Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 1 K 2953/20

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Arrestanordnung vom 22.11.2019 i.H. von 1.427.128,30 Euro zur Einkommensteuer für 2013 bis 2016 (Streitjahre).
1. Der Kläger, geboren [ ___ ] in Y /China, ist mit einer B A, [ ___ ] geborene C, verheiratet. Die Ehe wurde [ ___ ] in W / Deutschland geschlossen. Sie haben das gemeinsame Kind K 2 A, [ ___ ] in V / Deutschland (Geburtsurkunde, ESt-Akte, Lasche 2004, Bl. 5). Die Ehefrau ist zudem die Mutter von K 1 A, [ ___ ] in V / Deutschland. Vater von K 1 ist ein P C, [ ___ ], wohnhaft in U / Deutschland (ESt-Akte, Lasche 2005, Bl. 2 und EA I, Bl. 206).
Der Kläger absolvierte in Deutschland von [ ___ ] ein technisches Studium an der Universität J / Deutschland und schloss mit dem akademischen Grad eines Diplom-Ingenieurs ab.
Die Ehefrau kam im Jahr [ ___ ] ins Inland (Antrag auf Eröffnung eines Girokontos vom 28.10.1991, EA II, Bl. 61).
Der Kläger und seine Ehefrau sind seit [ ___ ] 2001 deutsche Staatsangehörige (vgl. zuletzt Reisepass, ausgestellt durch die Stadt H am [ ___ ]2013, gültig bis [ ___ ]2023, Anlage 18 zum Schreiben vom 22.7.2021, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 400 und BMO, Bl. 67 ff.). Er besitzt seit 1996 einen deutschen und einen chinesischen Führerschein, der am [ ___ ]2004 ausgestellt wurde (a.a.O., Bl. 430). Von [ ___ ] bis [ ___ ]2013 hatte er ein Touristenvisum für China (a.a.O., Bl. 404). Vom [ ___ ]2013 bis [ ___ ]2014, [ ___ ]2014 bis [ ___ ]2019 und [ ___ ]2019 bis [ ___ ]2023 war bzw. ist er Inhaber einer chinesischen Aufenthaltserlaubnis (Residence Permit for Foreigner in the People’s Republic of China -PRC-, a.a.O., Bl. 419 f. - purpose of residence: „Funktionen“ bzw. „Arbeit“). Am [ ___ ]2013 wurde ihm zunächst bis zum [ ___ ]2016 und am [ ___ ]2016 eine bis zum [ ___ ]2018 gültige Arbeitserlaubnis für China erteilt (Alien Employment Permit, a.a.O., Bl. 421 bis 426 - occupation or status: „P Technik X“).
Steuerlich bescheinigte ihm ein Direktor der Steuerverwaltung von [ ___ ], einem Stadtbezirk der bezirksfreien Stadt [ ___ ] in der chinesischen Provinz [ ___ ] (rund 360 km von X entfernt), dass er in den Jahren 2013 bis 2018 „Chinese fiscal resident“ gewesen sei (Anlage K 5 zum Schriftsatz vom 11.4.2022, Gerichtsakte zum 1 K 2898/21, Bl. 68 bis 73). Für das Jahr 2019 liegt eine Bescheinigung der Steuerverwaltung von [ ___ ], einem Stadtbezirk der regierungsunmittelbaren Stadt X, vor, wonach der Kläger „Chinese fiscal resident“ sei (Rb-Akte, Bl. 14 und Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 539). Für die Jahre 2012 bis 2019 hat der Bevollmächtigte Bescheinigungen des Staatlichen Hauptfinanzamts der Stadt X, Stadtbezirk [ ___ ] vorgelegt, wonach der Kläger in 2012 auf seinen Lohn und Gehalt Steuern von 352.020 Yuan, 2017 von 15.490 Yuan, 2018 von 92.475 Yuan und 2019 von 91.080 Yuan gezahlt habe (Anlage K4 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 30.6.2021, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 110 und Bl. 113 und Anlage K1 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 31.5.2022, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 573 ff.).
2. Der Kläger war von 1997 bis 2003 in V / Deutschland und sodann bis 2007 in H einwohnerrechtlich gemeldet. Nochmals war er in H von [ ___ ] bis [ ___ ]2013 gemeldet (vgl. Auskunft über das Meldeportal vom 4.5.2022, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 499 ff. und Anlage K20 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 20.10.2021, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 427).
Er wohnte nach seinem Studium bis 2000 in der [ ___] -Straße xx in V / Deutschland und anschließend mit seiner Ehefrau bis 2003 in der [ ___ ]-Allee x in V / Deutschland.
Mit Notarvertrag vom [ ___ ]2003 erwarben beide Eheleute je hälftiges Miteigentum am Grundstück [ ___ ]-weg x in H. Die Finanzierungsdarlehen wurde vom Kläger und seiner Ehefrau i.H. von 235.000 Euro bei der Bank I (Bank I) aufgenommen (EA II, Bl. 74 ff.). Das Objekt, ein Reihenhaus, veräußerten sie 2015 an eine Mitarbeiterin, eine [ ___ ] (Auszug aus dem Grundbuch von H Nr. xxxx, Amtsgericht -AG- V / Deutschland, Flst-Nr. xxx mit 181 m², Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 515 ff.).
10 
Bereits mit notariellem Kaufvertrag vom [ ___ ]2013 erwarben der Kläger und seine Ehefrau ein bebautes Grundstück in der [ ___ ] Straße Y in G zu jeweils hälftigem Miteigentum (Auszug aus dem Grundbuch von [ ___ ], AG V / Deutschland, Gemeinde G, Flst-Nr. xxx und xxx mit insgesamt 1.703 m², Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 486 ff. und EW-Akte, Bl. 10 ff.). Den notariellen Kaufvertrag unterschrieben der Kläger und seine Ehefrau ebenso wie den mit der Baufirma am [ ___ ]2013 geschlossenen Bauvertrag jeweils eigenhändig (EA I, Bl. 48 und Bl. 82 sowie EW-Akte, Bl. 14).
11 
Der Kaufpreis für das bebaute Objekt betrug 239.000 Euro (ohne Nebenkosten). Von der Stadt G wurde am 24.2.2014 die Baugenehmigung für den Abriss des Bestandsgebäudes und den Neubau eines Einfamilienhauses nebst Garage mit vier Stellplätzen, Fahrrad- und Müllabstellraum sowie zwei Gästestellplätzen im Untergeschoss des Gebäudes erteilt (EA I, Bl. 6 und EW-Akte, Bl. 18; vgl. Baupläne, EA I, Bl. 18 ff. und Lageplan, EW-Akte, letztes Bl.). Baubeginn war im März 2014 (EA I, Bl. 82). Laut den Angaben des Klägers und seiner Ehefrau im Fragebogen zur Einheitsbewertung vom 24.8.2017 beträgt die Wohnfläche 801 m². Es sind eine Sauna und ein Schwimmbad mit 38 m² vorhanden. Das neu errichtete Wohngebäude wurde im Jahr 2016 fertiggestellt und bezogen (EA I, Bl. 10 ff. und EW-Akte, Bl. 21 f.; vgl. Fotos, EA I, Bl. 15 ff.).
12 
Die Baukosten für das Gebäude in der [ ___ ] Straße Y in G von rund drei Millionen Euro trug der Kläger allein (Schreiben von Rechtsanwalt R vom 31.8.2017, S. 1, BMO, Bl. 224).
13 
Der Kläger und seine Ehefrau unterschrieben die beim Beklagten (Finanzamt -FA-) eingereichte Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts am 10.10.2017 jeweils eigenhändig (EA I, Bl. 55 und EW-Akte, Bl. 25). Gleiches gilt für den Fragebogen zur Einheitsbewertung, welchen beide am 24.8.2017 unterzeichneten. Dabei wurde beim Ort der Unterschrift des Klägers zuerst G vermerkt, dann durchgestrichen und durch X ersetzt (EA I, Bl. 11 und EW-Akte, Bl. 22).
14 
3. Sein Sohn K 2 besuchte zunächst ab dem Jahr 2007 die Ganztagesbetreuung des Kindergartens (ESt-Akte, Lasche 2007, Bl. 14), ab 2010 die Schule mit Ganztages- und Schulhortbetreuung (ESt-Akte, Lasche 2010, Bl. 11) jeweils in H und später das örtliche Gymnasium in H bzw. ab dem Umzug in G. Seit 2019 besuchte er die Deutsche Schule in X (Nachweise in Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 73 bis 76) und schloss diese im [ ___ ] mit dem Abitur ab. Nach Angaben des Klägers will K 2 in Deutschland studieren, da er die chinesische Sprache (ebenso wie K 1) nicht hinreichend gut beherrscht, um in China studieren zu können. K 2 ist seit dem [ ___ ]2015 einwohnerrechtlich mit seiner alleinigen Wohnung in G (vorher in H) gemeldet (Einwohnermeldeamt vom 30.6.2022, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 597).
15 
Der Sohn der Ehefrau, K 1, besuchte zunächst Schulen in Deutschland und in der Zeit von August 2013 bis Juli 2017 die Deutsche Schule in X (Nachweise in Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 66 bis 72). Er legte in X das Abitur im Jahr [ ___ ] ab und studiert seitdem Informatik und Wirtschaftspsychologie in S und wohnt noch „zu Hause“ in G (vgl. Einwohnermeldeamt vom 30.6.2022 und Niederschrift zum Erörterungstermin vom 1.6.2022, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 587 und 598).
16 
4. Der Kläger ist Inhaber verschiedener Unternehmen mit ca. 320 Arbeitnehmern in China und 3 bis 4 Arbeitnehmern in Deutschland.
17 
Er hält jeweils 90 Prozent an einer M GmbH und einer Werkzeug GmbH (nachfolgend: Werkzeug GmbH) jeweils mit Geschäftsanschrift in der [ ___ ] - Allee xx/x in V / Deutschland. Weitere Gesellschafterin beider Unternehmen ist seine Ehefrau zu 10 Prozent.
18 
a) Die M GmbH (HRB xxxxx) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom [ ___ ].1994 gegründet (Firmenname zu Beginn: A GmbH Im- und Export, [ ___] -Straße xx in V / Deutschland). Gegenstand des Unternehmens war zunächst der Einzelhandel mit [ ____ ] (EA II, Bl. 67), später der Im- und Export von Waren aller Art, ausgenommen Lebensmitteln. Nachdem sich der Geschäftssitz zwischenzeitlich bis 2006 in der [ ___ ] -Allee yyy/y befand (EA II, Bl. 67), ist Geschäftsanschrift seitdem die [ ___ ] -Allee xx/x in V / Deutschland.
19 
Die Beteiligungshöhe des Klägers und seiner Ehefrau an der M GmbH schwankt seit der Gründung im Jahr 1994 aufgrund von Schenkungen zwischen den Eheleuten (zuletzt im Jahr 2014) und der anfänglichen Beteiligung einer [ ___ ] (vgl. EA I, BI. 148). Der Kläger war bis zum 4.8.2006 Geschäftsführer der M GmbH; seitdem ist seine Ehefrau Geschäftsführerin (von März 2017 bis Januar 2019 war ein GF weiterer Geschäftsführer). Prokuristin ist seit Oktober 2014 eine GFin (Auszug aus dem Handelsregister des AG G / Deutschland, HRB xxxxx, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 507 f.).
20 
aa) Auf der Homepage der M GmbH heißt es unter „Über uns“ [ ___ ], zuletzt eingesehen am 15.6.2022):
21 
[ ___ ]
22 
Es finden sich sodann elektronische Kontaktmöglichkeiten mit M Deutschland, MX und M Taiwan.
23 
Weiter wird ausgeführt (Über uns - Stärke):
24 
[ ___ ]
25 
[ ___ ]
26 
bb) In den Jahren 2015 bis 2018 war die M GmbH an einer Werkmaschinen GmbH & Co. KG, Deutschland -einer Einkaufsgesellschaft- als Kommanditistin mit einer Einlage i.H. von 60.000 Euro beteiligt. Die Gesellschaft hatte neben der Komplementärin vier weitere Kommanditisten als Gesellschafter (Handelsregister des AG [ ___ ]).
27 
cc) Laut ihren Jahresabschlüssen erzielte die M GmbH folgende Gewinne und Umsätze (in Euro, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 594):
28 
Jahr   
Gewinn
Ausgangsumsätze
davon Ausfuhr Drittland
Materialaufwand
Personalaufwand
                                                     
2013   
56.967,17
2.590.142,62
2.360.047,24
2.351.430,34
117.937,58
2014   
40.337
4.027.002,99
2.680.489,38
3.712.151,41
199.373,53
2015   
-24.429,78
3.084.707,70
2.856.603,79
2.811.869,12
214.506,75
2016   
35.456,70
3.420.784,23
3.347.555,57
3.040.519,08
148.921,87
2017   
65.327,47
3.375.379,95
3.241.025,92
2.899.524,61
238.857,93
2018   
- 303.772,61
3.145.653,55
3.145.094,55
3.125.849,86
269.466,76
29 
Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung (Bp) des FA G fungiert die M GmbH als Einkaufsgesellschaft. Der Einkauf findet hauptsächlich in Deutschland und der EU statt. Die Veräußerung erfolgt ins Drittland, hauptsächlich an verbundene Unternehmen in China. Die M GmbH erbringt außerdem sonstige Leistungen an verbundene Unternehmen in Form von Marketing und technischen Support.
30 
Aufgrund dessen wurde der von der M GmbH berechnete Aufschlagssatz von 3 Prozent als zu gering eingeschätzt. Vielmehr ging die Bp von einem Aufschlagssatz von 5 Prozent aus. Nach dem Bp-Bericht vom 28.10.2020 sei deshalb für die Jahre 2014 bis 2016 eine Korrektur des Gewinnaufschlags bei Lieferungen an verbundene Unternehmen nach § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) i.H. von 50.000 Euro pro Jahr vorzunehmen (Tz. 24, Kopie der Bp-Akte im Verfahren 1 K 2953/20 und Aktenvermerk vom 20.10.2020, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 601).
31 
b) Die Werkzeug GmbH (HRB xxxxx) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom [ ___ ].2014 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Handel von und mit Werkzeugen aller Art. Geschäftsführerin ist von Anfang an die Ehefrau des Klägers (von Oktober 2014 bis März 2015 gemeinsam mit einem GL und von Oktober 2016 bis März 2019 mit GF, Auszug aus dem Handelsregister des AG G, HRB xxxxx, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 511 f.).
32 
Die Werkzeug GmbH erwirtschaftete nach ihren Jahresabschlüssen folgende Gewinne und Umsätze (in Euro; Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 593):
33 
Jahr   
Gewinn
Ausgangsumsätze
davon Regelsteuersatz
Materialaufwand
Personalaufwand
                                                     
