Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 P 16/09

Gründe

I.

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In seiner Sitzung vom 15. März 2007 legte der Wahlvorstand für die Wahl des Personalrats der Gemeinde Altenholz fest, dass bei einer Regelbeschäftigtenzahl von 101 (8 Beamte und 93 Arbeitnehmer) ein fünfköpfiger Personalrat, bestehend aus einem Beamten und vier Arbeitnehmern, zu wählen war. Im Wahlausschreiben vom 5. April 2007 forderte der Wahlvorstand die Beschäftigten auf, bis zum 19. April 2007 Wahlvorschläge einzureichen. Bis zu diesem Zeitpunkt gingen vier Wahlvorschläge ein: in der Beamtengruppe ein Vorschlag mit einer Einzelbewerberin sowie in der Arbeitnehmergruppe ein Vorschlag mit vier Bewerbern, ein Vorschlag mit der Einzelbewerberin Jana S. und ein Vorschlag mit der Einzelbewerberin Christa E. Mit Schreiben vom 19. April 2007 forderte der Wahlvorstand die Wahlvorschlagsträger der Bewerbungen S. und E. auf, bis 23. April 2007 eine schriftliche Begründung dazu einzureichen, weshalb der Wahlvorschlag nicht die Anzahl der für die Gruppe der Arbeitnehmer zu wählenden Vertreter enthalte; im Fall S. wurde die Frist bis 24. April 2007 verlängert. Unter dem 20. April 2007 schrieb Frau E.:

2

"Ich habe mich als Einzelbewerberin für die o.g. Personalratswahl aufstellen lassen, da es mir leider nicht möglich war weitere Bewerber für einen vollständigen Listenvorschlag zu finden."

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Frau S. nahm mit Schreiben vom 23. April 2007, beim Wahlvorstand eingegangen am 24. April 2007, wie folgt Stellung:

"Der Wahlvorschlag ist als Einzelvorschlag eingereicht worden, weil davon ausgegangen wurde, dass dies nach § 10 Wahlordnung nicht ausgeschlossen ist.

Nach der Abgabe des Wahlvorschlages bin ich durch den Wahlvorstand auf keinerlei Formfehler hingewiesen worden, die bis zum Ende der Einreichungsfrist hätten behoben werden können."

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In seiner Sitzung vom 3. Mai 2007 beschloss der Wahlvorstand, die Wahlvorschläge E. und S. als ungültig zurückzuweisen. Die Personalratswahl fand am 30. Mai 2007 statt; das Wahlergebnis wurde am 31. Mai 2007 bekannt gegeben.

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Am 12. Juni 2007 focht Frau S. die Personalratswahl an. Aufgrund eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht Kiel vom 16. April 2008 endete ihr Arbeitsverhältnis zur Gemeinde Altenholz mit Ablauf des 31. März 2008. Am 18. April 2008 erklärte sie ihr Wahlanfechtungsbegehren für erledigt. Nachdem die Beteiligten innerhalb der gesetzten Frist nicht widersprochen hatten, stellte das Verwaltungsgericht mit Beschlüssen vom 16. Mai 2008 das Verfahren ein und setzte den Gegenstandswert auf 5 000 € fest.

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Bereits am 10. September 2007 hatte Frau S. das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet. Am 20. Dezember 2007 hat sie ihren Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten aus dem Wahlanfechtungsverfahren an ihre bevollmächtigten Rechtsanwälte, die Antragsteller, abgetreten. Das Verwaltungsgericht hat den Beteiligten zu 1 verpflichtet, an die Antragsteller 949,03 € nebst Zinsen zu zahlen.

