Beschluss vom Bundessozialgericht - B 9 V 20/18 B

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. März 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt K. aus D. beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

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I. Der 1956 geborene Kläger begehrt in der Hauptsache wegen Schädigungshandlungen während seiner Heimaufenthalte in seiner Kindheit und Jugend zwischen 1956 und 1974 Grundrentenleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 50 seit Juni 2007. Diesen Anspruch hat das LSG ua nach Vernehmung von diversen Zeugen und Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens verneint. Von der Vernehmung weiterer Zeugen hat das Berufungsgericht abgesehen (Urteil vom 9.3.2018).

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Zugleich hat er für dieses Verfahren einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. aus D. gestellt. Er macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend.

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II. Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.

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Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist hier nicht der Fall. Aus diesem Grund kommt auch die Beiordnung seines vorgenannten Prozessbevollmächtigten nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

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Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 12.7.2018 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG). Der Beschwerdevortrag des Klägers im Schriftsatz vom 28.8.2018 war nicht mehr zu berücksichtigen, weil er außerhalb der bis zum 16.7.2018 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist lag (§ 160a Abs 2 S 1 und 2 SGG).

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1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

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Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam:

"Gehören Erörterungstermine zur Verhandlung vor dem erkennenden Gericht im Sinne des § 61 SGG i. V. mit § 169 Abs. 1 GVG, sodass sie öffentlich durchzuführen sind?"

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Er hat es allerdings versäumt, deren Klärungsbedürftigkeit aufzuzeigen.

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Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, zB BSG Beschluss vom 24.3.2018 - B 12 R 44/17 B - Juris RdNr 8). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 22.3.2018 - B 5 RE 12/17 B - Juris RdNr 15 mwN). Hieran fehlt es.

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Der Kläger weist selbst darauf hin, dass in Rechtsprechung und Schrifttum "üblicherweise (..) zwischen (öffentlicher) mündlicher Verhandlung und (nicht öffentlichen) Erörterungsterminen unterschieden" wird. Sofern er diese Unterscheidung auch bezogen auf die Fragestellung als "nicht nachvollziehbar" bezeichnet, setzt er sich - anders als vorliegend geboten - weder mit dem Wortlaut der hier einschlägigen Normen des SGG über den Erörterungstermin ("Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten") noch mit dessen Sinn und Zweck und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG hinreichend auseinander und prüft auf dieser Grundlage nicht in notwendigem und verständigem Maße, ob sich hieraus bereits ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der gestellten Frage ergeben.

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Schon der Gesetzeswortlaut differenziert ausdrücklich zwischen "mündlicher Verhandlung" und "Erörterungstermin". Nach § 106 Abs 2 SGG, der gemäß § 153 Abs 1 und § 155 Abs 1 SGG auch im Berufungsverfahren für den Berichterstatter gilt, hat der Vorsitzende bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Zu diesem Zweck kann er nach § 106 Abs 3 Nr 7 SGG einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern. Danach hat ein Erörterungstermin den Sinn, eine mündliche Verhandlung vorzubereiten, damit der Rechtsstreit - möglichst - in einer mündlichen Verhandlung erledigt werden kann (vgl nur Mushoff in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, Stand: 17.7.2018, § 106 RdNr 89; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 106 RdNr 15; Sommer in Zeihe/Hauck, SGG, Stand: 1.4.2018, § 106 RdNr 29 c). Der Erörterungstermin dient insoweit als vorbereitende Maßnahme des Gerichts der rechtlichen und tatsächlichen "Vorklärung" des Streitstoffs und ist der mündlichen Verhandlung zeitlich vorgelagert. Hiervon ausgehend erschließt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht substanziell, aus welchen Gründen ein Erörterungstermin bereits eine "mündliche Verhandlung" bzw ihr zugehörig sein soll mit der Folge, dass auch für einen solchen Termin die Vorschrift über die Öffentlichkeit gemäß § 61 Abs 1 SGG iVm § 169 Abs 1 S 1 GVG gilt. Der Kläger setzt sich in diesem Zusammenhang auch nicht in ausreichendem Maße mit der Rechtsprechung des BSG auseinander, nach der vom Gericht die Öffentlichkeit erst dann hergestellt werden muss, wenn ein Erörterungstermin in eine mündliche Verhandlung übergeht (BSG Urteil vom 28.3.2000 - B 8 KN 7/99 R - SozR 3-1500 § 61 Nr 1 S 3 = Juris RdNr 12; BSG Urteil vom 22.11.1994 - 8 RKn 8/94 - Juris RdNr 20; ebenso allgemeine Meinung im Schrifttum, zB Stäbler in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, Stand: 29.8.2018, § 61 RdNr 89; B. Schmidt aaO, § 106 RdNr 16; Littmann in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2017, § 61 RdNr 4; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 103 b; Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 61 RdNr 5; Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, 2. Aufl 2014, § 61 RdNr 8).