2014   
- 28.697,44
-       
-       
31,60 
22.096,80
2015   
- 26.497,98
823.384,90
686.400,37
646.232,37
151.909,77
2016   
9.865,49
965.764,04
871.536,51
744.425,13
157.367,17
2017   
- 20.956,45
1.186.549,80
955.783,53
997.586,38
171.778,76
2018   
3.179,02
1.864.073,91
1.261.114,92
1.584.918,59
220.782,19
34 
Nach dem Bp-Bericht vom 20.10.2020 ist die Werkzeug GmbH eine Vertriebsgesellschaft. Der Einkauf erfolgt in China (vornehmlich bei der Werkzeug Ltd.). Geliefert wird an Unternehmen im Inland (auch an verbundene Unternehmen wie die M GmbH) und in der EU. Nach dem Bp-Bericht vom 2.2.2021 ist eine Korrektur der Verrechnungspreise für die Jahre 2015 bis 2018 aufgrund der erst begonnenen Tätigkeit der Werkzeug GmbH nicht vorzunehmen. Die anfänglichen Verluste seien vielmehr hinzunehmen (Tz. 13, Kopie der Bp-Akte im Verfahren 1 K 2953/20 und Aktenvermerk vom 20.10.2020, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 602).
35 
c) In China ist der Kläger zu 100 Prozent insbesondere an folgenden Unternehmen beteiligt, die er ab 2001 gegründet hat:
             
→   
Werkzeug [ ___ ] Ltd., X (nachfolgend: Werkzeug Ltd.),
→   
[ ___ ] Ltd., X (auch als [ ___ ] Ltd. bezeichnet; nachfolgend: Gew Ltd.),
→   
X M Co. Ltd. (nachfolgend: M Ltd.) als mittelbare Beteiligung über die Werkzeug Ltd. (80 Prozent) und die Gew Ltd. (20 Prozent),
→   
[ ___ ] X Co. Ltd. (nachfolgend: T Ltd.) und
→   
Werkzeug Ltd, X.
36 
Insgesamt habe der Kläger -so der Bevollmächtigte- in China und Taiwan zehn Firmen. Zu den Umsätzen und Gewinnen dieser Firmen machte er keine detaillierten Angaben. Er teilte lediglich mit, dass die chinesischen Firmen „im streitgegenständlichen Zeitraum bis 2019/2020“ umgerechnet mehr als 15,5 Mio. Euro „an Steuern“ in China bezahlt hätten (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 31.5.2022, S. 4, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 571). Zu seinen Einkünften gibt der Kläger insoweit an, in den Streitjahren habe er sich „nur wenig Geschäftsführergehalt ausgezahlt“. Vielmehr habe er „überwiegend von ... (den) Gewinnausschüttungen (der chinesischen Firmen) gelebt“ (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 31.5.2022, S. 2, a.a.O., Bl. 569).
37 
5. Bis einschließlich 2007 wurden der Kläger und seine Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2006 gab der Kläger die Anschrift [ ___ ] in X an. Auf der Einkommensteuererklärung für 2006 findet sich der handschriftliche Hinweis der Sachbearbeiterin des FA: „Telefonat mit StB am 31.3.08, H. A hat inl. Wohnsitz aufgegeben.“ Deshalb begehrte der Kläger die steuerliche Freistellung von chinesischem Arbeitslohn i.H. von 13.750 Euro (ESt-Akte, Lasche 2006, Bl. 2).
38 
Das FA teilte dem Kläger mit Schreiben vom 29.7.2008 mit, dass er nach den eingereichten Unterlagen und Erläuterungen seinen steuerlichen Wohnsitz im Inland beibehalten habe und damit unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei (ESt-Akte, Lasche 2006, Bl. 18). Auch die Sachbearbeiterin für internationales Steuerrecht teilte diese Einschätzung der Veranlagung (ESt-Akte, Lasche 2006, Bl. 28).
39 
Mit Schreiben vom 14.1.2009 bestätigte die damalige Steuerberaterin, dass der Kläger weiterhin seinen Wohnsitz in Deutschland habe (EA I, Bl. 268 und Rb-Akte, Bl. 48). Daraufhin wurde die Eigenheimzulage ab 2007 bis 2010 für das Reihenhaus in der [ ___ ]-weg x in H mangels Wohnsitzverlagerung nach China festgesetzt (Aktenvermerk des FA vom 4.2.2009, Gerichtsakte zu 1 K 2898/21, Bl. 63).
40 
Für das Jahr 2007 erklärte der Kläger einen steuerpflichtigen Arbeitslohn aus China i.H. von 34.067 Euro (ESt-Akte, Lasche 2007, Bl. 17). Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung machte er Werbungskosten für die angemietete Wohnung in China geltend (ESt-Akte, Lasche 2007, Bl. 19).
41 
Im September 2007 erwarben der Kläger und seine Ehefrau unter der Adresse Q xxx in X (der Ladungsanschrift) eine Immobilie zu jeweils hälftigem Miteigentum. In China -so der Bevollmächtigte- sei gesetzlich geregelt, dass Eheleute eine Immobilie nur jeweils zu hälftigem Eigentum erwerben könnten. Das Objekt sei seinerzeit (ohne Einrichtung) für rund 900.000 Euro gekauft worden. Davon habe der Kläger ca. 30 Prozent durch Eigenkapital, den Rest durch ein Darlehen finanziert. Die Immobilie sei zum heutigen Zeitpunkt ein Vielfaches wert (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 31.5.2022, S. 2 und S. 4, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 569 und 571; vgl. Fotos, Anlage 2 zum Schriftsatz vom 1.7.2020, Rb-Akte, Bl. 63 ff.).
42 
Auf der Einkommensteuererklärung der Ehefrau für 2008 wurde von der Sachbearbeiterin des FA notiert: „Telefonat mit StB, Ehemann lebt seit 2007 wieder in China à Einzelveranlagung der EF.“ (ESt-Akte, Lasche 2008, Bl. 1)
43 
Mit Schreiben vom 5.7. 2010 teilte das FA in einem Schreiben an die Ehefrau mit, dass der Kläger nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig sei, da sich sein Wohnsitz im Ausland befinde. Ab 1.1.2008 erhielt die Ehefrau für die daher anstehende Einzelveranlagung eine neue Steuernummer (xxxxx/xxxxx; ESt-Akte, vor Lasche 2008, Bl. 2 und EA I, Bl. 93).
44 
Die Ehefrau erklärte für die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Geschäftsführerin der M GmbH und der Werkzeug GmbH zwischen 32.500 Euro (2012) und 117.600 Euro (2018).
45 
Mit Bescheiden jeweils vom 28.6.2021, wurden der Kläger und seine Ehefrau für die Veranlagungszeiträume 2013 bis 2018 unter der Steuernummer xxxxx/yxyxy wieder zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (vgl. ESt-Akte, Bl. 105 ff.). Mit weiteren Bescheiden ebenfalls vom 28.6.2021 wurde die Einzelveranlagungen der Ehefrau für diese Veranlagungszeiträume aufgehoben.
46 
6. Im August 2017 ließ sich der Kläger von einer Rechtsanwaltskanzlei darüber beraten, ob der Umstand, dass er die Aufwendungen für die Herstellung des Gebäudes in der [ ___ ] Straße Y in G allein getragen habe, Schenkungsteuer auslöse, da seine Ehefrau hälftige Miteigentümerin des Grundstücks sei. Ein Rechtsanwalt R erläuterte, dass der Vorgang nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) schenkungsteuerbefreit sei, da mit diesem Gebäude ein eigengenutztes Familienheim errichtet worden sei. Die Schenkungsteuerbefreiung könne nicht daran scheitern, dass der Kläger dort keinen Wohnsitz begründet habe, denn eine Nutzung durch die Ehefrau reiche nach einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Berlin vom 28.1.2003 5 K 5267/01, juris zumindest dann aus, wenn diese mit einem gemeinsamen Kind in der Wohnung lebe. Weiter führte der Rechtsanwalt aus: „In der dortigen Entscheidung [des FG Berlin] war es sogar so, dass die Eheleute im scheidungsrechtlichen Sinne voneinander getrennt gelebt haben, also nicht wie in Ihrem Fall, aufgrund einer beruflichen Trennung. … Im vorliegenden Fall ist es aber so, dass allein Ihre berufliche Ausübung Sie dazu zwingt, teilweise nicht in Deutschland zu leben. Dass Sie in Deutschland aus steuerlichen Gründen nicht gemeldet sind, kann in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. Tatsache und selbstverständlich beweisbar ist, dass für die Zeit, in der sie in Deutschland leben, Sie sich ebenfalls in dem Hausgrundstück aufhalten.“ (Schreiben vom 31.8.2017, S. 2 f., BMO, Bl. 225 f.)
47 
7. Am 22.11.2019 erließ das FA eine dingliche Arrestanordnung über die Sicherung von Ansprüchen für die Streitjahre i.H. von 1.427.128,30 Euro (ESt-Akte, Bl. 1 ff. und Rb-Akte, Bl. 1 ff.). Am 26.4.2021 ordnete das FA den weiteren dinglichen Arrest zur Sicherung von Ansprüchen für die Jahre 2017 und 2018 i.H. von 1.142.682,30 Euro an, der im Verfahren 1 K 1142/21 streitig ist (ESt-Akte, Bl. 55 ff.).
48 
Der Kläger sei in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, da er seinen Wohnsitz in Deutschland (zuerst in H, später in G) habe. Auch sei er nach Art. 4 des Doppelbesteuerungsabkommens mit China (DBA-China) in Deutschland ansässig, da hier der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen liege.
49 
Der Kläger habe vor diesem Hintergrund die Besteuerung seiner Einkünfte im Inland bewusst vermieden und seit dem Jahr 2008 keine Steuererklärungen mehr eingereicht. Die Straf- und Bußgeldsachenstelle des FA E habe ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet. Nach allgemeiner Lebenserfahrung bestehe nach der Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens ein besonderes Interesse des Beschuldigten, die aus der Straftat erlangten Vermögenswerte so zu verschieben, dass sie einer späteren Vollstreckung entzogen würden. Der Kläger habe sich durch die zur Last gelegte Tat rechtswidrig Vermögenvorteile verschafft. Es liege daher nahe, dass er als Verantwortlicher alles versuchen werde, um die Vollstreckung der Steueransprüche durch die Übertragung, Veräußerung oder das Beiseiteschaffen des Vermögens zu verhindern. Im Inland seien keine ausreichend verwertbaren Vermögenswerte bekannt. Das Grundeigentum des Klägers und seiner Ehefrau in der [ ___ ] Straße Y in G sei mit einer erstrangigen Grundschuld i.H. von 3,5 Mio. Euro belastet und damit nicht werthaltig. Die Grundschuldbestellung mit Bewilligung vom 26.3.2018 diene dem Kläger dazu, seine ungerechtfertigt erlangten Vermögenswerte langfristig zu sichern und dem Vollstreckungszugriff des FA zu entziehen.
50 
Die Arrestsumme setzt sich wie folgt zusammen:
51 
Abgabenart und Jahr
Betrag
                 
Einkommensteuer 2013
149.255,00 Euro
Solidaritätszuschlag 2013
- 229,24 Euro
Einkommensteuer 2014
502.501,00 Euro
Solidaritätszuschlag 2014
27.596,53 Euro
Einkommensteuer 2015
611.528,00 Euro
Solidaritätszuschlag 2015
33.592,96 Euro
Einkommensteuer 2016
97.499,00 Euro
Solidaritätszuschlag 2016
5.385,05 Euro
                 
Summe 
1.427.128,30 Euro
52 
Die Zustellung und Vollziehung der Arrestanordnung erfolgte durch die Steufa im Rahmen einer amtsrichterlich angeordneten Durchsuchung am 26.11.2019 in dem Wohnhaus [ ___ ] Straße Y in G (Empfangsbekenntnis vom 26.11.2019 und Aktenvermerk vom 28.11.2019, Rb-Akte, Bl. 8 ff. und Bl. 12).
53 
Der Kläger hinterlegte die Arrestsumme am 6.12.2019, so dass die bereits durchgeführten Vollziehungsmaßnahmen aufgehoben wurden (Schreiben des FA vom 18.12.2019, Rb-Akte, Bl. 16 ff.).
54 
8. Gegen die Arrestanordnung legte der Kläger am 4.12.2019 Einspruch ein (Rb-Akte, Bl. 27).
55 
9. Mit Schreiben vom 1.7.2020 beantragte er zudem die Aufhebung der Arrestanordnung, da er weder einen Wohnsitz noch eine ständige Wohnstätte in Deutschland habe. Er sei in China ansässig (Rb-Akte, Bl. 31 ff.).
56 
Der Antrag auf Aufhebung der Arrestanordnung wurde vom FA mit Verfügung vom 6.8.2020 abgelehnt (Rb-Akte, Bl. 79).
57 
Die persönlichen Lebensumstände des Klägers sprächen aufgrund des Wohneigentums in G und der dortigen nachhaltigen Aufenthalte der nicht getrennt lebenden Ehefrau sowie der gemeinsamen Kinder für eine Ansässigkeit des Klägers in Deutschland.
58 
Gegen die Ablehnung der Arrestaufhebung legte der Kläger ebenfalls Einspruch ein (Schreiben vom 11.8.2020, Rb-Akte, Bl. 80).
59 
10. Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 11.11.2020 als unbegründet zurückgewiesen (Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 6 ff. und Rb-Akte, Bl. 82 ff.).
60 
Im Rahmen der Überprüfung der Finanzierung des Grundstückserwerbs und des Gebäudes in der [ ___ ] Straße Y in G seien Unterlagen vorgelegt worden, aus denen sich ergebe, dass der Kläger folgende steuerpflichtige Gewinnausschüttungen von den aufgeführten chinesischen Firmen erhalten habe:
61 
Jahr   
Werkzeug Ltd.
Gew Ltd.
Summe 
                                   
