Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 B 22/15, 2 B 22/15 (2 C 47/16)

Gründe

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Die Beschwerde hat teilweise - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - Erfolg.

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1. Die Klägerin, eine ehemalige Ärztin im Sanitätsdienst der Bundeswehr, wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsgeld und Fachausbildungskosten.

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In der Verpflichtungserklärung der Klägerin aus dem Jahre 1998 vor ihrer Einstellung in das Soldatenverhältnis auf Zeit im Jahre 1999 ist der Hinweis enthalten, dass die Dienstzeit nach Bestehen der ärztlichen Vorprüfung auf 17 Jahre festgesetzt werde und während der Beurlaubung zum Studium erhaltenes Ausbildungsgeld zurückzuzahlen sei, wenn die Klägerin aus dem Soldatenverhältnis auf eigenen Antrag ausscheide. Von 1999 bis 2005 war sie zum Medizinstudium beurlaubt, 2002 wurde ihr Dienstzeitende auf das Jahresende 2015 festgesetzt. Im Jahr 2005 erhielt sie die Approbation als Ärztin und wurde zum Stabsarzt ernannt. In der Folgezeit absolvierte sie mehrere Fort- und Weiterbildungen.

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Die Klägerin wurde mit Wirkung vom Juli 2008 in ein Beamtenverhältnis bei einer Universität berufen, so dass sie mit Ablauf des Juni 2008 aus dem Soldatenverhältnis entlassen wurde. Daraufhin forderte die Beklagte mit Leistungsbescheid die Klägerin auf, das ihr als Sanitätsoffizier-Anwärterin gewährte Ausbildungsgeld (ca. 128 000 €) sowie im Rahmen ihrer ärztlichen Aus- und Weiterbildungen entstandene Fachausbildungskosten (ca. 14 000 €) zu erstatten. Den Erstattungsbetrag verminderte sie zur Vermeidung einer besonderen Härte um die sog. Abdienquote auf ca. 124 000 €. Die Beklagte gewährte der Klägerin eine verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlung in Höhe von monatlich 870 € und setzte die Stundungszinsen auf 4 % fest. Die dagegen erhobene Klage hatte insoweit Erfolg, als das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Pfändungsfreigrenze im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides eine höhere monatliche Rate als 477 € für unzulässig gehalten hat.

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Die ausschließlich von der Klägerin eingelegte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Rückforderungsbestimmungen des Soldatengesetzes für verfassungskonform gehalten und ihre Voraussetzungen im vorliegenden Fall als erfüllt angesehen. Die Voraussetzungen für die Rückforderung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten lägen vor: Die Erstattungspflicht entstehe auch dann, wenn der Soldat auf Zeit in ein Beamtenverhältnis übernommen werde und deshalb als auf eigenen Antrag entlassen gelte und hänge nicht davon ab, ob der ehemalige Sanitätsoffizier vor Beginn der Ausbildung umfassend über die Erstattungspflicht belehrt werde. Auch die Härtefallprüfung sei rechtsfehlerfrei erfolgt; insbesondere habe die Zeit der Fachausbildungen nicht als Abdienzeit anerkannt werden müssen. Schließlich sei auch die von der Beklagten getroffene Regelung zu den Ratenzahlungen der Klägerin nicht zu beanstanden.

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2. Es kann dahinstehen, ob die Beschwerde der Klägerin - mit der unter 3. ausgeführten Ausnahme - bereits unzulässig ist, weil die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Die Beschwerde arbeitet nicht einzelne Rügen heraus, sondern wendet sich nach Art einer Berufungsbegründung gegen das angegriffene Urteil, das es u.a wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für rechtsfehlerhaft hält. Letztlich setzt die Beschwerde damit lediglich ihre eigene Rechtsansicht an die Stelle des Berufungsgerichts, ohne Zulassungsgründe zu formulieren. Die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt aber voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass diese Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Aus der Beschwerdebegründung muss sich ergeben, dass eine die Berufungsentscheidung tragende rechtliche Erwägung des Berufungsgerichts im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung der Nachprüfung in einem Revisionsverfahren bedarf. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 2012 - 2 B 113.11 - DÖD 2012, 104).

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Selbst wenn man dem Beschwerdevorbringen entnehmen könnte, dass nachfolgende Fragen als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfen würden, könnte dies insoweit nicht zur Zulassung der Revision führen.