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2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

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a) Der Kläger rügt, das LSG habe seinen im Erörterungstermin vom 23.9.2016 gestellten Antrag auf Herstellung der Öffentlichkeit zu Unrecht zurückgewiesen. Damit liege ein absoluter Revisionsgrund nach § 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 5 ZPO vor, weil die Vorschriften über die Öffentlichkeit (§ 61 Abs 1 SGG, § 169 Abs 1 S 1 GVG) verletzt worden seien.

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Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen hat der Kläger den bezeichneten Verfahrensmangel nicht dargetan. Unabhängig davon, dass er - wie oben unter 1. ausgeführt - schon nicht aufgezeigt hat, dass für einen Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin nach § 106 Abs 3 Nr 7 SGG die ausschließlich die mündliche Verhandlung betreffende Vorschrift über die Öffentlichkeit gemäß § 61 Abs 1 SGG, § 169 Abs 1 S 1 GVG gilt, kann nach § 202 S 1 SGG iVm §§ 556, 295 Abs 1 ZPO eine die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden, wenn der Mangel bei der nächsten mündlichen Verhandlung nicht mehr gerügt worden ist. Der Kläger hat aber nicht vorgetragen, dass dies in der mündlichen Verhandlung vom 9.3.2018 vor dem LSG geschehen sei. Ein Fall des § 295 Abs 2 ZPO liegt nicht vor. Denn die Vorschriften über die Öffentlichkeit im sozialgerichtlichen Verfahren sind verzichtbar (BSG Urteil vom 28.3.2000 - B 8 KN 7/99 R - SozR 3-1500 § 61 Nr 1 S 4 f = Juris RdNr 15 f).

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b) Der Kläger rügt weiter eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des LSG (§ 103 SGG), weil die Zeugen I. J., I. S., M. K., O. W., W. Sch., Kl., J. M. B., H. L., R. Be. und R. S. zu den drei benannten Beweisthemen "Brutalste Züchtigungen in feindlicher Absicht in der Volksschule", "Schläge im Kinderdorf St. J." und "P. im Kinderheim U." (H.-J.-Haus) nicht vernommen worden seien.

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aa) Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers erfüllt nicht die spezifischen Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge. Insoweit muss die Beschwerdebegründung (1) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5) erläutern, weshalb die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 26.2.2017 - B 9 SB 84/17 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris RdNr 10, jeweils mwN).

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Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt allerdings nur, wenn der Beschwerdeführer bereits in der Berufungsinstanz durch einen rechtskundigen und berufsmäßigen Prozessbevollmächtigten vertreten war (Senatsbeschluss vom 18.9.2003 - B 9 SB 11/03 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5 mwN). War dies nicht der Fall, kommen zum einen weniger strenge Anforderungen an Form und Inhalt eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags zur Anwendung. Zum anderen wird dann aus dem Fehlen eines in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zu Protokoll aufrechterhaltenen Beweisantrags nicht stets der Schluss gezogen, dass dieser Beweisantrag bewusst nicht weiterverfolgt werden sollte (BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris RdNr 11 mwN). Anders verhält es sich aber, wenn das Gericht auf schriftsätzlich gestellte Beweisanträge hin Ermittlungen angestellt hat, und zwar auch dann, wenn es dabei im Rahmen seines Ermessens andere als die benannten Beweismittel nutzt. Hält ein Beteiligter diese Ermittlungen für unzureichend, so hat er das dem Gericht mitzuteilen. Tut er dies nicht, kann das Gericht auch bei einem Beteiligten ohne berufsmäßigen Rechtsvertreter davon ausgehen, der Beweisantrag solle nicht weiter verfolgt werden (BSG Beschluss vom 4.6.2007 - B 9a BL 2/07 B - Juris RdNr 7).

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bb) Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben hat der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das LSG (§ 103 SGG) nicht hinreichend dargelegt.

