Urteil vom Finanzgericht Hamburg (5. Senat) - 5 K 185/13

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Fragen, ob Barausgleiche, die der Kläger als Stillhalter bei Optionsgeschäften in den Streitjahren 2009 bis 2011 zahlte, steuerlich zu berücksichtigen sind und ob Prämien aus Glattstellungsgeschäften, die der Kläger zur Löschung seiner Verpflichtungen als Stillhalter ausführte, zu negativen Kapitaleinkünften führen.

2

Der Kläger war in den Streitjahren Verkäufer von Optionen (Stillhalter, Short-Positionen) auf den Aktienindex DAX, die er in seinem Privatvermögen hielt. Die Optionen wurden an der Eurex Deutschland abgewickelt.

3

Nach den Kontraktspezifikationen für Optionskontrakte an der Eurex Deutschland war der Käufer eines Optionskontrakts verpflichtet, an den Stillhalter den Preis für den Erwerb des Optionsrechts, die Optionsprämie, zu zahlen (für den Stillhalter: Stillhalterprämie). Der Käufer einer Kaufoption (Call) auf Aktienindizes hatte das Recht, eine Zahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Ausübungspreis der Option und einem höheren Schlussabrechnungspreis der Optionsserie (Barausgleich) zu verlangen. Der Käufer einer Verkaufsoption (Put) auf Aktienindizes hatte das Recht, eine Zahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Ausübungspreis der Option und einem niedrigeren Schlussabrechnungspreis der Optionsserie (Barausgleich) zu verlangen. Für den Fall der Ausübung der Option durch den Käufer der Option war der Stillhalter verpflichtet, die Differenz zwischen dem Ausübungspreis der Option und einem höheren (Call) bzw. niedrigeren (Put) Schlussabrechnungspreis der Optionsserie in bar auszugleichen.

4

In der Regel schloss der Kläger Glattstellungsgeschäfte (Closings) ab. Bei einigen Geschäften leistete der Kläger jedoch den Barausgleich als Stillhalter, und zwar im Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 4.319,35 Euro (einschließlich Provision), im Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 4.762,70 Euro (einschließlich Provision) und im Jahr 2011 in Höhe von insgesamt 3.147,60 Euro (einschließlich Provision). Auf die vom Kläger eingereichten Abrechnungen wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

5

Die für die vorgenannten Stillhaltergeschäfte depotführende A GmbH nahm in den Jahren 2009 und 2010 den Kapitalertragsteuerabzug von den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers vor, wobei sie die gezahlten Barausgleiche nicht berücksichtigte. Einen Kapitalertragsteuerabzug für das Jahr 2011 bescheinigte die A GmbH nicht.

6

Der Beklagte stellte einen verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2008 für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 115.572 Euro und für die Einkünfte aus Leistungen in Höhe von 30.943 Euro fest.

7

Der Kläger reichte seine Einkommensteuererklärung 2009 und seine Erklärung zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2009 erstmalig am 11. Juni 2012 ein.

8

Am 29. Januar 2013 erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide über Einkommensteuer 2009 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009, wobei jeweils der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen blieb.

9

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zog der Beklagte von den Stillhalterprämien in Höhe von 30.779 Euro sowie von den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien) in Höhe von 958 Euro und von den Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 12.016 Euro jeweils die Verlustvorträge aus Leistungen bzw. aus privaten Veräußerungsgeschäften in entsprechender Höhe ab und berücksichtigte im Ergebnis nach Abzug des Sparer-Pauschbetrages von den übrigen Kapitaleinkünften in Höhe von 457 Euro Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 0 Euro. Dementsprechend stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der bis zum 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung (a. F.) auf 102.598 Euro und für die Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG a. F. auf 164 Euro fest.

10

Mit Bescheiden vom 6. Februar 2013 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung jeweils für den Einkommensteuerbescheid 2009 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009 auf.

11

Ebenfalls am 6. Februar 2013 erließ der Beklagte zudem Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2011 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2010 und zum 31. Dezember 2011.

12

Gegen die vorgenannten Bescheide vom 6. Februar 2013 legte der Kläger am 9. März 2013 Einsprüche ein. Im Einspruchsverfahren beantragte der Kläger erstmalig, die von ihm gezahlten Barausgleiche steuerlich zu berücksichtigen.

13

Der Beklagte erließ aus hier nicht streitigen Gründen am 15. Juli 2013 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2011.

14

Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2013 setzte der Beklagte nach Verböserungshinweis aus hier nicht streitigen Gründen die Einkommensteuer für 2009 auf 9.398 Euro höher fest und wies die Einsprüche im Übrigen zurück. Die von dem Kläger als Stillhalter gezahlten Barausgleiche berücksichtigte der Beklagte nicht.

15

Am 2. Dezember 2013 hat der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2011 und gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2013 Klage erhoben.

