Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 12 K 252/00

Tatbestand

 
(Überlassen von Datev)
Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht des Klägers.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 12. November 1992 wurden durch den Vater des Klägers - Herrn ... - verschiedene Grundstücke sowie die Einzelfirma ... mit Sitz in ... auf den Kläger mit Wirkung zum 01. Januar 1993 unentgeltlich übertragen (vgl. Notarvertrag,...). Am 23. Dezember 1993 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach ... in der Schweiz.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 28. Oktober 1993 gründete der Kläger die Firma ... mit einem Stammkapital von DM 1,5 Mio. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte zum 23. November 1993. Gegenstand des Unternehmens sind nach dem Gesellschaftsvertrag die Entwicklung, Konstruktion, Produktion und der Vertrieb von Lager-, Laden- und Geschäftseinrichtungen, insbesondere aus Metall und der Handel mit Waren aller Art, soweit eine Genehmigung hierfür nicht erforderlich ist. Alleiniger Gesellschafter ist der Kläger (vgl. Gesellschaftsvertrag,...). Geschäftsführer sind der Kläger und ein Herr ... (vgl. Anstellungsverträge, ... und ...). Gemäß Mietvertrag vom 02. Januar 1994 vermietete die Einzelfirma ...- Inhaber ... - mit Wirkung zum 01. Januar 1994 mehrere Betriebsgrundstücke und aufstehende Betriebsgebäude (Flst. ...) sowie Maschinen und Einrichtungen, Kundenstamm, Vertriebsorganisation, vorhandene Zeichnungen, konstruktive Unterlagen, Betriebserfahrungen und Schutzrechte an die ... zu einem Mietzins von insgesamt 7,5 Mio DM p.a. (vgl. Mietvertrag ...).
Mit Gesellschaftsvertrag vom 06. September 1991 errichteten der Kläger und sein Vater die Firma ... mit einem Stammkapital von ebenfalls 1,5 Mio. DM. Der Kläger hielt eine Stammeinlage in Höhe von DM 1,497 Mio. sein Vater ... in Höhe von DM 3.000,-. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 15. November 1991. Gegenstand des Unternehmens sind nach dem Gesellschaftsvertrag die Herstellung und der Vertrieb von Lager-, Laden-, und Geschäftseinrichtungen, insbesondere aus Metall und der Handel mit Waren (vgl. Gesellschaftsvertrag, ...). Geschäftsführer sind der Kläger und ein Herr ... (vgl. Anstellungsverträge, ... und ...). Mit notariellem Vertrag vom 02. Juli 1993 übertrug Herr ... seinen Geschäftsanteil auf den Kläger. Gemäß Mietvertrag vom 15. Dezember 1994 vermietete die Einzelfirma ... - Inhaber ... - mit Wirkung zum 01. Januar 1995 den restlichen Teilbetrieb mit Betriebsgrundstücken und aufstehenden Betriebsgebäuden sowie Kundenstamm, Vertriebsorganisation, vorhandene Zeichnungen, konstruktive Unterlagen, Betriebserfahrungen und Schutzrechte an die ... zu einem Mietzins von insgesamt 32 Mio. DM p.a. (vgl. Mietvertrag, ...).
Durch die abgeschlossenen Mietverträge ist das gesamte Anlagevermögen der Einzelfirma ... an ... die ... bzw. ... die ... verpachtet worden. Die überlassenen Vermögensgegenstände stellen bei den beiden GmbHs unstreitig wesentliche Betriebsgrundlagen dar. Mit Ausnahme von Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen im Rahmen der abgeschlossenen Mietverträge entfaltet die Einzelfirma ... seit Abschluss der Mietverträge keine weiteren Tätigkeiten mehr. Herr ... ist einzelzeichnungsberechtigter Prokurist der Einzelfirma ... I und nach dem Klägervortrag als ständiger Vertreter des Klägers im Inland anzusehen.