2013   
612.110,75 Euro
        
612.110,75 Euro
2014   
1.229.601,39 Euro
794.722,07 Euro
2.024.323,46 Euro
2015   
1.483.361,04 Euro
976.158,11 Euro
2.459.519,15 Euro
2016   
        
400.000,00 Euro
400.000,00 Euro
62 
Hieraus würden sich die zu sichernden steuerlichen Ansprüche mit dem Betrag von 1.427.128,30 Euro errechnen (im Einzelnen, S. 6, Rb-Akte, Bl. 84).
63 
11. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 4.12.2020 die vorliegende Klage erhoben (Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 3 ff.), mit der er -mit Schriftsatz vom 30.6.2021 (S. 1 Nr. 1; Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 79)- zunächst die Aufhebung folgender Verwaltungsakte beanspruchte:
        
→   
der Einspruchsentscheidung vom 11.11.2020,
→   
der Ablehnung der Aufhebung der Arrestanordnung vom 6.8.2020 und der
→   
Arrestanordnung vom 22.11.2019.
64 
Hierzu hat der Kläger im Einzelnen geltend gemacht:
65 
a) Ein Arrestanspruch liege nicht vor.
66 
Der Kläger würde seit 2007 unter der Ladungsanschrift in einer Villa in China wohnen (Schriftsätze vom 4.12.2020, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 3 ff., vom 30.6.2021, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 79 ff. und vom 20.10.2021, S. 8, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 10). Diese Immobilie habe er im Jahr 2007 (gemeinsam mit seiner Ehefrau) erworben. Zuvor --seit 2003-- habe er ein 4-Zimmer-Appartement in X bewohnt. Im Jahr 2008 habe er sich aus Deutschland als „ins Ausland“ verzogen abgemeldet (a.a.O., Bl. 15). Von seiner Ehefrau und seiner Familie lebe er seit 2006 getrennt (Einspruchsschreiben vom 22.7.2021, S. 3, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 28). Im Jahr 2016 habe er mit seiner Ehefrau ein Haus in der [ ___ ] Straße Y in G errichtet (Schriftsatz vom 20.10.2021, S. 8, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 10).
67 
aa) Seine Villa in X habe eine Wohnfläche von 939,14 m² und sei von einer Firma Möbel K GmbH, O /Deutschland im Jahr 2008 wohnfertig eingerichtet worden (Schreiben an das FA vom 1.7.2020, S. 3, BMO, Bl. 99 und vom 16.11.2020, S. 3, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 48 [ ___ ]). Seine Villa in X sei wesentlich größer als das Gebäude in G (801 m² Wohnfläche) nämlich „fast doppelt so groß“ und auch wesentlich schöner eingerichtet. Ebenso verfüge er in X über einen „mindestens so ansprechenden Fuhrpark bzw. eine ebenso gut gefüllte Garage wie in Deutschland“ (vgl. Fotos, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Anlage 5, Bl. 170 bis 172). Das Haus in G sei zwar für deutsche Verhältnisse geräumig, aber in der Sache lediglich ein „Gebäude für die Ehefrau“ sowie „ein Rückzugsort im Falle einer Krise der Politik in China“ (Schreiben an das FA vom 1.7.2020, S. 3 f., BMO, Bl. 99 f. und Rb-Akte, Bl. 33 f.).
68 
Er habe seinen Wohnsitz ausschließlich in China, da er dort lebe, arbeite, seine Familie und Freunde empfange, seine persönlichen Dinge aufbewahre und von dort seit 2007 seine Firmen in X und weltweit leite (Einspruchsschreiben vom 22.7.2021, S. 4, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 29 und Aufstellung des Bevollmächtigten über den typischen Tagesablauf des Klägers in X vom 4.8.2022). Er habe, wenn er sich geschäftlich in Deutschland aufgehalten habe, oftmals nicht im Hotel übernachtet, sondern „an seinem ehemaligen Wohnsitz“. Dies allerdings nur um Kosten zu sparen (Einspruchsschreiben vom 22.7.2021, S. 3, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 28). Einer seiner beiden Söhne sei seit 2013 stets in X. Sein Bruder mit Familie lebe ebenfalls dort (Einspruchsschreiben vom 22.7.2021, S. 11, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 36). Seine Eltern wohnten mit in seiner Villa (Schreiben an das FA vom 1.7.2020, S. 3, BMO, Bl. 99).
69 
Sein Sohn K 1 habe in den Jahren 2013 bis 2017 die Deutsche Schule in X besucht; sein Sohn K 2 von 2019 bis Juni 2022 (Schreiben an das FA vom 16.11.2020, S. 3, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 48 mit Anlage 2a, Bl. 66 ff. und Niederschrift zum Erörterungstermin vom 1.6.2022, S. 3, a.a.O., Bl. 587).
70 
bb) Aufgrund der Eintragungen in seinen Reisepässen habe er sich in der folgenden Anzahl von Tagen in China aufgehalten. Den Rest der Aufenthalte bildeten Reisen in Drittländer sowie Aufenthaltstage in Deutschland, die weitaus überwiegend geschäftlicher Natur gewesen seien. Erkennbar sei, dass die Aufenthaltstage in China seit 2014 stark angestiegen seien (Einspruchsschreiben vom 22.7.2021, S. 16, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 41 und Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 30.6.2021, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, S. 16, Bl. 94), im Einzelnen wie folgt:
71 
Jahr   
in China
in Deutschland
in Drittländern
                                   
2013   
188
128
49
2014   
219
105
41
2015   
246     
100
19
2016   
263     
106
-
2017   
237     
78
13
2018   
263     
94
8
72 
Hinsichtlich dieser Aufenthaltstage, die sowohl durch den Kläger im Einzelnen bezeichnet als auch von dem Bevollmächtigten geprüft worden seien, könnten jeweils die entsprechenden Beschreibungen der Reisen und Aufenthalte in den allermeisten Fällen zusätzlich geliefert werden. Möglicherweise gebe es hinsichtlich einzelner Tage geringfügige Abweichungen zwischen dem Ergebnis der Prüfung des Bevollmächtigten und derjenigen des Klägers, die lediglich in einer Bandbreite von maximal drei bis vier Tagen oder höchstens zehn Tagen pro Jahr differierten.
73 
In den Ferienzeiten, wie z.B. Weihnachten, dem chinesischen Neujahrsfest, Silvester und Ostern sei jeweils nicht der Kläger nach Deutschland gekommen, sondern seine Familie nach X. Die Villa in X nutzten er, seine Familie, Freunde und seine Bekannten regelmäßig u.a. im Rahmen von Grillfesten und Partys (vgl. Fotos, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 78 ff.).
74 
Der Kläger habe seit seiner Rückkehr nach X „im Jahr 2005“ nicht nur einen sehr luxuriösen privaten Wohn- und Rückzugsort für sich und seine Familie in X geschaffen. Er habe bereits ab dem Jahr 2003 dort auch mehrere Firmen gegründet, die derzeit über 320 angestellten Arbeitnehmern einen zukunftssicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz böten. Zu nennen seien die 2003 gegründete Werkzeug Ltd., die im Jahr 2006 gegründete Gew Ltd., die in 2007 gegründete T Ltd. und die 2008 gegründete M Ltd. (Schreiben an das FA vom 16.11.2020, S. 7 f., Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 52 f.).
75 
cc) Seine Firmen befassten sich mit unterschiedlichen Geschäftsthemen: Zum einen mit der Herstellung von [ ___ ] (Gew Ltd.) und zum anderen mit der Herstellung sowie dem Vertrieb von Werkzeugen. Sie seien erfolgreich auf dem Weltmarkt tätig. Daraus folge, dass die tägliche Anwesenheit des Klägers in X erforderlich sei, damit er diese Firmen und insbesondere seine Mitarbeiter vor Ort anleiten, beaufsichtigen und mit seinen leitenden Mitarbeitern wichtige Entscheidungen treffen könne. So habe er im Jahr 2014 eine M-Tochtergesellschaft in Taiwan gegründet (Schreiben an das FA vom 16.11.2020, S. 8, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 53).
76 
In Deutschland arbeiteten in seinen gruppenangehörigen Firmen lediglich vier Mitarbeiter (Schreiben an das FA vom 1.7.2020, S. 4, BMO, Bl. 100).
77 
Aufgrund dessen habe nur China das Besteuerungsrecht.
78 
b) Zudem sei kein Arrestgrund gegeben.
79 
Ein Arrestgrund bestehe, wenn bei Abwägung aller Umstände zu besorgen sei, dass ohne sofortige Sicherung die Vollstreckung eines Steueranspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.
80 
Das FA habe den Arrestgrund damit gerechtfertigt, dass der Kläger seit 2008 keine Steuererklärungen mehr eingereicht habe und dass er sich in China aufhalte (Schriftsatz vom 30.6.2021, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, S. 17 f., Bl. 95 f.).
81 
Diese Sachverhaltsdarstellung berücksichtige nicht den legalen Wegzug des Klägers in sein ursprüngliches Heimatland aus privaten und wirtschaftlichen Gründen. Sie negiere zudem die unstreitige Ansässigkeit der getrenntlebenden Ehefrau sowie jeweils eines Kindes in Deutschland. Zudem habe der Kläger mit dem Grundstückskauf und der Errichtung des Gebäudes in G in den Jahren 2014 bis 2016 eine „erhebliche Millionen-Investition“ in Deutschland getätigt. Außerdem betreibe er Firmen in Deutschland mit mehreren Angestellten. Überdies habe er den geltend gemachten Arrestanspruch hinsichtlich der streitigen Arrestanordnung in voller Höhe hinterlegt. Dies belege seine Rechtstreue und das Fehlen von Gründen, welche die Durchsetzung von Steueransprüchen vereiteln oder erschweren würden.
82 
Der Kläger habe sein Vermögen gerade nicht ins Ausland verbracht oder sein wertvolles Grundstück („als wertvollsten Vermögensteil in Deutschland“) verkauft, sondern umgekehrt Vermögen von China nach Deutschland transferiert und das Grundstück in G erworben (Schriftsatz vom 30.6.2021, S. 17 f., Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 95 f.).
83 
12. Zum Arrestanspruch hat das FA ausgeführt, dass der Kläger und seine Ehefrau in 2013 ein Grundstück in der [ ___ ] Straße Y in G mit 1.703 m² erworben und die Herstellungskosten des Gebäudes rund drei Millionen Euro betragen hätten.
84 
Die Überprüfung der Finanzierung habe ergeben, dass die Eheleute für die Erstellung des Wohngebäudes in der [ ___ ] Straße Y in G kein Fremdkapital eingesetzt hätten. Im Grundbuch sei lediglich im Jahr 2018 (und damit rund zwei Jahren nach der Fertigstellung des Gebäudes) eine Grundschuld i.H. von 3,5 Mio. Euro zugunsten der Bank II für eine Darlehensschuld der M GmbH eingetragen worden (Tz. 6.6, S. 6 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 85 und Darlehensvertrag zwischen der M GmbH und der Bank II vom 26.4.2018, EA II, Bl. 127 ff.).
85 
Der Kläger habe Gewinnausschüttungen von chinesischen Firmen (insbesondere von der Werkzeug Ltd. und der Gew Ltd.) erhalten (Tz. 5, S. 5 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 83). Dementsprechend gebe es als Nachweis der Finanzierung des Wohnobjekts zwei notariell beurkundete Dokumente, nach denen Gelder in Form von Dividenden- und Bonuszahlungen direkt auf ein deutsches Konto überwiesen worden seien (Tz. 6.7, S. 6 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 85; Ausschüttungen der Werkzeug Ltd. i.H. von 3.325.073,18 Euro und der Gew Ltd. i.H. von 2.170.880,18 Euro, BMO, Bl. 1 ff. und Bl. 5 ff. sowie EA I, Bl. 84 ff.).
86 
Bei einer Ortsbesichtigung der [ ___ ] Straße Y in G am 22.3.2019 -im Vorfeld der Durchsuchung vom 26.11.2019- habe die Steuerfahnderin beobachten können, dass die Ehefrau den gemeinsamen Sohn K 2 mit dem Auto zur Schule oder zum Bus gebracht habe und nach ca. 15 Minuten wieder zu Hause gewesen sei (Tz. 6.9, S. 6 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 85 und Aktenvermerk vom 25.3.2019, EA I, Bl. 126).
87 
Laut Auskunft des Ausländerzentralregisters sei der Kläger deutscher Staatsbürger. Ihm sei von der Gemeinde H im Jahr 2013 (erneut) ein deutscher Personalausweis und ein deutscher Reisepass ausgestellt worden. Dafür habe sich der Kläger kurzfristig für einen Monat bei der Gemeinde H angemeldet (Tz. 6.10, S. 6 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 85).
88 
Er sei verfügungsberechtigt über die Konten der Werkzeug GmbH und der M GmbH (Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen -BaFin- vom 11.3.2019, EA II, Bl. 12 ff., 40 und 71 f.).
89 
Der Kläger unterhalte Geschäftsbeziehungen zur Bank I (z.B. Privatgirokonto bei der Bank II als unselbständiger Anstalt der Bank I Nr. xxxxxxxx vgl. Kontoauszüge, BMO, Bl. 13 ff.). Bei der Überprüfung seiner Kreditkartenabrechnungen sei festgestellt worden, dass bei Abschluss des Kreditkartenvertrages zwar eine Adresse in X angegeben worden sei, die Umsatzabrechnungen aber ab dem 14.3.2013 an die Adresse in H und ab dem 1.12.2016 an die Adresse in G gesandt worden seien. Die Auswertung der mit der Kreditkarte getätigten Einkäufe habe zudem ergeben, dass nur in einzelnen Monaten nicht mit der Kreditkarte des Klägers eingekauft worden sei (Tz. 8.2, S. 8 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 89). Es habe sich hierbei um Abbuchungen für Einkäufe im Einzelhandel und in Supermärkten sowie Restaurantbesuche in Deutschland (überwiegend im Großraum G / Deutschland) gehandelt. Die Ehefrau verfüge über ein eigenes Konto (Einspruchsentscheidung vom 10.12.2021, S. 7, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 461; Konto der Ehefrau bei der Bank I Nr. yyyyyyy, EA II, Bl. 23 und 93).
90 
Es seien Kopien der Reisepässe des Klägers vorgelegt worden. Der Reisepass, der von der Gemeinde H ausgestellt worden sei (Nr. [ ___ ], BMO, Bl. 67 ff.), sei gültig vom 8.1.2013 bis 7.1.2023. Der weitere Reisepass, der vom Generalkonsulat in X stamme, sei vom 10.6.2015 bis zum 9.5.2025 gültig (Nr.  [ ___ ], BMO, Bl. 104 ff.). Die anhand der Stempel ausgewerteten Ein- und Ausreisdaten zeigten, dass sich der Kläger im Streitzeitraum an jeweils mehr als 90 Tagen im Jahr nicht in China aufgehalten habe (Tz. 8.3, S. 8 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 89).
91 
Die Gegenüberstellung der Ein- und Ausreisestempel des Klägers in seinen Reisepässen und der Abgleich mit Daten und Unterlagen über seine inländischen Einkäufe mit Kreditkarte, seine Strafmandate wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie seine in Deutschland durchgeführten ärztlichen Behandlungen zeigten deutlich, dass er sich jährlich jeweils längere Zeit in Deutschland bei seiner Familie aufgehalten habe. Insbesondere zeige sich, dass Nachweise über Aufenthalte in Deutschland in den Zeiten vorlägen, für die zwar ein Ausreisestempel aus China vorliege, aber ein Einreisestempel in Deutschland nicht feststellbar sei (Tz. 8.4, S. 8 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 89).
92 
Die Anzahl der Tage, an denen sich der Kläger in Deutschland oder sonst außerhalb Chinas aufhielt, wurde im Einzelnen wie folgt festgestellt (Einspruchsentscheidung vom 10.12.2021, S. 8, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 462):
93 
Jahr   
Deutschland
sonst außerhalb Chinas
                          