16

Der Kläger erklärte im Februar 2014 für 2010 und 2011 weitere Einkünfte aus einem dem Beklagten bis dahin unbekannten Brokerkonto bei der B wie folgt nach:

                          
        

2010   

2011   

Einkünfte aus Aktienveräußerungen

- 469,68 Euro

-2.481,78 Euro

Stillhaltergeschäft DAX- und Aktien-Optionen

29.426,30 Euro

14.850,80 Euro

Stillhaltergeschäft Option auf Euro-Bund-Futures

 15.976,00 Euro

-43.256,00 Euro

Barausgleich als Stillhalter einer DAX-Option

 0,00 Euro

 -1.536,70 Euro

Währungsgeschäfte

 16.021,87 Euro

 -93.792,23 Euro

17

Diese Geschäfte wurden nach Angaben des Klägers ebenfalls sämtlich über die Eurex Deutschland abgewickelt. Ausweislich des eingereichten "Activity Statements" nahm der Kläger bei den Optionsgeschäften auf den DAX und auf Aktien sowie auf Euro-Bund-Futures nur "Short Term"-Positionen als Stillhalter ein. Seine Verpflichtungen als Stillhalter aus diesen Geschäften stellte er jeweils - bis auf den 2011 geleisteten Barausgleich - mit Closing-Geschäften glatt, was teilweise zu den vorgenannten negativen Einkünften führte.

18

Die steuerliche Behandlung der Einkünfte aus den Aktienveräußerungen und den Währungsgeschäften, bei denen die Währungen jeweils effektiv bei Abschluss des Geschäftes geliefert wurden, ist zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach nicht streitig.

19

Aufgrund der Nacherklärung erließ der Beklagte am 22. Oktober 2014 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2011, mit denen er die Einkommensteuer für 2010 auf 30.387 Euro und für 2011 auf 13.064 Euro festsetzte.

20

Dabei erfasste der Beklagte die Beträge aus den Stillhaltergeschäften der DAX- und Aktienoptionen nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG sowie die Beträge der Optionen auf die Euro-Bund-Futures als Einkünfte nach § 23 EStG. Den Barausgleich berücksichtigte der Beklagte nicht.

21

Für das Jahr 2010 zog der Beklagte danach bei der Berechnung der Einkünfte, die der Abgeltungsteuer unterlagen, von den Stillhalterprämien in Höhe von 81.277 Euro einen Verlustvortrag in Höhe von 164 Euro und von den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien) in Höhe von 818 Euro sowie von den Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 4.973 Euro einen Verlustvortrag in Höhe von 5.791 Euro ab. Des Weiteren verrechnete der Beklagte Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 31.997 Euro in voller Höhe mit Verlustvorträgen.

22

Dementsprechend stellte der Beklagte zum 31.12.2010 den Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG a. F. auf 64.810 Euro und für die Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG a. F. auf 0 Euro fest.

23

Für das Jahr 2011 legte der Beklagte bei der Berechnung der Einkünfte, die der Abgeltungsteuer unterlagen, die erklärten Kapitalerträge in Höhe von 675 Euro sowie Stillhalterprämien in Höhe von 14.850 Euro zugrunde. Dementsprechend stellte er zum 31.12.2011 den Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG a. F. auf 64.810 Euro fest.

24

Der Kläger ist der Auffassung, der von ihm als Stillhalter gezahlte Barausgleich sei steuerlich zu berücksichtigen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Verluste aus dem Barausgleich bei dem Käufer der Option zu berücksichtigen seien, bei dem Stillhalter hingegen nicht. Es sei eine einheitliche Betrachtung des Optionsgeschäftes geboten. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, dass Aktienoptionen, bei denen die Aktien vom Stillhalter angeschafft werden müssten, anders besteuert werden als Optionen auf einen Aktienindex. Durch die Einführung der Abgeltungssteuer sei es zudem irrelevant, ob die Geschäfte der Vermögenssphäre zuzuordnen seien.

25

Des Weiteren ist der Kläger der Meinung, die von ihm als Stillhalter eingegangenen Optionsgeschäfte auf die Euro-Bund-Futures seien genauso wie die Stillhaltergeschäfte auf den DAX zu erfassen, wobei auch negative Einkünfte der Besteuerung zugrunde zu legen seien.

26

Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2009 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009, jeweils vom 6. Februar 2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2013,
und die Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2011, zuletzt geändert am 22. Oktober 2014,
in der Weise zu ändern, dass unter Berücksichtigung der als Stillhalter gezahlten Barausgleiche
für 2009 in Höhe von 4.319,35 Euro,
für 2010 in Höhe von 4.762,70 Euro und
für 2011 in Höhe von 4.684,30 Euro
sowie der Einkünfte aus den als Stillhalter getätigten Optionsgeschäften auf die Euro-Bund-Futures
für 2010 in Höhe von 15.976 Euro und
für 2011 in Höhe von -43.256 Euro,
jeweils als Kapitalerträge,
die Einkommensteuer 2009 bis 2011 niedriger festgesetzt bzw. der verbleibende Verlustvortrag zum 31. Dezember 2009 neu festgestellt werden.

