Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (8. Senat) - 8 B 70/10
Tenor
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Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
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Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2, der diese selbst trägt.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die Divergenzrüge ergibt eine die Revision eröffnende Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht; denn eine solche wird nicht hinreichend bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen deren Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 18). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342).
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Hinsichtlich des geltend gemachten Zulassungsgrundes wird die Beschwerde den dargelegten Anforderungen nicht gerecht. Die Beschwerde arbeitet zum einen keinen Rechtssatzwiderspruch heraus und zum anderen handelt es sich bei der zitierten Aussage des Bundesverwaltungsgerichts in der Entscheidung vom 29. Januar 1998 - BVerwG 7 C 60.96 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 136) um keinen Rechtssatz. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der zitierten Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt, dass die Bestellung eines Abwesenheitspflegers gemäß § 105 Abs. 1 FGB durch das staatliche Notariat allein zum Verkauf eines Grundstücks an einen privaten Dritten zu einem privaten Nutzungszweck in der Regel eine unlautere Machenschaft (Machtmissbrauch) im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG darstellt. Im Hinblick auf Nummer 1 der Rundverfügung Nr. 6/77 in der Fassung vom 25. März 1987 hat es ausgeführt, dass der Wirkungskreis des Abwesenheitspflegers für die dort genannten Personen ausdrücklich auf die Sicherung und Verwaltung des Grundstücks einschließlich des dazugehörigen objektgebundenen Kontos beschränkt war. Diese Vorschrift stimme mit dem allgemeinen Regelungszweck der Rundverfügung überein, der in der Präambel mit der Sicherung einer ordnungsgemäßen Grundstücksverwaltung angegeben worden sei. Der Zusatz "dies mag allerdings nicht ausschließen, dass in besonders gelagerten Fällen auch eine Veräußerung, und zwar sogar an private Erwerber, im gesellschaftlichen Interesse liegen konnte" beinhaltet keinen abstrakten Rechtssatz, sondern den Hinweis, dass Besonderheiten des Einzelfalles eine andere rechtliche Beurteilung gebieten können.
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Das Verwaltungsgericht ist in der angefochtenen Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Es hat festgestellt, dass die für O. G. bestellte Abwesenheitspflegerin gemäß § 105 FGB mit dem Wirkungskreis "Übertragung des Grundstücks P. Blatt … in Verwaltung des Rates der Gemeinde" bestellt wurde und dass eine rechtliche Befugnis der Abwesenheitspflegerin zur Eigentumsübertragung nicht gegeben war (UA S. 17). Gleichwohl hat diese den Kaufvertrag unter Verstoß gegen die seinerzeit geltenden Bestimmungen vorgenommen. Nach den vorliegenden Altunterlagen war nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts allen beteiligten staatlichen Stellen klar, dass die seinerzeitige Rechtslage einen Verkauf des Flurstücks … an B. G. nicht deckte und dass der Erwerber den Verstoß gegen die Rechtsvorschriften kannte oder ihn zumindest hätte kennen müssen. Dies belegten die Verwaltungsvorgänge. Mit dieser Annahme weicht das Verwaltungsgericht nicht von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 1998 ab.
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Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht sei mit der Annahme, dass der Verkauf des Grundstücks an einen privaten Dritten nicht von den Befugnissen der Anordnung und der Bestellung eines Abwesenheitspflegers erfasst war, von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 1998 - BVerwG 7 C 24.97 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 157) abgewichen, genügt die Beschwerde den Darlegungsanforderungen an die Divergenzrüge ebenfalls nicht. Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung aufgrund des vorliegenden Sachverhalts zu dieser Annahme gekommen. Ein abstrakter Rechtssatz ist damit nicht verknüpft, der kontrovers zur Aussage des Bundesverwaltungsgerichts in der Entscheidung vom 16. Juli 1998 steht, dass die Bestellung eines Abwesenheitspflegers durch das staatliche Notariat gemäß § 105 Abs. 1 FGB in der Regel als unlautere Machenschaft in der Form des Machtmissbrauchs zu beurteilen ist, wenn sie allein dazu dient, ein Grundstück an einen privaten Dritten zu einem privaten Nutzungszweck zu verkaufen. § 105 Abs. 1 FGB erkenne neben einem persönlichen auch ein gesellschaftliches Fürsorgebedürfnis an, das die Errichtung der Abwesenheitspflegschaft rechtfertigen könne.
