Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 C 36/16
Tatbestand
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Die in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin begehrt einen Aufnahmebescheid unter Einbeziehung ihres russischen Ehemannes.
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Die im Jahr 1950 geborene Klägerin beantragte im Jahr 1998 von Russland aus die Aufnahme als Spätaussiedlerin in das Bundesgebiet unter Einbeziehung ihres Ehemannes und weiterer Familienangehöriger, und zwar gleichzeitig mit ihrer Mutter. Schwestern der Klägerin lebten zu jener Zeit bereits in Deutschland. Zum Nachweis ihrer deutschen Volkszugehörigkeit legte sie eine beglaubigte Kopie einer Bescheinigung ihrer Geburt aus dem Jahr 1995 vor, in der ihre Eltern als der deutschen Nationalität zugehörig ausgewiesen waren. Im Jahr 2002 wies sie in einer Anhörung durch das deutsche Generalkonsulat in Nowosibirsk ihre deutschen Sprachkenntnisse nach. Auf mehrmalige Anforderung legte sie im Juni 2003 eine Kopie ihres Inlandspasses aus dem Jahr 1998 vor, der keinen Nationalitäteneintrag enthielt. Einen Inlandspass aus der Zeit vor 1990, der einen Nationalitäteneintrag enthielt, legte sie nicht vor. Daraufhin lehnte das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 20. August 2004 den Antrag der Klägerin auf Aufnahme als Spätaussiedlerin ab. Zuvor hatte es sie allerdings mit Bescheid vom 23. Juni 2004 in den Aufnahmebescheid ihrer Mutter als Abkömmling einer Spätaussiedlerin einbezogen. Ihrem Ehemann wurde die gemeinsame Einreise nach Deutschland mit seiner Frau, seiner Schwiegermutter und weiteren Personen als weiterer Familienangehöriger eines Spätaussiedlers (hier: seiner Schwiegermutter) gemäß § 8 Abs. 2 BVFG gestattet, allerdings ohne ihn in das Aufnahmeverfahren selbst einzubeziehen. Der Bescheid vom 20. August 2004, der die eigenständige Spätaussiedleraufnahme der Klägerin ablehnte, wurde damit begründet, dass sie keinen Inlandspass vorgelegt habe, in dem eine Nationalitäteneintragung vermerkt gewesen sei. Eine Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzung für die Spätaussiedlereigenschaft, dass sich die Klägerin zum deutschen Volkstum bekannt habe, sei daher nicht möglich.
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Gegen den ablehnenden Bescheid erhob die Klägerin im September 2004 Widerspruch und begründete diesen damit, dass sie ihre Nationalität bei den Passeintragungen nicht geändert habe. Sie legte aber auch zu diesem Zeitpunkt keinen Inlandspass aus der Zeit vor 1990 vor. Ende 2004 legte sie eine Kopie der Geburtsurkunde, diesmal des Originals aus dem Jahr 1950 vor. Nach der Einreise nach Deutschland am 1. Juni 2005 konnte die Beklagte am 7. Juni 2005 Einsicht in eine Kopie des Inlandspasses der Klägerin von 1980 nehmen, der die Nationalitätenerklärung "deutsch" auswies. Daraufhin wurde ihr am 28. Juni 2005 eine Bescheinigung als Spätaussiedlerin nach § 15 Abs. 1 BVFG erteilt.
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Über den Widerspruch der Klägerin gegen den antragsablehnenden Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 20. August 2004, wonach auch ihr Ehemann nicht in das Aufnahmeverfahren einbezogen wurde, ist keine Entscheidung ergangen. Nach Erteilung der Spätaussiedlerbescheinigung an die Klägerin wies die Beklagte mit Schreiben vom 13. Juli 2005 darauf hin, dass die Klägerin nunmehr eine Einbeziehung ihres Ehemannes in ein neu einzuleitendes Aufnahmeverfahren wegen Vorliegens eines Härtefalls beantragen könne. Die Einbeziehung setze aber voraus, dass der Ehemann Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweise; er solle sich diesbezüglich mit dem Goethe-Institut in Verbindung setzen, bei dem er eine entsprechende Sprachprüfung ablegen könne.
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Am 5. Mai 2006 nahm der Ehemann der Klägerin an der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 der Integrationskursverordnung teil. Dabei erreichte er die zum Bestehen der Prüfung auf B1-Niveau erforderliche Mindestzahl von 60 Prozentpunkten nicht. Im schriftlichen Teil erreichte er 53,11 % und im mündlichen 60 %. Am 12. Februar 2013 beantragte die Klägerin die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 7 Abs. 2 BVFG für ihren Ehemann.
