Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 B 7/11

Gründe

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Die Beschwerde ist unzulässig, denn sie ist nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Kläger nicht gewährt werden.

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Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist dem Prozessbevollmächtigten am 1. Februar 2011 zugestellt worden. Das ergibt sich aus dem im Original in den Gerichtsakten befindlichen Empfangsbekenntnis, das der Prozessbevollmächtigte handschriftlich mit dem Datum "01.02.11" und seiner Unterschrift versehen hat und das laut Eingangsstempel des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs am 2. Februar 2011 beim Berufungsgericht eingegangen ist. Demzufolge ist die Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO am 2. Februar 2011 angelaufen und am Freitag, den 1. April 2011 abgelaufen. Der Schriftsatz zur Begründung der Beschwerde ist aber erst am Montag, den 4. April 2011 beim Berufungsgericht eingegangen. Damit ist die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt.

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Eine Wiedereinsetzung setzt nach § 60 Abs. 1 VwGO voraus, dass der Betroffene ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten; das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten wird ihm zugerechnet (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Die Wiedereinsetzungsgründe, d.h. sämtliche Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zu der Fristversäumnis gekommen ist, müssen bei einem Wiedereinsetzungsgesuch grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO dargelegt werden. Erforderlich ist eine rechtzeitige substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristsäumnis wesentlichen Tatsachen (Beschlüsse vom 6. Dezember 2000 - BVerwG 2 B 57.00 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 236 und vom 3. Februar 1993 - BVerwG 6 B 4.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 183). Diesem Maßstab genügt das Vorbringen des Klägers zu den Umständen der Fristversäumnis nicht.

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Der Prozessbevollmächtigte hat zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags geltend gemacht, die eingegangene Beschlussausfertigung und das Begleitschreiben des Berufungsgerichts seien mit dem Eingangsstempel seiner Kanzlei vom 2. Februar 2011 versehen worden. Eingangsstempel und Fristnotierungen würden von hierzu besonders geschultem Personal (hier: Frau H.-S.) vorgenommen. Empfangsbekenntnisse würden zusammen mit dem Vorgang und der Handakte dem Unterzeichner vorgelegt; er gebe diese nach der Unterschrift zusammen mit der Handakte und dem Vorgang zur Fristnotierung zurück an das hierfür besonders geschulte Personal. Dieser tagesübliche Ablauf habe bisher noch nie zu der hier aufgetretenen Situation geführt, dass das in der Handakte befindliche Original den Eingangsstempel eines Datums trage, auf dessen Grundlage das hierzu besonders geschulte Personal die Fristnotierung vornehme, das Empfangsbekenntnis jedoch offenbar einen Tag zuvor bereits von ihm unterzeichnet worden sei. Auch nach intensiven Besprechungen mit dem sorgfältig geschulten Kanzleipersonal bleibe es für ihn unverständlich, wie es zu dieser Abweichung zwischen Empfangsbekenntnis und Eingangsstempel habe kommen können. Dieses glaubhafte Vorbringen genügt nicht den o.g. Anforderungen, denn es lässt nicht erkennen, dass der Kläger unverschuldet daran gehindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten.

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Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Dabei kann er zwar die Feststellung, Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. Dazu zählt jedoch die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) nicht, da sie teilweise abweichend von entsprechenden Fristen in anderen Prozessordnungen geregelt ist und die Führung von Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im Allgemeinen für Rechtsanwälte keine Routineangelegenheit ist (Beschlüsse vom 15. August 1994 - BVerwG 11 B 68.94 - BayVBl 1995, 123 und vom 25. März 1998 - BVerwG 9 B 806.97 ). Des Weiteren hat ein Prozessbevollmächtigter durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Insbesondere muss er sicherstellen, dass das für den Lauf einer Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ermittelt wird; hierzu bedarf es eines besonderen Vermerks, wann die Zustellung des Urteils erfolgt ist. Den für eine ordnungsgemäße Fristermittlung unerlässlichen Vermerk über den Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils vermag ein Eingangsstempel des Anwaltsbüros auf dem zugestellten Urteil insbesondere im Fall der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nicht zu ersetzen, in dem Eingang in der Kanzlei und Entgegennahme durch den Rechtsanwalt zeitlich auseinanderfallen können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 und vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10 - NJW 2010, 3305). Um zu gewährleisten, dass ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (BGH, Beschluss vom 26. März 1996 - VI ZB 1 und 2/96 - NJW 1996, 1900 <1901>).

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Diesen Sorgfaltsanforderungen genügt die von dem Prozessbevollmächtigten beschriebene Vorgehensweise in seiner Kanzlei nicht. Denn sein Vorbringen lässt nicht erkennen, dass er den Zustellungszeitpunkt auf eine andere Weise als durch den Eingangsstempel auf dem Beschluss und dem Begleitschreiben hat dokumentieren lassen. Bei dem von ihm beschriebenen tagesüblichen Ablauf in der Kanzlei hätte er sich bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses von der Fixierung des darin angegebenen Zustellungszeitpunkts in den Handakten vergewissern müssen. Schließlich fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise der Prozessbevollmächtigte in seiner Kanzlei die Fixierung des maßgeblichen Zeitpunkts der Zustellung von Entscheidungen und die Notierung von Fristen kontrolliert. In dem Fehlen einer stichprobenartigen Überwachung liegt ein entscheidender Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 und vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574).

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