Urteil vom Bundessozialgericht (11. Senat) - B 11 AL 13/16 R

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt die Bewilligung eines Gründungszuschusses für die Zeit vom 7.8.2014 bis 28.2.2015.

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Der 1977 geborene Kläger ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann und ausgebildeter Bühnendarsteller. Bis Dezember 2013 war er als Teamleiter bei einem Autovermieter beschäftigt. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg), das die Beklagte ihm ab 8.1.2014 für 360 Tage bewilligte (Bescheid vom 4.3.2014).

3

Am 1.8.2014 verlangte der Kläger die Ausgabe eines Antrags auf Gründungszuschuss. Die Beklagte gab ihm ein Antragsformular "ohne Förderzusage", das er am 23.9.2014 schriftlich und mit Anlagen zurückreichte. Er verwies auf eine nach seinen Angaben am 7.8.2014 aufgenommene selbstständige hauptberufliche Tätigkeit als Handelsvertreter für die Firma V Der Kläger fügte die Stellungnahme der Handelskammer H vom 22.9.2014, die Gewerbeanmeldung vom 11.8.2014, den Handelsvertretervertrag zwischen ihm und der Firma V vom 21.8.2014 mit Beginn der Tätigkeit am 15.9.2014, die Teilnahmebescheinigung an einem Coaching sowie den Businessplan vom 8.9.2014 bei, aus dem hervorging, dass in Vorbereitung auf die Tätigkeit ab 15.9.2014 ein dreimonatiges Fachseminar zu absolvieren sei.

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Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gründungszuschuss ab (Bescheid vom 19.1.2015). Es fehle am Nachweis der Aufnahme der Tätigkeit zum 7.8.2014, da diese nach dem Handelsvertretervertrag erst zum 15.9.2014 aufgenommen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe aber kein Restanspruch auf Alg von mindestens 150 Tagen bestanden. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28.1.2015).

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Auf Veranlassung des Klägers hob die Beklagte die Bewilligung von Alg mit Wirkung zum 7.8.2014 auf (Bescheid vom 23.9.2014); die gewährten Leistungen und hierauf entrichtete Beiträge forderte sie (später) von ihm zurück (Bescheide vom 13.1.2015).

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Das SG hat die auf Bewilligung eines Gründungszuschusses gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17.2.2016). Entscheidend sei, dass die selbstständige Tätigkeit erst mit Beginn des Handelsvertretervertrags am 15.9.2014 aufgenommen worden sei und zu diesem Zeitpunkt kein Restanspruch auf Alg für 150 Tage mehr bestanden habe.

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Das LSG hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 29.6.2016). Da ein Anspruch auf Alg von mindestens 150 Tagen zuletzt am 7.8.2014 bestanden habe, hätte die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit spätestens an diesem Tag erfolgen müssen. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Zwar könnten auch Vorbereitungshandlungen als Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit anzusehen sein, wenn sie im Geschäftsverkehr Außenwirkung entfalteten. Als maßgebliche Vorbereitungshandlungen käme nur die Anmeldung des Gewerbes in Betracht, die aber nicht die erforderliche Außenwirkung entfalte. Der Kläger habe frühestens mit Vertragsschluss mit der Firma V am 21.8.2014 die selbstständige Tätigkeit aufgenommen, nach deren Beginn er erst noch einen Lehrgang habe absolvieren müssen. Unterstellt die auf den 7.8.2014 zurückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg könne dergestalt Berücksichtigung finden, dass ein Restanspruch auf Alg für 150 Tage ab 7.8.2014 vorgelegen habe, seien die Anspruchsvoraussetzungen dennoch nicht erfüllt.

