Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 C 3/17

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich als Grundeigentümer gegen einen Planfeststellungsbeschluss für eine Hochspannungsfreileitung.

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Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 27. Dezember 2012 stellt den Plan für den "Ersatzneubau der 110-kV-Freileitung Hemmoor - Industriestraße mit Abzweig Otterndorf in der Stadt Cuxhaven sowie den Samtgemeinden Hemmoor, Land Hadeln, Börde Lamstedt und Am Dobrock, Landkreis Cuxhaven" fest. Die knapp 35 km lange 110-kV-Leitung ersetzt bei im Wesentlichen gleichem Trassenverlauf eine frühere Freileitung. Die bisherigen Maststandorte bleiben erhalten, die Masten werden an etlichen Standorten - im Einzelfall um mehr als 10 m - erhöht und erreichen in der Regel eine Höhe zwischen 24,60 m und 32,40 m. Auf einer Länge von 1 700 m wird die Leitung durch das FFH-Gebiet "Balksee und Randmoore, Nordahner Holz" (DE 2220-301) geführt, auf rund 500 m durch das Naturschutzgebiet "Balksee und Randmoore". Der Planfeststellungsbeschluss sieht ferner den Ersatz einer etwa 3 km langen Abzweigung und Änderungen an einer weiteren Anlage vor. Die Leitung ist inzwischen errichtet und in Betrieb.

3

Im Planaufstellungsverfahren unterblieb eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), weil die Beklagte bereits vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens im Rahmen einer Vorprüfung zur UVP der Einschätzung der Vorhabenträgerin gefolgt war, eine UVP sei nicht erforderlich.

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Die Kläger sind Grundeigentümer. Ein Grundstück der Klägerin zu 1 wird für einen Maststandort einer Abzweigung in Anspruch genommen, alle Kläger sind jeweils Eigentümer von Grundstücken, die überspannt werden sollen.

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Das Oberverwaltungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss aufgehoben. Die UVP-Vorprüfung verfehle den gesetzlichen Maßstab und stehe damit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG einer nicht durchgeführten UVP-Vorprüfung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UmwRG gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen haben könne, obwohl für Auswirkungen auf verschiedene Schutzgüter eine "hohe Wahrscheinlichkeit", eine "geringe Wiederherstellbarkeit" und eine "lange Dauer" angenommen worden seien. Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, weil die Masten des beantragten und planfestgestellten Vorhabens höher seien als in der UVP-Vorprüfung angenommen. Die Kläger hätten auch einen Anspruch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG, weil die nach der UVP-Vorprüfung verbleibenden Zweifel ein Besorgnispotential zeigten, das eine UVP erfordere. Diese Fehler führten nach § 4 Abs. 1 UmwRG zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit scheide bei dem bereits errichteten Vorhaben aus.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie meint, die UVP-Vorprüfung genüge den gesetzlichen Anforderungen. Das Oberverwaltungsgericht habe mit der Feststellung einer UVP-Pflicht die Einschätzungsprärogative der Behörde verletzt. Jedenfalls könne ein Mangel nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, das Gericht müsse sich auf eine Feststellung beschränken und die Möglichkeit eröffnen, Fehler in einem ergänzenden Verfahren zu heilen.

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Die Kläger verteidigen das angegriffene Urteil.

8

Die Beigeladene, eine Rechtsnachfolgerin der Vorhabenträgerin, teilt die Rechtsauffassung der Beklagten, stellt aber keinen Antrag.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hält eine Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren für möglich und einen Feststellungsausspruch an Stelle einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für geboten. Dies sei mit Unionsrecht vereinbar.

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Ein weiterer von enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffener Eigentümer hat vor Errichtung der Leitung erfolglos um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. Dezember 2013 - 7 MS 4/13 - UPR 2014, 114). Das Oberverwaltungsgericht hat die Rügen einer mangelhaften UVP-Vorprüfung und einer fehlenden UVP für präkludiert gehalten und weitere Einwände gegen den Planfeststellungsbeschluss inhaltlich zurückgewiesen. Anhörungsrüge und Gegenvorstellung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Februar 2014 - 7 MS 122/13) sowie eine Verfassungsbeschwerde gegen den Eilbeschluss sind gescheitert (BVerfG, Beschluss vom 17. März 2014 - 1 BvR 20/14).