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Die Beschwerde der Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Der streitige Kostenerstattungsanspruch ergebe sich aus § 17 Satz 1 MBGSH, wonach die Dienststelle die Kosten der Wahl trage. Ein systematischer Gegenschluss folge nicht aus § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 88 Abs. 1 Nr. 1 MBGSH. Denn diese Regelungen beträfen die Kosten, die dem Personalrat im Rahmen einer Wahlanfechtung entstünden, nicht aber die Kosten der anfechtungsberechtigten Antragsteller. Die Kostentragungspflicht der Dienststelle bestehe unabhängig vom Ausgang des Wahlanfechtungsverfahrens. Dies folge aus Sinn und Zweck der Regelung in § 17 Satz 1 MBGSH, sämtliche mit der Bildung eines Personalrats verbundenen Kosten und finanziellen Risiken der Dienststelle aufzuerlegen. Das Wahlprüfungsverfahren existiere weniger im Interesse der Anfechtenden als vielmehr im Interesse des Dienstherrn und der Gesamtheit der Beschäftigten daran, dass der Personalrat ordnungsgemäß zustande gekommen und zusammengesetzt sei. Nicht entgegenstehe, dass jeder Wahlberechtigte die Wahl anfechten könne. Der Gefahr für die Dienststelle, durch willkürliche Prozesse mit Kosten belastet zu werden, werde dadurch begegnet, dass die Kostentragungspflicht ausscheide, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein aussichtslos erscheine oder rechtsmissbräuchlich erfolge. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. In dem von Frau S. angestrengten Wahlanfechtungsverfahren habe sich zum einen die Frage gestellt, wie mit einem Wahlvorschlag zu verfahren sei, der ungültig sei, weil er bei der Einreichung nicht die erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweise und außerdem nicht die erforderliche Zahl von Bewerbern enthalte. Zum anderen sei zu entscheiden gewesen, wie es sich auswirke, dass der Wahlvorstand den Wahlvorschlag an Frau S. und nicht an die Vertreterin des Wahlvorschlages zurückgegeben habe. Zweifelhaft sei ferner, ob die für die Begründung des Wahlvorschlages gesetzte Frist ausgereicht habe.

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Die Beteiligten tragen zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerden vor: § 17 MBGSH komme als Grundlage für den streitigen Kostenerstattungsanspruch nicht in Betracht. Da die Wahlanfechtung bereits durch einen einzigen Wahlberechtigten möglich sei, wäre eine daran anknüpfende Kostenerstattung für die Dienststelle mit einem massiven finanziellen Risiko durch querulatorische Wahlanfechtungen verbunden. Aus den Regelungen in § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 88 Abs. 1 Nr. 1 MBGSH ergebe sich, dass außergerichtliche Kosten einer Wahlanfechtung nur zugunsten des Personalrats, nicht aber zugunsten der Anfechtenden erstattungsfähig seien. Dass selbst die Kosten einer erfolglosen Wahlanfechtung von der Dienststelle zu erstatten seien, widerspreche dem Grundsatz der deutschen Rechtsordnung, wonach die Kosten entsprechend dem Obsiegen bzw. dem Unterliegen zu tragen seien. Im vorliegenden Fall wäre die Wahlanfechtung nicht erfolgreich gewesen. Mit dem Ausscheiden von Frau S. aus der Dienststelle sei das Rechtsschutzbedürfnis für die Fortführung des Wahlanfechtungsverfahrens entfallen. Die Rückgabe des Wahlvorschlages an die Bewerberin sei sachgerecht gewesen, weil die Vertreterin des Wahlvorschlages seinerzeit in der Dienststelle nicht zugegen gewesen sei. Die Bewerberin habe ausreichend Zeit gehabt, ihren Wahlvorschlag nachzubessern. Sie habe dies jedoch in voller Kenntnis der Folgen abgelehnt. Eine Fristverlängerung hätte daher keine Mängelbeseitigung bewirkt.

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Die Beteiligten beantragen,

die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

10

Die Antragsteller beantragen,

die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.

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Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.

II.

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Die zulässigen Rechtsbeschwerden der Beteiligten sind nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 88 Abs. 2 MBGSH vom 11. Dezember 1990, GVOBl S. 577, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 26. März 2009, GVOBl S. 93, i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Beteiligte zu 1 ist zur Zahlung der Anwaltskosten verpflichtet, die Frau Jana S. im Zusammenhang mit der Anfechtung der Personalratswahl vom 30. Mai 2007 entstanden sind.