2013   
119
42
2014   
89
37
2015   
39
7
2016   
109
5
2017   
118
10
2018   
99
5
94 
Das FA hat im Erörterungstermin bezüglich der Aufenthaltstage in Deutschland erklärt, die Angabe für das Jahr 2015 sei unzutreffend, da nur ein Teil des Jahres erfasst worden sei. Stattdessen habe sich der Kläger in jenem Jahr an 108 Tagen in Deutschland aufgehalten.
95 
Zum Zeitpunkt der Durchsuchungsmaßnahme am 26.11.2019, angeordnet durch das AG E mit Beschluss vom 15.11.2019, sei K 1, der Sohn der Ehefrau, anwesend gewesen. Er habe mitgeteilt, dass sein Bruder K 2 derzeit beim Kläger in China sei (Tz. 9, S. 9 des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 91).
96 
Auf telefonische Weisung des Klägers habe K 1 der Durchsuchung widersprochen (vgl. Niederschrift über die Durchsuchung und Beschlagnahmeverzeichnis vom 26.11.2019, EA II, Bl. 161 ff.). Am Durchsuchungstag habe die Steufa zudem mehrfach mit dem Kläger telefoniert. Er habe eingeräumt, sich des Öfteren in Deutschland aufzuhalten. Das gemeinsame Haus in der [ ___ ] Straße Y in G stehe ihm jederzeit zur Verfügung. So habe er u.a. einen eigenen Ankleideraum, der mit jeder Art von persönlicher Kleidung des Klägers bestückt gewesen sei. In seinem Ankleidezimmer habe sich ein Tresor befunden. Nachdem der Kläger den Zugangscode mitgeteilt habe, sei dieser geöffnet und Barmittel i.H. von 130.000 Euro entdeckt worden. Darüber hinaus seien Unterlagen über weitere Gewinnausschüttungen aus China aufgefunden worden.
97 
Die Hausangestellte, eine Frau [ ___ ], habe bei ihrer Vernehmung am 26.11.2019 ausgesagt, dass sie der Kläger -den sie seit über einem Jahr kenne- angestellt habe und er mehrmals im Jahr im Haus anwesend sei. Sie habe ihn einmal im Monat oder jeden zweiten Monat gesehen. Er lebe regelmäßig im Haus. Die Ehefrau sei bis auf sechs Wochen Urlaub im Jahr immer im Haus gewesen. Die Ehefrau des Klägers oder der Sohn seien stets anwesend gewesen, wenn sie gearbeitet habe (vgl. Niederschrift über die Zeugeneinvernahme vom 26.11.2019, EA II, Bl. 219 ff.).
98 
Im Speicher eines beschlagnahmten Laptops seien zudem Bilder von Familientreffen und sonstigen Feiern gefunden worden, die im Haus in G aufgenommen worden seien (vgl. Daten-DVD, die mit Schriftsatz der Steufa vom 23.5.2022 an das FG übermittelt wurde; Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 560). In der dortigen Garage sei ein schwarzer [ ___ ] ([ ___ ]) geparkt gewesen. Laut Aussage der Hausangestellten habe der Kläger diesen genutzt. Auf seinem Konto bei der Bank I hätte sich am Durchsuchungstag ein Guthaben von 3,2 Millionen Euro befunden (laut einem Foto des Finanzstatus hatte der Kläger zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben von 3,66 Mio. Euro bei der Bank I, Rb-Akte, Bl. 10). Davon sei ein Betrag von 1,4 Millionen Euro gepfändet worden (Schreiben der Steufa an das AG E vom 10.12.2019, EA II, Bl. 167 f.). Das Landgericht (LG) S habe die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss des AG E mit Beschluss vom 6.3.2020 verworfen (EA II, Bl. 189 ff.).
99 
Ehegatten -so das FA weiter-, die nicht dauernd getrennt lebten, hätten ihren Wohnsitz grundsätzlich dort, wo die Familie wohne. Dies gelte unabhängig davon, welche räumliche Entfernung zwischen den Ehegatten bestehe. Deshalb sei eine inländische Wohnung, die von einem Ehegatten gelegentlich zu Wohnzwecken genutzt werde, auch dann ein Wohnsitz, wenn sich der Ehegatte zeitlich überwiegend im Ausland aufhalte. Deshalb sei der Kläger in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Aufgrund seiner Aufenthalte außerhalb Chinas von jeweils mehr als 90 Tagen pro Jahr sei er nicht in China ansässig und dort daher nur beschränkt steuerpflichtig. Dies bedeute, dass in China grundsätzlich nur Einkünfte aus chinesischen Quellen zu versteuern seien.
100 
Die Gewinnausschüttungen von seinen chinesischen Firmen seien direkt auf das Konto des Klägers bei der Bank I überwiesen worden. Er habe seinen persönlichen steuerlichen Status in China bisher nicht nachgewiesen. Zudem sei er an den auszahlenden Firmen zu mehr als 50 Prozent beteiligt. Aufgrund dieser mehrheitlichen Beteiligungen handele es sich bei den Zahlungen um Gewinnausschüttungen, die als Einkünfte aus Kapitalvermögen in Deutschland zu erfassen seien. Als Veranlagungsart sei zugunsten der Eheleute die Zusammenveranlagung durchzuführen (Tz. 11, S. 10 f. des Steufa-Berichts, ESt-Akte, Bl. 93 f.).
101 
13. Deutschland habe daher -so das FA- das Besteuerungsrecht an den Gewinnausschüttungen.
102 
a) Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er als „domiciled“ oder als „resident“ in China besteuert worden sei. Als „non-resident" sei er in China aber nicht ansässig, sondern unterliege dort keiner umfassenden persönlichen Besteuerung wie es Art. 4 Abs. 1 DBA-China verlange. Mangels Doppelansässigkeit liege deshalb bereits kein Kollisionsfall vor. Art. 4 Abs. 2 DBA-China (sog. tie-breaker-rule) sei infolgedessen nicht einschlägig (Schriftsätze vom 18.2.2020, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 49 ff. und vom 5.8.2021, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 142 ff.).
103 
b) Aber auch nach Art. 4 Abs. 2 DBA-China sei der Kläger als nur in Deutschland ansässig zu behandeln, da er im Inland über eine ständige Wohnstätte verfüge und zudem hier den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe.
104 
aa) Er könne das Haus in G -genauso wie zuvor das Haus in H- auf Grund einer langfristigen Rechtsposition ständig nutzen. Auch sei es zu seinem ständigen Wohnen bestimmt und werde von ihm auch regelmäßig genutzt. Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass sich er sich an jeweils mehr als 90 Tagen pro Jahr (außer in 2017), also annähernd ein Drittel des Jahres, in Deutschland aufhalte und das, obwohl er in China seiner Tätigkeit nachgehe und zudem viele gemeinsame Urlaube mit der Familie auch in China verlebe. Er lebe nicht dauernd getrennt von seiner Ehefrau. Die Eheleute würden gemeinsame Urlaube und Feiertage verbringen. Die Kreditkartenabrechnungen deuteten zudem darauf hin, dass eine gemeinsame Finanzierung der Lebenshaltung vorliege und er Ausgaben für die Ehefrau tätige. Aufgrund der gemeinsamen wirtschaftlichen und familiären Lebensgestaltung mit der Ehefrau und seinen Kindern sei das Haus in G die Familienwohnung. Die Wohnung im Inland sei nach der vorliegenden Sachlage eine nicht nur hin und wieder aufgesuchte, sondern vor allem eine in den allgemeinen Lebensrhythmus einbezogene Anlaufstelle des Steuerpflichtigen.
105 
Die Dauer der Nutzung sei nicht maßgeblich. Dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Nutzungsdauer der Familienwohnung im Inland und der Wohnung im Ausland komme bei der Würdigung, ob eine ständige Wohnstätte vorliegt, keine Bedeutung zu. Für die Beurteilung der ständigen Wohnstätte spiele es auch keine Rolle, ob das Haus in X -wie der Kläger vortrage- wesentlich größer sei als die Häuser in G bzw. zuvor in H. Insbesondere das Haus in G sei mit familiärem Leben erfüllt, in das er eingebunden sei. Es biete mit 801 m² Wohnfläche mehr als nur ausreichend Platz für die gesamte Familie. Auch wenn die berufliche Tätigkeit des Klägers die meiste Zeit des Jahres seine persönliche Anwesenheit in X notwendig mache und er sich (auch) in der Wohnung in X zu Hause fühle und von dort die Arbeit aufsuche, verfüge er über eine ständige Wohnstätte in Deutschland.
106 
bb) Zudem habe er den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland.
107 
Die Ehefrau, sein Sohn K 2 und teilweise auch der Sohn der Ehefrau (K 1) hätten in den Streitjahren in dem gemeinsamen Haus in G gelebt. Den eingereichten Unterlagen sei zu entnehmen, dass der Kläger eine sehr enge Bindung zu seiner Familie habe und diese trotz seiner häufigen geschäftlichen Abwesenheiten pflege. Aus den eingereichten Fotos (Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 78 ff.) und seinem Vortrag werde deutlich, dass er großen Wert auf gemeinsam verbrachte Ferienaufenthalte lege und ihm die familiäre Bindung äußerst wichtig sei. Aufgrund dieser Familienbande sei der Wohnort der Familie in Deutschland sein Lebensmittelpunkt. Dass sein Stiefsohn K 1 in Teilen des hier zu beurteilenden Zeitraums die Deutsche Schule in X besucht habe und gemeinsame Urlaube auch in China stattgefunden hätten, stehe dem Lebensmittelpunkt in Deutschland nicht entgegen.
108 
Zudem unterhalte der Kläger neben dem Bezug zur Familie auch enge freundschaftliche Beziehungen in Deutschland. Solche pflege er z.B. laut seinem Vortrag zu einem [ ___ ] (Geschäftsführer der Werk-P. GmbH; vgl. Anlage K5a zum Schriftsatz vom 11.4.2021, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 173), der laut dessen Aussagen einer seiner besten Geschäftspartner sei und den er seit Abschluss seines Studiums in G / Deutschland und damit seit etwa 20 Jahren kenne. Die Freundschaft resultiere aus den intensiven Beziehungen des Klägers zu Deutschland. Unabhängig davon, dass sich die Geschäftspartner laut den vorliegenden Aussagen häufiger in China träfen, zeige sich hierin auch der besondere persönliche und wirtschaftliche Bezug zum Standort Deutschland. Der Kläger berufe sich zwar auf seine starken und intensiven Wirtschaftsbeziehungen in China. Da sich die wirtschaftlichen Interessen in Deutschland und China in weiten Teilen ergänzten und voneinander profitierten, seien für ihn aber nicht nur die Wirtschaftsbeziehungen in China, sondern auch diejenigen in Deutschland bedeutende Gesichtspunkte. Der Ort der Geschäftsinteressen sei somit keinesfalls ein Schwerpunktsmerkmal, das nur auf China zutreffe. Nicht zu vernachlässigen seien überdies die finanziellen Interessen, die er in Deutschland habe. Durch die vielen Ortswechsel könne ihm Deutschland zudem als Rückzugsort dienen, vor allem da hier seine Familie wohne. Dass das Haus in G sein Zufluchtsort bei Krisen sei, zeige außerdem die enorme Bedeutung seines deutschen Wohnsitzes für ihn und seine Familie.
109 
cc) Im Übrigen lägen die Voraussetzungen eines gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers in beiden Staaten vor, da die Aufenthalte von einer gewissen Mindestdauer seien und in Wiederholungsabsicht unternommen würden. Habe eine natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragsstaaten oder in keinem der Staaten, so gelte sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie sei. Als deutscher Staatsangehöriger gelte er darum als nur in Deutschland ansässig (Schriftsätze vom 18.2.2020, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 49 ff. und vom 5.8.2021, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 142 ff.).
110 
14. Inzwischen -am 28.6.2021- hat das FA (Zusammenveranlagungs-)Bescheide zur Einkommensteuer für die Streitjahre erlassen (vgl. ESt-Akte, Bl. 105 ff.):
111 
Jahr   
Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen
Abgeltungsteuer
                          