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil entspricht nicht in vollem Umfang dem revisiblem Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Zur abschließenden Entscheidung bedarf es weiterer Feststellungen. Die Sache ist daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

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A. Die von enteignungsrechtlicher Vorwirkung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 EnWG betroffenen Kläger können Fehler der UVP-Vorprüfung und das Unterlassen einer UVP geltend machen. Sie sind mit diesem Einwand nicht präkludiert.

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Zwar sind nach § 43a Nr. 7 EnWG in der bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) (im Folgenden: EnWG a.F.) und nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Diese Vorschriften finden aber keine Anwendung, ungeachtet, ob sie den Einwand einer fehlerhaften oder unterlassenen UVP-Vorprüfung oder UVP überhaupt regeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 31).

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Maßgeblich für die Revisionsentscheidung ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290) (UmwRG), weil auch die Vorinstanz diese Rechtslage zugrunde zu legen hätte, wenn sie jetzt entschiede (BVerwG, Urteile vom 18. Oktober 2017 - 4 C 5.16 - ZfBR 2018, 256 Rn. 11 und vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - DVBl. 2018, 656 Rn. 8 ). Denn die Klagen richten sich gegen eine nach dem 25. Juni 2005 ergangene Zulassungsentscheidung für ein allgemein UVP-vorprüfungspflichtiges Vorhaben nach § 3c Satz 1 i.V.m. Nr. 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geltenden Fassung (im Folgenden: UVPG a.F.). Für solche Rechtsbehelfe gilt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in seiner derzeitigen Fassung.

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Nach § 7 Abs. 4 und Abs. 6, § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO findet in Rechtsbehelfsverfahren natürlicher Personen gegen einen Planfeststellungsbeschluss für die Zulassung eines UVP-vorprüfungspflichtigen Vorhabens § 73 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwVfG keine Anwendung. Den Klägern kann eine Präklusion damit nicht entgegen gehalten werden, weil § 7 Abs. 4 UmwRG auch die mit § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG des Bundes inhaltsgleichen Regelungen des Landesrechts erfasst und auf § 43a Nr. 7 EnWG a.F. analog anzuwenden ist (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - DVBl. 2018, 656 Rn. 12 und 14).

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B. Das Oberverwaltungsgericht hat die UVP-Vorprüfung beanstandet und eine UVP für erforderlich gehalten. Dies steht mit revisiblem Recht in Einklang.

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Sofern - wie hier nach Nr. 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG a.F. (Errichtung und Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV bis zu 220 kV) - für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, ist nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. eine UVP durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörden aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG a.F. aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG a.F. zu berücksichtigen wären. Die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung sind nach § 3c Satz 6 UVPG a.F. zu dokumentieren. Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG a.F., ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 3a Satz 4 UVPG a.F. nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden und das Ergebnis nachvollziehbar ist.

18

Die Anforderungen an eine UVP-Vorprüfung sowie Aufgabe und Grenzen der gerichtlichen Kontrolle sind geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 29 f. m.w.N.): Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der UVP-Vorprüfung nicht bereits mit einer der UVP vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit die eigentliche UVP unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu. Das Gericht hat aber zu prüfen, ob eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden hat oder das Ergebnis der Vorprüfung Rechtsfehler aufweist, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Von diesen Maßstäben ist die Vorinstanz ausgegangen.

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I. Das Oberverwaltungsgericht hat die UVP-Vorprüfung im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG a.F. beanstandet, weil das zur Genehmigung gestellte und später mit weiteren Abweichungen vom Antrag genehmigte Vorhaben eine deutlich höhere Umweltrelevanz habe als das in der UVP-Vorprüfung beschriebene Vorhaben. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

20

In Planungsverfahren führt insbesondere die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Umweltvereinigungen und der Behörden regelmäßig zu Änderungen eines Vorhabens und zur Aufnahme von Nebenbestimmungen. Eine UVP-Vorprüfung könnte ihre verfahrenslenkende Funktion nicht erfüllen, wenn solche Änderungen stets und ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung das Ergebnis der UVP-Vorprüfung als fehlerhaft erschienen ließen und sie damit nachträglich entwerteten. Spätere Erkenntnisse, welche die Auswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können daher für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer UVP nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 30).