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(1) Hinsichtlich der vom LSG im angefochtenen Urteil abgelehnten Vernehmung der Zeugen J., S., L. und K. hat der Kläger nicht schlüssig aufgezeigt, warum sich das LSG ausgehend von seiner hier allein maßgeblichen Rechtsauffassung zu einer entsprechenden Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 18 d mwN). Vielmehr hat der Kläger gegenüber dem Berufungsgericht selbst vorgetragen, dass diese Zeugen lediglich über andere Gruppen/Häuser bzw über von diesen selbst erlittenen Gewalttaten berichten könnten, also nicht über konkrete - hier allein entscheidungserhebliche - Gewalttaten gegenüber dem Kläger. Bezogen auf die Zeugen B. und L. hat der Kläger ebenfalls selbst eingeräumt, dass diese die von ihm behaupteten Übergriffe der Schwester C. L. selbst nicht gesehen hätten. Der Zeuge B. hat in einer vom Kläger vorgelegten Erklärung zudem ausschließlich über eigene Erlebnisse im H.-J.-Haus berichtet, die sich sechs Jahre vor dem Aufenthalt des Klägers dort zugetragen haben sollen. Den Zeugen Sch. kennt der Kläger nach seinem Bekunden persönlich erst seit 2005. Vor dem Hintergrund dieser Angaben des Klägers erscheinen die von ihm dennoch begehrten Vernehmungen dieser Zeugen bezogen auf die hier allein maßgeblichen Schläge, Prügel und Züchtigungen gegen seine Person während der Heimaufenthalte in seiner Kindheit und Jugend gleichsam als Ermittlungen "ins Blaue hinein", für die es vom hier allein maßgeblichen Rechtsstandpunkt des LSG aus keinen Anlass gab. Eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung liegt darin nicht (vgl hierzu BSG Beschluss vom 28.5.2008 - B 12 KR 2/07 B - Juris RdNr 11 mwN). Zu Ermittlungen ohne konkrete Anhaltspunkte auf Behauptungen "aufs Geratewohl" besteht auch unter verfassungsrechtlichen Erwägungen keine Verpflichtung (BVerfG Beschluss vom 9.10.2007 - 2 BvR 1268/03 - Juris RdNr 19; BSG Beschluss vom 28.2.2018 - B 13 R 279/16 B - Juris RdNr 21).

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(2) Bezogen auf den in erster Instanz mit Schriftsatz vom 8.5.2012 gestellten Antrag zur Vernehmung des Zeugen W. hat der Kläger schon nicht aufgezeigt, dass dieser Antrag im Berufungsverfahren ausdrücklich wiederholt und bis zuletzt aufrechterhalten worden ist. Zwar nimmt die von ihm in der Beschwerdebegründung erwähnte und von seinem damaligen Prozessbevollmächtigten verfasste Berufungsbegründung vom 6.2.2015 auf diesen Schriftsatz pauschal Bezug; eine konkrete Bezugnahme auf den vorgenannten Antrag erfolgt jedoch auch nach dem Beschwerdevortrag nicht. Der Kläger behauptet nicht, diesen Antrag im Laufe des Berufungsverfahrens auf die bereits erfolgten umfänglichen Ermittlungen bzw Zeugenvernehmungen des LSG hin (nochmals) ausdrücklich wiederholt zu haben. Er trägt insbesondere nicht vor, diesen Antrag in den Erörterungsterminen vom 18.3.2016, 23.9.2016 und 6.12.2016, in denen er noch anwaltlich vertreten war, oder in der abschließenden mündlichen Verhandlung vom 9.3.2018 zumindest erwähnt zu haben. Das LSG konnte daher davon ausgehen, dass der Antrag nicht mehr weiterverfolgt werden solle. Entsprechendes gilt für die Rüge des Übergehens der Anträge auf Vernehmung der Zeugen K., B. und St.

21

cc) Sofern der Kläger im Übrigen mit der Beweiswürdigung des LSG nicht einverstanden sein sollte, ist dies für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden.

22

c) Soweit der Kläger schließlich geltend macht, das LSG habe in dem Erörterungstermin vom 18.3.2016 die Zulassung eines Herrn R. als Beistand zurückgewiesen und am 22.9.2016 eine Zurückweisung angekündigt, woraufhin Herr R. zum Erörterungstermin am 23.9.2016 nicht erschienen sei, zeigt der Kläger schon nicht auf, gegen welche Verfahrensnorm das Berufungsgericht verstoßen haben könnte. Sofern der Kläger einen Verstoß gegen § 73 Abs 7 SGG rügen will, trägt er nicht schlüssig vor, weshalb eine Zulassung des Herrn R. als Beistand hätte erfolgen müssen, obwohl er in beiden Erörterungsterminen durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten rechtskundig vertreten war.

23

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

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3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

25

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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