27

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

28

Er ist der Auffassung, die gezahlten Barausgleiche des Stillhalters beträfen auch nach Einführung der Abgeltungssteuer die steuerlich nicht relevante Vermögensebene des Klägers. Die von dem Kläger vorgebrachte einheitliche Betrachtung der Beteiligten eines Optionsgeschäftes sei nicht vorzunehmen.

29

Des Weiteren ist der Beklagte der Meinung, die Prämien aus den Glattstellungsgeschäften könnten nicht zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen führen, sondern seien in einem Verlustverrechnungstopf nur mit zukünftigen positiven Kapitalerträgen zu verrechnen.

...

30

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Protokolle des Erörterungstermins vom 01. März 2016 und der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

31

I. Die Klage ist unzulässig, soweit sie die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009 betrifft. Im Übrigen ist sie zulässig.

32

1. Es fehlt nicht an einer Beschwer gemäß § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2009.

33

a) Zwar fehlt es an einer Beschwer, wenn der Kläger mit seinem Begehren keine Veränderung der festgesetzten Steuer erreichen kann, da eine Rechtsverletzung grundsätzlich nur dann vorliegt, wenn zu Unrecht eine zu hohe Steuer festgesetzt wurde. Denn die Besteuerungsgrundlagen sind gemäß § 157 Abs. 2 AO grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar.

34

Im Streitfall würde sich das Begehren des Klägers, den als Stillhalter gezahlten Barausgleich steuerlich zu berücksichtigen, nicht auf die festgesetzte Einkommensteuer 2009 auswirken.

35

In dem Einkommensteuerbescheid 2009 erfolgte bei der Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen eine vollständige Verrechnung der Stillhalterprämien sowie der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen und von Aktien mit den zum 31.12.2008 festgestellten Verlustvorträgen. An der vollständigen Verrechnung mit den Verlustvorträgen würde sich auch dann nichts ändern, wenn sich der gezahlte Barausgleich bei den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG oder nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG auswirkte und die entsprechenden Einkünfte jeweils minderte.

36

Wäre der gezahlte Barausgleich den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zuzuordnen, würden sich die entsprechenden Einkünfte verringern und in der entsprechend niedrigeren Höhe die Verlustverrechnung nach § 22 Nr. 3 Satz 5 EStG erfolgen. Wäre der gezahlte Barausgleich den Einkünften nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG zuzuordnen, würden sich die entsprechenden positiven Einkünfte nach § 20 Abs. 2 EStG verringern und in der entsprechend niedrigeren Höhe die Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG in Verbindung mit (i. V. m.) § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG erfolgen.

37

b) Allerdings liegt dann eine Beschwer vor, wenn die Besteuerungsgrundlagen eines Steuerbescheides Feststellungen enthalten, denen Bindungswirkung zukommt.

38

So verhält es sich im Streitfall. Der Einkommensteuerbescheid 2009 entfaltet eine "Quasi-Bindung" für die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009. Dies gilt sowohl für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG a. F. als auch für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG a. F.

39

aa) Eine gesonderte Feststellung für diese verbleibenden Verlustvorträge ist vorzunehmen, da gemäß § 22 Nr. 3 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG bzw. § 23 Abs. 3 Satz 8 zweiter Halbsatz EStG § 10d Abs. 4 EStG entsprechend gilt (vergleiche - vgl. - zur verfahrensrechtlichen Bedeutung dieser Verweisung Heuermann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: Mai 2012, § 10d Randziffer - Rz. - A 128).

40

bb) Im Streitfall sind § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010, Bundesgesetzblatt Teil I - BGBl I - 2010, 1768) gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG in der Fassung des JStG 2010 anzuwenden, da der Kläger erstmals nach dem 13. Dezember 2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben hatte, nämlich erst am 11. Juni 2012 (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit des zeitlichen Anwendungsbereichs Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 6/14, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2015, 812).

41

Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der Fassung des JStG 2010 sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 FGO gelten entsprechend. Nach § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG in der Fassung des JStG 2010 dürfen die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.

42

cc) Der Einkommensteuerbescheid 2009 ist danach gemäß § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG in der Fassung des JStG 2010 im oben genannten Sinne bindend für die Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zum 31.12.2009.

43

§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der Fassung des JStG 2010 erreicht eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist.

44

Danach sind die Besteuerungsgrundlagen im Feststellungsverfahren so zu berücksichtigen, wie sie der letzten bestandskräftigen bzw. nach den Vorschriften der AO noch änderbaren Einkommensteuerfestsetzung zugrunde liegen. Unterbleibt eine Änderung der letzten Einkommensteuerfestsetzung ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer, ergeht dennoch ein Verlustfeststellungsbescheid (§ 10d Abs. 4 Satz 5 EStG in der Fassung des JStG 2010). Ist eine Änderung des Einkommensteuerbescheids unabhängig von der fehlenden betragsmäßigen Auswirkung auch verfahrensrechtlich nicht möglich, bleibt es jedoch bei der in § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der Fassung des JStG 2010 angeordneten Bindungswirkung (BFH-Urteil vom 13. Januar 2015 IX R 22/14, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 248, 530, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2015, 829; BFH-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 6/14, BFH/NV 2015, 812).

45

Daraus ergibt sich für den Streitfall, dass eine Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheides 2009 für eine Verlustfeststellung zum 31.12.2009 vorliegt. Wäre allein eine Klage gegen die Verlustfeststellung zum 31.12.2009 anhängig, könnte eine solche Klage nach den vorstehenden Grundsätzen keinen Erfolg haben, da eine Änderung des inhaltlich bindenden Einkommensteuerbescheides nicht möglich wäre und dies nicht allein auf einer fehlenden betragsmäßigen Auswirkung beruhen würde.

46

dd) Bindende Besteuerungsgrundlagen (vgl. § 199 Abs. 1 AO) des Einkommensteuerbescheides 2009 für die Verlustfeststellungen sind im Streitfall die Höhe der Stillhalterprämien bzw. die Höhe der Einkünfte aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien).

47

Die Höhe der Stillhalterprämien, auf die der geltend gemachte Barausgleich Einfluss haben könnte, ist Besteuerungsgrundlage für die Feststellung der Verluste aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG a. F., da gemäß § 22 Nr. 3 Satz 5 EStG die Stillhalterprämien als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG die genannten Verluste ausgleichen. Der Feststellungsbescheid hat auch die verbleibenden (Alt-)Verluste aus Stillhaltergeschäften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG festzustellen (Buge, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: Februar 2014, § 20 EStG Rz. 619).

48

Die Höhe der Einkünfte aus der Veräußerung von Kapitalanlagen nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG, auf die der geltend gemachte Barausgleich Einfluss haben könnte, ist entsprechend Besteuerungsgrundlage für die Feststellung der Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, auf die § 23 EStG a. F. anzuwenden ist, da gemäß § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG diese Einkünfte die genannten Verluste ausgleichen. Der Verlustfeststellungsbescheid hat danach zu unterscheiden, ob ein Verlust aus Kapitalvermögen oder ein Verlust aus Aktiengeschäften im Sinne des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG festgestellt wird (Buge, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: Februar 2014, § 20 EStG Rz. 619).

49

2. Es liegt keine Beschwer gemäß § 40 Abs. 2 FGO für die Klage gegen die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2009 vor.

50

Wegen der vorgenannten Bindungswirkung der Besteuerungsgrundlagen im Einkommensteuerbescheid 2009 (§ 10d Abs. 4 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG) für die Verlustfeststellung macht der Kläger keine Beschwer im Sinne von § 40 Abs. 2 FGO geltend (Steinhauff, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: Februar 2015, § 42 FGO Rz. 171 und 24 f. mit weiteren Nachweisen - m. w. N. -; anderer Ansicht - a. A. - BFH in nahezu ständiger Rechtsprechung, der in diesen Fällen die Klage gegen den Folgebescheid als unbegründet erachtet, zum Beispiel - z. B. - BFH-Urteil vom 05.11.2015 III R 12/13, BFH/NV 2016, 834 m. w. N.; vgl. hierzu Steinhauff, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: Februar 2015, § 42 FGO Rz. 23).

51

3. Eine Beschwer hinsichtlich der Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 ist gegeben.

52

Auch wenn der von dem Kläger begehrte Barausgleich mit den nachträglich erklärten Einkünften aus Stillhaltergeschäften aus Optionen auf Euro-Bund-Futures zu saldieren wäre und sich die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG entsprechend vermindern würden, was zu einer höheren Steuer führen würde, liegt aufgrund der unter I.1. beschriebenen Bindungswirkung für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG a. F. eine Beschwer vor.

53

4. Es liegt auch eine Beschwer hinsichtlich der Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vor. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Einkommen-steuer bei einer Berücksichtigung der nachträglich erklärten negativen Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften aus Optionen auf Euro-Bund-Futures nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG anstelle nach § 23 EStG niedriger festzusetzen ist.

54

II. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie insoweit begründet, als die nachträglich erklärten Einkünfte aus den als Stillhalter getätigten Optionsgeschäften auf die Euro-Bund-Futures in den Jahren 2010 und 2011 nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu erfassen sind und nicht nach § 23 EStG. Insoweit verletzen die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

55

Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

56

1. Die Überprüfung des Einkommensteuerbescheides 2009 erfolgt in vollem Umfang, da die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für 2009 mit Bescheid vom 6. Februar 2013, gegen die der Kläger Einspruch einlegte, gemäß § 164 Abs. 3 Satz 2 AO einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich steht.

57

2. Die von dem Kläger als Stillhalter gezahlten Barausgleiche sind ebenso wie die nachträglich erklärten Einkünfte aus dem Brokerkonto bei der B in die Veranlagung des Klägers einzubeziehen.

58

a) Gemäß § 43 Abs. 5 Satz 3 EStG können die gezahlten Barausgleiche für die Jahre 2009 und 2010 in die besondere Besteuerung von Kapitalerträgen nach § 32d Abs. 1 EStG einbezogen werden, auch wenn die A GmbH von den Stillhalterprämien bzw. von den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien) Kapitalertragsteuer einbehalten hat und damit grundsätzlich die Einkommensteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG). Denn der Kläger hat den gemäß § 43 Abs. 5 Satz 3 EStG erforderlichen Antrag zur besonderen Besteuerung nach § 32d EStG rechtzeitig gestellt.

59

aa) Der Kläger hat noch im Einspruchsverfahren beantragt, die gezahlten Barausgleiche im Rahmen einer Steuerfestsetzung zu berücksichtigen. Rechtsschutzgewährend ist der Antrag für die Jahre 2009 und 2010 als Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG auszulegen, da in diesen Jahren von seinen Stillhalterprämien und seinen Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien) Kapitalertragsteuer von der A GmbH einbehalten wurde und mit dem Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG die Rechtmäßigkeit des Steuereinbehalts dem Grunde oder der Höhe nach geprüft wird, insbesondere im Fall eines noch nicht im Rahmen des § 43a Abs. 3 EStG berücksichtigten Verlusts. Damit kann auch geprüft werden, ob der gezahlte Barausgleich zu den Stillhalterprämien bzw. zu den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien) gehört und damit die Bemessungsgrundlage für den Kapitalertragsteuerabzug zu hoch gewesen ist (vgl. auch Bundesministerium der Finanzen - BMF -, Schreiben vom 18. Januar 2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, Bundessteuerblatt Teil I - BStBl I - 2016, 85, Textziffer - Tz. - 182).

60

bb) Der Antrag erfolgte rechtzeitig, da er bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides gestellt werden kann. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der Antrag mit der Einkommensteuererklärung gestellt werden. Hieraus ergibt sich aber - anders als z. B. nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG - keine zeitliche Beschränkung. Der Wortlaut ("kann") schließt es nicht aus, den Antrag nach Abgabe der Einkommensteuererklärung gesondert zu stellen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Tz. 145; Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 35. Auflage - Aufl. - 2016, § 32d Rz. 16; Koss, in: Korn, EStG, Stand: Januar 2015, § 32d Rz. 87; Oellerich, in: Bordewin/Brandt, EStG, Stand: August 2014, § 32d Rz. 114; vgl. auch Finanzgericht - FG - Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Mai 2014, 7 K 7337/11, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2014, 1680, Revisionsaktenzeichen - Rev.Az. - VIII R 27/14; vgl. zur Abgrenzung zum Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG BFH-Urteil vom 28. Juli 2015 VIII R 50/14, BFHE 250, 413, BStBl II 2015, 894; a. A. Baumgärtel/Lange, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: Januar 2010, § 32d EStG Rz. 67).

61

b) Auch für 2011 ist im Veranlagungsverfahren zu prüfen, ob die gezahlten Barausgleiche steuerlich zu berücksichtigen sind. Die Bank hat im Jahr 2011 keine Kapitalertragsteuer einbehalten. Demnach kann der gezahlte Barausgleich nach § 32d Abs. 3 EStG in die Veranlagung einzubeziehen sein.

62

Gemäß § 32d Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Steuerpflichtige steuerpflichtige Kapitalerträge, die nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, in seiner Einkommensteuererklärung anzugeben. Für diese Kapitalerträge erhöht sich die tarifliche Einkommensteuer um den nach § 32d Abs. 1 EStG ermittelten Betrag (§ 32d Abs. 3 Satz 1 EStG).

63

Auch wenn § 32d Abs. 3 Satz 1 EStG von einer Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer ausgeht, schließt dies die Prüfung nicht aus, ob gezahlte Barausgleiche im Streitjahr 2011 steuerlich zu berücksichtigen sind, was zu einer niedrigeren Steuer führen würde (vgl. auch zur Möglichkeit, im Rahmen des § 32d Abs. 3 EStG zur Anwendung des Abgeltungssteuersatzes als niedrigerem Steuersatz zu kommen Koss, in: Korn, EStG, Stand: Januar 2015, § 32d Rz. 84). Denn die gezahlten Barausgleiche könnten als negative Kapitalerträge zu qualifizieren sein, da Kapitalerträge auch negativ sein können (vgl. z. B. BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Tz. 212). Des Weiteren kommt es nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 3 Satz 1 EStG nur darauf an, ob die Kapitalerträge de facto nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben. Nicht entscheidend ist es danach, ob für diese Kapitalerträge ein Kapitalertragsteuerabzug nach dem Katalog des § 43 Abs. 1 EStG vorzunehmen ist (so auch Baumgärtel/Lange, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: Januar 2010, § 32d EStG Rz. 58; vgl. auch BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Tz. 144; a. A. ggf. Oellerich, in: Bordewin/Brandt, EStG, Stand: August 2014, § 32d Rz. 108).

64

c) Soweit der Kläger in den Jahren 2010 und 2011 Einkünfte aus dem Brokerkonto bei der B nacherklärt hat, sind diese gemäß § 32d Abs. 3 EStG in die Veranlagung einzubeziehen, auch wenn die Einkünfte teilweise negativ sind (s. II.2.b]).

65

3. Die von dem Kläger als Stillhalter gezahlten Barausgleiche sind steuerlich nicht zu berücksichtigen.

66

Es handelt sich weder um Einkünfte aus sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (II.3.a]) noch um Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG (II.3.b]), sondern um Werbungskosten zu den Stillhalterprämien, deren tatsächlicher Abzug gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG ausgeschlossen ist (II.3.c]).

67

Die als Stillhalter gezahlten Barausgleiche sind nicht im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG zu erfassen, da diese Vorschrift nur für den Käufer einer Option anwendbar ist, nicht jedoch für den Stillhalter. Die Sondervorschrift des § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG, wonach Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen, zu berücksichtigen sind, ist nicht anwendbar (II.3.d]).

68

a) Die als Stillhalter gezahlten Barausgleiche sind keine Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

69

Der Kläger hat als Stillhalter keine Kapitalforderungen. Er hat kein Kapitalvermögen zur Nutzung überlassen. Es sollte auch kein Kapitalvermögen ausgeglichen bzw. zurückgezahlt werden. Vielmehr hing die Zahlung des Barausgleiches allein davon ab, ob der Käufer der Option sein Optionsrecht ausübte.

70

b) Die Barausgleiche als Stillhalter sind nicht im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen.

71

Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 erster Halbsatz EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen die Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 zweiter Halbsatz EStG).

72

aa) Danach erfasst der Wortlaut zunächst nur die Optionsprämie, die der Stillhalter erhält (Stillhalterprämie). Dies ist die Prämie, die der Kläger dafür erhielt, dass er sich verpflichtete, bei eventueller Ausübung der Option den Barausgleich zu zahlen. Die Stillhalterprämie erhielt der Kläger auch dann, wenn die Option nicht ausgeübt wurde.

73

Des Weiteren erfasst der Wortlaut die Prämien, die der Stillhalter für das Glattstellungsgeschäft zahlen muss, wenn er ein solches abschließt.

74

Nicht vom Wortlaut erfasst ist jedoch der Barausgleich des Stillhalters, wenn der Käufer der Option seine Option ausübt (so auch von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl. 2016, § 20 EStG Rz. 116a).

75

Der Barausgleich ist dem Wortlaut nach nicht als Stillhalterprämie zu erfassen. Der Stillhalter "vereinnahmt" den Barausgleich nicht für die Einräumung der Option. Vielmehr muss der Stillhalter diesen Barausgleich zahlen, also "verausgaben", wenn die Option ausgeübt wird. Auch die Kontraktspezifikationen unterscheiden zwischen der Optionsprämie, die der Stillhalter von dem Käufer der Option erhält, und dem Barausgleich, den der Stillhalter zu zahlen hat, wenn der Käufer einer Option die Option ausübt.

76

Der Barausgleich ist dem Wortlaut nach nicht als Prämie für ein Glattstellungsgeschäft anzusehen. Denn mit einem Glattstellungsgeschäft löst sich der Stillhalter von seinen Verpflichtungen aus der Option (vgl. Jachmann/Lindenberg, in: Lademann/Söffing, EStG, Stand: Januar 2011, § 20 Rz. 489). Demgegenüber ist der Barausgleich gerade deshalb zu zahlen, weil die Verpflichtung des Stillhalters aus der Option noch besteht und der Käufer der Option diese ausübt. Der Kläger musste den Barausgleich danach zahlen, weil er schließlich kein Glattstellungsgeschäft abgeschlossen hatte (gegen eine Subsumtion des Barausgleichs unter den Begriff "Glattstellung" auch Zanzinger, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2010, 149, 151).

77

bb) Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts Anderes.

78

Danach erfasst § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG die Stillhalterprämie, die der Stillhalter unabhängig vom Zustandekommen des Wertpapiergeschäftes allein für die Stillhaltung erhält und die bislang der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG a. F. unterlag. Die Neufassung sollte dazu führen, dass zukünftig alle Finanzinstrumente einheitlich im Rahmen des § 20 EStG besteuert werden. Dabei sollte nur der beim Stillhalter nach Abschluss eines Gegengeschäfts (Glattstellung) verbliebene Vermögenszuwachs der Besteuerung (Nettoprinzip) unterworfen werden (Bundestags-Drucksache - BT-Drs. - 16/4841 Seite 54).

79

Dass der Gesetzgeber zugleich auch den Barausgleich, den der Stillhalter gegebenenfalls (ggf.) zahlen musste, entgegen der früheren Rechtslage in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfassen wollte, ist danach nicht ersichtlich (vgl. zur früheren Rechtslage vor Einführung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999, BGBl I 1999, 402 auch BFH-Urteil vom 13.02.2008 IX R 68/07, BFHE 220, 436, BStBl II 2008, 522, sowie Jachmann/Lindenberg, in: Lademann/Söffing, EStG, Stand: Januar 2011, § 20 Rz. 510 m. w. N.; vgl. auch zur Erfassung der Stillhalterprämie nach § 22 Nr. 3 EStG a. F. BFH-Urteil vom 28.11.1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300 sowie BFH-Urteil vom 29.06.2004 IX R 26/03, BFHE 206, 418, BStBl II 2004, 995).

80

Selbst wenn eine Regelungslücke angenommen werden sollte (so z. B. Philipowski, DStR 2010, 2283, 2287, und Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.08.2013, 2 K 35/13, EFG 2014, 541, Rev.Az. VIII R 55/13, wobei nicht eindeutig ist, ob nach Auffassung des Niedersächsischen FG die Regelungslücke bei § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG oder bei § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht), führt die weitere Auslegung dazu, dass der Barausgleich nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfasst ist (für eine analoge Anwendung Haisch/Helios, Finanz-Rundschau - FR - 2011, 88, 89; vgl. auch zu dieser Möglichkeit Aigner/Balbinot, DStR 2015, 198, 203; anders noch Haisch/Krampe, FR 2010, 311, 315).

81

cc) Der vom Stillhalter gezahlte Barausgleich ist nicht aus systematischen Gründen von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfasst.

82

aaa) Der Gesetzgeber hat die Stillhalterprämie in den Katalog des § 20 Abs. 1 EStG aufgenommen, obwohl die dortige Erfassung nicht in die Systematik des § 20 Abs. 1 EStG passt. Stillhalterprämien sind weder ein Entgelt für die Überlassung von Kapital zur Nutzung auf Zeit noch Ausfluss eines Mitgliedschaftsrechtes aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, sondern werden nur als Entgelt für die besonderen Verpflichtungen und die Leistung des Stillhalters gezahlt (Buge, in Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: Januar 2014, § 20 EStG Rz. 401 m. w. N.; Jachmann/Lindenberg, in: Lademann/Söffing, EStG, Stand: Januar 2011, § 20 Rz. 477).

83

bbb) Die Minderung der Einnahmen aus Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 zweiter Halbsatz EStG) führt nicht dazu, dass die gezahlten Barausgleiche des Stillhalters gleichfalls nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG aus systematischen Gründen zu berücksichtigen sind.

84

Ausdrücklich werden nur die Aufwendungen für das Glattstellungsgeschäft als Aufwendungen, die in einem Zusammenhang mit den Stillhalterprämien stehen, in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfasst. Die Berücksichtigung der Glattstellungsgeschäfte in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG beruht allerdings lediglich auf der seinerzeitigen Rechtsprechung des BFH, wonach die Prämien aus den Optionsgeschäften um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien als Erwerbsaufwendungen zu mindern waren. Die Prämien für das Glattstellungsgeschäft waren danach Werbungskosten zu den Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG a. F. (BFH-Urteil vom 17.04.2007 IX R 23/06, BFHE 217, 562, BStBl II 2007, 606 m. w. N.; BFH-Urteil vom 29.06.2004 IX R 26/03, BFHE 206, 418, BStBl II 2004, 995).

85

Dass der Gesetzgeber darüber hinaus auch den Barausgleich, den der Stillhalter ggf. zu zahlen hatte und der zuvor steuerlich nicht berücksichtigt wurde, aus systematischen Gründen in die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG übernehmen wollte, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen.

86

Dabei ist ferner zu beachten, dass die Aufnahme der Aufwendungen für das Glattstellungsgeschäft in § 20 Abs. 1 Nr. 11 zweiter Halbsatz EStG einen Systembruch darstellt, da es sich hierbei um Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG handelt, die gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG im System der Abgeltungssteuer grundsätzlich nicht abziehbar sind (Buge, in Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: Januar 2014, § 20 EStG Rz. 401 m. w. N.; Jachmann/Lindenberg, in: Lademann/Söffing, EStG, Stand: Januar 2011, § 20 Rz. 478).

87

ccc) Das System der Abgeltungssteuer führt nicht dazu, den Barausgleich unter die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu subsumieren.

88

Auch wenn nach der Gesetzesbegründung "zukünftig alle Finanzinstrumente einheitlich im Rahmen des § 20 EStG besteuert werden" sollten (BT-Drs. 16/4841, Seite 54), ist der Barausgleich des Stillhalters nicht im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu berücksichtigen. Das Nettoprinzip sollte nach der Gesetzesbegründung bei § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG ausdrücklich nur dazu führen, dass die Glattstellungsgeschäfte berücksichtigt werden. Andere hiermit im Zusammenhang stehende Aufwendungen (Werbungskosten) sind in der Gesetzesbegründung nicht erwähnt. Diese wären im System der Abgeltungsteuer gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nicht zu berücksichtigen.