Nachdem der Beklagte den Kläger erfolglos zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung für das Jahr 1997 aufgefordert hatte, erließ er mit Datum 22. Februar 2000 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -) stehenden Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag. Die Besteuerungsgrundlagen wurden entsprechend der eingereichten Gewinnermittlung der Einzelfirma ... nach § 162 AO geschätzt. Dem lag die Ansicht des Beklagten zugrunde, dass die Einzelfirma ... trotz des Wegzugs des Klägers als Inhaber eine Betriebsstätte im Inland unterhalte. Der Kläger habe im Inland einen ständigen Vertreter bestellt, der Vertretungsmacht im Verpachtungsunternehmen des Klägers habe und zugleich Geschäftsführer der beiden GmbHs sei. Auch würden die Bediensteten der GmbHs Aufgaben des Verpachtungsunternehmens des Klägers wahrnehmen. Schließlich sei durch den Kläger bislang eine Betriebsaufgabe nicht ausdrücklich erklärt worden, so dass die Bestellung eines inländischen Vertreters Voraussetzung für das Weiterbestehen eines Gewerbebetriebs im Verpachtungsunternehmen sei.
Dagegen legte der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2000, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen hat.
Hiergegen wendet sich der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, mit der vorliegenden Klage.
10 
Zur Begründung trägt er sinngemäß vor, dass die Grundsätze der Betriebsaufspaltung im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen könnten, da aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise der Doppelbesteuerungsabkommen alleine durch die Verpachtung von wesentlichen Betriebsgrundlagen an eine beherrschte inländische Kapitalgesellschaft keine Betriebsstätte begründet werden könne. Der Kläger unterhalte für das Einzelunternehmen im Inland keine Geschäftsräume und eine Teilnahme des Klägers am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr über die GmbHs könne nicht fingiert werden. Bei der Tätigkeit der GmbHs für das Einzelunternehmen ... handele es sich um eine reine Auftragsabwicklung, die gegenüber jedem anderen Unternehmen oder jeder anderen Person ebenfalls erfolgen könne, ohne dass für dieses Unternehmen die Entscheidungen von dem Beauftragten getroffen würden. Die wesentlichen Entscheidungen würden vom Kläger selbst getroffen und erfolgten am Wohnsitz in der Schweiz.
11 
Durch die Bestellung eines ständigen Vertreters werde nur bewirkt, dass es sich um beschränkt einkommensteuerpflichtige Einkünfte handele, nicht jedoch, dass eine Betriebsstätte im Sinne des Gewerbesteuergesetzes gegeben sei.
12 
Da die Regelungen über die Betriebsaufspaltung somit nicht anzuwenden seien, liege eine Betriebsverpachtung von zwei Teilbetrieben vor, die nicht der Gewerbesteuer unterliege.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 1997 vom 22. Februar 2000 in der geänderten Form vom 02. Juni 2003 und vom 19. August 2003 sowie die Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2000 ersatzlos aufzuheben . Er beantragt ferner , die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären und hilfsweise die Revision zuzulassen . Schließlich beantragt er , gemäß § 99 Finanzgerichtsordnung über die Frage der Gewerbesteuerpflicht vorab zu entscheiden .
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen .
17 
Es sei von einer Betriebsaufspaltung auszugehen, weil sowohl eine personelle als auch eine sachliche Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen gegeben sei. Neben der eindeutigen personellen Verflechtung sei auch wegen des im Inland eingesetzten Prokuristen von einer sachlichen Verflechtung auszugehen. Durch diesen nehme der Kläger am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil und unterhalte damit eine Betriebsstätte im Inland.
18 
Während des Klageverfahrens wurden aufgrund einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung geänderte Gewerbesteuermessbescheide (Rechentermine 02. Juni 2003 und 19. August 2003) für das Jahr 1997 erlassen. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nach § 164 Abs. 2 AO aufgehoben (vgl. GABl 53).
19 
Durch Gerichtsbescheid des erkennenden Senats vom 20. Januar 2004 wurde die Klage abgewiesen (GABl 174). Der Gerichtsbescheid wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30. Januar 2004 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2004 hat diese form- und fristgerecht Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
20 
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte, den vom Beklagten nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (2 Bände Allgemeine Akten, 1 Band Gewerbesteuerakten) sowie dem Inhalt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vom 21. April 2004 entnommen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Klage ist unbegründet.
22 
Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist dabei ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird. Das Einzelunternehmen des Klägers hat seinen Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz und ist damit dort ansässig (Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz). Nach Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz dürfen Unternehmensgewinne nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, wenn nicht das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Die in diesem Zusammenhang maßgebliche Definition des Begriffs "Betriebsstätte" richtet sich nach Art. 5 DBA-Schweiz. Die dort enthaltene Begriffsbestimmung geht im Rahmen der Anwendung des Abkommens derjenigen in § 12 Abgabenordnung (AO) vor (Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz; BFH-Urteil vom 16. Mai 2001 I R 47/00, BStBl II 2002, 846).
