Beschluss vom Bundessozialgericht (11. Senat) - B 11 AL 100/15 B
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 12. August 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert wird auf 7740 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Im Streit ist, ob die Kläger als Rechtsnachfolger ihres im September 2008 verstorbenen Sohnes zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 7740 Euro verpflichtet sind. In dieser Höhe hatte die Beklagte dem Sohn der Kläger Berufsausbildungsbeihilfe für den Zeitraum vom 1.10.2006 bis 31.3.2008 gezahlt. Den auf § 328 Abs 3 S 2 SGB III gestützten Erstattungsbescheid hat das SG Meiningen mit der Begründung aufgehoben, in dem gegenüber dem Sohn der Kläger erlassenen Bewilligungsbescheid sei keine wirksame Regelung zur Vorläufigkeit der Bewilligung enthalten gewesen (Urteil vom 19.9.2012). Auf die Berufung der Beklagten hat das Thüringer LSG das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.8.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Vorläufigkeit der Bewilligung ergebe sich aus der Anlage zum Bescheid; dass der Regelungsgehalt des Verfügungssatzes erst durch Auslegung ermittelt werden könne, sei unschädlich.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, das LSG sei im Sinne einer Divergenz von der Rechtsprechung des BSG zur Wirksamkeit einer Vorläufigkeitsregelung abgewichen.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde konnte daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter verworfen werden (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG, § 169 SGG).
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Eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargetan, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und dass die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (vgl dazu nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 mwN). Eine Abweichung ist daher nicht schon mit dem Hinweis ausreichend dargelegt, die Entscheidung des LSG entspreche nicht den Kriterien, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, sondern erst, wenn herausgearbeitet wird, das LSG habe diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt. Denn nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX, RdNr 196 mwN; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34).
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Die Beschwerdebegründung wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Ihr ist schon nicht zu entnehmen, welchen abweichenden Rechtsatz das LSG aufgestellt haben soll. Das LSG geht vielmehr in Übereinstimmung mit der von den Klägern zitierten Entscheidung des BSG vom 28.11.2007 (B 11a AL 47/06 R - SozR 4-4300 § 71 Nr 3) davon aus, dass sich die Vorläufigkeit eines Bescheides aus dessen Verfügungssatz ergeben muss. Es stellt also gerade keinen abweichenden Rechtsatz auf, sondern kommt erst, wie sich aus seiner von den Klägern zitierten Formulierung "So ist es hier aber nicht" ergibt, im Rahmen der Anwendung dieses Rechtssatzes zu einem Ergebnis, das abweicht von dem Ergebnis, zu dem das BSG im genannten Urteil gelangt ist. Aus der Beschwerdebegründung wird auch nicht deutlich, dass die weitere Annahme des LSG, ein Verfügungssatz bedürfe der Auslegung, auf selbstentwickelten, von BSG-Rechtsprechung abweichenden rechtlichen Maßstäben des LSG beruht. Im Ergebnis beanstanden die Kläger demnach (nur) die Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall und dabei insbesondere die Auslegung des die Berufsausbildungsbeihilfe bewilligenden Bescheides vom 29.3.2007. Diese Rechtsanwendung im Einzelfall vermag indes die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, weil weder die Kläger, die mangels eines gemeinsamen Haushaltes zum Zeitpunkt des Todes keine Sonderrechtsnachfolger ihres verstorbenen Sohnes gemäß § 56 SGB I sind, noch die Beklagte zu dem in § 183 SGG genannten (privilegierten) Personenkreis gehören und das Rechtsmittel der Kläger ohne Erfolg geblieben ist.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- SGG § 183 1x
- § 56 SGB I 1x (nicht zugeordnet)
- 11a AL 47/06 1x (nicht zugeordnet)
- SGG § 169 1x
- § 47 Abs 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- SGG § 160 1x