Stattgebender Kammerbeschluss vom Bundesverfassungsgericht (2. Senat 3. Kammer) - 2 BvR 1602/16
Tenor
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1. Der Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 26. April 2016 - 5 T 20/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Schwerin zurückverwiesen. Der Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 30. Juni 2016 - 5 T 20/15 - wird damit gegenstandslos.
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2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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3. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
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I.
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Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung der Restschuldbefreiung.
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1. Über das Vermögen des Beschwerdeführers wurde auf seinen Antrag am 1. August 2008 das Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Während des Insolvenzverfahrens führte der Beschwerdeführer die Beschäftigung als selbständiger Monteur im Bereich der Kläranlagenwartung fort. Der Insolvenzverwalter erklärte gemäß § 35 Abs. 2 InsO die Freigabe des aus dieser Tätigkeit erlangten Vermögens. Im Verwalterbericht vom 2. September 2011 an das Insolvenzgericht heißt es, der Beschwerdeführer habe keine Nachweise über die erzielten Einkünfte übersandt. Nach seinen Angaben könne er ein fiktives Nettogehalt in Höhe von monatlich 1.312,43 € erzielen, wonach sich unter Berücksichtigung von Unterhaltspflichten für zwei minderjährige Kinder kein pfändbarer Betrag ergebe.
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Durch Beschluss vom 26. August 2013 stellte das Insolvenzgericht fest, dass der Beschwerdeführer - seinem Antrag vom 17. Juni 2008 entsprechend - Restschuldbefreiung erlange, wenn er für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Obliegenheiten gemäß § 295 InsO erfülle. Bei Ausübung einer selbständigen Tätigkeit obliege es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den bestellten Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Er habe über die Erfüllung der Obliegenheiten dem Treuhänder und dem Gericht jederzeit Auskunft zu erteilen. Gebe er sie nicht innerhalb der gesetzten Frist ab, so sei die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Gläubigers zu versagen, § 296 InsO.
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Durch Beschluss vom 9. Oktober 2013 hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beschwerdeführers auf. Die bereits während des Insolvenzverfahrens ausgeübte selbständige Tätigkeit führte der Beschwerdeführer während der Wohlverhaltensperiode (Beginn: 9. Oktober 2013; Ende: 31. Juli 2014) fort.
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2. a) Im Laufe der Wohlverhaltensperiode beantragte die Gläubigerin Nr. 9 des Insolvenzverfahrens, dem Beschwerdeführer die Restschuldbefreiung zu versagen, weil er gegen seine Auskunfts- und Abführungsobliegenheit verstoßen habe. Der Beschwerdeführer informiere den Treuhänder und das Insolvenzgericht entweder nur unzureichend über das wirtschaftliche Ergebnis seiner - fortgeführten - selbständigen Tätigkeit oder er übe keine angemessene Erwerbstätigkeit aus. Obwohl der Beschwerdeführer - nach seiner im Internet veröffentlichten Selbstdarstellung - einen Jahresüberschuss von circa 250.000 € erzielen müsse, sei eine Quotenzahlung auf die festgestellte Insolvenzforderung bislang nicht erfolgt.
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b) Unter Zuleitung des Versagungsantrags und Aufforderung zur Stellungnahme verfügte das Insolvenzgericht am 11. Februar 2014, dass sich der Beschwerdeführer innerhalb der gesetzten Monatsfrist zu seinen Obliegenheiten nach § 295 InsO zu äußern und insbesondere den beigefügten Anhörungsfragebogen vollständig auszufüllen habe. Nach den Angaben des Beschwerdeführers handelte es sich bei dem Fragebogen um die Anlagen 1 (Personalfragebogen), 4 (Vermögensübersicht), 5 (Vermögensverzeichnis nebst Ergänzungsblättern) und 6 (Gläubiger- und Forderungsverzeichnis) zu einem Eröffnungsantrag.
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Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin, dem Treuhänder ein fiktives monatliches Nettoeinkommen - wegen seiner bestehenden Unterhaltsverpflichtungen - unterhalb des pfändbaren Betrags angezeigt zu haben. Zur Bestimmung des fiktiven Nettoeinkommens sei die berufliche Qualifikation als "Elektroinstallateur mit Gesellenbrief" zu Grunde gelegt worden. Aufgrund einer weiteren Verfügung des Insolvenzgerichts ergänzte der Beschwerdeführer seinen Vortrag dahingehend, die Gesellenprüfung als Elektroinstallateur bereits 1999 abgelegt, in diesem Bereich aber nur unter technischer Leitung seines Vaters als Wartungsmonteur für Kleinkläranlagen gearbeitet zu haben. Ein Monteur mit diesem Ausbildungs- und Erfahrungsstand würde - unter Berücksichtigung seiner Unterhaltsverpflichtungen - kein Nettogehalt über den Pfändungsfreigrenzen erhalten. Infolgedessen habe er auch keine Beträge an den Treuhänder abzuführen. Über tatsächlich erzielte Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit oder sein Einkommen müsse er nur dann Auskunft erteilen, wenn - nach Maßgabe des fiktiven Nettoeinkommens - ein pfändbares Einkommen vorhanden sei.