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1. Antragstellerin im vorliegenden Beschlussverfahren war zunächst Frau S. Ihre Antragsbefugnis ergab sich aus der Rechtsbehauptung, Inhaberin eines Kostenerstattungsanspruchs zu sein, der seine Grundlage in ihrer personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition als zum Personalrat wahlberechtigte Beschäftigte der Gemeinde Altenholz fand (vgl. zur Antragsbefugnis im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren: Beschlüsse vom 23. September 2004 - BVerwG 6 P 5.04 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 77 S. 5, vom 28. August 2008 - BVerwG 6 PB 19.08 - Buchholz 251.92 § 66 SAPersVG Nr. 1 Rn. 5 und vom 7. April 2010 - BVerwG 6 P 6.09 - juris Rn. 15). Mit der Abtretung des personalvertretungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs am 20. Dezember 2007 - nach Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens - sind ihre Bevollmächtigten nicht nur Inhaber des materiellrechtlichen Anspruchs geworden, sondern gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG auch in die verfahrensrechtliche Rechtsstellung der Antragsteller eingerückt, ohne dass es einer darauf gerichteten Handlungsweise Beteiligter oder des Gerichts bedurfte. Eine im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unzulässige Antragsänderung ist damit nicht verbunden. §§ 265, 325 ZPO sind im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht anzuwenden, weil sich in ihm die Beteiligung gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG nach materiellem Recht richtet (vgl. BAG, Beschlüsse vom 28. September 1988 - 1 ABR 37/87 - BAGE 59, 371 <374 f.>, vom 15. Januar 1992 - 7 ABR 23/90 - BAGE 69, 214 <220>, vom 13. Mai 1998 - 7 ABR 65/96 - AP Nr. 55 zu § 80 BetrVG 1972 Bl. 1474 R, vom 31. Mai 2000 - 7 ABR 8/99 - BAGE 95, 30 <32>, vom 22. November 2005 - 1 ABR 50/04 - BAGE 116, 235 Rn. 15, vom 9. Dezember 2008 - 1 ABR 75/07 - BAGE 128, 358 Rn. 13 und vom 29. Juli 2009 - 7 ABR 95/07 - AP Nr. 93 zu § 40 BetrVG 1972 Rn. 20).

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2. Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch ist § 17 Abs. 1 MBGSH. Danach trägt die Dienststelle die Kosten der Personalratswahl. Dazu gehören alle Kosten, die mit der Einleitung und Durchführung der Wahl sowie der gerichtlichen Überprüfung des Wahlergebnisses verbunden sind (vgl. Beschluss vom 29. August 2000 - BVerwG 6 P 7.99 - BVerwGE 112, 12 <15 f.> = Buchholz 251.5 § 21 HePersVG Nr. 2 S. 3 f.; BAG, Beschlüsse vom 7. Juli 1999 - 7 ABR 4/98 - AP Nr. 19 zu § 20 BetrVG 1972 Bl. 3, vom 31. Mai 2000 a.a.O. S. 32 und vom 16. April 2003 - 7 ABR 29/02 - AP Nr. 21 zu § 20 BetrVG 1972 Bl. 1730 R). Die Kostentragungspflicht nach § 17 Satz 1 MBGSH umfasst daher die Verpflichtung der Dienststelle zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Wahlanfechtungsverfahrens, das die anfechtungsberechtigten Beschäftigten der Dienststelle geführt haben. Die Zahlungspflicht wird begrenzt durch die Gesichtspunkte der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Es gelten die Grundsätze, die zu § 44 Abs. 1 BPersVG und vergleichbaren Bestimmungen der Landespersonalvertretungsgesetze entwickelt worden sind. Danach hat die Dienststelle die außergerichtlichen Kosten, die durch Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sind, nicht zu tragen, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein aussichtslos war oder mutwillig betrieben wurde (vgl. Beschluss vom 29. August 2000 a.a.O. S. 17 f. bzw. S. 5; BAG, Beschlüsse vom 7. Juli 1999 a.a.O. Bl. 3 R, 4, vom 31. Mai 2000 a.a.O. S. 33 und vom 16. April 2003 a.a.O. Bl. 1731).