2013   
612.110 Euro
153.027 Euro
2014   
2.024.173 Euro
506.043 Euro
2015   
2.690.643 Euro
672.660 Euro
2016   
399.850 Euro
99.962 Euro
112 
15. Mit Schriftsatz vom 5.8.2021 hat das FA daraufhin mitgeteilt, dass sich der Rechtsstreit über die Arrestanordnung dadurch erledigt habe (Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 142 ff.).
113 
16. Dem hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.9.2021 zu (S. 1, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 164) zugestimmt. Allerdings hat er auch vorgebracht, dass er ein berechtigtes Interesse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage habe.
114 
a) Es bestehe Wiederholungsgefahr.
115 
Aufgrund des Verhaltens des FA bestehe die Gefahr, dass trotz der umgehenden Hinterlegung des Betrags von rund 1,4 Mio. Euro durch den Kläger weitere, rechtwidrige Arrestanordnungen ergehen würden. Diese Wiederholungsgefahr manifestiere sich bereits dadurch, dass trotz der kurzfristigen Hinterlegung der Arrestsumme für die Streitjahre am 26.4.2021 ein weiterer dinglicher Arrest über 1,14 Mio. Euro für die Jahre 2017 und 2018 angeordnet worden sei. Zudem sei mit Schreiben des FA vom 14.10.2021 ein Gesamtbetrag von 3,063 Mio. Euro angemahnt worden. Nichts könne die Wiederholungsgefahr besser belegen als der zweite dingliche Arrest sowie diese Mahnung (Schriftsatz vom 18.10.2021, S. 4 f., Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 174 f.)
116 
b) Zudem beabsichtige der Kläger, Schadensersatzansprüche wegen Amtshaftung gegen das FA geltend zu machen.
117 
Im Hinblick auf den derzeitigen Verfahrensstand könne dieses Vorhaben allerdings noch nicht hinreichend konkretisiert werden.
118 
c) Ferner sei ein Rehabilitationsinteresse gegeben, da durch die Arrestanordnung der Vorwurf einer Steuerhinterziehung gegen den Kläger erhoben werde.
119 
Dieser Vorwurf -so der Bevollmächtigte- könne allerdings auch im Hauptsacheverfahren gegen die zwischenzeitlich erlassenen Steuerbescheide ausgeräumt werden.
120 
17. Der Kläger beantragt,
die Rechtswidrigkeit des Bescheids über die Anordnung des dinglichen Arrests über die Sicherung von Ansprüchen i.H.v. insgesamt 1.427.128,30 Euro vom 22.11.2019 und die Einspruchsentscheidung hierzu vom 11.11.2020 festzustellen.
121 
18. Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
122 
19. Hinsichtlich eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses führt das FA aus:
123 
Voraussetzung einer Wiederholungsgefahr sei ein konkreter Anlass für die Annahme, dass das FA die vom Kläger für rechtswidrig erachtete Maßnahme in absehbarer Zukunft wiederholen werde. Dafür müsse davon auszugehen sein, dass die für die Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Verhältnisse unverändert zugrunde zu legen seien (Schriftsatz vom 30.11.2021, S. 2, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 189).
124 
Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.
125 
So habe sich für die den Streitjahren nachfolgenden Veranlagungszeiträume die rechtliche Situation für die Besteuerung in China aufgrund einer Steuerrechtsreform ab dem Jahr 2019 grundlegend verändert. Daher könnten die für die Verwaltungsentscheidung maßgeblichen bisherigen Verhältnisse schon aus diesem Grund nicht unverändert für die Zukunft zugrunde gelegt werden. Die Rechtslage sei für die künftigen Veranlagungszeiträume vollständig neu zu prüfen. Sofern das FA aufgrund dieser Prüfung künftig zu dem Ergebnis komme, dass weiterhin eine Ansässigkeit in Deutschland gegeben sei, werde der Kläger zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert und falls er keine Steuererklärung abgebe, würden die Einkünfte geschätzt. Dass es für die Folgejahre weiterer Ermittlungen durch die Steufa mit einem anschließenden Arrestverfahren bedürfe, könne ausgeschlossen werden. Dies gelte umso mehr, wenn sich der Kläger seinen in Deutschland bestehenden steuerlichen Verpflichtungen stelle.
126 
Aus dem Erlass der zweiten Arrestanordnung vom 26.4.2021 wegen Einkommensteuer für die Jahre 2017 und 2018 ergebe sich ebenfalls keine Wiederholungsgefahr, da diese bereits wirksam erlassen worden sei.
127 
Auch soweit der Kläger vortrage, dass ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Rechtslage bestehe, bedürfe es keiner Fortsetzungsfeststellungsklage. Die Rechtslage könne abschließend im anhängigen Hauptsacheverfahren (1 K 2898/21) gegen die Einkommensteuerbescheide festgestellt werden.
128 
Das vorgetragene Rehabilitationsinteresse sei nicht näher begründet worden. Jedenfalls sei eine diskriminierende Wirkung der Arrestanordnung nicht erkennbar.
129 
Ein besonderes Feststellungsinteresse wegen der Einleitung von Schadenersatzansprüchen wegen Amtshaftung habe sich noch nicht hinreichend konkretisiert. Der bloße Hinweis des Klägers auf einen möglichen Schadenersatzprozess reiche insoweit nicht aus.
130 
Nicht zuletzt trage der Kläger selbst vor, dass eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Arrestanordnung im Hinblick auf ein Rehabilitationsinteresse und einen möglichen Schadenersatzanspruch im Hauptsacheverfahren erfolgen könne.
131 
20. Des Weiteren sei die Arrestanordnung rechtmäßig gewesen, da sowohl ein Arrestanspruch als auch ein Arrestgrund vorgelegen hätten.
132 
a) Hinsichtlich des Arrestanspruchs verweist das FA auf seine bisherigen Ausführungen insbesondere in der Einspruchsentscheidung vom 11.11.2020.
133 
b) In Bezug auf den Arrestgrund trägt es vor:
134 
Ein Arrestgrund sei gegeben, wenn bei objektiver Würdigung der gesamten Umstände zu befürchten ist, dass ohne die Arrestanordnung die künftige Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde. Dabei könne es auf die Möglichkeit eines schnellen und unmittelbaren und damit auch eines sicheren Zugriffs ankommen. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Arrestgrundes komme es auf das objektive Gesamtbild aller Umstände an.
135 
Im Streitfall ergebe sich aus der Gesamtheit der vorliegenden Tatumstände die begründete Besorgnis, dass ohne die Anordnung eines Arrests die Realisierung der Steueransprüche vereitelt oder erschwert werden würde. Der Kläger sei aufgrund der Angaben der Eheleute steuerlich nicht mehr geführt, so dass er ab 2008 keine Steuererklärungen mehr eingereicht habe. Gegenüber dem FA hätten die Eheleute mitgeteilt, dass der Kläger, bedingt durch eine eigene Wohnung und seinen fortlaufenden Aufenthalt in X, seit 2007 dauerhaft nach China verzogen sei. Die Eheleute hätten angegeben, dass sie getrennt lebten. Dies treffe aber aufgrund der vorliegenden Feststellungen nicht zu.
136 
So hätten sie im Jahr 2013 das Grundstück in G gekauft und darauf ein gemeinsames Haus errichtet, in welchem sie seit der Fertigstellung mit ihren Kindern lebten. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass der Kläger versucht habe, sich der deutschen Besteuerung zu entziehen. Als Verantwortlicher werde er alles versuchen, um die Vollstreckung der Geldansprüche des Staates durch Übertragung, Veräußerung oder Beiseiteschaffen des Vermögens zu verhindern (Schriftsatz vom 30.11.2021, S. 4 ff., Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 191 ff.).
137 
21. Am 30.1.2019 wurde gegen den Kläger ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung von Einkommensteuer für 2012 bis 2016 eingeleitet (Aktenvermerk, EA II, Bl. 2 ff.). Am 13.11.2019 wurde das Ermittlungsverfahren auf die Einkommensteuer für 2017 und 2018 erstreckt (Aktenvermerk, EA II, Bl. 6 f.). Mit Verfügung vom 28.6.2022 wurde das Strafverfahren für die Jahre 2012 bis 2016 nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) durch die Straf- und Bußgeldsachenstelle des FA E eingestellt (Schreiben vom 5.7. 2022, Gerichtsakte zu 1 K 2898/21, Bl. 177 ff.).
138 
22. Am 1.6.2022 wurde der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert (vgl. Niederschrift vom 1.6.2022, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 585 ff.).
139 
Gegen die weitere dingliche Arrestanordnung vom 26.4.2021 wegen Einkommensteuer für 2017 und 2018 i.H. von 1.142.682,30 Euro ist unter dem Aktenzeichen 1 K 1142/21 (Sprung-)Klage nach § 45 Abs. 4 FGO eingereicht worden. Auch in diesem Verfahren wird nunmehr die Feststellung der Rechtwidrigkeit begehrt. Gegen die Bescheide zur Einkommensteuer für 2013 bis 2018 vom 28.6.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2021 ist eine Klage unter dem Aktenzeichen 1 K 2898/21 anhängig. Einstweiliger Rechtsschutz wird unter dem Aktenzeichen 1 V 2435/21 begehrt.
140 
Die Akten der Verfahren 1 V 2435/21, 1 K 1142/21 und 1 K 2898/21 sind beigezogen. Die Einsichtnahme in die Akten in allen Verfahren erfolgte am 13.4.2021, 27.7.2021 und am 9.2.2022.
141 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen sowie auf die Behördenakten (ESt-, Rb-, Eigenheimzulagen-, Vollstreckungs- und Steuerfahndungsakten [BMO, EA I und II]) und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
142 
1. Die Klage ist unzulässig.
143 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann, wenn sich ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt im Verlauf des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht beim Vorliegen eines berechtigten Interesses auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen. Da ein Anfechtungsbegehren auch in jeder Verpflichtungsklage enthalten ist und diese zudem verwaltungsaktbezogen ist, ist § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO im Wege der Analogie auch insoweit anzuwenden (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 81 m.w.N.).
144 
a) Die Arrestanordnung hat sich erledigt.
145 
Nach § 124 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Ob sich ein Verwaltungsakt auf andere Weise erledigt hat, richtet sich nach dessen Regelungsinhalt. Voraussetzung dafür ist, dass die von dem Verwaltungsakt ausgehende Beeinträchtigung durch die Erschöpfung des Regelungsgehalts entfallen ist. Das Klagebegehren muss objektiv insgesamt gegenstandslos geworden sein (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, Stand Oktober 2019, § 100 Rn. 168).
146 
Durch den Erlass der Bescheide vom 28.6.2021 liegen vollstreckbare Steuerbescheide vor, welche die durch den streitgegenständlichen Arrest gesicherten Steuerforderungen beinhalten. Hierdurch wurde das (vorläufige) Arrestverfahren in das Vollstreckungsverfahren übergeleitet und die Arrestanordnung gegenstandslos (BFH-Urteil vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 23 und BFH-Beschlüsse vom 06.7.2001 III B 58/00, BFH/NV 2001, 1530, Rn. 8 sowie vom 20.9.2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458, Leitsatz 1; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 8).
147 
b) Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit.
148 
Die Tatbestandsvoraussetzung des berechtigten Interesses im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist eine besondere Sachentscheidungsvoraussetzung für die Fortsetzungsfeststellungsklage, die am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen muss und von Amts wegen zu prüfen ist.  Dafür genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Die begehrte Feststellung muss geeignet sein, in einem der genannten Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Rechtsschutzsuchenden zu führen. Der Kläger muss das besondere Feststellungsinteresse substantiiert darlegen (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 88 f. m.w.N.).
149 
Typische Fallgruppen eines berechtigten Interesses sind eine Wiederholungsgefahr, die präjudizielle Wirkung für Folgeprozesse (Amtshaftung), ein Rehabilitierungsinteresse und die effektive Durchsetzung von Grundrechten (Brandis in Tipke/Kruse, FGO, Stand Februar 2019, § 100 Rn. 49).
150 
aa) Eine Wiederholungsgefahr ist nicht gegeben.
151 
Eine Wiederholungsgefahr vermag ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts nur dann zu begründen, sofern diese Gefahr hinreichend konkret ist (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, Stand Oktober 2019, § 100 Rn. 173). Im Hinblick auf Steuerveranlagungen ist ein solches Interesse nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben, wenn nämlich auch in den Folgejahren der gleiche Sachverhalt unverändert der Besteuerung und damit der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen sein wird und das FA zu erkennen gibt, dass es in den Folgejahren wieder zu seiner ursprünglichen (dem Steuerpflichtigen ungünstigen) Rechtsauffassung ohne erneute Prüfung zurückkehren will (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1971 IV R 221/67, BStBl II 1972, 182, Rn. 6).
152 
Die Fälle einer Wiederholungsgefahr setzen insbesondere voraus, dass im Vergleich zu dem erledigten Verwaltungsakt keine wesentliche Veränderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist und der wahrscheinlich zu erlassende Verwaltungsakt einen identischen Regelungsgehalt hat. Denn nur in diesem Fall lässt sich die im Rahmen des Fortsetzungsfeststellungsverfahrens getroffene Aussage des Gerichts auf den neuen Verwaltungsakt übertragen (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 89 m.w.N.).
153 
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
154 
Soweit sich nämlich die Beurteilung des FA in den Streitjahren auf die fehlende unbeschränkte Steuerpflicht in China stützt, ist festzustellen, dass ab 2019 aufgrund einer Reform des chinesischen Steuerrechts maßgebliche Änderungen ergeben haben.
155 
Ab dem 1.1.2019 wird eine natürliche Person, die sich länger als 183 Tage in China aufhält, als dort ansässig betrachtet und unterliegt mit ihren weltweit erzielten Einkünften der Steuerpflicht in China. Die neue 183-Tage-Regelung ersetzt damit die bislang geltende Einjahresregelung. Danach wird bis Ende 2018 ein Ausländer erst bei einem Aufenthalt von einem vollen Steuerjahr oder länger in China unbeschränkt steuerpflichtig. Dabei gilt bis einschließlich 2018 als ein volles Jahr, wenn sich der steuerpflichtige Ausländer nicht mehr als 30 Tage am Stück oder über 90 Tage insgesamt in einem Steuerjahr außerhalb von China aufgehalten hat.
156 
Soweit es daher um die Veranlagungszeiträume ab 2019 geht, wird das FA eine neuerliche Prüfung der Voraussetzungen eines deutschen Besteuerungsrechts durchzuführen haben. Dies hat das FA auch angekündigt und in seinen Ausführungen dargelegt. Überdies sind auch die Voraussetzungen des hilfsweise vom FA geprüften Art. 4 Abs. 2 DBA-China (ständige Wohnstätte, Mittelpunkt der Lebensinteressen) für jeden Veranlagungszeitraum grundsätzlich erneut zu beurteilen (Ismer/Blank in Vogel/Lehner, DBA, 7. Aufl., 2021, Art. 4 Rn. 172).
157 
Zudem ist für die Jahre 2017 und 2018 bereits eine (ebenfalls erledigte) weitere Arrestanordnung ergangen. Insofern besteht auch für diese Jahre keine Gefahr der Wiederholung mehr.
158 
Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass bei einem in der Vergangenheit liegenden (abgeschlossenen) Sachverhalt -anders als vorliegend- ein berechtigtes Interesse darin liegen kann, dass die Gefahr einer Wiederholung besteht. Bei laufend veranlagten Steuern, wie z.B. vorliegend bei der Einkommensteuer, ist dagegen in der Regel ein Zusammenhang zwischen den Besteuerungsgrundlagen eines Jahres und der späteren Jahre nicht gegeben. Aufgrund der einkommensteuerrechtlichen Abschnittsbesteuerung ist der Sachverhalt vom FA hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen und der Anforderungen, die an deren Nachweis zu stellen seien, für jedes Veranlagungsjahr ohne Bindung an die Behandlung ähnlich liegender Sachverhalte in der Vergangenheit neu zu beurteilen. Vor diesem Hintergrund hat ein Feststellungsurteil für den Kläger in diesem Bereich keinen erkennbaren Wert und führt gerade nicht zu einer Positionsverbesserung.
159 
Die unterschiedlichen Voraussetzungen von Arrest- und Steuerfestsetzungsverfahren schließen es überdies aus, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung wegen einer möglichen Auswirkung auf das (nachfolgende) Festsetzungsverfahren anzunehmen. Die Entscheidung in dem einen Verfahren ist weder rechtlich noch tatsächlich für die Entscheidung in dem anderen Verfahren bindend.
160 
bb) Auch besteht kein berechtigtes Interesse im Hinblick auf die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses.