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Der Treuhänder gab in seiner Schlussrechnung vom 1. Juli 2014 an, Obliegenheitsverletzungen seien ihm im Berichtszeitraum nicht bekannt geworden.
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3. Durch - mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen - Beschluss vom 25. November 2014 und Ergänzungsbeschluss vom 2. Dezember 2014 versagte das Insolvenzgericht dem Beschwerdeführer die Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO. Dieser habe - entgegen der gerichtlichen Verfügung vom 11. Februar 2014 - keine hinreichende Auskunft über seine Obliegenheiten erteilt.
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Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 12. Januar 2015 nicht abhalf, wies das Landgericht durch angefochtenen Beschluss vom 26. April 2016 als unbegründet zurück. Das Insolvenzgericht habe die Restschuldbefreiung zu Recht nach § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO versagt. Der Beschwerdeführer sei seiner Auskunftsobliegenheit nach § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO - entgegen der gerichtlichen Aufforderung - nicht nachgekommen. Trotz der Berechnungen und Darlegungen der Gläubigerin Nr. 9 des Insolvenzverfahrens zu einem möglichen Nettoüberschuss aus der selbständigen Tätigkeit, habe der Beschwerdeführer über sein tatsächlich erzieltes Einkommen - ohne hinreichenden Grund - keine Auskunft erteilt.
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Eine vom Beschwerdeführer hiergegen erhobene Anhörungsrüge blieb erfolglos (Beschluss des Landgerichts vom 30. Juni 2016).
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II.
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1. Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die vorgenannten Beschlüsse. Er rügt unter anderem eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die fachgerichtlichen Entscheidungen seien unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar. Die Versagung der Restschuldbefreiung wegen eines Verstoßes gegen § 296 Abs. 2 Sätze 2 und 3 InsO widerspreche dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Februar 2013 (- IX ZB 165/11 -, WM 2013, S. 579). Danach sei eine Auskunft über die Höhe etwaiger Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit nicht zu erteilen gewesen.
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2. Das Justizministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat von einer Stellungnahme, die Beteiligten des Ausgangsverfahrens haben von einer weiteren Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor er-sichtlichen Umfang gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Danach ist der Beschluss des Landgerichts vom 26. April 2016 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
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1. Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Gerichte und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen; ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in seltenen Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127> m.w.N.; stRspr).
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Ein Richterspruch verstößt nicht schon dann gegen das Verbot objektiver Willkür, wenn die gerügte Rechtsanwendung fehlerhaft ist. Hinzukommen muss, dass er unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Willkür liegt erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).
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2. Nach diesen Maßstäben verletzt der Beschluss des Landgerichts vom 26. April 2016 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Das Landgericht hat dem Beschwerdeführer die Restschuldbefreiung auf der Grundlage von § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO im Ergebnis allein deshalb versagt, weil dieser keine Auskunft über sein tatsächlich erzieltes Einkommen erteilt habe. Dies ist bei der gegebenen Sachlage - vor dem Hintergrund der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung - offensichtlich fehlerhaft und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt nachvollziehbar.
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a) Im Verfahren über einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung hat der Insolvenzschuldner nach § 296 Abs. 2 Satz 2 Fall 1 InsO über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen. Gibt er die Auskunft ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab, ist die Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO, ohne dass es auf eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger ankäme, zu versagen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - IX ZB 165/11 -, WM 2013, S. 579 <580>, Rn. 9).
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aa) Soweit er eine selbständige Tätigkeit ausübt, gehört es gemäß § 295 Abs. 2 InsO zu den Obliegenheiten des Insolvenzschuldners, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Abführungsobliegenheit nach § 295 Abs. 2 InsO ein fiktives Nettoeinkommen aus einem angemessenen - also dem Schuldner möglichen - Dienstverhältnis zu berechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2006 - IX ZB 50/05 -, juris, Rn. 13; Beschluss vom 13. Juni 2013 - IX ZB 38/10 -, juris, Rn. 17, m.w.N.). Die Abführungsobliegenheit ist der Höhe nach auf den pfändbaren Betrag beschränkt, den der Insolvenzschuldner bei unselbständiger Tätigkeit erzielen würde. Unerheblich ist, ob der Schuldner als selbständig Tätiger einen Gewinn erzielt hat. Denn § 295 Abs. 2 InsO löst die zu berücksichtigenden Erträge vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg der selbständigen Tätigkeit des Schuldners (BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - IX ZB 165/11 -, juris, Rn. 6 f., m.w.N.).
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bb) Der selbständig tätige Insolvenzschuldner ist deshalb umfassend auskunftspflichtig hinsichtlich derjenigen Umstände, die für die Ermittlung des fiktiven Maßstabs erforderlich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2009 - IX ZB 116/08 -, WM 2009, S. 1292 f., Rn. 9).