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a) Ein Wahlanfechtungsbegehren ist von vornherein aussichtslos, wenn sich seine Abweisung nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften und dazu gegebenenfalls vorliegender Rechtsprechung geradezu aufdrängt. Das ist offensichtlich nicht der Fall, wenn sich die Wahlanfechtung im Ergebnis als erfolgreich erweist. Aber auch unabhängig vom Ausgang kann eine Wahlanfechtung nicht als aussichtslos betrachtet werden, wenn sie bisher ungeklärte Rechtsfragen aufwirft oder die Gültigkeit der Wahl aus sonstigen Gründen Zweifeln ausgesetzt ist und deswegen die Herbeiführung der gerichtlichen Wahlprüfung vertretbar erscheint (vgl. BAG, Beschlüsse vom 19. März 2003 - 7 ABR 15/02 - BAGE 105, 311 <313> und vom 29. Juli 2009 a.a.O. Rn. 17; Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 24 Rn. 24 d; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 24 Rn. 16; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 24 Rn. 14; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz, 25. Aufl. 2010, § 40 Rn. 21).

16

b) Eine Rechtsverfolgung ist insbesondere dann mutwillig, wenn von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen der kostenspieligere beschritten wird oder wenn die Hinzuziehung des Rechtsanwalts rechtsmissbräuchlich erfolgt und deshalb das Interesse der Dienststelle an der Begrenzung ihrer Kostentragungspflicht missachtet wird (vgl. Beschlüsse vom 9. März 1992 - BVerwG 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76 <85> = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 26 S. 60 und vom 29. August 2000 a.a.O. S. 18 bzw. S. 5 f.; BAG, Beschlüsse vom 31. Mai 2000 a.a.O. S. 33 und vom 16. April 2003 a.a.O. Bl. 1731).

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3. Die Einwände der Beteiligten gegen die vorzeichneten Grundsätze im Allgemeinen und deren Anwendung im Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes Schleswig-Holstein im Besonderen greifen nicht durch.

18

a) Durchgreifende rechtssystematische Bedenken dagegen, dass anfechtungsberechtigten Beschäftigten die außergerichtlichen Kosten einer Wahlanfechtung über § 17 Satz 1 MBGSH erstattet werden, lassen sich nicht aus § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MBGSH herleiten. Nach dieser Vorschrift gehören zu den Kosten, die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehen und von der Dienststelle zu tragen sind (§ 34 Abs. 1 Satz 1 MBGSH), auch Kosten für verwaltungsgerichtliche Verfahren in den Fällen des § 88 MBGSH. Dessen Absatz 1 enthält einen Katalog der typischen Varianten personalvertretungsrechtlicher Beschlussverfahren, darunter in Nummer 1 die Wahlanfechtung nach § 18 Abs. 1 MBGSH. Aus diesen Regelungen ist entgegen der Auffassung der Beteiligten nicht zu schließen, dass die Erstattung von Prozesskosten ausschließlich in § 34 Abs. 1, § 88 Abs. 1 MBGSH zu verorten ist und nur zugunsten des Personalrats in Betracht kommt.