161 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kann zwar auch dann bestehen, wenn die beantragte Entscheidung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Verfahren vor den Zivilgerichten begehrt wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings der substantiierte Vortrag, dass nach Art und Höhe ein Schaden entstanden, die Schadensersatzklage anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, die gerichtliche Entscheidung für das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich und die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich aussichtslos ist (BFH-Urteil vom 19.12.1989 VII R 30/89, BFH/NV 1990, 710, Rn. 26 und BFH-Beschluss vom 20.9.2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458, Rn. 10; Brandis in Tipke/Kruse, FGO, Stand Februar 2019, § 100 Rn. 52 m.w.N.).
162 
Im Streitfall ist das Feststellungsinteresse im Hinblick auf die Führung eines Amtshaftungsprozesses schon deshalb zu verneinen, weil der Kläger weder vorgetragen noch dargelegt hat, dass er eine Schadensersatzklage erhoben hat oder dass dies zumindest kurzfristig bevorsteht. Vielmehr führt der Bevollmächtigte selbst aus, dass sich die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen „im Hinblick auf den derzeitigen Verfahrensstand noch nicht hinreichend konkretisiert …“ hat (Schriftsatz vom 18.10.2021, S. 5, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 175). Noch im Erörterungstermin trug er vage vor, dass man insoweit sehen müsse, wie sich die Dinge entwickelten (Niederschrift vom 1.6.2022, S. 3, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 272).
163 
cc) Ebensowenig vermag der Senat ein Rehabilitierungsinteresse zu erkennen.
164 
Zwar kann ein ideelles Interesse, insbesondere ein Rehabilitierungsinteresse eine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn der erledigte Verwaltungsakt, den Vorwurf der Steuerhinterziehung enthalten hat. Dies ist zwar vorliegend der Fall, denn in der Arrestanordnung ist davon die Rede, dass gegen den Kläger der Verdacht einer „vorsätzlichen Steuerverkürzung“ bestehe und er sich fortlaufend rechtswidrige Vermögensvorteile verschafft habe.
165 
Im Streitfall ist die Fortsetzungsfeststellungsklage aber dennoch unzulässig, weil der Kläger den Vorwurf der Steuerhinterziehung in dem anhängigen Hauptsacheverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide effektiver beseitigen kann (vgl. BFH-Urteil vom 27.7.1994 II R 109/91, BFH/NV 1995, 322, Rn. 11 f. und BFH-Beschluss vom 20.9.2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458, Rn. 13).
166 
Obsiegt der Kläger nämlich mit seiner Klage gegen die Steuerbescheide, sind diese aufzuheben. Damit ist er gleichzeitig von dem Vorwurf, in den streitigen Jahren in steuerlicher Hinsicht unrechtmäßig gehandelt zu haben, rehabilitiert. Das gilt umso mehr, als das Anfechtungsverfahren nicht nur den gleichen, sondern einen effektiveren Rechtsschutz bietet. Denn während im Arrestverfahren die Tatsachen nur mit "hinreichender Wahrscheinlichkeit" vorliegen müssen, ist der Sachverhalt bei der Überprüfung der Steuerfestsetzung umfassend und abschließend zu ermitteln. Er muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
167 
dd) Das berechtigte Feststellungsinteresse kann zwar grundsätzlich auch auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts, z.B. aufgrund einer Durchsuchung, gestützt werden (Brandis in Tipke/Kruse, FGO, Stand Februar 2019, § 100 Rn. 51).
168 
Allerdings gilt auch hier, dass die begehrte Feststellung geeignet sein muss, zu einer Positionsverbesserung zu führen. Dabei muss es sich nicht um eine Rechtsposition handeln. Es reicht aus, dass ein gewisser, die Verfahrensfortsetzung aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigender Zusammenhang besteht (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 89). Dies ist zu verneinen, wenn es eine effektivere Rechtsschutzmöglichkeit gibt.
169 
Soweit der Vortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sein sollte, dass er ein berechtigtes Interesse aus der mit der Arrestanordnung in Zusammenhang stehenden Durchsuchung der Wohnräume in G herleitet, führt dies ebenfalls nicht zu Zulässigkeit der Klage.
170 
Insoweit ist kein berechtigtes Interesse des Klägers erkennbar, nachdem die ordentliche Gerichtsbarkeit die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung bereits überprüft hat (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.12.2011  7 K 7007/08, EFG 2012, 1008, Rn. 27; Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 89). So hat das LG S die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss des AG E verworfen (EA II, Bl. 189 ff.).
171 
Dass daneben ein sonstiges geschütztes Interesse an einer finanzgerichtlichen Entscheidung besteht, ist nicht ersichtlich.
172 
Die vom Kläger beanstandete Anordnung des dinglichen Arrests stellt keine schwere Beschränkung seiner Rechtsstellung dar. Besondere Umstände, welche die streitige Arrestanordnung über die Geltendmachung von steuerlichen Ansprüchen hinaus als tiefgreifenden Grundrechtseingriff erscheinen ließen, sind nicht erkennbar (BFH-Beschluss vom 6.7.2001 III B 58/00, BFH/NV 2001, 1530, Rn. 11).
173 
2. Überdies wäre die Fortsetzungsfeststellungsklage -selbst wenn ein berechtigtes Interesse vorläge- unbegründet.
174 
Gemäß § 324 Abs. 1 Satz 1 AO kann die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen nach den §§ 249 bis 323 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
175 
Der Arrest ist das Mittel zur Sicherung einer künftigen Geldvollstreckung. Er soll verhindern, dass der Steuerpflichtige einen bestehenden Zustand verändert, um die zukünftige Zwangsvollstreckung zu gefährden (BFH-Beschluss vom 6.2.2013 XI B 125/12, BStBl II 2013, 983, Rn. 21).
176 
Ordnet die Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen gemäß § 324 Abs. 1 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen an, so müssen der Arrestanspruch (die zu sichernde Geldforderung) und der Arrestgrund zwar nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, aber doch mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit vorliegen (BFH-Urteil vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 30 m.w.N.; a.A. Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 9 - überwiegende Wahrscheinlichkeit).
177 
Bei der Anfechtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage wegen einer Arrestanordnung ist dabei auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen. Die Tatsachen, die den Arrestgrund im Zeitpunkt des Ergehens der Arrestanordnung belegen, können allerdings erweitert oder ersetzt werden. Ob sie der Finanzbehörde im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung ganz oder teilweise bekannt waren, ist unerheblich. Es genügen sogar solche Tatsachen, welche erst nach Erlass der Arrestanordnung entstanden sind, aber den zwingenden Schluss rechtfertigen, dass eine konkrete Gefahr der Vollstreckungserschwerung oder -vereitelung bereits im Zeitpunkt des Ergehens der Arrestanordnung gegeben war (BFH-Urteile vom 10.3.1983 V R 143/76, BStBl II 1983, 401, Rn. 12 f. und vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 33 m.w.N.; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 7).
178 
a) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist ein Arrestanspruch gegeben.
179 
Der Arrestanspruch muss feststehen oder zumindest überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Arrestanspruch besteht. Es muss sich um einen rechtlich einwandfreien Anspruch handeln. Der Anspruch muss individuell bezeichnet werden (Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 3 f.).
180 
So liegen die Dinge im Streitfall.
181 
Hinsichtlich der Vorliegens eines Arrestanspruchs verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf sein Urteil vom 4.8.2022 im Verfahren 1 K 2898/21.
182 
Der Arrestanspruch wurde in der Anordnung auch ausreichend bezeichnet.
183 
Da bei der Ermittlung der Arrestsumme keine Verzinsung einbezogen wurde, wirkt sich die Neufassung von § 238 Abs. 1a i.V.m. § 233a AO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der AO und des Einführungsgesetzes zur AO (sog. Zinsanpassungsgesetz) vom 12.7.2022 (BGBl I 2022, 1142) nicht aus.
184 
b) Ein Arrestgrund liegt ebenfalls vor.
185 
aa) Ein Arrestgrund besteht, wenn bei objektiver Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne sofortige Sicherung durch eine Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dabei kann es auf die Möglichkeit eines schnellen und unmittelbaren und damit auch eines sicheren Zugriffs ankommen (Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 4).
186 
Dabei genügt der dringende Verdacht einer Steuerhinterziehung oder sonstige steuerliche Unzuverlässigkeit für sich allein nicht zur Begründung einer Arrestanordnung. Auch vermögen die allgemein schlechte Vermögenslage des Arrestschuldners ebenso wie die bloße Möglichkeit, dass der Arrestschuldner sein Vermögen beiseiteschaffen könnte, für sich genommen nicht, einen Arrest zu rechtfertigen (BFH-Urteil vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 32; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 6 m.w.N.).
187 
Im Einzelfall muss eine besondere Verschlechterung der Vermögenslage erst bevorstehen oder es muss zu befürchten sein, dass der Steuerpflichtige sich dem Zugriff der Finanzbehörde entzieht. Dazu zählen z.B. die auffallende Belastung oder Veräußerung eines wertvollen Gegenstandes des Vermögens (Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 5), denn Bargeld oder Geldforderungen können -z.B. im Vergleich zu Grundstücken-- der Vollstreckung leichter entzogen werden (BFH-Urteile vom 10.3.1983 V R 143/76, BStBl II 1983, 401, Rn. 15 und vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 31). Ebenso wie Vermögensumschichtungen im Inland können auch Vermögensverlagerungen ins Ausland einen Arrestgrund darstellen (BFH-Beschluss vom 25.4.1995 VII B 174/94, BFH/NV 1995, 1037, Rn. 17). Insbesondere eine Belastung des einzigen Vermögensgegenstandes bis zur Wertgrenze stellt einen Arrestgrund dar (Loose in Tipke/Kruse, AO, Stand August 2021, § 324 Rn. 16).
188 
bb) Unter Anwendung dieser Maßstäbe bestand im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung die Besorgnis, dass der Kläger das FA benachteiligen und Vermögensgegenstände seinem Zugriff entziehen will.
189 
So griff der Kläger im Jahr 2018 nachweislich auf seinen wertvollsten Vermögensgegenstand im Inland (das Grundstück) zu, um erhebliche Geldmittel ins Ausland zu transferieren. So nahm die M GmbH mit Vertrag vom 26.4.2018 bei der Bank II ein Darlehen i.H. von 3,5 Mio. Euro auf. Besichert wurde das Darlehen durch eine auf dem Grundstück [ ___ ] Straße Y in G eingetragene Grundschuld i.H. von 3,5 Mio. Euro, welche die Eheleute am 26.3.2018 gemeinsam bewilligten (Zweckerklärung vom 26.4.2018, sog. Sicherungsabrede, EA II, Bl. 140 f.). Die Darlehensvaluta wurde sodann mit Wertstellung am 16.5.2018 als Überweisungsgutschrift der M GmbH auf dem Privatgirokonto Nr.  xxxxx des Klägers gutgeschrieben (BMO, Bl. 32). Von dort tätigte der Kläger am 16.5.2018 und 12.6.2018 jeweils Überweisungen i.H. von 1.000.151,50 Euro, die als Investment bezeichnet wurden, sowie weitere Überweisungen am 13.6.2018 i.H. von 627.955,53 Euro und am 9.8.2018 i.H. von 500.151,50 Euro an seine chinesische Firmengruppe (z.B. an die Gew Ltd.; vgl. Kontoauszüge des Klägers, BMO, Bl. 32 ff.). Nach den Angaben des Klägers diente das Darlehen zur Finanzierung eines „Großprojekts“ in China (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 31.5.2022, S. 2 und Niederschrift zum Erörterungstermin vom 1.6.2022, S. 3, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 569 und Bl. 587).
190 
Durch die Bestellung der erstrangigen Grundschuld war sein wichtigster inländischer Vermögenswert erheblich im Wert gemindert. Es stand deshalb zu befürchten, dass der Kläger -selbst wenn die Grundschuld im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung nicht mehr in voller Höhe valutiert haben sollte- die fehlende Akzessorietät der Grundschuld nutzt, um erneut auf dieser Grundlage Finanzmittel für Überweisungen ins Ausland zu generieren.
191 
Unklar ist im Übrigen, wie werthaltig die Anteile des Klägers an der M GmbH und der Werkzeug GmbH waren. Da diese ihren Wert insbesondere aufgrund der Geschäftsbeziehungen mit der chinesischen Firmengruppe des Klägers haben, hätte jede kurzfristig mögliche Änderung von Liefer- und Leistungsbeziehungen erhebliche Wertveränderungen zur Folge. Die Anteile konnten deshalb den Arrestanspruch nicht absichern. Selbst der Umstand, dass sich im Zeitpunkt der Durchsuchung der Wohnräume 3,2 Mio. Euro auf dem Konto des Klägers bei der Bank I (bzw. auf allen seinen Konten ein Guthaben von 3,66 Mio. Euro) befanden, ändert nichts an dem Umstand, dass diese Geldmittel leicht ins Ausland zu bringen sind.
192 
Auch hat der Kläger seit der Anordnung des (ersten) dinglichen Arrests am 22.11.2019 erhebliche Geldmittel (vermutlich) ins Ausland transferiert. Während sich nämlich am Tag der Durchsuchung noch 3,66 Mio. Euro auf seinen Konten bei der Bank I befanden (Rb-Akte, Bl. 10), teilte die Bank I in ihrer Drittschuldnererklärung vom 27.4.2021 (nach Zustellung der zweiten Arrestanordnung vom 26.4.2021) nur noch ein Guthaben von insgesamt 315.929,39 Euro mit (Vollstr-Akte, Band II, Bl. 39). Zieht man von dem ursprünglichen Guthaben des Klägers die hinsichtlich des ersten Arrestes hinterlegte Geldsumme von 1,4 Mio. Euro ab, hat der Kläger damit rund 1,9 Mio. Euro an einen anderen Ort gebracht und dadurch die Vollstreckung zumindest wesentlich erschwert. Eine aufgrund dessen möglicherweise notwendige Vollstreckung im Ausland stellt eine wesentliche Erschwerung der Durchsetzung der steuerlichen Ansprüche dar (BFH-Beschluss vom 26.2.2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464, Rn. 30; Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Stand Februar 2021, § 324 Rn. 33).
193 
Anders als der Bevollmächtigte meint, ist die Hinterlegung der angeordneten Arrestsumme i.H. von rund 1,4 Mio. Euro auch nicht Ausdruck einer besonderen Rechtstreue des Klägers. Dies tat er nämlich nur, damit das FA die bereits bewirkten Pfändungen seiner Konten und Versicherungen aufhebt.
194 
Im Übrigen hat sich der Kläger gerade nicht rechtstreu verhalten, sondern nach der Überzeugung des Senats einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 AO schuldig gemacht. Trotz besseren Wissens behauptet der Kläger von seiner Ehefrau getrennt zu sein und fast ausschließlich in China zu leben. Vor dem Hintergrund der von Rechtsanwalt R im August 2017 eingeholten Rechtsauskunft und den weiteren im Urteil vom 4.8.2022 im Verfahren 1 K 2898/21 festgestellten Tatumständen ergibt sich vielmehr, dass die Eheleute familienrechtlich nicht getrennt sind und sich der Kläger nur aus beruflichen Gründen in China aufhält. Auch der Erwerb des gemeinsamen Grundstücks in G, die „Millionen-Investition“ in das dort errichtete Gebäude sowie sein weiterhin bestehendes erhebliches wirtschaftliches und finanzielles Engagement in Deutschland zeigen, dass der Kläger hier -anders als er ausführt- unbeschränkt steuerpflichtig und auch ansässig ist. Den daraus resultierenden Steueranspruch kannte der Kläger dem Grunde und der Höhe nach oder hielt ihn zumindest für möglich und wollte ihn durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen für die Streitjahre verkürzen (Jäger in Klein, AO, 14. Aufl., 2018, § 370 Rn. 171 m.w.N.). Auch diese Tatsachen in Zusammenhang mit den weiteren Tatumständen stellen einen Arrestgrund dar (BFH-Urteil vom 21.2.1952 IV 429/51 U, BStBl III 1952, 90, Rn. 23).
195 
Die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Kläger (zumal nur für die Jahre 2012 bis 2016) hindert den Senat nicht an diesen Feststellungen, denn die Einstellungsverfügung entfaltet keine Bindungswirkung für das finanzgerichtliche Verfahren. Vielmehr haben die Finanzgerichte selbständig und aufgrund freier Beweiswürdigung zu entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 155 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 1 ZPO). Sie sind selbst an Feststellungen in einem Strafurteil nicht gebunden (Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 81 Rn. 11 m.w.N.). Diese fehlende Bindungswirkung gilt umso mehr für Feststellungen in einer Einstellungsverfügung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, denn ihr kommt keinerlei Rechtskraftwirkung zu. Das Ermittlungsverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 28.2.2012 VI ZR 79/11, NJW 2012, 1659, Rn. 12; Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, 6. Aufl., 2019, § 170 Rn. 6 m.w.N.).
196 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
197 
4. Die Revision wird nicht zugelassen, da keine Revisionsgründe im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO ersichtlich sind.

