Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (8. Senat) - 8 B 41/17

Gründe

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Die Klägerin, die Kunststoffabfälle zu Recyclaten (PET-Flakes) verarbeitet, begehrt eine Begrenzung der EEG-Umlage für das Jahr 2013 nach der Besonderen Ausgleichsregelung des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2012).

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Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (nachfolgend: Bundesamt) lehnte den Antrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin, die ebenfalls Kunststoffabfälle zu Recyclaten (PET-Flakes) verarbeitet hatte, auf Begrenzung der EEG-Umlage für das Jahr 2013 ab. Das Unternehmen sei nicht dem produzierenden Gewerbe zuzurechnen. Nach § 3 Nr. 14 EEG 2012 seien Unternehmen des produzierenden Gewerbes nur solche, die an der zu begünstigenden Abnahmestelle dem Bergbau, der Gewinnung von Steinen und Erden oder dem verarbeitenden Gewerbe in entsprechender Anwendung der Abschnitte B und C der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 2008 (WZ 2008), zuzuordnen seien. Die Tätigkeit an der beantragten Abnahmestelle falle nicht hierunter, sondern unter Abschnitt E, Branchennummer 38.32 der WZ 2008. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

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Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

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1. Die von der Klägerin behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

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a) Der Verwaltungsgerichtshof hat die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Das Vorbringen der Klägerin, das Berufungsgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag zu folgen und mittels Sachverständigengutachtens aufzuklären, ob am Ende des Produktionsprozesses der Klägerin die Herstellung von Waren und nicht die Herstellung von Sekundärrohstoffen stehe, führt nicht auf einen Aufklärungsmangel. Nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts kam es auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht an. Es ordnete die Verarbeitung von Kunststoffabfällen zu PET-Flakes als einen Fall der Verarbeitung von Kunststoffabfällen zu Granulaten im Sinne der Ziffer 38.32.0 des Abschnitts E der WZ 2008 ein und subsumierte sie deshalb unter den Begriff der Materialrückgewinnung, die nach der WZ 2008, S. 343, nicht als Herstellung von Waren "gelte". Es stellte also entscheidungstragend nicht auf die Warenqualität des Recyclats an sich, sondern auf eine der WZ 2008 entnommene Fiktion ab.

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Ein Aufklärungsmangel ist auch nicht mit dem Vortrag dargetan, das Berufungsgericht habe die Tätigkeit der Klägerin nicht aufgrund eigener Sachkunde der Ziffer 38.32.0 zuordnen dürfen. Stützt sich das Gericht auf eigene Sachkunde, verletzt es seine Aufklärungspflicht nur dann, wenn es eine ihm unmöglich zur Verfügung stehende Sachkunde in Anspruch nimmt oder sich in einer Frage für sachkundig hält, in der seine Sachkunde ernstlich zweifelhaft ist, ohne darzulegen, dass ihm das erforderliche Wissen in genügendem Maße zur Verfügung steht, oder wenn die Entscheidungsgründe sonst auf eine mangelnde Sachkunde schließen lassen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 3 B 64.12 - juris Rn. 8 m.w.N.).

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Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Angesichts der detaillierten, durch Erläuterungen und anschauliche Beispiele ergänzten Auflistung einschlägiger Tätigkeiten in der WZ 2008 durfte die Vorinstanz davon ausgehen, den von der Klägerin umschriebenen Verarbeitungsprozess auch ohne sachverständige Hilfe zutreffend einordnen zu können. Es hat nachvollziehbar darauf abgestellt, dass die Unterklasse 38.32.0 des Abschnitts E die Verarbeitung von metallischen und nichtmetallischen Altmaterialien, Reststoffen und Erzeugnissen zu Sekundärrohstoffen umfasse und auf das dort erwähnte Beispiel der "Verarbeitung (Reinigen, Schmelzen, Mahlen) von Kunststoff- und Gummiabfällen zu Granulaten" (WZ 2008 S. 343) verwiesen. Auf den Zeitpunkt, zu dem die Abfallqualität im Verarbeitungsprozess entfiel, kam es nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung der Vorinstanz ebenso wenig an wie auf die weitere Verwendbarkeit des Recyclats und dessen Warenqualität, die das Berufungsgericht bereits aus rechtlichen Gründen verneinte (vgl. oben Rn. 5). Der Einwand, es habe die in der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 verwendeten Begriffe unzutreffend ausgelegt und den streitgegenständlichen Sachverhalt hierunter fehlerhaft subsumiert, wendet sich allein gegen die materiell-rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Verfahrensmangel darzulegen.

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b) Die Ablehnung des bedingt gestellten Beweisantrags durch den Verwaltungsgerichtshof verletzt die Klägerin auch nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO). Art. 103 Abs. 1 GG schützt nicht davor, dass ein Gericht Vorbringen von Beteiligten nicht folgt oder ihm aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht nachgeht (BVerwG, Beschluss vom 18. April 2018 - 3 A 7.17 - juris Rn. 7). Durfte das Berufungsgericht - wie dargelegt - die Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zu einem Wirtschaftszweig aufgrund eigener Beurteilung unter Verzicht auf Einholung eines Sachverständigengutachtens vornehmen, bestand auch kein Anlass, dem Beweisantrag der Klägerin zu folgen.