19

Denn ein Gegenschluss aus § 34 Abs. 1 MBGSH, wonach die Kostenerstattung zugunsten anderer Stellen oder Personen als des Personalrats und seiner Mitglieder ausgeschlossen ist, verbietet sich jedenfalls für die Fälle der Wahlanfechtung nach § 18 MBGSH. Im Wahlanfechtungsverfahren geht es nicht um die Verfolgung persönlicher Rechte, sondern um das Allgemeininteresse, insbesondere das Interesse der Beschäftigten an der Ordnungsmäßigkeit der Wahl und der gesetzmäßigen Zusammensetzung des Personalrats (vgl. Beschlüsse vom 29. August 2000 a.a.O. S. 16 bzw. S. 4 und vom 25. Juli 2006 - BVerwG 6 P 17.05 -Buchholz 251.7 § 125 NWPersVG Nr. 1 Rn. 30). § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 MBGSH nennt abschließend drei Gruppen von Anfechtungsberechtigten: Wahlberechtigte, die Dienststelle sowie im Personalrat oder durch einen Wahlvorschlag vertretene Gewerkschaften. Die drei Gruppen decken Interessenbereiche ab, die nicht völlig identisch sind, sondern einander ergänzen. Auf diese Weise sorgt das Gesetz für eine effektive Kontrolle der Wahl, die bereits im Vorfeld auf deren korrekte Durchführung hinwirkt. Die Wirksamkeit dieses Kontrollsystems wäre wesentlich reduziert, wenn Wahlberechtigte und Gewerkschaften stets mit den außergerichtlichen Kosten der Wahlanfechtung belastet blieben.

20

Angesichts dessen kommt dem Hinweis des Beteiligten zu 1 darauf, dass die Regelung über die Kosten der Wahl der Regelung über die Wahlanfechtung textlich vorausgeht, kein nennenswertes Gewicht zu. Wie der Beteiligte zu 1 selbst nicht verkennt, hat die vergleichbare Reihenfolge der Vorschriften nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz und dem hessischen Personalvertretungsgesetz die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht davon abgehalten, die außergerichtlichen Kosten der Wahlanfechtung der Vorschrift über die Kosten der Wahl zuzuordnen.

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b) Eine abweichende Bewertung ist nicht deswegen geboten, weil § 18 Abs. 2 Satz 1 MBGSH - anders als § 25 BPersVG und fast alle anderen Personalvertretungsgesetze - das Anfechtungsrecht nicht einer Mehrzahl von mindestens drei Wahlberechtigten, sondern bereits jedem einzelnen Wahlberechtigten zuspricht (ebenso nur § 25 Abs. 2 Satz 1 BrbgPersVG und § 18 Abs. 2 Satz 1 MVPersVG). Es trifft zwar zu, dass eine derartige Regelung nicht verhindern kann, dass persönliche Unzufriedenheit zum Gegenstand der Wahlanfechtung gemacht wird (vgl. Beschluss vom 25. Juli 2006 a.a.O. Rn. 30). Doch gilt für die Kostenerstattung, um die es hier geht, bei der Wahlanfechtung durch einen einzelnen Beschäftigten derselbe Maßstab wie in den Fällen, in denen eine Mehrzahl von Beschäftigten oder eine Gewerkschaft von ihrem Wahlanfechtungsrecht Gebrauch machen. In allen diesen Fällen scheidet die Kostenerstattung aus, wenn die Wahlanfechtung aussichtslos oder mutwillig war.

22

c) Nicht weiter führt schließlich der Hinweis der Beteiligten auf den Grundsatz deutschen Prozessrechts, wonach der Unterlegene stets die Kosten des Verfahrens trägt. Dieser Grundsatz gilt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht. Dieses ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 88 Abs. 2 MBGSH i.V.m. § 2a Abs. 1 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG) und die Erstattung außergerichtlicher Kosten entfällt. Die letztgenannte Lücke wird durch die Regelung in § 34 Abs. 1 Satz 1 MBGSH geschlossen, wonach die Dienststelle die Kosten trägt, die durch die Tätigkeit des Personalrats oder seiner Mitglieder entstehen. Die Frage der Erstattungspflicht beurteilt sich nicht rückblickend nach objektiven Maßstäben. Es genügt, wenn der Personalrat die Aufwendungen bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage für erforderlich und vertretbar halten durfte (vgl. Beschlüsse vom 14. Juni 2006 - BVerwG 6 P 13.05 - BVerwGE 126, 122 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 35 Rn. 12, vom 9. Juli 2007 - BVerwG 6 P 9.06 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 30 Rn. 21 und vom 15. April 2008 - BVerwG 6 PB 3.08 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 36 Rn. 8). Dieser Ex-ante-Maßstab schließt die Prozesskosten als Unterfall der durch die Personalratstätigkeit verursachten Kosten ein (vgl. zu Prozesskosten des Betriebsrats: BAG, Beschlüsse vom 19. März 2003 a.a.O. S. 313 und vom 29. Juli 2009 a.a.O. Rn. 16). Ihn auf die außergerichtlichen Kosten zu erstrecken, die Beschäftigten oder Gewerkschaften im Rahmen einer Wahlanfechtung entstehen, ist systematisch und teleologisch folgerichtig (vgl. BAG, Beschluss vom 16. April 2003 a.a.O. Bl. 1731).