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Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt, die Entscheidung des LSG verletze § 93 Abs 2 Nr 1 SGB III, denn die dort vorausgesetzte Mindestanspruchsdauer erfordere nicht einen noch laufenden Leistungsanspruch für eine Dauer von 150 Tagen, vielmehr genüge ein nicht ausgeschöpfter Restanspruch auf Alg von 150 Tagen. Insofern habe das BSG bereits entschieden, dass eine Nahtlosigkeit zwischen dem Bezug von Alg und dem Beginn der selbstständigen Tätigkeit nicht zu fordern sei, sondern es genüge ein enger zeitlicher Zusammenhang.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. Juni 2016, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Februar 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 7. August 2014 bis 28. Februar 2015 Gründungszuschuss zu zahlen,
hilfsweise,
seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Ein Gründungszuschuss sei an den Kläger nicht zu leisten, weil er zuletzt am 7.8.2014 einen Leistungsanspruch auf Alg von 150 Tagen gehabt habe, er die selbstständige Tätigkeit aber frühestens am 15.9.2014 aufgenommen habe; möglicherweise sei sie sogar erst im Dezember 2014 aufgenommen worden. Die rückwirkend erfolgte Aufhebung der Bewilligung von Alg zum 7.8.2014 ändere hieran nichts.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

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1. Gegenstand der Revision ist das Urteil des LSG vom 29.6.2016. Das LSG hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Die Revision des Klägers ist unbegründet, weil die von ihm als Hauptantrag verfolgte Anfechtungs- und Leistungsklage, die auf die Zahlung eines Gründungszuschusses vom 7.8.2014 bis 28.2.2015 zielt, keinen Erfolg hat.

14

2. Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Handelsvertreter für eine Elektrofirma keinen Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs sind nicht erfüllt.

15

Nach § 93 Abs 1 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20.12.2011 (BGBl I 2854) können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Nach § 93 Abs 2 Satz 1 SGB III "kann" ein Gründungszuschuss geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

        

1.    

bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Alg hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs 3 SGB III beruht,

        

2.    

der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und

        

3.    

ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt.

16

Der Kläger hat weder zum 7.8.2014 iS des § 93 Abs 2 Satz 1 SGB III die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit oder entsprechende Vorbereitungshandlungen beendet (a) noch hat er am 21.8.2014 oder am 15.9.2014 einen Anspruch auf Gründungszuschuss (b); schließlich besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung (c).

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a) Im laufenden Leistungsbezug von Alg hatte der Kläger zuletzt am 7.8.2014 einen Anspruch auf Alg mit einer Dauer von 150 Tagen. Zur Wahrung der Voraussetzungen des § 93 Abs 1, Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III hätte er die selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter (§ 84 HGB) zwingend an jenem Tag aufnehmen und dadurch die Arbeitslosigkeit beenden müssen. Dies war aber nicht der Fall.

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Unterstellt der Kläger hätte die Gewerbeanmeldung am 7.8.2014 vorgenommen, hat er damit seine Arbeitslosigkeit nicht iS des § 93 Abs 1 SGB III beendet. Diese Vorschrift verweist mit der Tatbestandsvoraussetzung "Beendigung der Arbeitslosigkeit" auf die Regelung des § 138 Abs 3 SGB III (so wohl auch BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 11/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 6 RdNr 26-27, wonach "Beschäftigungslosigkeit beendet worden sein muss"; so ausdrücklich Sächsisches LSG vom 20.11.2008 - L 3 AL 108/06; LSG Baden-Württemberg vom 24.5.2007 - L 7 AL 4485/05; LSG Berlin-Brandenburg vom 10.5.2016 - L 14 AL 243/12; zum Beitragsrecht BSG vom 3.6.2009 - B 12 AL 1/08 R - juris, RdNr 15; siehe auch Ross in LPK-SGB III, 2. Aufl 2015, § 93 RdNr 14; Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 93 SGB III RdNr 41; Kuhnke in jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 93 RdNr 15; Jüttner in NK-SGB III, 6. Aufl 2017, § 93 RdNr 38; Hassel in Brand, SGB III, 7. Aufl 2015, § 93 RdNr 8). Nach § 138 Abs 3 SGB III wird die Beschäftigungslosigkeit und damit die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beendet, wenn diese Tätigkeit 15 Stunden und mehr wöchentlich ausgeübt wird.