Gründe

 
142 
1. Die Klage ist unzulässig.
143 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann, wenn sich ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt im Verlauf des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht beim Vorliegen eines berechtigten Interesses auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen. Da ein Anfechtungsbegehren auch in jeder Verpflichtungsklage enthalten ist und diese zudem verwaltungsaktbezogen ist, ist § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO im Wege der Analogie auch insoweit anzuwenden (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 81 m.w.N.).
144 
a) Die Arrestanordnung hat sich erledigt.
145 
Nach § 124 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Ob sich ein Verwaltungsakt auf andere Weise erledigt hat, richtet sich nach dessen Regelungsinhalt. Voraussetzung dafür ist, dass die von dem Verwaltungsakt ausgehende Beeinträchtigung durch die Erschöpfung des Regelungsgehalts entfallen ist. Das Klagebegehren muss objektiv insgesamt gegenstandslos geworden sein (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, Stand Oktober 2019, § 100 Rn. 168).
146 
Durch den Erlass der Bescheide vom 28.6.2021 liegen vollstreckbare Steuerbescheide vor, welche die durch den streitgegenständlichen Arrest gesicherten Steuerforderungen beinhalten. Hierdurch wurde das (vorläufige) Arrestverfahren in das Vollstreckungsverfahren übergeleitet und die Arrestanordnung gegenstandslos (BFH-Urteil vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 23 und BFH-Beschlüsse vom 06.7.2001 III B 58/00, BFH/NV 2001, 1530, Rn. 8 sowie vom 20.9.2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458, Leitsatz 1; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 8).
147 
b) Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit.
148 
Die Tatbestandsvoraussetzung des berechtigten Interesses im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist eine besondere Sachentscheidungsvoraussetzung für die Fortsetzungsfeststellungsklage, die am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen muss und von Amts wegen zu prüfen ist.  Dafür genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Die begehrte Feststellung muss geeignet sein, in einem der genannten Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Rechtsschutzsuchenden zu führen. Der Kläger muss das besondere Feststellungsinteresse substantiiert darlegen (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 88 f. m.w.N.).
149 
Typische Fallgruppen eines berechtigten Interesses sind eine Wiederholungsgefahr, die präjudizielle Wirkung für Folgeprozesse (Amtshaftung), ein Rehabilitierungsinteresse und die effektive Durchsetzung von Grundrechten (Brandis in Tipke/Kruse, FGO, Stand Februar 2019, § 100 Rn. 49).
150 
aa) Eine Wiederholungsgefahr ist nicht gegeben.
151 
Eine Wiederholungsgefahr vermag ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts nur dann zu begründen, sofern diese Gefahr hinreichend konkret ist (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, Stand Oktober 2019, § 100 Rn. 173). Im Hinblick auf Steuerveranlagungen ist ein solches Interesse nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben, wenn nämlich auch in den Folgejahren der gleiche Sachverhalt unverändert der Besteuerung und damit der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen sein wird und das FA zu erkennen gibt, dass es in den Folgejahren wieder zu seiner ursprünglichen (dem Steuerpflichtigen ungünstigen) Rechtsauffassung ohne erneute Prüfung zurückkehren will (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1971 IV R 221/67, BStBl II 1972, 182, Rn. 6).
152 
Die Fälle einer Wiederholungsgefahr setzen insbesondere voraus, dass im Vergleich zu dem erledigten Verwaltungsakt keine wesentliche Veränderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist und der wahrscheinlich zu erlassende Verwaltungsakt einen identischen Regelungsgehalt hat. Denn nur in diesem Fall lässt sich die im Rahmen des Fortsetzungsfeststellungsverfahrens getroffene Aussage des Gerichts auf den neuen Verwaltungsakt übertragen (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 89 m.w.N.).
153 
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
154 
Soweit sich nämlich die Beurteilung des FA in den Streitjahren auf die fehlende unbeschränkte Steuerpflicht in China stützt, ist festzustellen, dass ab 2019 aufgrund einer Reform des chinesischen Steuerrechts maßgebliche Änderungen ergeben haben.
155 
Ab dem 1.1.2019 wird eine natürliche Person, die sich länger als 183 Tage in China aufhält, als dort ansässig betrachtet und unterliegt mit ihren weltweit erzielten Einkünften der Steuerpflicht in China. Die neue 183-Tage-Regelung ersetzt damit die bislang geltende Einjahresregelung. Danach wird bis Ende 2018 ein Ausländer erst bei einem Aufenthalt von einem vollen Steuerjahr oder länger in China unbeschränkt steuerpflichtig. Dabei gilt bis einschließlich 2018 als ein volles Jahr, wenn sich der steuerpflichtige Ausländer nicht mehr als 30 Tage am Stück oder über 90 Tage insgesamt in einem Steuerjahr außerhalb von China aufgehalten hat.
156 
Soweit es daher um die Veranlagungszeiträume ab 2019 geht, wird das FA eine neuerliche Prüfung der Voraussetzungen eines deutschen Besteuerungsrechts durchzuführen haben. Dies hat das FA auch angekündigt und in seinen Ausführungen dargelegt. Überdies sind auch die Voraussetzungen des hilfsweise vom FA geprüften Art. 4 Abs. 2 DBA-China (ständige Wohnstätte, Mittelpunkt der Lebensinteressen) für jeden Veranlagungszeitraum grundsätzlich erneut zu beurteilen (Ismer/Blank in Vogel/Lehner, DBA, 7. Aufl., 2021, Art. 4 Rn. 172).
157 
Zudem ist für die Jahre 2017 und 2018 bereits eine (ebenfalls erledigte) weitere Arrestanordnung ergangen. Insofern besteht auch für diese Jahre keine Gefahr der Wiederholung mehr.
158 
Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass bei einem in der Vergangenheit liegenden (abgeschlossenen) Sachverhalt -anders als vorliegend- ein berechtigtes Interesse darin liegen kann, dass die Gefahr einer Wiederholung besteht. Bei laufend veranlagten Steuern, wie z.B. vorliegend bei der Einkommensteuer, ist dagegen in der Regel ein Zusammenhang zwischen den Besteuerungsgrundlagen eines Jahres und der späteren Jahre nicht gegeben. Aufgrund der einkommensteuerrechtlichen Abschnittsbesteuerung ist der Sachverhalt vom FA hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen und der Anforderungen, die an deren Nachweis zu stellen seien, für jedes Veranlagungsjahr ohne Bindung an die Behandlung ähnlich liegender Sachverhalte in der Vergangenheit neu zu beurteilen. Vor diesem Hintergrund hat ein Feststellungsurteil für den Kläger in diesem Bereich keinen erkennbaren Wert und führt gerade nicht zu einer Positionsverbesserung.
159 
Die unterschiedlichen Voraussetzungen von Arrest- und Steuerfestsetzungsverfahren schließen es überdies aus, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung wegen einer möglichen Auswirkung auf das (nachfolgende) Festsetzungsverfahren anzunehmen. Die Entscheidung in dem einen Verfahren ist weder rechtlich noch tatsächlich für die Entscheidung in dem anderen Verfahren bindend.
160 
bb) Auch besteht kein berechtigtes Interesse im Hinblick auf die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses.
161 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kann zwar auch dann bestehen, wenn die beantragte Entscheidung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Verfahren vor den Zivilgerichten begehrt wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings der substantiierte Vortrag, dass nach Art und Höhe ein Schaden entstanden, die Schadensersatzklage anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, die gerichtliche Entscheidung für das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich und die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich aussichtslos ist (BFH-Urteil vom 19.12.1989 VII R 30/89, BFH/NV 1990, 710, Rn. 26 und BFH-Beschluss vom 20.9.2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458, Rn. 10; Brandis in Tipke/Kruse, FGO, Stand Februar 2019, § 100 Rn. 52 m.w.N.).
162 
Im Streitfall ist das Feststellungsinteresse im Hinblick auf die Führung eines Amtshaftungsprozesses schon deshalb zu verneinen, weil der Kläger weder vorgetragen noch dargelegt hat, dass er eine Schadensersatzklage erhoben hat oder dass dies zumindest kurzfristig bevorsteht. Vielmehr führt der Bevollmächtigte selbst aus, dass sich die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen „im Hinblick auf den derzeitigen Verfahrensstand noch nicht hinreichend konkretisiert …“ hat (Schriftsatz vom 18.10.2021, S. 5, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 175). Noch im Erörterungstermin trug er vage vor, dass man insoweit sehen müsse, wie sich die Dinge entwickelten (Niederschrift vom 1.6.2022, S. 3, Gerichtsakte zu 1 K 2953/20, Bl. 272).
163 
cc) Ebensowenig vermag der Senat ein Rehabilitierungsinteresse zu erkennen.
164 
Zwar kann ein ideelles Interesse, insbesondere ein Rehabilitierungsinteresse eine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn der erledigte Verwaltungsakt, den Vorwurf der Steuerhinterziehung enthalten hat. Dies ist zwar vorliegend der Fall, denn in der Arrestanordnung ist davon die Rede, dass gegen den Kläger der Verdacht einer „vorsätzlichen Steuerverkürzung“ bestehe und er sich fortlaufend rechtswidrige Vermögensvorteile verschafft habe.
165 
Im Streitfall ist die Fortsetzungsfeststellungsklage aber dennoch unzulässig, weil der Kläger den Vorwurf der Steuerhinterziehung in dem anhängigen Hauptsacheverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide effektiver beseitigen kann (vgl. BFH-Urteil vom 27.7.1994 II R 109/91, BFH/NV 1995, 322, Rn. 11 f. und BFH-Beschluss vom 20.9.2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458, Rn. 13).
166 
Obsiegt der Kläger nämlich mit seiner Klage gegen die Steuerbescheide, sind diese aufzuheben. Damit ist er gleichzeitig von dem Vorwurf, in den streitigen Jahren in steuerlicher Hinsicht unrechtmäßig gehandelt zu haben, rehabilitiert. Das gilt umso mehr, als das Anfechtungsverfahren nicht nur den gleichen, sondern einen effektiveren Rechtsschutz bietet. Denn während im Arrestverfahren die Tatsachen nur mit "hinreichender Wahrscheinlichkeit" vorliegen müssen, ist der Sachverhalt bei der Überprüfung der Steuerfestsetzung umfassend und abschließend zu ermitteln. Er muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
167 
dd) Das berechtigte Feststellungsinteresse kann zwar grundsätzlich auch auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts, z.B. aufgrund einer Durchsuchung, gestützt werden (Brandis in Tipke/Kruse, FGO, Stand Februar 2019, § 100 Rn. 51).
168 
Allerdings gilt auch hier, dass die begehrte Feststellung geeignet sein muss, zu einer Positionsverbesserung zu führen. Dabei muss es sich nicht um eine Rechtsposition handeln. Es reicht aus, dass ein gewisser, die Verfahrensfortsetzung aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigender Zusammenhang besteht (Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 89). Dies ist zu verneinen, wenn es eine effektivere Rechtsschutzmöglichkeit gibt.
169 
Soweit der Vortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sein sollte, dass er ein berechtigtes Interesse aus der mit der Arrestanordnung in Zusammenhang stehenden Durchsuchung der Wohnräume in G herleitet, führt dies ebenfalls nicht zu Zulässigkeit der Klage.
170 
Insoweit ist kein berechtigtes Interesse des Klägers erkennbar, nachdem die ordentliche Gerichtsbarkeit die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung bereits überprüft hat (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.12.2011  7 K 7007/08, EFG 2012, 1008, Rn. 27; Stapperfend in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 100 Rn. 89). So hat das LG S die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss des AG E verworfen (EA II, Bl. 189 ff.).
171 
Dass daneben ein sonstiges geschütztes Interesse an einer finanzgerichtlichen Entscheidung besteht, ist nicht ersichtlich.