23

4. Im vorliegenden Fall sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, unter denen die Dienststelle zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten verpflichtet ist, die einer Beschäftigten im Rahmen einer Wahlanfechtung entstanden sind.

24

a) Die Anfechtung der Personalratswahl vom 30. Mai 2007 durch Frau S. war nicht von vornherein aussichtslos.

25

aa) Offensichtlich unerheblich ist, dass Frau S. aufgrund des Vergleichs vom 16. April 2008 vor dem Arbeitsgericht Kiel zum 31. März 2008 aus der Dienststelle ausgeschieden ist. Damit entfiel weder ihre Anfechtungsbefugnis noch ihr Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des am 12. Juni 2007 eingeleiteten Wahlanfechtungsverfahrens (vgl. Beschlüsse vom 27. April 1983 - BVerwG 6 P 17.81 - BVerwGE 67, 145 <148 f.> = Buchholz 238.31 § 25 BaWüPersVG Nr. 3 S. 7 f. und vom 29. November 1983 - BVerwG 6 P 22.83 - juris Rn. 11). Dass sie gleichwohl bereits am 18. April 2008 die Hauptsache für erledigt erklärt hat, gereicht ihr nicht zum Rechtsnachteil, zumal die Beteiligten nicht widersprochen haben (§ 83a Abs. 3 ArbGG).

26

bb) Die Wahlprüfung hatte sich darauf zu erstrecken, ob der Wahlvorstand die beiden Wahlvorschläge mit den Einzelbewerberinnen zu Recht als ungültig zurückgewiesen hat.

27

Maßgeblich war insoweit die Regelung in § 12 Abs. 6 der Landesverordnung über die Wahl der Personalräte (Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein - WO-MBGSH) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 1995, GVOBl S. 48, geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 5. Dezember 2006, GVOBl S. 273. Danach hat der Wahlvorstand Wahlvorschläge, die den Erfordernissen des § 10 Abs. 1 Satz 1 WO-MBGSH nicht entsprechen, mit der Aufforderung zurückzugeben, die Mängel innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen zu beseitigen (Satz 1). Ist aus der Sicht des Wahlvorschlagträgers eine Beseitigung nicht möglich, hat er die dafür maßgebenden Gründe darzulegen (Satz 2). Wenn innerhalb der gesetzten Frist weder der Aufforderung nach Satz 1 entsprochen noch eine den Wahlvorschlag rechtfertigende Begründung vorgelegt wird, sind diese Wahlvorschläge ungültig (Satz 3). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WO-MBGSH ist jeder Wahlvorschlag nach Geschlechtern zu trennen und muss mindestens so viele Bewerberinnen und Bewerber enthalten, wie Gruppenvertreterinnen und Gruppenvertreter in der betreffenden Gruppe zu wählen sind.