19

Der Kläger hat am 7.8.2014 durch eine Gewerbeanmeldung weder die angestrebte selbstständige Tätigkeit selbst in dem erforderlichen zeitlichen Umfang aufgenommen (aa) noch hat er nach außen wirkende Vorbereitungshandlungen vorgenommen, die bereits der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gleichzusetzen wäre (bb).

20

aa) Eine selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter wird in dem Zeitpunkt aufgenommen, in dem der Existenzgründer unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlungen mit Außenwirkung vornimmt (BSG vom 1.6.2006 - B 7a AL 34/05 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 1 RdNr 11).

21

Bei der vom Kläger konkret angestrebten oder aufgenommenen Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (§ 84 Abs 1 HGB) handelt es sich um eine Tätigkeit iS des § 93 Abs 1 SGB III. Zwar gelten Handelsvertreter ausnahmsweise als Arbeitnehmer, wenn sie zu dem Personenkreis nach § 92a HGB gehören (§ 5 Abs 3 Satz 1 ArbGG). Dazu zählen solche Handelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen (§ 92a Abs 1 Satz 1 Alt 1 HGB; sog Einfirmenvertreter kraft Vertrags; vgl BT-Drucks 1/3856 S 40), und Handelsvertreter, denen dies nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist (§ 92a Abs 1 Satz 1 Alt 2 HGB; sog Einfirmenvertreter kraft Weisung; vgl BT-Drucks 1/3856 S 40; vgl auch BGH vom 18.7.2013 - VII ZB 27/12 - juris). Den Feststellungen des LSG ist aber noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der Kläger eine Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter iS des § 84 Abs 1 HGB aufgenommen hat.

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Bei der Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte Erwerbstätigkeit "ausgeübt" wird, können die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäbe zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine erwerbstätige Person ihre Beschäftigung "ausübt", herangezogen und bezogen auf die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit weiter entwickelt werden. Eine Beschäftigung übt danach aus, wer mit seiner Tätigkeit zumindest dazu ansetzt und dessen Tätigkeit darauf gerichtet ist, entweder eine objektiv bestehende Haupt- oder eine Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen. Als Beschäftigter handelt auch eine Person, die objektiv nicht geschuldete Handlungen vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen der Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen darf, sie treffe eine solche Pflicht (so zu § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII: BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 f; BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 12).

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Dementsprechend übt eine selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter aus, wer eine Tätigkeit entfaltet, die dazu ansetzt, Haupt- oder Nebenpflichten einer solchen Tätigkeit - hier derjenigen als Handelsvertreter - zu erfüllen, oder wer eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Handelsvertreterverhältnis nachzukommen, sofern er annehmen darf, ihn treffe eine solche Pflicht. Der Erfüllung der Hauptpflicht aus dem Handelsvertretervertrag iS des § 84 Abs 1 HGB dient insbesondere die Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit, wie zB die Anpreisung von Waren beim Kunden, wenn sie sich im Rahmen des Gegenstands des Handelsvertretervertrags hält (vgl BGH vom 4.5.2011 - VIII ZR 11/10 - NJW 2011, 2423 = juris, RdNr 24; BGH vom 17.11.2016 - VII ZR 6/16 - BB 2017, 144). Für die Anpreisung von Waren zum Zwecke des Vertriebs muss der Handelsvertreter ua berechtigt sein, schuldrechtliche Verträge über die Produkte der vertretenen Firma abschließen zu können. Daran fehlte es beim Kläger am 7.8.2014, da noch kein Handelsvertretervertrag mit der zu vertretenden Firma abgeschlossen worden war.

24

Die Gewerbeanmeldung beinhaltet für sich betrachtet (noch) nicht die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit als Handelsvertreter. Vielmehr handelt es sich - je nach Art des ausgeübten Gewerbes - um die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Anzeige- oder Genehmigungspflicht (§§ 14, 29 f GewO; vorliegend hat der Kläger seine Gewerbeausübung gemäß § 14 GewO angezeigt). Die Gewerbeanmeldung ist lediglich einer von mehreren vorbereitenden Schritten, die je nach Art der Existenzgründung erfüllt sein müssen, um eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen zu können.