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Das Bundesverwaltungsamt lehnte die nachträgliche Einbeziehung des Ehemannes der Klägerin durch Bescheid vom 12. März 2013 ab. Zur Begründung führte es aus, dass die nach § 27 Abs. 1 BVFG zum Zeitpunkt der Ausreise im Jahr 2005 erforderlichen Grundkenntnisse der deutschen Sprache für den Ehemann nicht nachgewiesen seien. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück.
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Das Verwaltungsgericht wies die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage mit der Begründung ab, dass der für eine nachträgliche Härtefalleinbeziehung erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Übersiedlung und der Antragstellung nicht vorliege, nachdem der Antrag erst mehr als sieben Jahre nach der Einreise gestellt worden sei. Das Oberverwaltungsgericht hingegen verpflichtete die Beklagte, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen und ihren Ehemann in diesen einzubeziehen. Der fehlende zeitliche Zusammenhang zur Übersiedlung stehe dem Antrag nicht entgegen, weil über den hier maßgeblichen ursprünglichen Aufnahmeantrag aus dem Jahr 1998 noch nicht abschließend entschieden worden sei. Der Nachweis über die Grundkenntnisse der deutschen Sprache des Ehemannes der Klägerin sei erbracht, weil sich die (knapp nicht bestandene) Sprachprüfung auf ein deutlich höher liegendes Sprachniveau bezogen habe. Bei der nachträglichen Härtefalleinbeziehung von Familienangehörigen sei nicht erforderlich, dass diese den Sprachnachweis bereits zum Zeitpunkt der Übersiedlung erbringen könnten.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, die der Senat insoweit zugelassen hat, als das Urteil die Einbeziehung des Ehemannes der Klägerin in deren Aufnahmebescheid betrifft. Sie wird im Wesentlichen damit begründet, dass Grundkenntnisse der deutschen Sprache beim Einzubeziehenden auch im Härtefallverfahren schon zum Zeitpunkt der gemeinsamen Übersiedlung mit dem Spätaussiedler vorliegen müssten. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu § 27 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 BVFG verletze Bundesrecht.
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Die Klägerin tritt der Revision entgegen. Sie ist der Auffassung, ein etwa erforderlicher zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Nachweis der Sprachkompetenz und der Aussiedlung sei durch Ablegen der Sprachprüfung 11 Monate nach der Einreise gewahrt. Allerdings sei der Ehemann der Klägerin nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, sondern als ausländischer Ehegatte eines Abkömmlings eingereist. Da eine Aufnahme aber erst mit der beantragten Einbeziehung stattfinde, sei für das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) - hier: Besitz von Grundkenntnissen der deutschen Sprache - auf den Zeitpunkt der Härtefalleinbeziehung abzustellen. Nach dem Willen des Gesetzgebers diene der Spracherwerb bei einzubeziehenden Familienangehörigen der Integrationsförderung, sei aber nicht Voraussetzung für deren Einreise nach Deutschland, wenn diese aus anderen Gründen gerechtfertigt sei.
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten, die sich gegen die Verpflichtung zur Einbeziehung des Ehemannes der Klägerin in deren Aufnahmebescheid richtet, ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, soweit es mit der Revision angegriffen worden ist (§ 137 Abs. 1 VwGO). Es geht rechtsfehlerhaft davon aus, dass bei der härtefallabhängigen Erteilung eines Aufnahmebescheids nach § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG die vom Familienangehörigen geforderten Grundkenntnisse der deutschen Sprache nicht schon bei Einreise nach Deutschland vorliegen müssen, sondern ohne zeitliche Grenze auch noch nachträglich erworben werden können (1.). Ein weiterer Verstoß gegen Bundesrecht liegt darin, dass das Berufungsgericht hier eine besondere Härte im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG mit der Begründung bejaht hat, der Klägerin sei eine Rückkehr in die Russische Föderation zur Durchführung des Aufnahmeverfahrens weder gemeinsam mit ihrem Ehemann noch ihres Ehemannes allein zumutbar (2.).
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des von der Klägerin mit der Verpflichtungsklage verfolgten Anspruchs ist § 27 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl. I S. 1902), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3554). Die nachfolgende Änderung des Bundesvertriebenengesetzes durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner (LPartRBerG) vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010) hat diese Regelung unverändert gelassen.