28

Da hier in der Gruppe der Arbeitnehmer ein männliches und drei weibliche Personalratsmitglieder zu wählen waren, entsprachen die beiden Wahlvorschläge mit den Einzelbewerberinnen S. und E. offensichtlich nicht den Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WO-MBGSH. Es kam daher entscheidend darauf an, ob die Stellungnahmen der beiden Einzelbewerberinnen vom 20. und 23. April 2007 den jeweiligen Wahlvorschlag rechtfertigende Begründungen im Sinne von § 12 Abs. 6 Satz 3 WO-MBGSH waren. Zu dem in § 10 Abs. 1 Satz 1 WO-MBGSH ebenfalls enthaltenen Geschlechterproporz hat der Senat bereits entschieden, dass Gründe im Sinne von § 12 Abs. 6 Satz 3 WO-MBGSH dann anzuerkennen sind, wenn es dem Wahlvorschlagsträger trotz nachhaltiger Bemühungen nicht gelungen ist, Frauen zur Kandidatur zu bewegen (vgl. Beschluss vom 5. Januar 2000 - BVerwG 6 P 1.99 - BVerwGE 110, 253 <259, 262> = Buchholz 251.95 § 10 MBGSH Nr. 1 S. 5 und 8). Überträgt man diese Aussage auf das Erfordernis, im Wahlvorschlag so viele Kandidaten zu benennen, wie Gruppenmitglieder in den Personalrat zu entsenden sind, so erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand jedenfalls die Erklärung von Frau E. hätte billigen müssen. Dessen Erwägung ausweislich der Niederschrift über seine Sitzung vom 3. Mai 2007, die Einzelbewerberinnen hätten zusammengehen müssen, ist nicht zweifelsfrei. Denn Gesetz und Wahlordnung setzen voraus, dass verschiedene Wahlvorschläge die unterschiedlichen Vorstellungen unter den Beschäftigten der Dienststelle über die künftige Personalratsarbeit widerspiegeln. Damit wäre ein Zwang zur Listenverbindung trotz in der Sache bestehender Meinungsunterschiede nicht vereinbar. Angesichts dessen hätte das durch Frau S. eingeleitete Wahlanfechtungsverfahren den Gerichten Gelegenheit geben können, zur Auslegung der Regelung in § 12 Abs. 6 WO-MBGSH Stellung zu nehmen.

29

cc) Die Frage hätte nicht dahingestellt bleiben können. Zwar wären beide Wahlvorschläge schon deswegen als ungültig zurückzuweisen gewesen, weil sie nicht von mindestens einem Zwanzigstel der 93 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterzeichnet waren (§ 15 Abs. 4 Satz 2 MBGSH i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 12 Abs. 3 Satz 1 WO-MBGSH). Darauf hätte jedoch die Zurückweisung des Wahlanfechtungsbegehrens nicht gestützt werden können, weil dieser Mangel der Wahlvorschläge dem Wahlvorstand zuzurechnen war. Denn er hatte über das Unterschriftenerfordernis im Wahlausschreiben vom 5. April 2007 nicht vollständig unterrichtet (§ 8 Abs. 2 Nr. 9 WO-MBGSH).

30

dd) Das Oberverwaltungsgericht hat ferner als im Wahlanfechtungsverfahren zu klären gewesene Fragen aufgeworfen, ob der Wahlvorstand den Wahlvorschlag statt an den Wahlvorschlagsträger auch an die Bewerberin zurückgeben durfte und ob die gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung mit § 12 Abs. 6 Satz 1 WO-MBGSH in Einklang stand. Dass die Gültigkeit der Personalratswahl unter diesen beiden Gesichtspunkten nicht gescheitert wäre, machen die Beteiligten zwar mit beachtlichen Gründen geltend. Gleichwohl durften auch diese beiden Aspekte das Oberverwaltungsgericht bei einer Gesamtschau zu der Einschätzung gelangen lassen, dass die Wahlanfechtung durch Frau S. nicht von vornherein aussichtslos war.

31

ee) Nur der Vollständigkeit halber und zur Beachtung für künftige Personalratswahlen weist der Senat noch auf Folgendes hin: In der Sitzung des Wahlvorstandes vom 3. Mai 2007, in welcher über die Gültigkeit der Wahlvorschläge beraten und entschieden wurde, haben Personen mitgewirkt, die dazu nicht berechtigt waren.