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bb) Der Kläger hat am 7.8.2014 auch keine Vorbereitungshandlungen verrichtet, die bereits als Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit anzusehen wären.

26

Vorbereitungshandlungen sind als Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit anzusehen, wenn sie im Geschäftsverkehr Außenwirkung entfalten und nach dem zugrunde liegenden Gesamtkonzept ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet sind (BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 28/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 5). Allerdings ist auch insoweit zu beachten, dass § 93 Abs 1 SGB III voraussetzt, dass "durch die Aufnahme" der Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendet sein muss. Das bedeutet, dass die Vornahme von Vorbereitungshandlungen nur dann als "Aufnahme" der selbstständigen Tätigkeit anzusehen ist, wenn sie den nach § 138 Abs 3 SGB III zu fordernden zeitlichen Umfang erreicht. Daran fehlt es hier.

27

Zu den Vorbereitungshandlungen, die sich bereits als Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit darstellen können, kann zwar die Anmeldung des Gewerbes gehören, wenn sie entweder erhebliche Zeit in Anspruch nimmt (gewerberechtliche Konzession, Zulassung zu einem freien Beruf), oder wenn diese Tätigkeit mit weiteren Vorbereitungstätigkeiten zeitlich eng verknüpft ist oder mit diesen einhergeht. Der Senat hat insoweit auch schon entschieden, dass andere vorbereitende Handlungen, wie zB das Anmieten oder Einrichten von Geschäftsräumen, die Bestellung oder Entgegennahme von Waren oder die Einrichtung und Aufnahme der Produktionsmittel als Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit anzusehen sein können (BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 28/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 5).

28

Die Beendigung der Arbeitslosigkeit tritt durch vorbereitende Handlungen der Existenzgründung jedoch nur ein, wenn der Gründer für die angestrebte selbstständige Tätigkeit bereits in einem zeitlichen Umfang tätig ist, die ihn 15 Stunden oder mehr pro Woche in Anspruch nimmt (so auch LSG Berlin-Brandenburg vom 10.5.2016 - L 14 AL 243/12). Eine Vorbereitungshandlung in diesem Umfang wird allerdings nicht verrichtet, wenn ein Gründer mit zeitlichem Abstand nach und nach die Voraussetzungen dafür schafft, zu einem späteren Zeitpunkt eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen zu können. Vorliegend kann unterstellt werden, der Kläger habe am 7.8.2014 der zuständigen Behörde nur die Aufnahme des Gewerbes als Handelsvertreter auf einem Formular von einer Seite angezeigt. Die schlichte Anzeige der Gewerbeaufnahme mehrere Wochen vor dem Beginn der eigentlichen Tätigkeit genügt aber nicht, um annehmen zu können, die Arbeitslosigkeit des Klägers sei dadurch beendet worden. Der Kläger ist nicht in einem Zeitumfang von 15 Stunden oder mehr pro Woche mit Vorbereitungshandlungen befasst gewesen.

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Am 7.8.2014 fehlte es im Übrigen auch an weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung eines Gründungszuschusses. So lagen an diesem Tag weder die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle (Stellungnahme der Handelskammer H vom 22.9.2014) noch der Businessplan (8.9.2014) vor, auch ist der für die Aufnahme der konkret angestrebten Tätigkeit erforderliche Handelsvertretervertrag erst am 21.8.2014 zum 15.9.2014 geschlossen worden.

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b) Der Kläger hat auch für Zeiten ab 21.8.2014 oder 15.9.2014 keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Gründungszuschusses.

31

Zwar hat Kläger - ausgehend von den im Rahmen des § 93 SGB III maßgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten - zu beiden Zeitpunkten im laufenden Bezug von Alg gestanden. Die Voraussetzungen des § 93 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III sind aber nicht erfüllt gewesen, denn zu beiden Zeitpunkten fehlt es daran, dass er einen Restanspruch auf Alg für die Dauer von 150 Tagen hatte, weil die verbliebene Dauer des Anspruchs auf Alg kürzer war.