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Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG werden der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 BVFG vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid in Deutschland aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
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1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das indes schon wegen des nicht beschiedenen Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. August 2004 zu Recht keine Fristprobleme bei der Antragstellung gesehen hat, müssen die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BVFG vom Familienangehörigen geforderten Grundkenntnisse der deutschen Sprache schon bei dessen Einreise nach Deutschland vorliegen.
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Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, wonach die Eintragung "nachgeholt werden" kann. Das deutet darauf hin, dass die materiellen Voraussetzungen für die Einbeziehung des Familienangehörigen schon bei der Übersiedlung nach Deutschland vorliegen müssen. Auch die Systematik des Gesetzes spricht dafür, dass die Einbeziehungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Aussiedlung vorliegen müssen - mit Ausnahme des Wohnsitzerfordernisses bei der Härtefalleinbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BVFG.
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Neben der Härtefalleinbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BVFG gibt es zwei weitere Möglichkeiten der Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers. Das ist die Einbeziehung im Regelaufnahmeverfahren nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG und die nachträgliche härtefallunabhängige Einbeziehung bei Familientrennungen nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG. Bei diesen beiden Einbeziehungsmöglichkeiten müssen die gesetzlichen Voraussetzungen schon vor Aussiedlung vorliegen, der Nachweis von Grundkenntnissen der deutschen Sprache im Aussiedlungsgebiet erbracht werden. Das spricht dafür, dass Entsprechendes auch für die Härtefalleinbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BVFG gilt. Hier wird nämlich nur eine Abweichung vom Erfordernis des Wohnsitzes in den Aussiedlungsgebieten ermöglicht, nicht hingegen auch von den sonstigen Einbeziehungsvoraussetzungen.
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Die Abweichung vom Wohnsitzerfordernis erfolgt, weil es als unzumutbar angesehen wird, dass die einzubeziehende Person für die Durchführung des Verfahrens in den Aussiedlungsgebieten verbleiben oder dorthin zurückkehren muss. Das hat zur Folge, dass der Nachweis des Vorhandenseins der geforderten Sprachkenntnisse erst nach der Einreise erbracht werden kann, weil das nachträgliche Aufnahmeverfahren in Deutschland durchgeführt wird. Die härtefallbedingte Notwendigkeit der Abweichung von den Regelerfordernissen des § 27 Abs. 2 BVFG bezieht sich jedoch nicht auf das Vorhandensein deutscher Sprachkenntnisse. Die Gleichbehandlung mit den beiden anderen Einbeziehungsvarianten legt vielmehr nahe, dass auch bei der Härtefalleinbeziehung die Sprachkenntnisse im Zeitpunkt der Übersiedlung vorgelegen haben müssen. Ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Übersiedlung wird dem Ausnahmecharakter des Härtefall-Einbeziehungsverfahrens am ehesten gerecht, weil eine solche Sichtweise möglichst nah am Regelfall-Einbeziehungsverfahren bleibt. Würde man den Zeitpunkt weiter nach hinten verlagern, käme es zu einer Bevorzugung von Ehegatten und volljährigen Abkömmlingen im Fall der Härtefalleinbeziehung gegenüber den beiden anderen Möglichkeiten der Einbeziehung.
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Entscheidend für das Abstellen auf den Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland sind Sinn und Zweck des 2005 neu eingeführten Spracherfordernisses für einzubeziehende Familienangehörige. Es dient der Erleichterung der Integration der nichtdeutschen Familienangehörigen in Deutschland, die seinerzeit den größten Teil der aussiedelnden Personen stellten (siehe Bericht der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" vom 4. Juli 2001 - Süssmuth-Kommission - S. 182). Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass die Familienangehörigen dazu angeregt werden sollten, sich bereits im Aussiedlungsgebiet ausreichende Deutschkenntnisse anzueignen, um dadurch ihre Integration in Deutschland zu erleichtern. Der Gesetzgeber wollte damit den integrationspolitischen Schwierigkeiten begegnen, die sich aus den fehlenden Sprachkenntnissen ergaben. Zur Gesetzesbegründung wird ausgeführt (BT-Drs. 15/420 S. 119):
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"Solange ausreichende Deutschkenntnisse nicht nachgewiesen werden, ist die Einbeziehung ausgeschlossen, eine gemeinsame Aussiedlung kommt dann nur nach Maßgabe der ausländerrechtlichen Vorschriften über den Familiennachzug zu Deutschen in Betracht."