23 
Die Entscheidung, ob eine ausländische Besitzgesellschaft im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die zur Gewerbesteuerpflicht führt, ist dabei allein nach den Gegebenheiten des Besitzunternehmens zu treffen; die gewerbliche Tätigkeit der inländischen Betriebsgesellschaft allein macht diese gesonderte Entscheidung nicht entbehrlich (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1991 I R 98/88, BStBl II 1992, 246 m.w.N.).
24 
Ob der Kläger im Streitfall über eine inländische Betriebsstätte verfügt, ist letztlich nach dem Betriebsstättenbegriff des Art. 5 Abs. 4 DBA-Schweiz zu bestimmen. Danach wirkt eine Tätigkeit für ein ausländisches Unternehmen im Inland betriebsstätten- und damit auch die Gewerbesteuerpflicht begründend, wenn ein abhängiger Vertreter anstelle des Unternehmens in dessen Betrieb fallende Tätigkeiten vornimmt, soweit es sich nicht um gänzlich untergeordnete Hilfstätigkeiten handelt bzw. die Tätigkeit sich auf den Einkauf von Gütern oder Waren beschränkt und der Vertreter eine Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen und die Vollmacht im Inland gewöhnlich ausübt.
25 
Als abhängiger Vertreter in diesem Sinne sind zum einen die beiden GmbHs anzusehen, denn auch ein Pächter eines Gewerbebetriebs, der den Verpächter in der Erfüllung der Verpächteraufgaben unterstützt, kann abhängiger Vertreter sein (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 1978 I R 136/77, BStBl II 1978, 494). Dies ist dann der Fall, wenn der Pächter über seine Pächterpflichten hinaus die wirtschaftlichen Interessen des Verpächters hinsichtlich der Erhaltung, Erneuerung oder Erweiterung der Betriebseinrichtungen wahrzunehmen übernommen hat, also Handlungen vornimmt, die in den betrieblichen Bereich des Verpächters fallen (BFH-Urteil vom 12. April 1978 I R 136/77, a.a.O.). Aus Ziffer 6.3. der mit den GmbHs abgeschlossenen Mietverträge ist abzuleiten, dass die GmbHs zur Wahrnehmung der Verpächterinteressen des Klägers bevollmächtigt und bestellt waren. Laut den Mietverträgen gehen werterhöhende Investitionen, Großreparaturen und andere nach steuerlichen Grundsätzen aktivierungspflichtige Aufwendungen zu Lasten der Vermieterin und gelten als mitvermietet. Die Mieterin wickelt die entsprechenden Maßnahmen im Einvernehmen mit der Vermieterin ab. Daraus folgt, dass die GmbHs die entsprechenden Maßnahmen im Namen des Klägers und auf dessen Rechnung abwickeln, mithin im eigentlichen Pflichtenkreis des Verpächters tätig werden. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Buchhaltung der Geschäfts vorfalle des Klägers unentgeltlich von Angestellten der ... miterledigt worden sind, wobei nach den Feststellungen der Zentralen Konzern- und Großbetriebsprüfungsstelle der Oberfinanzdirektion ... allein in einem Prüfungsjahr 159 Eingangsrechnungen angefallen sind (Blatt 80 Allgemeine Akte, Betriebsaufspaltung).
26 
Als weiterer bevollmächtigter abhängiger Vertreter ist Herr ... anzusehen. Dieser ist einzelzeichnungsberechtigter Prokurist des klägerischen Verpachtungsunternehmens und führt insoweit die Geschäfte des Klägers im Inland. Als solcher wird er vom Kläger selbst als ständiger inländischer Vertreter seines Verpachtungsunternehmens angesehen mit der einkommensteuerrechtlichen Folge, dass durch die Wohnsitzverlegung von keiner Betriebsaufgabe, sondern beschränkt steuerpflichtigen gewerblichen Einkünften des Klägers auszugehen ist. Aufgrund des gegebenen einheitlichen Lebenssachverhalts ist diese einkommensteuerliche Sichtweise dann auch der Gewerbesteuer zugrunde zu legen.