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a) Sofern man dem Beschwerdevorbringen entnimmt, dass als grundsätzlich bedeutsam die Frage aufgeworfen wird, ob der Umstand, dass Sanitätsoffizier-Anwärter - die außerhalb der Bundeswehr-Hochschulen studieren - mit höheren Rückzahlungsverpflichtungen belegt werden als an Hochschulen der Bundeswehr studierende Soldaten, gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, ist damit eine grundsätzlich bedeutsame Frage nicht aufgezeigt. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht schon im Jahre 1983 (Beschluss vom 28. September 1983 - 6 B 13.83 - juris Rn. 5) ausgeführt:

"Soweit die Beschwerde geltend macht, die unterschiedliche Behandlung von Sanitätsoffizieren und Truppenoffizieren bei der Erstattung von Ausbildungskosten gemäß § 46 Abs. 4 SG (F. 1975) verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO, da sie keine   k o n k r e t e, der Klärung durch das Revisionsgericht bedürftige Rechtsfrage bezeichnet. Davon abgesehen sind die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerde nicht gerechtfertigt. Die durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes vom 21. Juli 1970 (BGBl. I S. 1120) als Satz 2 in § 46 Abs. 4 SG eingefügte Erstattungsregelung für Sanitätsoffiziere, wonach diese unter bestimmten Voraussetzungen das ihnen 'als Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld' zurückzahlen mußten, knüpfte an die besondere finanzielle Förderung der Ausbildung von Sanitätsoffizieren an. Denn nach § 30 Abs. 2 SG i.V.m. der Verordnung über das Ausbildungsgeld für Sanitätsoffizier-Anwärter vom 23. September 1970 (BGBl. I S. 1362) erhalten die Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes von dem Tage an, mit dem sie ohne Geld- und Sachbezüge zum Studium beurlaubt sind, ein Ausbildungsgeld. Die Einfügung des Satzes 2 in § 46 Abs. 4 SG entsprach somit der Erstattungsregelung für die anderen Berufssoldaten, die auf Kosten der Bundeswehr studiert oder eine Fachausbildung erhalten hatten und die gemäß § 46 Abs. 4 Satz 1 SG 'die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung' zurückzahlen mußten. Diese Berufssoldaten mußten entgegen der Auffassung der Beschwerde bei einer Ausbildung innerhalb der Bundeswehr nicht nur die persönlichen Kosten, wie Reisekosten, Umzugskosten und Trennungsgelder zurückzahlen, sondern auch die anteiligen Kosten der Ausbildungseinrichtung (vgl. Nr. 5 der Richtlinien über den Ersatz der Kosten eines Studiums oder einer Fachausbildung nach § 46 Abs. 4 Satz 1 und 3 SG vom 13. Januar 1971, VMBl. 1971, S. 100). Demgegenüber beschränkte sich die Rückzahlungsverpflichtung der Sanitätsoffiziere gemäß § 46 Abs. 4 Satz 2 SG (F. 1975) auf das gewährte Ausbildungsgeld. Die Erstattungsregelung dieser Vorschrift führte demnach nicht zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung der Sanitätsoffiziere gegenüber den anderen Berufssoldaten."

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Hieran ist festzuhalten. Zum Studium außerhalb der Bundeswehr beurlaubte Sanitätsoffizier-Anwärter unterscheiden sich von innerhalb der Bundeswehr studierenden Soldaten hinsichtlich ihres Status und ihrer Dienstpflichten sowie hinsichtlich der ihnen gewährten Leistungen und der von ihnen verursachten Kosten. Es ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG möglicherweise sogar geboten, liegt aber in jedem Fall im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er einen Ausgleich für enttäuschte Erwartungen des Dienstherrn hinsichtlich der Dauer der einem Studium folgenden Dienstzeit über die Rückforderung des insoweit allein in Betracht kommenden Ausbildungsgeldes regelt.

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b) Soweit die Klägerin rügt, dass seit den 90er Jahren der Sanitätsdienst zunehmend auch bei Auslandseinsätzen abzuleisten sei und die Ausbildung hierfür unzulänglich sei, zeigt sie keinen Bedarf an grundsätzlicher Klärung auf. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, inwiefern die angenommenen Veränderungen im Einsatzbereich der Streitkräfte und die behaupteten Unzulänglichkeiten in Ausbildung und Dienstbetrieb eine "besondere Härte" im Sinne des § 56 SG begründen könnten, die der Rückforderung von gewährtem Ausbildungsgeld und geleisteten Fachausbildungskosten entgegen stehen könnten.