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Kommt es dem Gesetzgeber aber darauf an, dass die einbezogenen Familienangehörigen schon bei der Aussiedlung ausreichende Deutschkenntnisse besitzen, kann dieses Ziel nicht durch einen nachträglichen Erwerb erreicht werden.
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Für die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Einreise spricht auch der Umstand, dass bestimmte Eingliederungsleistungen, die der Familienangehörige nach § 7 Abs. 2 BVFG beanspruchen kann, auf einen näher bezeichneten Zeitraum nach der Einreise begrenzt sind, etwa Leistungen bei Krankheit nach § 11 Abs. 2 BVFG. Dies beruht darauf, dass diese Leistungen als Starthilfe zur Eingliederung in das System der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland gedacht sind. Diese speziell für Spätaussiedler und einbezogene Ehegatten und Abkömmlinge vorgesehenen Übergangsleistungen könnten nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Entscheidung über die Härtefalleinbeziehung nicht zeitnah nach der Einreise getroffen wird, was wiederum erfordert, dass auch die Sprachkenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Einreise vorliegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in § 7 Abs. 2 BVFG vorgesehenen Eingliederungshilfen nicht nur dem individuellen Interesse des Spätaussiedlers und der einzubeziehenden Person dienen, sondern auch dem Interesse der Allgemeinheit an einer zeitnah zur Einreise in das Bundesgebiet stattfindenden sozialen und beruflichen Integration.
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Es kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen vom Erfordernis des Nachweises der deutschen Sprachkenntnisse bei Einreise abgesehen werden kann, weil dies eine besondere Härte darstellen würde. Das käme etwa in Fällen in Betracht, in denen dem Familienangehörigen wegen Bürgerkriegs im Aussiedlungsgebiet oder kurzfristig erforderlicher Ausreise aus zwingenden persönlichen Gründen - etwa zum Zweck der Pflege eines nahen Verwandten - der Erwerb der Sprachkenntnisse im Aussiedlungsgebiet nicht zugemutet werden könnte (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <104>). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Er lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das Spracherfordernis für Familienangehörige erst zum 1. Januar 2005 eingeführt worden war, also fünf Monate vor Übersiedlung der Klägerin und ihres Ehemannes. Denn bereits seit 1996 wurden in der Russischen Föderation an zahlreichen Orten deutsche Sprachkurse angeboten (vgl. Bericht der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" vom 4. Juli 2001 - Süssmuth-Kommission - S. 183). Diese waren für den Ehemann der Klägerin auch zugänglich, was sich schon daraus ergibt, dass die Klägerin selbst nach eigenen Angaben einen dreimonatigen Sprachkurs im Jahr 2001 besucht hat. Auch in den der Klägerin vom Bundesverwaltungsamt ausgehändigten "Fragen und Antworten zum Sprachtest" wurde bereits im Mai 2000 darauf hingewiesen, dass mitübersiedelnde Familienangehörige an einem "freiwilligen Sprachtest" teilnehmen könnten. Je besser die deutsche Sprache bei Einreise nach Deutschland gesprochen werde, umso günstiger seien die Chancen, sich auf dem Arbeitsmarkt, in der Ausbildung oder Schule zurechtzufinden.
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Einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur Klärung der Frage, ob der Ehemann der Klägerin bereits bei Einreise über Grundkenntnisse der deutschen Sprache im Sinne von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG verfügte, bedurfte es nicht, da das Berufungsurteil aus einem weiteren Grund keinen Bestand haben kann.
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2. Das Berufungsurteil verstößt auch insoweit gegen Bundesrecht, als es eine besondere Härte im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG mit der Begründung bejaht, der Klägerin sei eine Rückkehr in die Russische Föderation zur Durchführung des Aufnahmeverfahrens weder gemeinsam mit ihrem Ehemann noch ihres Ehemannes allein zumutbar. Die gesetzlich geforderte besondere Härte liegt hier nicht vor.