27 
Im Ergebnis ist somit von einer aufgrund des abhängigen Vertreters (...) bzw. der abhängigen Vertreter (GmbHs) vermittelten gewerblich tätigen inländischen Betriebsstätte des Klägers auszugehen, mit der Folge der inländischen Gewerbesteuerpflicht. Die gewerbliche Tätigkeit folgt aus den Grundsätzen der unstreitig vorliegenden Betriebsaufspaltung (persönliche Verflechtung in der Person des Klägers als Alleingesellschafter; sachliche Verflechtung durch die Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen), die auch gelten, wenn das Besitzunternehmen im Ausland ansässig ist, zumindest dann, wenn das Besitzunternehmen ursprünglich im Inland ansässig gewesen ist und durch die Bestellung eines inländischen Vertreters eine Betriebsaufgabe vermieden werden soll.
28 
Der Erlass eines Grundurteils nach § 99 Abs. 1 FGO setzt voraus, dass ein Anspruch nach Grund und Betrag strittig ist. Im Rahmen des gesamten Prozessvortrages ist für den erkennenden Senat ein Streit über die Höhe der Gewerbesteuer nicht ersichtlich. Seitens der Klägerseite erfolgte keinerlei Vortrag, inwieweit einzelne Festsetzungsgrundlagen unzutreffend sein könnten. Spätestens in der mündlichen Verhandlung vordem erkennenden Senat wäre hierfür ein substantiierter Vortrag erforderlich gewesen, der das Gericht in die Lage versetzt hätte, bestehende Streitpunkte zu erkennen. Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens kein Streit über die Höhe der Gewerbesteuer besteht, war der Antrag auf Erlass eines Grundurteils abzulehnen und durch Endurteil zu entscheiden.
29 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
30 
Die Zuziehung der Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerseite durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Das Gericht erachtet hiernach die Zuziehung der Bevollmächtigten für das Vorverfahren als notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
31 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung - Frage der Gewerbesteuerpflicht bei einer Betriebsaufspaltung über die Grenze - zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Gründe

 
21 
Die Klage ist unbegründet.
22 
Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist dabei ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird. Das Einzelunternehmen des Klägers hat seinen Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz und ist damit dort ansässig (Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz). Nach Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz dürfen Unternehmensgewinne nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, wenn nicht das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Die in diesem Zusammenhang maßgebliche Definition des Begriffs "Betriebsstätte" richtet sich nach Art. 5 DBA-Schweiz. Die dort enthaltene Begriffsbestimmung geht im Rahmen der Anwendung des Abkommens derjenigen in § 12 Abgabenordnung (AO) vor (Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz; BFH-Urteil vom 16. Mai 2001 I R 47/00, BStBl II 2002, 846).
23 
Die Entscheidung, ob eine ausländische Besitzgesellschaft im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die zur Gewerbesteuerpflicht führt, ist dabei allein nach den Gegebenheiten des Besitzunternehmens zu treffen; die gewerbliche Tätigkeit der inländischen Betriebsgesellschaft allein macht diese gesonderte Entscheidung nicht entbehrlich (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1991 I R 98/88, BStBl II 1992, 246 m.w.N.).
24 
Ob der Kläger im Streitfall über eine inländische Betriebsstätte verfügt, ist letztlich nach dem Betriebsstättenbegriff des Art. 5 Abs. 4 DBA-Schweiz zu bestimmen. Danach wirkt eine Tätigkeit für ein ausländisches Unternehmen im Inland betriebsstätten- und damit auch die Gewerbesteuerpflicht begründend, wenn ein abhängiger Vertreter anstelle des Unternehmens in dessen Betrieb fallende Tätigkeiten vornimmt, soweit es sich nicht um gänzlich untergeordnete Hilfstätigkeiten handelt bzw. die Tätigkeit sich auf den Einkauf von Gütern oder Waren beschränkt und der Vertreter eine Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen und die Vollmacht im Inland gewöhnlich ausübt.