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Indes muss Gegenstand einer UVP-Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. das Vorhaben sein, über dessen Zulässigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 UVPG a.F. der Planfeststellungsbeschluss entscheidet. Denn eine UVP-Vorprüfung kann ihre verfahrenslenkende Funktion nur erfüllen, wenn das in der Vorprüfung beurteilte Vorhaben und das in der Planfeststellung beantragte und später planfestgestellte Vorhaben im Kern übereinstimmen, insbesondere mit Blick auf seine Umweltauswirkungen. Die Planfeststellungsbehörde muss daher bis zum Abschluss des Planfeststellungsverfahrens das Ergebnis der UVP-Vorprüfung "unter Kontrolle halten" und darauf prüfen, ob Änderungen im Verlaufe des Planungsprozesses ein Ausmaß erreicht haben, welches das Ergebnis der UVP-Vorprüfung nicht mehr als tragfähig erscheinen lässt. Dabei ist ein strengerer Maßstab angezeigt, wenn die UVP-Vorprüfung nach § 3a Satz 1 UVPG a.F. der Einreichung der Planunterlagen vorausgeht: Denn bis zu diesem Zeitpunkt ist es ausschließlich Sache des Vorhabenträgers sicherzustellen, dass Veränderungen des Vorhabens einer möglicherweise vorzeitig erstellten UVP-Vorprüfung nicht die Grundlage entziehen.

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Nach den tatrichterlichen Feststellungen sind insbesondere mehr als die Hälfte der Masten des zur Genehmigung gestellten Vorhabens um mehr als 20 % höher als in der UVP-Vorprüfung angenommen. Wegen der daraus folgenden Beeinträchtigung des Landschaftsbildes im Nahbereich und einer jedenfalls möglichen Beeinträchtigung von Vogel- und Fledermausarten hat das Oberverwaltungsgericht eine deutliche Erhöhung der Umweltrelevanz angenommen (UA S. 19). Auf der Grundlage dieser den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Bewertung genügte die UVP nicht den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG a.F. Denn sie ist nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden. Es fehlt die grundsätzliche Übereinstimmung des in der UVP-Vorprüfung geprüften und im Planfeststellungsverfahren beantragten Vorhabens, wenn das beantragte Vorhaben eine wesentlich höhere Umweltrelevanz besitzt als das in der UVP-Vorprüfung beurteilte.

23

II. Die Vorinstanz hat das Ergebnis der UVP-Vorprüfung als nicht nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG a.F. beurteilt, weil diese mit bestimmten Auswirkungen auf relevante Schutzgüter rechnet und in erheblichem Umfang besonders geschützte Gebiete betroffen sind. Dies hält den Angriffen der Revision stand. Anders als die Revision meint, hat das Oberverwaltungsgericht seine Prüfung nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 27. Juli 2009 beschränkt, sondern die vom Vorhabenträger vorgelegten Gutachten und Unterlagen berücksichtigt (UA S. 15 ff.). Mit ihrer Rüge gegen deren tatrichterliche Bewertung dringt die Revision schon deshalb nicht durch, weil diese Würdigung nach § 137 Abs. 2 VwGO revisionsgerichtlicher Kontrolle entzogen ist.

24

III. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass es einer UVP bedurft hätte, weil nach dem Ergebnis der UVP-Vorprüfung ein Besorgnispotential verbleibe, dem in einer UVP nachzugehen sei.

25

Das planfestgestellte Vorhaben kann erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c UVPG a.F. haben. Nachteilige Umweltauswirkungen sind nicht allein solche Auswirkungen, die nach Maßgabe des materiellen Zulassungsrechts zur Versagung der Zulassung führen können, sondern auch solche, die in der Abwägung Beachtung verlangen (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Allerdings löst nicht jeder abwägungserhebliche Umweltbelang die Pflicht zur Durchführung einer UVP aus. Es bedarf vielmehr bereits in der Vorprüfung einer Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG a.F. aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 22).