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Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, gegen die keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben wurden, erfolgte die Bestimmung der Abwesenheitspflegerin nicht aus einem gesellschaftlichen Fürsorgebedürfnis, sondern diente dem Eigentumserwerb des streitigen Grundstücks durch B. G.
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Auch was die Rüge anbelangt, dass das Verwaltungsgericht von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2001 - BVerwG 8 C 26.00 - (Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 13) abgewichen ist, weil es bezüglich der Schuld des Erwerbers nicht auf das Maß an Umsicht und Sorgfalt des nach dem Urteil in Betracht kommenden Verkehrskreises abgestellt hat, arbeitet die Beschwerde keinen Rechtssatzwiderspruch heraus, sondern beanstandet eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht. Unabhängig davon hat sich das Verwaltungsgericht an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert und das Tatbestandsmerkmal "hätte wissen müssen" in § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG mit dem Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit gleichgesetzt.
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2. Ohne Erfolg beruft sich die Beigeladene zu 1 auf einen etwaigen Verfahrensmangel, § 86 Abs. 1 VwGO. Sie meint, es läge ein Aufklärungsmangel vor, weil das Verwaltungsgericht die Zeugin B. M. und die weiteren Zeugen nicht vernommen habe. Insbesondere die Vernehmung der Zeugin M. hätte ergeben, dass die Bestellung der Abwesenheitspflegerin durch das staatliche Notariat auch den Verkauf des Grundstücks miterfassen sollte und dass B. G. weder Anhaltspunkte hatte noch Zweifel hegen musste oder konnte, dass der streitgegenständliche Verkauf von allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen oder einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis abgewichen sei oder die Absicht habe erkennen lassen, den Erwerbsvorgang gezielt zu beeinflussen. Mit dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme hätte das Verwaltungsgericht selbst bei Bejahung eines manipulativen Vorgangs in objektiver Hinsicht zumindest den subjektiven Tatbestand des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG verneinen müssen.
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Dieses Vorbringen kann die Aufklärungsrüge nicht stützen. Der Vorwurf unzureichender Sachverhaltsaufklärung erfordert, dass dieser Verfahrensmangel ordnungsgemäß bezeichnet wird. Das setzt voraus, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Beschwerdeführerin günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie legt nicht dar, welche Beweise von ihr angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen. Das Verwaltungsgericht hat die Zeugin M. bereits in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2004 vernommen. Dort gab die Zeugin unter anderem auf die Frage, ob der Bürgermeister die Abwesenheitspflegschaft ausgestellt bzw. angeordnet habe, an "ja, und zwar, damit das Grundstück in Rechtsträgerschaft der Gemeinde überführt werden konnte". In der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2010 verzichteten die Beteiligten auf die Verlesung des Protokolls über die öffentliche Sitzung vom 16. September 2004 und die darin enthaltenen Protokollierungen der Zeugenaussagen. Die Sach- und Rechtslage wurde mit den erschienenen Beteiligten und den Vertretern erörtert. Der Prozessvertreter der Beigeladenen zu 1, der in der mündlichen Verhandlung zugegen war, hat keinen Beweisantrag gestellt. Dem Verwaltungsgericht musste sich auch aufgrund der Prozesslage keine erneute Einvernahme der Zeugin M. aufdrängen, zumal der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1 zum Ergebnis der Beweisaufnahme ausweislich der Sitzungsniederschrift keine Stellung bezogen hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
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Referenzen
- VwGO § 86 1x
- VwGO § 132 3x
- § 105 FGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 162 1x
- § 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VermG § 4 Ausschluss der Rückübertragung 1x
- VermG § 1 Geltungsbereich 3x
- VwGO § 133 2x
- § 105 Abs. 1 FGB 3x (nicht zugeordnet)