172 
Die vom Kläger beanstandete Anordnung des dinglichen Arrests stellt keine schwere Beschränkung seiner Rechtsstellung dar. Besondere Umstände, welche die streitige Arrestanordnung über die Geltendmachung von steuerlichen Ansprüchen hinaus als tiefgreifenden Grundrechtseingriff erscheinen ließen, sind nicht erkennbar (BFH-Beschluss vom 6.7.2001 III B 58/00, BFH/NV 2001, 1530, Rn. 11).
173 
2. Überdies wäre die Fortsetzungsfeststellungsklage -selbst wenn ein berechtigtes Interesse vorläge- unbegründet.
174 
Gemäß § 324 Abs. 1 Satz 1 AO kann die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen nach den §§ 249 bis 323 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
175 
Der Arrest ist das Mittel zur Sicherung einer künftigen Geldvollstreckung. Er soll verhindern, dass der Steuerpflichtige einen bestehenden Zustand verändert, um die zukünftige Zwangsvollstreckung zu gefährden (BFH-Beschluss vom 6.2.2013 XI B 125/12, BStBl II 2013, 983, Rn. 21).
176 
Ordnet die Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen gemäß § 324 Abs. 1 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen an, so müssen der Arrestanspruch (die zu sichernde Geldforderung) und der Arrestgrund zwar nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, aber doch mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit vorliegen (BFH-Urteil vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 30 m.w.N.; a.A. Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 9 - überwiegende Wahrscheinlichkeit).
177 
Bei der Anfechtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage wegen einer Arrestanordnung ist dabei auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen. Die Tatsachen, die den Arrestgrund im Zeitpunkt des Ergehens der Arrestanordnung belegen, können allerdings erweitert oder ersetzt werden. Ob sie der Finanzbehörde im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung ganz oder teilweise bekannt waren, ist unerheblich. Es genügen sogar solche Tatsachen, welche erst nach Erlass der Arrestanordnung entstanden sind, aber den zwingenden Schluss rechtfertigen, dass eine konkrete Gefahr der Vollstreckungserschwerung oder -vereitelung bereits im Zeitpunkt des Ergehens der Arrestanordnung gegeben war (BFH-Urteile vom 10.3.1983 V R 143/76, BStBl II 1983, 401, Rn. 12 f. und vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 33 m.w.N.; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 7).
178 
a) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist ein Arrestanspruch gegeben.
179 
Der Arrestanspruch muss feststehen oder zumindest überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Arrestanspruch besteht. Es muss sich um einen rechtlich einwandfreien Anspruch handeln. Der Anspruch muss individuell bezeichnet werden (Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 3 f.).
180 
So liegen die Dinge im Streitfall.
181 
Hinsichtlich der Vorliegens eines Arrestanspruchs verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf sein Urteil vom 4.8.2022 im Verfahren 1 K 2898/21.
182 
Der Arrestanspruch wurde in der Anordnung auch ausreichend bezeichnet.
183 
Da bei der Ermittlung der Arrestsumme keine Verzinsung einbezogen wurde, wirkt sich die Neufassung von § 238 Abs. 1a i.V.m. § 233a AO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der AO und des Einführungsgesetzes zur AO (sog. Zinsanpassungsgesetz) vom 12.7.2022 (BGBl I 2022, 1142) nicht aus.
184 
b) Ein Arrestgrund liegt ebenfalls vor.
185 
aa) Ein Arrestgrund besteht, wenn bei objektiver Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne sofortige Sicherung durch eine Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dabei kann es auf die Möglichkeit eines schnellen und unmittelbaren und damit auch eines sicheren Zugriffs ankommen (Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 4).
186 
Dabei genügt der dringende Verdacht einer Steuerhinterziehung oder sonstige steuerliche Unzuverlässigkeit für sich allein nicht zur Begründung einer Arrestanordnung. Auch vermögen die allgemein schlechte Vermögenslage des Arrestschuldners ebenso wie die bloße Möglichkeit, dass der Arrestschuldner sein Vermögen beiseiteschaffen könnte, für sich genommen nicht, einen Arrest zu rechtfertigen (BFH-Urteil vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 32; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 6 m.w.N.).
187 
Im Einzelfall muss eine besondere Verschlechterung der Vermögenslage erst bevorstehen oder es muss zu befürchten sein, dass der Steuerpflichtige sich dem Zugriff der Finanzbehörde entzieht. Dazu zählen z.B. die auffallende Belastung oder Veräußerung eines wertvollen Gegenstandes des Vermögens (Werth in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 324 Rn. 5), denn Bargeld oder Geldforderungen können -z.B. im Vergleich zu Grundstücken-- der Vollstreckung leichter entzogen werden (BFH-Urteile vom 10.3.1983 V R 143/76, BStBl II 1983, 401, Rn. 15 und vom 17.10.2018 XI R 35/16, BStBl II 2019, 50, Rn. 31). Ebenso wie Vermögensumschichtungen im Inland können auch Vermögensverlagerungen ins Ausland einen Arrestgrund darstellen (BFH-Beschluss vom 25.4.1995 VII B 174/94, BFH/NV 1995, 1037, Rn. 17). Insbesondere eine Belastung des einzigen Vermögensgegenstandes bis zur Wertgrenze stellt einen Arrestgrund dar (Loose in Tipke/Kruse, AO, Stand August 2021, § 324 Rn. 16).
188 
bb) Unter Anwendung dieser Maßstäbe bestand im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung die Besorgnis, dass der Kläger das FA benachteiligen und Vermögensgegenstände seinem Zugriff entziehen will.
189 
So griff der Kläger im Jahr 2018 nachweislich auf seinen wertvollsten Vermögensgegenstand im Inland (das Grundstück) zu, um erhebliche Geldmittel ins Ausland zu transferieren. So nahm die M GmbH mit Vertrag vom 26.4.2018 bei der Bank II ein Darlehen i.H. von 3,5 Mio. Euro auf. Besichert wurde das Darlehen durch eine auf dem Grundstück [ ___ ] Straße Y in G eingetragene Grundschuld i.H. von 3,5 Mio. Euro, welche die Eheleute am 26.3.2018 gemeinsam bewilligten (Zweckerklärung vom 26.4.2018, sog. Sicherungsabrede, EA II, Bl. 140 f.). Die Darlehensvaluta wurde sodann mit Wertstellung am 16.5.2018 als Überweisungsgutschrift der M GmbH auf dem Privatgirokonto Nr.  xxxxx des Klägers gutgeschrieben (BMO, Bl. 32). Von dort tätigte der Kläger am 16.5.2018 und 12.6.2018 jeweils Überweisungen i.H. von 1.000.151,50 Euro, die als Investment bezeichnet wurden, sowie weitere Überweisungen am 13.6.2018 i.H. von 627.955,53 Euro und am 9.8.2018 i.H. von 500.151,50 Euro an seine chinesische Firmengruppe (z.B. an die Gew Ltd.; vgl. Kontoauszüge des Klägers, BMO, Bl. 32 ff.). Nach den Angaben des Klägers diente das Darlehen zur Finanzierung eines „Großprojekts“ in China (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 31.5.2022, S. 2 und Niederschrift zum Erörterungstermin vom 1.6.2022, S. 3, Gerichtsakte zu 1 V 2435/21, Bl. 569 und Bl. 587).
190 
Durch die Bestellung der erstrangigen Grundschuld war sein wichtigster inländischer Vermögenswert erheblich im Wert gemindert. Es stand deshalb zu befürchten, dass der Kläger -selbst wenn die Grundschuld im Zeitpunkt des Erlasses der Arrestanordnung nicht mehr in voller Höhe valutiert haben sollte- die fehlende Akzessorietät der Grundschuld nutzt, um erneut auf dieser Grundlage Finanzmittel für Überweisungen ins Ausland zu generieren.
191 
Unklar ist im Übrigen, wie werthaltig die Anteile des Klägers an der M GmbH und der Werkzeug GmbH waren. Da diese ihren Wert insbesondere aufgrund der Geschäftsbeziehungen mit der chinesischen Firmengruppe des Klägers haben, hätte jede kurzfristig mögliche Änderung von Liefer- und Leistungsbeziehungen erhebliche Wertveränderungen zur Folge. Die Anteile konnten deshalb den Arrestanspruch nicht absichern. Selbst der Umstand, dass sich im Zeitpunkt der Durchsuchung der Wohnräume 3,2 Mio. Euro auf dem Konto des Klägers bei der Bank I (bzw. auf allen seinen Konten ein Guthaben von 3,66 Mio. Euro) befanden, ändert nichts an dem Umstand, dass diese Geldmittel leicht ins Ausland zu bringen sind.
192 
Auch hat der Kläger seit der Anordnung des (ersten) dinglichen Arrests am 22.11.2019 erhebliche Geldmittel (vermutlich) ins Ausland transferiert. Während sich nämlich am Tag der Durchsuchung noch 3,66 Mio. Euro auf seinen Konten bei der Bank I befanden (Rb-Akte, Bl. 10), teilte die Bank I in ihrer Drittschuldnererklärung vom 27.4.2021 (nach Zustellung der zweiten Arrestanordnung vom 26.4.2021) nur noch ein Guthaben von insgesamt 315.929,39 Euro mit (Vollstr-Akte, Band II, Bl. 39). Zieht man von dem ursprünglichen Guthaben des Klägers die hinsichtlich des ersten Arrestes hinterlegte Geldsumme von 1,4 Mio. Euro ab, hat der Kläger damit rund 1,9 Mio. Euro an einen anderen Ort gebracht und dadurch die Vollstreckung zumindest wesentlich erschwert. Eine aufgrund dessen möglicherweise notwendige Vollstreckung im Ausland stellt eine wesentliche Erschwerung der Durchsetzung der steuerlichen Ansprüche dar (BFH-Beschluss vom 26.2.2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464, Rn. 30; Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Stand Februar 2021, § 324 Rn. 33).
193 
Anders als der Bevollmächtigte meint, ist die Hinterlegung der angeordneten Arrestsumme i.H. von rund 1,4 Mio. Euro auch nicht Ausdruck einer besonderen Rechtstreue des Klägers. Dies tat er nämlich nur, damit das FA die bereits bewirkten Pfändungen seiner Konten und Versicherungen aufhebt.
194 
Im Übrigen hat sich der Kläger gerade nicht rechtstreu verhalten, sondern nach der Überzeugung des Senats einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 AO schuldig gemacht. Trotz besseren Wissens behauptet der Kläger von seiner Ehefrau getrennt zu sein und fast ausschließlich in China zu leben. Vor dem Hintergrund der von Rechtsanwalt R im August 2017 eingeholten Rechtsauskunft und den weiteren im Urteil vom 4.8.2022 im Verfahren 1 K 2898/21 festgestellten Tatumständen ergibt sich vielmehr, dass die Eheleute familienrechtlich nicht getrennt sind und sich der Kläger nur aus beruflichen Gründen in China aufhält. Auch der Erwerb des gemeinsamen Grundstücks in G, die „Millionen-Investition“ in das dort errichtete Gebäude sowie sein weiterhin bestehendes erhebliches wirtschaftliches und finanzielles Engagement in Deutschland zeigen, dass der Kläger hier -anders als er ausführt- unbeschränkt steuerpflichtig und auch ansässig ist. Den daraus resultierenden Steueranspruch kannte der Kläger dem Grunde und der Höhe nach oder hielt ihn zumindest für möglich und wollte ihn durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen für die Streitjahre verkürzen (Jäger in Klein, AO, 14. Aufl., 2018, § 370 Rn. 171 m.w.N.). Auch diese Tatsachen in Zusammenhang mit den weiteren Tatumständen stellen einen Arrestgrund dar (BFH-Urteil vom 21.2.1952 IV 429/51 U, BStBl III 1952, 90, Rn. 23).
195 
Die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Kläger (zumal nur für die Jahre 2012 bis 2016) hindert den Senat nicht an diesen Feststellungen, denn die Einstellungsverfügung entfaltet keine Bindungswirkung für das finanzgerichtliche Verfahren. Vielmehr haben die Finanzgerichte selbständig und aufgrund freier Beweiswürdigung zu entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 155 Satz 1 i.V.m. § 286 Abs. 1 ZPO). Sie sind selbst an Feststellungen in einem Strafurteil nicht gebunden (Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 81 Rn. 11 m.w.N.). Diese fehlende Bindungswirkung gilt umso mehr für Feststellungen in einer Einstellungsverfügung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, denn ihr kommt keinerlei Rechtskraftwirkung zu. Das Ermittlungsverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 28.2.2012 VI ZR 79/11, NJW 2012, 1659, Rn. 12; Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, 6. Aufl., 2019, § 170 Rn. 6 m.w.N.).
196 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
197 
4. Die Revision wird nicht zugelassen, da keine Revisionsgründe im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO ersichtlich sind.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen