischen Reha - sind vielmehr nach den Vorschriften des SGB V zur Erbringung medizinischer Reha-Leistungen nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet (vgl § 11 Abs 2, § 40 SGB V; zum Ganzen: BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18). Zwar werden Leistungen zur medizinischen Reha iS von § 11 Abs 2 S 1 SGB V grundsätzlich unter Beachtung des SGB IX erbracht, doch gilt dies nur, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs 2 S 3 SGB V; vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 15). Zu den unabdingbar zu achtenden Grundsätzen des SGB V gehört hierbei auch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V). Andernfalls hätten die KKn auch die für Leistungen der medizinischen Reha und Vorsorge bis zum 30.6.2008 geltende gemeinsame Budgetierung nicht beachten können (vgl zur Budgetierung § 23 Abs 8 SGB V, aufgehoben durch Art 6 Nr 5 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung - Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28.5.2008, BGBl I 2008, 874).

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Zutreffend verweist die Literatur teilweise darauf, dass Wünsche, die zu Mehrkosten führen, stets als berechtigte Wunschäußerung anzuerkennen sind, wenn der Leistungsberechtigte für die gewünschte geeignete, zulässige Einrichtung nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen die Mehrkosten trägt (in diesem Sinne Luthe in jurisPK-SGB IX, Online-Ausgabe, Stand 10.4.2012, § 9 RdNr 30 unter Hinweis ua auf § 40 Abs 2 S 2 SGB V). So liegt es etwa bei der Wahl vertragsloser zertifizierter Einrichtungen zur stationären Reha (vgl oben zu § 40 Abs 2 S 2 SGB V; weitergehend, aber unter Vernachlässigung der aufgezeigten Normstruktur Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 26). Das Gesetz regelt solche Fälle ausdrücklich als Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz des SGB V, dass unwirtschaftliche Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV vollständig ausgeschlossen sind (vgl etwa zu Arzneimitteln BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 24 mwN). Nur auf der Grundlage solcher Mehrkostenregelungen vermag sich für im SGB V geregelte Leistungen der medizinischen Reha das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB IX) uneingeschränkt durchzusetzen. Es kollidiert dann nämlich nicht mit dem vorrangigen Leistungsrecht des SGB V unter Einschluss des Wirtschaftlichkeitsgebots.

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ee) Die Beklagte verletzte mit ihrer Entscheidung nicht Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; stRspr BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 26 mwN). Differenzierungen ohne hinreichenden sachlichen Grund sind verboten (vgl BVerfGE 92, 53, 71 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 S 21 = DStR 2000, 1353 mit Anm Schlegel; BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 29; BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 15). Ist ein gesetzliches Regelungskonzept - wie das, welches § 40 SGB V zugrunde liegt (vgl dazu sogleich) - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so genügen hinreichende sachliche Gründe wie vorliegend die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots, um eine unterschiedliche Behandlung Betroffener zu rechtfertigen (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 27).

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Die aufgezeigte Grundkonzeption des Anspruchs auf medizinische Reha aus § 40 SGB V ist darauf ausgerichtet, dass die Versicherten die nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls erforderlichen Leistungen erhalten. Bereits die frühere gesetzliche Regelung, die kein zusätzliches Wahlrecht der Versicherten für vertragslose Einrichtungen vorsah, genügte verfassungsrechtlichen Anforderungen. Mit dem BVerfG (vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 26) geht der erkennende Senat davon aus, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V). Nur das, was in diesen Leistungskatalog fällt, hat die GKV ihren Versicherten zu leisten. Versicherte können dagegen nicht alles von der GKV beanspruchen, was ihrer Ansicht nach oder objektiv der Behandlung einer Krankheit dient. Die gesetzlichen KKn sind auch nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 27; BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; vgl zum Ganzen zB auch BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 23, 29 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - Lorenzos Öl). Die Versicherten können verfassungsrechtlich kein Wahlrecht für verschiedene Leistungen beanspruchen, wenn der Gesetzgeber dafür Sorge trägt, dass sie das Erforderliche erhalten, wie es im Rahmen des § 40 SGB V der Fall ist.

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Mit der Erweiterung des gesetzlichen Kreises zulässiger Leistungserbringer für stationäre Reha über zertifizierte Vertragseinrichtungen hinaus auf vertragslose, zertifizierte Einrichtungen erstreckt der Gesetzgeber das Leistungsangebot über das schon für sich genommen verfassungsrechtlich Gebotene hinaus. Der Gesetzgeber ließ sich auch von hinreichenden Sachgründen bei seiner Entscheidung leiten, Versicherten nur für vertragslose Einrichtungen ein uneingeschränktes Wunsch- und Wahlrecht für geeignete Einrichtungen zuzuerkennen. Die Versicherten tragen - bei Wahl der vertragslosen Einrichtungen - die Mehrkosten im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Gleichbehandlung selbst. Vor allem sichert die Einschränkung der Wahlrechte bei Vertragseinrichtungen die Vorhaltung eines verfügbaren Systems von stationären Einrichtungen, indem die KKn bei der Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen gleich geeigneten Einrichtungen auch im Interesse der Erhaltung der Infrastruktur und Wirtschaftlichkeit für eine Auslastung der für Naturalleistungen verfügbaren Vertragseinrichtungen sorgen können. Der Gesetzgeber bezog Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in ein vertragliches Zulassungssystem (vgl § 111 SGB V) ursprünglich mit ein, um einer ungesteuerten Entwicklung in diesem Bereich entgegenzuwirken (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen BT-Drucks 11/2237, S 140). Er wollte damit den KKn(-Verbänden) auch Einfluss auf die Zahl der Leistungserbringer verschaffen (vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 111 RdNr 3; Quaas, Der Versorgungsvertrag nach dem SGB V mit Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen, 2000, RdNr 177; Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 111 SGB V RdNr 16 mwN). Die Verwirklichung dieser Zielsetzung wird inzwischen durch das Recht Versicherter eingeschränkt, vertragslose zertifizierte Einrichtungen zu wählen. Der Gesamtsinn der Regelung entfällt damit aber nicht. Die Rechtsprechung zur früheren Rechtslage ist jedenfalls seit April 2007 durch die Ausgestaltung der Reha-Leistungen als Pflichtleistung mit Auswahlermessen nicht mehr anwendbar. Sie negierte solche Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen der Zulassung stationärer Reha-Einrichtungen völlig, weil eine Steuerung über das Ermessen bei Gewährung von Reha möglich sei (vgl BSGE 89, 294, 300 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 S 21).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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