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Das Ausbildungsgeld für Anwärter für die Laufbahn der Sanitätsoffiziere ist eingeführt worden, um Soldaten, die bereits vor Beginn ihres Studiums für den Sanitätsdienst in der Bundeswehr gewonnen und in ein Soldatenverhältnis auf Zeit übernommen wurden, sodann aber ohne Geld- und Sachbezüge zum Studium beurlaubt worden sind, wirtschaftlich abzusichern. Das Ausbildungsgeld tritt für die Dauer der Beurlaubung zum Studium an die Stelle der einem nicht beurlaubten Soldaten auf Zeit zustehenden Besoldung und stellt damit eine Besoldungsleistung im weiteren Sinne dar (BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 87.84 - Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 S. 5). Während ihrer Beurlaubung leisten Sanitätsoffizier-Anwärter keinen Dienst; dass sie in dieser Zeit gleichwohl gewisse, auf das Studium bezogene Pflichten haben, ändert hieran nichts. Gleichwohl gewährt der Dienstherr ihnen nach § 30 Abs. 2 SG diverse Leistungen, insbesondere unentgeltliche truppenärztliche Versorgung, das Ausbildungsgeld und die Erstattung von Studienbeiträgen oder -gebühren.

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Da das Dienstverhältnis des Soldaten auf Zeit entsprechend der eingegangenen Verpflichtung andauern soll, kann der Dienstherr, der einem Zeitsoldaten im dienstlichen Interesse eine kostspielige Fachausbildung gewährt hat, grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Zeitsoldat aufgrund eigenen Entschlusses aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die Kosten der Ausbildung insgesamt oder teilweise vergeblich aufgewendet hat. Diese Lage fordert einen billigen Ausgleich, den der Gesetzgeber durch die Normierung eines Erstattungsanspruchs umgesetzt hat (BVerwG, Urteile vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 14 und vom 28. Oktober 2015 - 2 C 40.13 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 1 Rn. 14, jeweils unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 und 10, 14/73 - BVerfGE 39, 128 <142>).

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Gleiches gilt für die Rückforderung von Ausbildungsgeld. Wenn ein Anwärter zunächst diese "Vorleistungen" des Dienstherrn in Anspruch nimmt und auch weiß, dass er zur Zurückzahlung des Ausbildungsgeldes verpflichtet ist, wenn er nach dem Studium dem Dienstherr nicht oder nicht im vereinbarten Umfang zur Dienstleistung zur Verfügung steht, dann verstößt es nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG oder gegen andere Verfassungsbestimmungen, wenn der Dienstherr in einem solchen Fall das Ausbildungsgeld zurückfordert. Dementsprechend wurden in der Rechtsprechung auch des Bundesverwaltungsgerichts bislang keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Rückforderung von Ausbildungsgeld erhoben (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 87.84 - Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 S. 5).

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Das gilt auch dann, wenn der Soldat mit einem veränderten Auftrag der Bundeswehr nicht einverstanden ist oder die Ausbildung und den Dienstbetrieb in der Bundeswehr für unzulänglich hält. Einschränkungen des Erstattungsanspruchs sind erst dann geboten, wenn die hierdurch für den Soldaten verursachten Konflikte so schwerwiegend sind, dass er sich - anders als im vorliegenden Fall - zur Kriegsdienstverweigerung entschließt.

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c) Soweit man der Beschwerdebegründung die Fragen,

ob Zeiten ärztlicher Weiterbildung, in denen der Sanitätsoffizier den regulären Dienst eines Krankenhauses leistet, "Fachausbildung" i.S.d. § 56 Abs. 4 Satz 1 SG sind

und

ob Zeiten der ärztlichen Weiterbildung, in denen der Sanitätsoffizier den regulären Dienst eines Krankenhauses leistet, im Rahmen der Härteklausel erstattungsmindernd angerechnet werden müssen,

entnehmen kann, sind sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

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Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung (BVerwG, Urteile vom 29. Mai 1973 - 2 C 6.72 - BVerwGE 42, 233 <236> und vom 21. April 1982 - 6 C 3.81 - BVerwGE 65, 203 <209 f.>, Beschluss vom 28. September 1983 - 6 B 13.83 - juris Rn. 4) zu § 46 SG a.F. davon aus, dass bei der Auslegung des Begriffes der "Fachausbildung" allein auf den Zweck der jeweiligen Verwendung eines Berufssoldaten abzustellen ist. Erforderlich aber auch ausreichend ist es danach, dass es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Inwieweit eine solche Fachausbildung auch im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist, hat für die Auslegung des soldatenrechtlichen und der Sache nach auf den Militärdienst bezogenen Begriffes der "Fachausbildung" keine Bedeutung. Hiernach ist auch die Weiterbildung eines Berufssoldaten des Sanitätsdienstes in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, als Fachausbildung anzusehen, auch wenn sie nicht mit einer praktischen oder theoretischen Unterweisung verbunden war und der Sanitätsoffizier den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet hat.

