Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 PKH 2/12, 3 PKH 2/12 (3 B 2/12)

Gründe

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Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 20. Oktober 2011 (BVerwG 3 B 2.12) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Deshalb kann ihm für ein solches Verfahren auch kein Rechtsanwalt beigeordnet werden (§ 121 Abs. 1 ZPO; § 173 VwGO i.V.m. § 78b Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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Der Kläger begehrt das Wiederaufgreifen seines 1998 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens auf Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG). Im Bescheid vom 19. Juni 1995 war er als Verfolgter anerkannt und als Verfolgungszeit nach § 2 Abs. 1 BerRehaG der Zeitraum von 1949 bis 1963 festgestellt worden. Das Begehren, die Verfolgungszeit bis zum Renteneintritt im Jahre 1990 zu erstrecken, blieb im Verwaltungs- und Klageverfahren erfolglos. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. Dezember 1998 (BVerwG 3 B 67.98) zurück. Mit seinem 2007 gestellten Antrag auf Wiederaufgreifen des Rehabilitierungsverfahrens erstrebt der Kläger die ergänzende Rehabilitierung wegen beruflicher Nachteile in der DDR in der Zeit von 1963 bis 1990. Er habe nach dem Abschluss seiner Ausbildung im Jahre 1963 ein geringeres Einkommen erzielt und keine angemessene berufliche Karriere absolvieren können. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil Gründe hierfür nach § 51 VwVfG nicht vorlägen. Das Verwaltungsgericht hat dies mit dem angefochtenen Urteil bestätigt.

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Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts wird aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt.

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Mit seiner Beschwerde macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe die im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren von ihm als neue Beweismittel benannten Zeugen pflichtwidrig unberücksichtigt gelassen. Ende der 1950er Jahre sei ihm die Stelle eines Bezirksbeauftragten in Halle/Saale angeboten worden. Diese Stelle habe er nicht antreten können, weil er Opfer einer staatlichen "Säuberungsaktion" geworden sei. Ohne diese hätte er nach Abschluss seiner Ausbildung eine höhere Position mit höherer Vergütung innegehabt. Die Zeugen hätten bekunden können, dass ihm in beruflicher Hinsicht Steine in den Weg gelegt worden seien und sich die Umstände seiner Entlassung im Jahre 1959 auf sein berufliches Fortkommen ausgewirkt hätten. Soweit das Gericht davon ausgegangen sei, dass er nach dem Studium deutlich mehr verdient habe, sei dies allein auf die Einführung eines Rahmenkollektivvertrages zurückzuführen. Hinsichtlich seiner Verdienstmöglichkeiten sei das Gericht von einem falschen und unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, seinen Vortrag zu der angestrebten Erwerbstätigkeit habe es falsch gewürdigt. Dadurch habe es das rechtliche Gehör verletzt und bei der Ablehnung der Beweiserhebung auch gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung verstoßen.

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Dieser Vortrag ergibt keinen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der Kläger begründet sein ergänzendes Rehabilitierungsbegehren damit, dass ihm der Zugang zu einer neuen berufsadäquaten Tätigkeit und bis zum Renteneintritt eine höhere Verdienstmöglichkeit verwehrt worden seien. Ein derartiger Nachteil wäre als so genannter Aufstiegsschaden einzuordnen und nach ständiger Rechtsprechung nicht als berufliche Benachteiligung im Sinne des § 1 Abs. 1 BerRehaG anzusehen (vgl. Beschluss vom 25. August 2010 - BVerwG 3 B 11.10 - ZOV 2010, 234 = LKV 2010, 515 m.w.N.). Rehabilitierungsfähig sind nur Eingriffe in eine innegehabte berufliche oder berufsbezogene Position; davon ist der Sache nach auch das Verwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 7 ff.). Vermag aber der behauptete Sachverhalt den im wiederaufzugreifenden Verwaltungsverfahren inmitten stehenden materiellen Anspruch nicht zu tragen, so sind alle auf ihn bezogenen Umstände und Beweismittel von vornherein untauglich, das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens zu rechtfertigen. Hierfür kommen nach § 51 Abs. 1 VwVfG, wie die Vorschrift ausdrücklich besagt, nur solche neuen Tatsachen und Beweismittel in Betracht, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeiführen können. Die vom Kläger angeregte Beweiserhebung betraf aber nicht entscheidungserhebliche Umstände, sodass schon im Ansatz kein Verfahrensmangel unzulänglicher Sachverhaltsaufklärung vorliegen kann.

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Aus demselben Grund liegt auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht nur, Vorbringen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen und erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen. Keinen Schutz gewährt Art. 103 Abs. 1 GG dagegen, dass das Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt, insbesondere weil es dieses als für die Entscheidung unerheblich betrachtet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Juni 2012 - 2 BvR 1013/11 - juris Rn. 31 f. m.w.N.). So ist das Verwaltungsgericht in eingehender Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Klägers verfahren. Sollten ihm dabei Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung unterlaufen sein - wofür das Beschwerdevorbringen keinen Anhalt bietet -, wären diese revisionsrechtlich grundsätzlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen (stRspr, Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266). Für den Ausnahmefall einer von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung enthält der Beschwerdevortrag keinen Anhaltspunkt.

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Abgesehen davon trifft es nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die Vernehmung der Zeugen in verfahrensfehlerhafter Weise abgelehnt hat. Einen Beweisantrag hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Das Verwaltungsgericht ist den Beweisanregungen des Klägers gleichwohl nachgegangen und hat im Einzelnen dargetan, dass eine Beweiserhebung schon deshalb nicht geboten ist, weil der Kläger nicht behaupte, dass die Zeugen Tatsachen aus der Zeit zwischen 1963 und 1990 bekunden könnten, die eine berufliche Benachteiligung im Sinne von § 1 Abs. 1 BerRehaG begründen würden (UA S. 7). Dem setzt der Kläger mit seiner Beschwerde nichts Substanzielles entgegen. So konkretisiert er insbesondere nicht, inwiefern sich die Umstände der Entlassung 1959 auf die berufliche Position des Klägers ab 1963 ausgewirkt haben und welche Tatsachen die Zeugen in dieser Hinsicht bekundet hätten.

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