32

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 WO-MBGSH bestellt der Personalrat zwölf Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit drei Wahlberechtigte als Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden; zusätzlich kann er eine gleiche Anzahl von Ersatzmitgliedern bestellen. Nach § 3 Satz 1 WO-MBGSH ist der Wahlvorstand beschlussfähig, wenn alle Mitglieder oder Ersatzmitglieder anwesend sind. Aus den vorbezeichneten Regelungen ergibt sich, dass ausschließlich die ordentlichen Mitglieder des Wahlvorstandes berechtigt sind, an dessen Sitzungen teilzunehmen, in welchen über die Vorbereitung und Durchführung der Wahl beraten und entschieden wird. Ein Ersatzmitglied tritt nur dann an die Stelle eines ordentlichen Mitgliedes, wenn für dieses ein anzuerkennender Verhinderungsgrund vorliegt; im Übrigen ist es nicht teilnahmeberechtigt. Gegen diese Grundsätze wurde in der Sitzung vom 3. Mai 2007 verstoßen.

33

Der Beteiligte zu 2 hatte Frau Sch. (Vorsitzende), Frau H. und Herrn B. zu ordentlichen Mitgliedern und Frau Sche., Frau R. und Herrn K. zu Ersatzmitgliedern des Wahlvorstandes bestellt. In der Sitzung vom 3. Mai 2007 waren daher ausschließlich Frau Sch., Frau H. und Herr K. als Ersatzmitglied für Herrn B. teilnahmeberechtigt. Frau R. durfte ebenso wenig mitwirken wie Frau Sche. Ausweislich der Niederschrift vom 3. Mai 2007 hat sich Frau Sch. weder für befangen gehalten, noch ist sie vom Wahlvorstand für befangen erklärt worden; sie hatte folglich im Wahlvorstand Sitz und Stimme. Frau Sche. durfte nicht an der Beratung teilnehmen, geschweige denn - wie geschehen - bei der Entscheidung über die Wahlvorschläge an die Stelle von Frau Sch. treten.

34

Der vorbezeichnete Verfahrensfehler hätte bereits für sich betrachtet zum Erfolg des Wahlanfechtungsbegehrens führen können. Dass sich Frau S. darauf nicht berufen hat, ist unerheblich (vgl. Beschlüsse vom 13. Mai 1998 - BVerwG 6 P 9.97 - BVerwGE 106, 378 <381> = Buchholz 251.7 § 22 NWPersVG Nr. 4 S. 3 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 6 PB 11.09 - Buchholz 251.91 § 25 SächsPersVG Nr. 1 Rn. 6).

35

b) Die Wahlanfechtung war schließlich nicht mutwillig. Insbesondere war die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht rechtsmissbräuchlich. Aus dem Dargestellten ergibt sich, dass es sich um keinen ganz einfach gelagerten Fall handelte. Hinzu kommt, dass sich auch die beteiligte Dienststelle und der beteiligte Personalrat anwaltlicher Hilfe versichert haben, obschon dies prozessual nicht geboten gewesen wäre (§ 11 Abs. 1 Satz 1, § 80 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).

36

5. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB. Er erfasst auch den Zeitraum von der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens bis zur Abtretung der streitigen Forderung (10. September bis 20. Dezember 2007). Frau S. hatte von Anfang an einen Zahlungsanspruch geltend gemacht (vgl. BAG, Beschluss vom 13. Mai 1998 a.a.O. Bl. 1474 R).

37

6. Die Verfahrensrüge des Beteiligten zu 2 greift nicht durch. Nach der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts musste dieses nicht aufklären, ob Frau S. bei einer Fristverlängerung durch den Wahlvorstand den Mangel des Wahlvorschlages noch hätte beheben können. Für das Oberverwaltungsgericht kam es für die Beurteilung des hier streitigen Kostenerstattungsanspruchs nicht darauf an, ob sich die Wahlanfechtung nach vollständiger Klärung der Sach- und Rechtslage im Ergebnis als erfolgreich erwiesen hätte, sondern darauf, ob ein solcher Erfolg möglich und deswegen die Einleitung der gerichtlichen Wahlprüfung vertretbar erschien. Bei dieser Ex-ante-Sicht verbot sich jegliche Beweisaufnahme zum Erfolg des erledigten Wahlanfechtungsbegehrens.

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