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Es liegt auf der Hand, dass für Soldaten auf Zeit nichts anderes gilt als für Berufssoldaten; alle maßgeblichen Gesichtspunkte gelten für Soldaten auf Zeit in gleicher Weise wie für Berufssoldaten. Deshalb bedarf es keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens zur Klärung der Frage, ob die zu Berufssoldaten ergangene Rechtsprechung auf Soldaten auf Zeit übertragbar ist. Insbesondere zeigt das Beschwerdevorbringen keine Gesichtspunkte auf, die eine Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung erfordern würden.

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Zwar kann eine bereits revisionsgerichtlich geklärte Rechtsfrage wieder im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO klärungsbedürftig werden. Das setzt aber voraus, dass neue Gesichtspunkte von Gewicht vorgebracht werden, die die bisherige Rechtsprechung in Frage stellen und eine erneute revisionsgerichtliche Entscheidung geboten erscheinen lassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 25. November 1992 - 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 224 m.w.N. und vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 - Buchholz 449 § 46 SG Nr. 22 Rn. 9). Dies ist der Beschwerdebegründung der Klägerin nicht zu entnehmen.

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Das verkennt den Zweck der Erstattungspflicht bei (Zeit- und Berufs-)Soldaten, die aus eigenem Antrieb vor Ablauf der vereinbarten bzw. gesetzlich geregelten Dienstzeit aus dem Dienst der Bundeswehr ausscheiden. Die Erstattungspflicht dient nicht primär dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Bundeswehr, indem verhindert werden soll, dass ein Soldat die Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihm das Studium oder die Fachausbildung vermittelt haben, unentgeltlich im zivilen Berufsleben verwertet. Sie soll vielmehr die Personalplanung und damit die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr sicherstellen. Durch unterschiedlich ausgestaltete Sanktionen soll dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten und deswegen in ihrer Funktion nicht ohne Weiteres zu ersetzenden Soldaten aus der Bundeswehr wirksam entgegengewirkt werden, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu sichern. Die Kostenerstattungspflicht ist dabei lediglich ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Aus diesem Sanktionscharakter der Erstattungspflicht leitet sich etwa auch ab, dass der Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit im Sinne der einschlägigen Normen auf diejenigen Zeiträume beschränkt ist, in denen der Soldat die durch das Studium oder die Fachausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Dienstherrn (Bundeswehr) uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Dies trifft selbst auf die Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht zu, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben (BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 - Buchholz 449 § 46 SG Nr. 22 Rn. 7 f. m.w.N.). Ausgehend davon kommt es - anders als die Beschwerde meint - nicht darauf an, ob die Bundeswehr selbst einen signifikanten Ausbildungsaufwand betrieben hat.

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Diese Auslegung verstößt auch nicht gegen die Berufsfreiheit. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG stellt denjenigen, der seinen Beruf wechselt, nicht von der Erfüllung der Pflichten frei, die durch die Beendigung des bisherigen beruflichen Rechtsverhältnisses aufgrund eines verfassungsmäßigen Gesetzes entstehen und seiner geordneten Abwicklung dienen. Da das Berufssoldatenverhältnis auf Lebenszeit und das Zeitsoldatenverhältnis auf eine bestimmte Zeit angelegt sind, kann der Dienstherr, der einem Soldaten im dienstlichen Interesse eine für ihn mit hohen Kosten verbundene Fachausbildung oder ein Studium gewährt, grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten auf Dauer bzw. für die festgelegte Zeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Soldat später von seinem Recht, die Entlassung zu begehren, Gebrauch macht, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und -fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die Kosten der Ausbildung zum Teil vergeblich aufgewandt hat. Diese Lage fordert einen billigen Ausgleich, den der Gesetzgeber zulässigerweise durch die Normierung eines zeitlich begrenzten Erstattungsanspruchs verwirklicht hat. Die Vorschrift berücksichtigt die Belange des Dienstherrn und des entlassenen Soldaten in einem ausgewogenen Verhältnis. Sie belässt auch dem auf Kosten des Dienstherrn ausgebildeten Soldaten das Recht, die Entlassung zu beantragen, verfügt also keine zeitweise Entlassungssperre. Die Erstattungspflicht wirkt sich lediglich faktisch als eine wirtschaftliche Einengung der Möglichkeit aus, jederzeit die Entlassung aus dem Soldatenverhältnis beantragen zu können. Das ist durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt (BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 - BVerfGE 39, 128 = juris Rn. 46).

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Der Soldat wird weder an dem Ausscheiden aus dem Dienst gehindert noch sind damit unzumutbare Belastungen verbunden. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der finanziellen Belastungen ist auch in Rechnung zu stellen, dass gerade die ärztlichen Weiterbildungen außerhalb der Bundeswehr beruflich nutzbar sind.

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3. Die Revision ist allerdings hinsichtlich der der Beschwerdebegründung zu entnehmenden Frage zuzulassen,

ob angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus eine Verzinslichstellung des gestundeten Betrags von 4 % zulässig ist.

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Zu der Frage, ob es auch angesichts der derzeitigen langjährigen Niedrigzinsphase noch zulässig ist, einen Zins in Höhe von 4 % für die Stundung von Rückzahlungsforderungen zu erheben, gibt es bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Frage wird unter den Oberverwaltungsgerichten unterschiedlich beurteilt (vgl. OVG Weimar, Urteil vom 12. November 2015 - 2 KO 171/15 - juris Rn. 33 einerseits, OVG Münster, Urteil vom 24. Februar 2016 - 1 A 335/14 - juris Rn. 75 ff. andererseits). Die Revision ist deshalb wegen dieser Frage zuzulassen.

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4. Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wird, aus § 154 Abs. 2 VwGO. Soweit die Revision zugelassen wird (hinsichtlich der Höhe der Stundungszinsen), bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung in der Hauptsache vorbehalten.

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Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die nur hinsichtlich eines Teils eines (teilbaren) Streitgegenstandes Erfolg hat, bedarf es einer Aufspaltung des Kostenausspruchs hinsichtlich der Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 GKG) einerseits und der außergerichtlichen Kosten andererseits. Dies beruht darauf, dass die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde (teilweise) gesonderte Kosten auslöst: Für die Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich dies aus § 16 Nr. 11 RVG. Diese außergerichtlichen Kosten können im Streitfall derzeit noch nicht verteilt werden, weil über diesen Teil des Streitgegenstandes noch nicht entschieden ist. Eine Gerichtsgebühr fällt dagegen für die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde nicht an (vgl. die Anmerkung nach Nr. 5501 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Daher kann der Senat als Beschwerdegericht derzeit nur aussprechen, dass die Klägerin die Gerichtsgebühren für den erfolglosen Teil der Beschwerde - insoweit abschließend und zur Gänze - und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens anteilig zu tragen hat, wobei sich insoweit die Quote ihrer Kostentragungslast nach dem Wert des erfolglosen Teils der Beschwerde im Verhältnis zum Gesamtwert des Beschwerdegegenstandes richtet. Dieser beträgt hier 96 v.H. oder 24/25. Zwar sind die Stundungszinsen, wegen deren Höhe die Revision zugelassen wird, eine Nebenforderung, die neben dem Hauptanspruch (dem geltend gemachten Rückforderungsbetrag gemäß § 56 Abs. 4 SG) nicht streitwerterhöhend wirkt (§ 43 Abs. 1 GKG); im Revisionsverfahren dagegen ist diese Nebenforderung, weil der Hauptanspruch nicht betroffen ist, die maßgebliche Größe für die Bemessung des Streitwerts (§ 43 Abs. 2 GKG). Dies führt zu einer Kostenquotelung trotz vollständigen Unterliegens hinsichtlich des Hauptanspruches.

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Soweit die Beschwerde Erfolg hat und die Revision zugelassen wird, bleibt die Entscheidung über die Kosten, also hinsichtlich der restlichen (außergerichtlichen) Kosten des Beschwerdeverfahrens, der Schlussentscheidung vorbehalten (vgl. zum Ganzen BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - V ZR 343/02 - NJW 2004, 1048 f. = juris Rn. 6; BFH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - VII B 147/04 - BFHE 208, 404 <401> = juris Rn. 20; BAG, Beschluss vom 23. März 2010 - 9 AZN 979/09 - NJW 2010, 1625 <1627> = juris Rn. 33 f.; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 154 Rn. 52 m.w.N. in Fn. 21).

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Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung beruht für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 43 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 3 GKG und für das Revisionsverfahren auf § 43 Abs. 2, § 52 Abs. 3 und § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.

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