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(1) Nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO hat der Insolvenzschuldner auf Verlangen dem Treuhänder oder dem Gericht Mitteilung zu machen, ob er einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, wie seine Ausbildung und sein beruflicher Werdegang aussehen und welche Tätigkeit (Branche, Größe seines Unternehmens, Zahl der Angestellten, Umsatz) er ausübt. Dabei müssen seine Auskünfte so konkret sein, dass ein Gläubiger die dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit bestimmen und das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen ermitteln kann. Über seinen aus der selbständigen Tätigkeit erzielten Gewinn braucht der Schuldner dagegen grundsätzlich keine Auskunft zu erteilen, weil dieser für die Feststellung des fiktiven Nettoeinkommens unerheblich ist.
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In gleichem Umfang besteht eine Auskunftspflicht nach § 296 Abs. 2 Satz 2 Fall 1 InsO im Verfahren über einen Antrag auf Restschuldversagung, deren Verletzung einen eigenen - von Amts wegen - zu berücksichtigenden Versagungsgrund darstellt (§ 296 Abs. 2 Satz 3 Fall 1 InsO), wenn der Insolvenzschuldner die vom Gericht geforderte Auskunft schuldhaft innerhalb der gesetzten Frist nicht erteilt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - IX ZB 165/11 -, WM 2013, S. 579 <580>, Rn. 8 f.).
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(2) Verlangen dagegen Treuhänder oder Gericht eine über den Rahmen der Obliegenheiten hinausgehende - nicht durch § 295 Abs. 1 Nr. 3 oder § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO gedeckte - Auskunft, stellt die Nichtbeantwortung der Fragen (Nichterteilung der Auskunft oder eine unvollständige oder verspätete Antwort) keine Verletzung der Auskunftsobliegenheiten nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO oder § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO dar (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - IX ZB 165/11 -, WM 2013, S. 579 <580>, Rn. 8 f.).
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b) Danach war es sachfremd, dem Beschwerdeführer die Restschuldbefreiung im Streitfall allein deshalb zu versagen, weil er "keinerlei Auskünfte über sein tatsächlich erzieltes Einkommen erteilt" hat und damit "die Mitwirkungspflichten, die ihm nach dem Gesetz obliegen, in keinster Weise erfüllt" habe. Das Landgericht stützt die Versagung der Restschuldbefreiung nur darauf, dass der Beschwerdeführer keine Auskunft zu etwaigen Gewinnen aus der während der Wohlverhaltensperiode ausgeübten selbständigen Tätigkeit gegeben hat. Zur Bestimmung eines fiktiven Nettoeinkommens des Beschwerdeführers bedarf es dieser Angabe indes nicht. Die Nichtbeantwortung eines entsprechenden Auskunftsverlangens stellt deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Obliegenheitsverletzung dar, so dass offenbleiben kann, ob das Insolvenzgericht mit seinen Verfügungen überhaupt ein solches an den Beschwerdeführer gerichtet hat.
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Da das Landgericht in seinem Beschluss auf diese Rechtslage und auf das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers nicht eingeht und damit auch nicht zu erkennen gibt, ob es die Versagung der Restschuldbefreiung möglicherweise zugleich auf andere Erwägungen gestützt hat, ist die Rechtsanwendung im Streitfall - nach objektiven Kriterien - unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr rechtlich vertretbar.
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3. Nachdem die gerichtliche Entscheidung bereits gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, bedarf es keiner Entscheidung, ob auch ein Verstoß gegen die weiteren vom Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte vorliegt.
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4. Gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 1 BVerfGG ist die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch den Beschluss des Landgerichts vom 26. April 2016 festzustellen. Der Beschluss ist aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
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Bei seiner erneuten Entscheidung über die Beschwerde gegen den die Restschuldbefreiung versagenden Beschluss des Amtsgerichts wird das Landgericht neben der oben (unter III. 2.) genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 295 Abs. 2, § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO gegebenenfalls auch zu prüfen haben, ob die Aufforderung des Insolvenzgerichts, den übersandten Anhörungsfragebogen vollständig auszufüllen und zurückzusenden, ein nach § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO sanktionsfähiges gerichtliches Auskunftsverlangen darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2016 - IX ZB 13/15 -, WM 2016, S. 468 <470>, Rn. 21).
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IV.
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1. Die Entscheidung des Landgerichts vom 30. Juni 2016 über die Anhörungsrüge wird mit der Aufhebung des Beschlusses vom 26. April 2016 gegenstandslos.
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2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Aufgrund der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht steht der Rechtsweg zur Entscheidung über die verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen den Beschluss des Amtsgerichts wieder offen, so dass die Verfassungsbeschwerde insoweit nach dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität nicht zur Entscheidung anzunehmen war (vgl. BVerfGK 7, 350 <357>; 15, 37 <53>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. September 2003 - 1 BvR 1920/03 -, juris, Rn. 16). Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
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3. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Referenzen
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