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Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Annahme, bei den an der Abnahmestelle hergestellten Produkten handele es sich um Sekundärrohstoffe und nicht um Waren, auch nicht als wahr unterstellt. Vielmehr ist es in Anwendung des § 3 Nr. 14 EEG 2012 i.V.m. der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 aufgrund eigener Beurteilung der Unternehmenstätigkeit der Klägerin zu diesem Ergebnis gelangt. Dass es damit die Tätigkeit anders beurteilt hat als die Klägerin selbst, begründet keine Verletzung des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren.

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2. Der Rechtssache kommt die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu.

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Die von der Klägerin aufgeworfene Frage,

ob der Beklagten bei der Entscheidung über die Einordnung einer Tätigkeit an einer Abnahmestelle unter den Begriff des produzierenden Gewerbes im Sinne von §§ 40 ff. i.V.m. § 3 Nr. 14 EEG 2012 (bzw. bei Bestimmung der Branchenzugehörigkeit im Sinne von § 64 i.V.m. Anlage 4 EEG 2017) ein über den Wortlaut der jeweiligen WZ 2008-Ziffer hinausgehendes, eigenständiges Prüfungs- und Entscheidungsrecht zusteht, so dass die Beklagte die Zuordnung zu einer der Ziffern der WZ 2008 (bzw. der Anlage 4 des EEG 2017) auch nach wertenden Kriterien unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Begrenzungsregelung treffen kann,

bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, da sich ihre Beantwortung ohne Weiteres aus dem Gesetz ergibt. Nach § 40 Satz 1 EEG 2012 begrenzt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle auf Antrag für eine Abnahmestelle die EEG-Umlage, die von Elektrizitätsversorgungsunternehmen an Letztverbraucher, die stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes mit hohem Stromverbrauch oder Schienenbahnen sind, weitergegeben wird, gemäß §§ 41 und 42 EEG 2012. Das Bundesamt entscheidet in eigener Zuständigkeit über die Begrenzung der EEG-Umlage und damit über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Begrenzung (vgl. BT-Drs. 17/6071 S. 62). Zu den Begrenzungsvoraussetzungen gehört nach § 40 i.V.m. § 41 EEG 2012 auch, dass es sich bei der Abnahmestelle um ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes im Sinne der oben (Rn. 2) zitierten Legaldefinition des § 3 Nr. 14 EEG 2012 handelt. Die Regelungen des EEG 2012 verpflichten das Bundesamt weder dazu, die Einstufung einer Abnahmestelle in die Klassifikation der Wirtschaftszweige in Abstimmung mit anderen Behörden (etwa den Statistikbehörden) vorzunehmen, noch sehen sie einen Beurteilungsspielraum des Bundesamts bei der Auslegung des Begriffs des produzierenden Gewerbes vor.

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Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht daraus, dass § 3 Nr. 14 EEG 2012 eine nur "entsprechende Anwendung" der Abschnitte B und C der WZ 2008 vorsieht. Durch die gesetzliche Bezugnahme auf die Abschnitte B und C der WZ 2008 werden diese in das EEG 2012 inkorporiert. Das Bundesamt hat daher bei seiner Beurteilung einer Unternehmenstätigkeit die Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 zugrunde zu legen und sich bei der Rechtsanwendung an den üblichen Methoden der Gesetzesauslegung zu orientieren. Davon ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen (UA S. 15 f.). Für die von der Klägerin angesprochene, darüber hinausgehende "Loslösung" von der durch § 3 Nr. 14 EEG 2012 einbezogenen Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 lässt das Gesetz keinen Raum.

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Das Vorbringen der Klägerin, nach dem Regelungszweck des EEG 2012 habe ihre Tätigkeit nicht anders behandelt werden dürfen als die Herstellung von PET-Flakes aus Primärrohstoffen, wendet sich gegen die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen und die berufungsgerichtliche Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG im konkreten Fall, ohne hierzu rechtsgrundsätzliche Fragen aufzuwerfen.

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Dass die Vorinstanz in einem Verfahren, das die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 14 EEG 2012 auf die Gewinnung von Sekundärbrennstoffen aus Abfällen betrifft, die grundsätzliche Bedeutung der Sache wegen Schwierigkeiten der Einordnung in die WZ 2008 bejaht und die Revision gegen sein in diesem Verfahren ergangenes Urteil zugelassen hat (vgl. nun: BVerwG 8 C 1.18), kann der Grundsatzrüge im vorliegenden Verfahren nicht zum Erfolg verhelfen. An die vorinstanzliche Revisionszulassung ist das Bundesverwaltungsgericht nach § 132 Abs. 1 VwGO unabhängig davon gebunden, ob es die vorinstanzliche Annahme eines Zulassungsgrundes teilt. Überdies betrifft die nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtsgrundsätzliche Frage im Verfahren BVerwG 8 C 1.18 nicht die hier von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, sondern die Richtigkeit der vorinstanzlichen Auslegung und Anwendung einer anderen Ziffer (38.21.0) des Abschnitts E der WZ 2008.

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Nach dem Vorstehenden bedarf es schließlich keiner Entscheidung, ob die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch deshalb zu verneinen ist, weil es sich bei den in Rede stehenden Vorschriften des EEG 2012 um ausgelaufenes Recht handelt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

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