32

Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte die Bewilligung von Alg aufgrund der Angaben des Klägers rückwirkend mit Ablauf des 6.8.2014 aufgehoben (Bescheid vom 23.9.2014) und später die Erstattung des gezahlten Alg sowie der hierauf entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gefordert hat (Bescheide vom 13.1.2015), ergibt sich kein anderes Ergebnis. Der Kläger erfüllt zwar - unter Berücksichtigung der erst später eingetretenen rechtlichen Entwicklung, nämlich der Aufhebung der Bewilligung von Alg mit Ablauf des 6.8.2014 - die Voraussetzung, dass er bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit zu beiden Zeitpunkten einen (Rest-)Anspruch auf Alg von noch 150 Tagen hatte (§ 93 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III). Aber er erfüllt - auch nach Maßgabe der von ihm angesprochenen Entscheidung des BSG vom 5.5.2010 (B 11 AL 11/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 6 RdNr 26-27; ergangen zu § 57 SGB III in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) - nicht die Voraussetzungen des Anspruchs auf Gründungszuschuss.

33

Der Senat hatte in dem genannten Urteil zu der insoweit gleichlautenden Vorgängerregelung entschieden, diese sei so zu verstehen, dass der Anspruch auf Gründungszuschuss keine Nahtlosigkeit zwischen Arbeitslosigkeit und selbstständiger Tätigkeit, sondern lediglich einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Existenzgründung und dem vorausgehenden Anspruch auf Alg verlangt. An dieser Auslegung ist auch im Kontext des § 93 SGB III festzuhalten, weil die Existenzgründung keinen punktuellen Vorgang darstellt (BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 28/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 5 RdNr 19). So können in der Praxis bei einer Existenzgründung zeitliche Lücken entstehen, die der Existenzgründer nicht zu vertreten hat, weil zB eine behördliche Genehmigung nicht schnell zu erlangen ist oder ein angebahnter Vertrag sich zerschlägt und neue Verhandlungen erforderlich werden.

34

Doch der nach der zitierten Entscheidung erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bezug von Alg und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit liegt hier nicht vor. Ein solcher Zusammenhang ist gegeben, wenn ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat zwischen dem Bezug von Alg einerseits und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit andererseits liegt (vgl BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 11/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 6 = juris, RdNr 24, dort ging es um die Überbrückung von neun Tagen; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 28/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 6 RdNr 16 verlangt dagegen, dass die Voraussetzungen "innerhalb eines Monats nach … Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg" vorliegen müssen).

35

Als "Aufnahme" der Tätigkeit als Handelsvertreter ist vorliegend der 15.9.2014 anzusehen. Der Tag des Abschlusses des Handelsvertretervertrags (21.8.2014) ist nicht maßgeblich, weil das Gesetz auf die "Aufnahme" der Tätigkeit abstellt. Damit wird an tatsächliche Umstände, hier die Entfaltung einer selbstständigen Tätigkeit, angeknüpft und nicht an die Begründung vertraglicher Bindungen, die erst viel später in eine Erwerbstätigkeit münden können. Da aber zwischen dem Ende des Anspruchs auf Alg (Ablauf des 6.8.2014) und der Aufnahme der Tätigkeit als Handelsvertreter am 15.9.2014 eine Zeitdauer von mehr als einem Monat liegt, fehlt der "enge zeitliche Zusammenhang" zwischen dem Bezug von Alg und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit.

36

c) Der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags auf Gründungszuschuss zu verpflichten, hat ebenfalls keinen Erfolg. Da schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Gründungszuschuss nach § 93 SGB III nicht erfüllt sind, hat die Beklagte keine (neue) Ermessensentscheidung über die Bewilligung eines Gründungs-zuschusses zu treffen.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

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