26

Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, erhebliche Auswirkungen seien nicht zu besorgen, ist nicht nachvollziehbar. Ob daraus notwendig folgt, dass eine UVP hätte durchgeführt werden müssen (in diese Richtung BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 33), hält der Senat für zweifelhaft, kann aber auf sich beruhen. Das Oberverwaltungsgericht hat ein Besorgnispotential erkannt, dem in einer UVP nachzugehen sei, weil das Vorhaben gemessen an den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. UA S. 13, 23) erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Jedenfalls in diesem Fall fordert § 3c Satz 1 UVPG a.F. eine UVP.

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Die Einschätzungsprärogative der Beklagten steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Allerdings misst § 3c Satz 1 UVPG a.F. der Behörde einen Einschätzungsspielraum zu und beschränkt § 3a Satz 4 UVPG a.F. die gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 151, 92 Rn. 26 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 30). Ungeachtet dessen kann das zur Überprüfung einer Zulassungsentscheidung berufene Verwaltungsgericht die Überzeugung erlangen, dass eine rechtmäßige Wahrnehmung des Einschätzungsspielraums die Notwendigkeit einer UVP erkennen muss. Daher sieht sich auch das Bundesverwaltungsgericht als befugt an, in Fällen mangelhafter UVP-Vorprüfung gegebenenfalls selbst die Notwendigkeit einer UVP auszusprechen (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 33 und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 35, 39).

28

C. Die Verfahrensfehler führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz verletzt § 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG.

29

I. Nach nationalem Recht durfte das Oberverwaltungsgericht den Planfeststellungsbeschluss nicht aufheben, weil die festgestellten Verfahrensfehler in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.

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1. Für die Rechtsbehelfe der Kläger gilt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO der § 4 Abs. 1 bis 2 UmwRG. Die Kläger können nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG rügen, dass eine nach dem UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist, sowie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Satz 2 UmwRG, dass eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG bzw. hier § 3a Satz 4 UVPG a.F. genügt hat. Ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, spielt keine Rolle (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34).

31

Zwar kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG die Aufhebung einer Entscheidung verlangt werden. Gemäß § 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG bleiben aber § 75 Abs. 1a VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung unberührt. Wegen der Erstreckung auf "entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung" kann offen bleiben, ob die Regelungen über die Planerhaltung für den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG oder dem bei seinem Erlass geltenden § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. zu entnehmen sind. Jedenfalls führt nach diesen Vorschriften eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Kann der Mangel in einem ergänzenden Verfahren behoben werden, spricht das Gericht nur die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses aus (BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <372>).

32

Aus dem vom Oberverwaltungsgericht angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2015 - 7 C 15.13 - (Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 16 Rn. 22) folgt nichts Anderes. Denn das Urteil ist vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1b UmwRG durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12 vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069) ergangen. Hiervon unabhängig gibt die von der Vorinstanz angeführte Passage nur den Gesetzestext von § 4 Abs. 1 UmwRG wieder, ohne sich zur Tenorierung stattgebender Urteile zu äußern.

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2. Die tatrichterlichen Feststellungen erlauben den Schluss, dass der festgestellte Fehler nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG bzw. § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. behoben werden kann, wenn die rechtswidrig unterlassene UVP in einem ergänzenden Verfahren durchgeführt wird. Eine solche Fehlerbehebung ließe zugleich die Fehler der UVP-Vorprüfung entfallen, da eine fehlerfreie UVP-Vorprüfung ohnehin die UVP-Pflicht feststellen müsste.

34

Im ergänzenden Verfahren heilbar sind die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften oder Fehler bei der Abwägung, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde nach erneuter Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhält und hierzu im Rahmen ihres planerischen Ermessens auch berechtigt ist (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 7 C 11.12 - BVerwGE 151, 213 Rn. 46). Ein ergänzendes Verfahren scheidet dagegen aus, wenn der Verfahrensfehler die Gesamtkonzeption der Planung betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 27), also die Planung von vornherein als Ganzes in Frage gestellt ist (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 153).

35

Nach diesen Maßstäben ist eine UVP in einem ergänzenden Verfahren nachholbar (BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 2008 - 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 78, vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 35, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 35 und 42 f. und vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 25 ff.; zur Feststellung der Nichtvollziehbarkeit auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 28). Angesichts des Ergebnisses der FFH-Prüfung, der von der Vorinstanz angeführten Schutzmaßnahmen und Ersatzzahlungen sowie der Inanspruchnahme eines bereits genutzten Trassenraums spricht nichts dafür, dass die in einer UVP zu betrachtenden Umweltbelange ein Gewicht erreichen könnten, das die Gesamtkonzeption der Planung von vornherein in Frage stellt und daher ein ergänzendes Verfahren hindert.

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3. Das Oberverwaltungsgericht hält eine UVP im ergänzenden Verfahren für unzulässig, weil das Vorhaben bereits errichtet ist.

37

Für eine solche Differenzierung bietet indes weder § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG noch § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. einen Anhalt. Sie folgt auch nicht aus dem Gebot der Ergebnisoffenheit. Dass das ergänzende Verfahren ergebnisoffen zu führen ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 36, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 43 und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 230), verlangt keine Planung auf "freiem Felde" (so bereits BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309 <316>). Vielmehr muss die Planung stets tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragen, die je nach den örtlichen und rechtlichen Umständen mit unterschiedlichem Gewicht für oder gegen bestimmte Varianten streiten. Es ist Sache eines Vorhabenträgers, sein Vorhaben unter Berücksichtigung dieser Umstände zu planen und in einer bestimmten Ausgestaltung und Trassenführung zu beantragen, während es der Planfeststellungsbehörde aufgegeben ist, die planerischen Erwägungen des Vorhabenträgers zu kontrollieren und dabei auch bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen (im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <151> und vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 168). In einem ergänzenden Verfahren darf der Vorhabenträger daher das Ziel verfolgen, an einer als vorzugswürdig erkannten Gestaltung eines Vorhabens festzuhalten, auch dann, wenn dieses bereits errichtet ist. Allein darin liegt noch kein Verstoß gegen das rechtliche Gebot einer Ergebnisoffenheit des ergänzenden Verfahrens. Hiervon unabhängig wäre der Vorhabenträger auch nach Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses nicht gehindert, an einer von ihm ins Werk gesetzten Ausgestaltung und Trassenführung festzuhalten, wenn diese Entscheidung der behördlichen Abwägung und der gerichtlichen Abwägungskontrolle standhält.

38

II. Die nationale Rechtslage steht insoweit mit dem Unionsrecht in Einklang, namentlich mit den Verpflichtungen aus der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 L 26 S. 1) (UVP-Richtlinie - UVP-RL), die für den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss nach Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 S. 1) maßgeblich ist.

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1. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 UVP-RL treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit "vor Erteilung der Genehmigung" die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Prüfungen, die erst nach der Zulassungsentscheidung erfolgen, sind danach grundsätzlich unbeachtlich (EuGH, Urteile vom 3. Juli 2008 - C-215/06 [ECLI:EU:C:2008:380] - Rn. 49 und vom 24. November 2011 - C-404/09 [ECLI:EU:C:2011:768] - Rn. 83 und 93). Die UVP-Richtlinie enthält indes keine Bestimmungen dazu, welche Konsequenzen aus einem Verstoß gegen die Verpflichtung zu einer vorherigen Prüfung zu ziehen sind. Das Unionsrecht steht nationalen Vorschriften nicht entgegen, die in bestimmten Fällen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, wenn diese Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden und somit die Ausnahme bleibt (EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 [ECLI:EU:C:2017:589] - Rn. 34, 37 f. m.w.N.).

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Die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene UVP nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die UVP wird dadurch verhindert; diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten. Die nachträgliche Fehlerbehebung bleibt zudem die Ausnahme, weil die §§ 3a ff. UVPG a.F. gewährleisten, dass im Regelfall frühzeitig vor der Zulassungsentscheidung die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens ermittelt und dementsprechend dessen Umweltverträglichkeit rechtzeitig geprüft wird (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 36 und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 43).

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2. Wenn eine Anlage bereits errichtet und in Betrieb ist, verbietet es die UVP-Richtlinie nicht, zur Legalisierung der Anlage eine UVP durchzuführen, sofern die diese Legalisierung gestattenden nationalen Vorschriften den Betreffenden keine Gelegenheit bieten, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und die zur Legalisierung durchgeführte Prüfung nicht nur die künftigen Umweltauswirkungen dieser Anlage umfasst, sondern auch die seit deren Errichtung eingetretenen Umweltauswirkungen berücksichtigt (EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 ).

42

Wird der Plan für eine Hochspannungsfreileitung festgestellt, so kann der Vorhabenträger zwar wegen der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nach § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG a.F. noch vor Abschluss einer gerichtlichen Überprüfung mit Bau und Betrieb der Leitung beginnen, auch wenn eine notwendige UVP unterblieben ist. Betroffenen steht mit dem vorläufigen Rechtsschutz nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO aber ein effektives Rechtsschutzinstrument zu Gebote, um den Vollzug einstweilen zu verhindern. Dass dieses Instrument in diesem Fall nicht zum Erfolg geführt hat, beruhte auf Regelungen zur Präklusion, die nach der geltenden Rechtslage in § 7 Abs. 4 und 6 UmwRG keine Anwendung mehr finden könnten. Einer Umgehung des Unionsrechts wirkt zudem entgegen, dass auch der Betrieb einer Hochspannungsfreileitung nach § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG a.F. der Planfeststellung bedarf, so dass der Ausspruch der Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zwar einen Bau nicht rückgängig macht, aber den Betrieb der Leitung hindert, so den Verstoß gegen das Unionsrecht bis zur Fehlerbehebung wirtschaftlich effektiv sanktioniert und seiner Durchsetzung den nötigen Nachdruck verleiht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 9 C 2.16 - BVerwGE 159, 95 Rn. 30 und Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 30. März 2017 in den Verfahren C-196/16 und C-197/16 [ECLI:EU:C:2017:249] - Rn. 41). Das nationale Recht bietet dem Vorhabenträger damit keine Gelegenheit, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, sondern stellt sicher, dass Verstöße die Ausnahme bleiben.

43

Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf es nicht, da die maßgeblichen Fragen zu Möglichkeiten und Grenzen der Behebung von Verstößen gegen die UVP-Pflicht in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausreichend geklärt sind (insbesondere EuGH, Urteile vom 7. Januar 2004 - C-201/02 [ECLI:EU:C:2004:12] - Rn. 64 f., vom 3. Juli 2008 - C-215/06 - Rn. 55 ff., vom 17. November 2016 - C-348/15 [ECLI:EU:C:2016:882] - Rn. 36 ff., vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 - Rn. 34 ff. und vom 28. Februar 2018 - C-117/17 [ECLI:EU:C:2018:129] - Rn. 29 ff.).

44

D. Weil das Oberverwaltungsgericht zu den weiteren Einwänden der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss keine Feststellungen getroffen hat, ist der Senat gehindert festzustellen, ob sich die angegriffene Entscheidung nach § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Senat hebt nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

45

Das Oberverwaltungsgericht wird im Rahmen seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung klären müssen, ob der Planfeststellungsbeschluss aus weiteren Gründen rechtsfehlerhaft ist. Nach Maßgabe dieser Prüfung wäre der Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und jedenfalls hinsichtlich seines Betriebes für nicht vollziehbar zu erklären. Mit der Rechtskraft eines solchen Feststellungsurteils stände zwischen den Beteiligten zugleich bindend fest, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus nicht an weiteren Fehlern leidet (BVerwG, Urteile vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28 und vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 39 und Beschluss vom 20. März 2018 - 9 B 43.16 - juris Rn. 65).

46

Anknüpfend an sein Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - (BVerwGE 151, 138 Rn. 46) lässt der Senat offen, ob es Fallgestaltungen geben mag, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Feststellung der Nichtvollziehbarkeit abgesehen werden muss. Ein solcher Fall käme nur in Betracht, wenn der Betrieb der Leitung von überragender Bedeutung für das Gemeinwohl wäre und Behörde und Vorhabenträger alles in ihrer Macht Stehende unternommen hätten, den eingetretenen Verstoß gegen das Unionsrecht zeitnah zu beheben. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen bieten die bisherigen tatrichterlichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt.

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