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Bei der Auslegung des Begriffs der besonderen Härte ist die Funktion des Aufnahmeverfahrens zu berücksichtigen, durch eine vorgängige Prüfung der Spätaussiedlereigenschaft eine Übersiedlung von Personen zu verhindern, die die gesetzlichen Voraussetzungen nach Verlassen des Aussiedlungsgebiets nicht erfüllen. Die Härtefallregelung erfasst vom Regelfall abweichende und damit atypische Fälle, in denen es gerade mit Rücksicht auf den genannten Gesetzeszweck übermäßig hart, nämlich unzumutbar oder in hohem Maße unbillig wäre, den Betroffenen darauf zu verweisen, die Erteilung eines Aufnahmebescheids im Aussiedlungsgebiet abzuwarten. Eine solche besondere Härte kann auch dann vorliegen, wenn die Obliegenheit, die Erteilung des Aufnahmebescheids im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, mit Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht in Einklang stehen würde (BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <103 und 105>). Dabei kann hier dahinstehen, ob bei der Einbeziehung von Familienangehörigen die besondere Härte (nur) in Bezug auf die allein antragsberechtigte Bezugsperson erfüllt sein muss (hierzu BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 5 C 32.00 - Buchholz 412.3 § 8 BVFG Nr. 1 S. 4) oder (auch) in Bezug auf den einzubeziehenden Familienangehörigen, denn hier fehlt es sowohl in Bezug auf die Klägerin als auch in Bezug auf ihren Ehemann an einem härtefallbegründenden Sachverhalt.
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Da die in den Aufnahmebescheid ihrer Mutter einbezogene Klägerin im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist und im Besitz einer Spätaussiedlerbescheinigung ist, geht es hier nicht um die Frage, ob ihr als inzwischen deutsche Staatsangehörige eine Rückkehr in das Aussiedlungsgebiet zur Nachholung des Aufnahmeverfahrens mit dem Ziel einer anschließenden "gemeinsamen" Aussiedlung mit ihrem Ehemann zugemutet werden kann. Ihre Aussiedlung ist (erfolgreich) abgeschlossen und kann schon von daher im Rechtssinne nicht mehr "nachgeholt" werden.
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Es stellt sich auch nicht die Frage, ob ihr - zur Vermeidung einer zeitweisen Familientrennung - eine Rückkehr zur Nachholung des Einbeziehungsverfahrens für ihren Ehemann zumutbar ist. Denn dessen Rechtsstellung könnte durch Rückkehr und Nachholung des Einbeziehungsverfahrens vom Aussiedlungsgebiet aus nicht mehr verbessert werden. Da er seit 2005 in Deutschland lebt, wäre er im Falle einer Rückkehr kein im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG im Aussiedlungsgebiet "verbliebener" Ehegatte (BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 11). Die Wohnsitzfiktion des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG gilt nur für Spätaussiedlerbewerber und nicht für Familienangehörige. Sie wurde geschaffen, weil es für die Spätaussiedlereigenschaft eines ununterbrochenen Wohnsitzes in den Aussiedlungsgebieten bedarf und Antragsteller aus einer übereilten Ausreise in Bezug auf ihre Spätaussiedlereigenschaft keine Nachteile erleiden sollten. Da die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit erst mit der Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung erhalten hat und eine Gefährdung des (weiteren) Aufenthalts ihres Ehemannes im Bundesgebiet weder geltend gemacht wird noch ersichtlich ist, ergibt sich eine besondere Härte auch nicht aus der Wertentscheidung des Grundgesetzes zum Schutz von Ehe und Familie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG.
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Allein der Umstand, dass die Klägerin nach Ablehnung eines Aufnahmebescheids aus eigenem Recht hiergegen zwar Widerspruch einlegte, vor einer positiven Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids aus eigenem Recht (unter Einbeziehung ihres Ehemannes) aber aufgrund ihrer eigenen Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Mutter zusammen mit ihrem Ehemann nach Deutschland ausreiste, stellt weder für die Klägerin noch für ihren Ehemann eine besondere Härte dar, der über eine Nachholung der Eintragung des Ehemannes begegnet werden müsste. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass und warum ihr und ihrem Ehemann seinerzeit im Aussiedlungsgebiet ein Abwarten auf die Erteilung eines Aufnahmebescheids aus eigenem Recht unter Einbeziehung ihres Ehegatten nicht zumutbar war. Da sie selbst aufgrund ihrer (nachträglichen) Einbeziehung als Abkömmling in den Aufnahmebescheid ihrer Mutter - im Gegensatz zu ihrem Ehemann - im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist ist, konnte ihr nach Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ausgestellt werden.