25 
Als abhängiger Vertreter in diesem Sinne sind zum einen die beiden GmbHs anzusehen, denn auch ein Pächter eines Gewerbebetriebs, der den Verpächter in der Erfüllung der Verpächteraufgaben unterstützt, kann abhängiger Vertreter sein (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 1978 I R 136/77, BStBl II 1978, 494). Dies ist dann der Fall, wenn der Pächter über seine Pächterpflichten hinaus die wirtschaftlichen Interessen des Verpächters hinsichtlich der Erhaltung, Erneuerung oder Erweiterung der Betriebseinrichtungen wahrzunehmen übernommen hat, also Handlungen vornimmt, die in den betrieblichen Bereich des Verpächters fallen (BFH-Urteil vom 12. April 1978 I R 136/77, a.a.O.). Aus Ziffer 6.3. der mit den GmbHs abgeschlossenen Mietverträge ist abzuleiten, dass die GmbHs zur Wahrnehmung der Verpächterinteressen des Klägers bevollmächtigt und bestellt waren. Laut den Mietverträgen gehen werterhöhende Investitionen, Großreparaturen und andere nach steuerlichen Grundsätzen aktivierungspflichtige Aufwendungen zu Lasten der Vermieterin und gelten als mitvermietet. Die Mieterin wickelt die entsprechenden Maßnahmen im Einvernehmen mit der Vermieterin ab. Daraus folgt, dass die GmbHs die entsprechenden Maßnahmen im Namen des Klägers und auf dessen Rechnung abwickeln, mithin im eigentlichen Pflichtenkreis des Verpächters tätig werden. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Buchhaltung der Geschäfts vorfalle des Klägers unentgeltlich von Angestellten der ... miterledigt worden sind, wobei nach den Feststellungen der Zentralen Konzern- und Großbetriebsprüfungsstelle der Oberfinanzdirektion ... allein in einem Prüfungsjahr 159 Eingangsrechnungen angefallen sind (Blatt 80 Allgemeine Akte, Betriebsaufspaltung).
26 
Als weiterer bevollmächtigter abhängiger Vertreter ist Herr ... anzusehen. Dieser ist einzelzeichnungsberechtigter Prokurist des klägerischen Verpachtungsunternehmens und führt insoweit die Geschäfte des Klägers im Inland. Als solcher wird er vom Kläger selbst als ständiger inländischer Vertreter seines Verpachtungsunternehmens angesehen mit der einkommensteuerrechtlichen Folge, dass durch die Wohnsitzverlegung von keiner Betriebsaufgabe, sondern beschränkt steuerpflichtigen gewerblichen Einkünften des Klägers auszugehen ist. Aufgrund des gegebenen einheitlichen Lebenssachverhalts ist diese einkommensteuerliche Sichtweise dann auch der Gewerbesteuer zugrunde zu legen.
27 
Im Ergebnis ist somit von einer aufgrund des abhängigen Vertreters (...) bzw. der abhängigen Vertreter (GmbHs) vermittelten gewerblich tätigen inländischen Betriebsstätte des Klägers auszugehen, mit der Folge der inländischen Gewerbesteuerpflicht. Die gewerbliche Tätigkeit folgt aus den Grundsätzen der unstreitig vorliegenden Betriebsaufspaltung (persönliche Verflechtung in der Person des Klägers als Alleingesellschafter; sachliche Verflechtung durch die Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen), die auch gelten, wenn das Besitzunternehmen im Ausland ansässig ist, zumindest dann, wenn das Besitzunternehmen ursprünglich im Inland ansässig gewesen ist und durch die Bestellung eines inländischen Vertreters eine Betriebsaufgabe vermieden werden soll.
28 
Der Erlass eines Grundurteils nach § 99 Abs. 1 FGO setzt voraus, dass ein Anspruch nach Grund und Betrag strittig ist. Im Rahmen des gesamten Prozessvortrages ist für den erkennenden Senat ein Streit über die Höhe der Gewerbesteuer nicht ersichtlich. Seitens der Klägerseite erfolgte keinerlei Vortrag, inwieweit einzelne Festsetzungsgrundlagen unzutreffend sein könnten. Spätestens in der mündlichen Verhandlung vordem erkennenden Senat wäre hierfür ein substantiierter Vortrag erforderlich gewesen, der das Gericht in die Lage versetzt hätte, bestehende Streitpunkte zu erkennen. Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens kein Streit über die Höhe der Gewerbesteuer besteht, war der Antrag auf Erlass eines Grundurteils abzulehnen und durch Endurteil zu entscheiden.
29 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
30 
Die Zuziehung der Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerseite durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Das Gericht erachtet hiernach die Zuziehung der Bevollmächtigten für das Vorverfahren als notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
31 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung - Frage der Gewerbesteuerpflicht bei einer Betriebsaufspaltung über die Grenze - zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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