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Bezüglich des Ehemannes wurde hingegen schon im Aufnahmebescheid der Mutter der Klägerin von 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er als weiterer Familienangehöriger dem Ausländerrecht unterliegt und keine Leistungen als Spätaussiedler oder als Ehegatte bzw. Abkömmling nach § 7 Abs. 2 BVFG erhält. Die Klägerin und ihr Ehemann haben mit ihrer Ausreise vor positivem Abschluss ihres eigenen Aufnahme- und Einbeziehungsverfahrens folglich bewusst in Kauf genommen, dass der Ehemann der Klägerin nicht auf vertriebenenrechtlicher, sondern (nur) auf aufenthaltsrechtlicher Grundlage einen (ständigen) Aufenthalt im Bundesgebiet begründet und ihm deshalb nach der Einreise nicht die vertriebenenrechtlichen Privilegierungen eines in einen Aufnahmebescheid einbezogenen (nichtdeutschen) Familienangehörigen zustehen. In diesen Fällen führt regelmäßig weder die spätere Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung für die Bezugsperson noch die gerichtliche Verpflichtung zur Ausstellung eines Aufnahmebescheids für die Bezugsperson aus eigenem Recht zu einer besonderen - vom Regelfall abweichenden und eine Nachholung der Einbeziehung rechtfertigenden - Härte. An dieser Einschätzung ändert auch der fehlerhafte rechtliche Hinweis des Bundesverwaltungsamts nach der Einreise auf die Möglichkeit eines "Höherstufungsantrags" nichts.
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Eine besondere Härte ergibt sich hier auch nicht aus der von der Rechtsprechung entwickelten Fallgestaltung, dass der Zweck des Aufnahmeverfahrens durch das Verlassen des Aussiedlungsgebiets ohne Aufnahmebescheid nicht beeinträchtigt wird, wenn die nachträgliche Erteilung des Aufnahmebescheids zu einem Ergebnis führt, das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielrichtung gleichwertig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <101 f.>). Der Zweck des Aufnahmeverfahrens nach § 27 Abs. 1 BVFG besteht darin, durch eine vorgängige Prüfung der Aussiedlereigenschaft vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebiets den durch die Veränderungen in den Aussiedlungsgebieten entstandenen erhöhten Zustrom von Aussiedlerbewerbern in geordnete Bahnen zu lenken. Dadurch soll verhindert werden, dass Personen nach Deutschland übersiedeln, die nicht zum schutzbedürftigen Personenkreis gehören, also die dafür maßgebenden Voraussetzungen nicht erfüllen. Gleichzeitig sollen die in solchen Fällen entstehenden Belastungen insbesondere für die Kommunen vermieden werden, wie sie durch die Betreuung nicht berechtigter Personen auftreten (BT-Drs. 11/6937 S. 5 und 6).
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Der Zweck des Aufnahmeverfahrens ist jedoch nur dann in gleichwertiger Weise erfüllt, wenn dem Bundesverwaltungsamt eine Prüfung der gesetzlichen Aufnahmevoraussetzungen bereits vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebiets möglich war und diese mit positivem Ergebnis durch eine deutsche Behörde durchgeführt worden ist (BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <102>). So liegt es hier nicht. Vielmehr fehlte es bei Aussiedlung an einer positiven Bestätigung der Spätaussiedlervoraussetzungen in der Person der Klägerin durch eine deutsche Behörde und hat die Klägerin dem Bundesverwaltungsamt nicht alle für die Prüfung ihrer Spätaussiedlereigenschaft erforderlichen Dokumente vor ihrer gemeinsamen Aussiedlung mit ihrem Ehemann vorgelegt. Denn sie hat auf die mehrmalige schriftliche Aufforderung zur Vorlage ihres Inlandspasses nur eine Kopie ihres aktuellen Passes von 1998 vorgelegt, in dem keine Nationalität eingetragen war und daher nicht ersichtlich war, ob sie sich durch eine entsprechende Eintragung zum deutschen Volkstum oder aber einer anderen Nationalität bekannt hat. Die Beklagte hat ihren die Aufnahme der Klägerin aus eigenem Recht ablehnenden Bescheid vom 20. August 2004 ausdrücklich hierauf gestützt, ohne dass die Klägerin in der Folgezeit einen Inlandspass aus der Zeit vor 1990 vorlegte, der einen Nationalitäteneintrag enthielt. Eine Kopie ihres Inlandspasses von 1980 erhielt das Bundesverwaltungsamt vielmehr erst nach Einreise der Klägerin am 7. Juni 2005 zur Einsicht.
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Da mit dem Fehlen einer "besonderen Härte" eine Tatbestandsvoraussetzung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht erfüllt ist, war das Berufungsurteil in dem von der Revision angegriffenen Umfang zu ändern und die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen, soweit sie die Einbeziehung des Ehemannes der Klägerin in deren Aufnahmebescheid betrifft.
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3. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, für das Verfahren in den Vorinstanzen auf § 155 Abs. 1 VwGO.
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