89

Es kann zudem systematisch nicht darauf abgestellt werden, dass § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG zu einer Berücksichtigung des vom Stillhalter gezahlten Barausgleichs führen muss. Die besondere Ermittlung des Gewinns bei Veräußerungsgeschäften des § 20 Abs. 2 EStG nach § 20 Abs. 4 EStG kommt im Bereich des § 20 Abs. 1 EStG gerade nicht zur Anwendung. Bei § 20 Abs. 1 EStG sollen Aufwendungen, die in einem Zusammenhang mit diesen Einnahmen stehen, gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG gerade nicht abgezogen werden können.

90

dd) Eine Berücksichtigung des Barausgleichs des Stillhalters nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG ergibt sich nicht nach Sinn und Zweck der Regelung.

91

aaa) § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG sollte die zuvor von § 22 Nr. 3 EStG a. F. als sonstige Leistungen erfassten Stillhalterprämien in den Bereich der Kapitaleinkünfte aufnehmen. Zugleich bezog der Gesetzgeber die Prämien aus Glattstellungsgeschäften in die Regelung ein, die die Einnahmen mindern und anderenfalls von dem Werbungskostenabzugsverbot im Rahmen der Abgeltungssteuer betroffen gewesen wären, um der seinerzeitigen Rechtsprechung des BFH zu genügen (siehe II.3.b]bb]).

92

Der Vorschrift lässt sich kein weitergehender Sinn entnehmen. Dass der Barausgleich des Stillhalters steuerlich nach der seinerzeitigen Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen war, war bekannt. Auch wenn mit den Regelungen des § 20 Abs.1 Nr. 11 EStG und § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG die Besteuerung von Termingeschäften "umfassend" erfolgen sollte (so Jochum, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: April 2016, § 20 Rz. C/11 16), wird der Barausgleich des Stillhalters nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfasst. Eine umfassende Besteuerung kann auch dadurch erfolgen, dass der Barausgleich dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG unterfällt.

93

Soweit vertreten werden sollte, dass der Barausgleich des Stillhalters deshalb bei § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu berücksichtigen sei, weil dies im Hinblick auf die Einkommensermittlung bei privaten Veräußerungsgeschäften nach den Grundsätzen einer Gewinneinkunftsart geboten sei (so etwa Hamacher/Dahm, in: Korn, EStG, Stand: Oktober 2014, § 20 Rz. 303), ist dem nicht zu folgen. Dem widerspricht die grundsätzliche Unterscheidung zwischen § 20 Abs. 1 EStG (laufende Erträge) und § 20 Abs. 2 EStG (Veräußerungsgewinne; siehe II.3.b]cc]ccc]).

94

bbb) Der Barausgleich des Stillhalters ist nicht als "Stillhalterprämie" im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu erfassen, auch wenn nach der jüngeren Rechtsprechung des BFH die frühere Trennung des Eröffnungsgeschäftes von dem Basisgeschäft bei Optionsgeschäften im Rahmen der Abgeltungssteuer nicht länger aufrechterhalten werden kann (BFH-Urteile vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657; IX R 49/14, BFH/NV 2016, 660; IX R 50/14, BFH/NV 2016, 662). Diese Rechtsprechung betrifft nur den Käufer einer Option, nicht jedoch den Stillhalter, auf den die gesonderte Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG anzuwenden ist.

95

Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die von dem Stillhalter gezahlten Barausgleiche aufgrund eines nunmehr anzuerkennenden Veranlassungszusammenhangs mit der erhaltenen Stillhalterprämie als Werbungskosten zu der Stillhalterprämie anzusehen sind (siehe dazu unten II.3.c]).

96

ccc) Ebenso wenig erfordert eine verfassungskonforme Auslegung, dass der Barausgleich des Stillhalters bei § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu berücksichtigen ist.

97

Auch wenn im Einkommensteuerrecht die finanzielle Leistungsfähigkeit maßgeblich ist und der Gesetzgeber seine Belastungsentscheidung folgerichtig umsetzen muss, ist die Nichterfassung des Barausgleiches des Stillhalters sachlich gerechtfertigt (offen lassend Ratschow, in: Blümich, Stand: August 2015, § 20 EStG Rz. 349a; a. A. wohl Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.08.2013, 2 K 35/13, EFG 2014, 541, Rev.Az. VIII R 55/13; Philipowski, DStR 2009, 353, 357; Philipowski, DStR 2010, 2283, 2287).

98

Der Gesetzgeber hat mit der Aufnahme der Stillhalterprämie in den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG entschieden, dass der Stillhalter Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG erzielt und nicht im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG. Für die Kapitaleinkünfte des § 20 Abs. 1 EStG gilt jedoch das grundsätzliche Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG, das wegen der Befugnis des Gesetzgebers, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, verfassungsgemäß ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 1. Juli 2014 VIII R 53/12, BFHE 246, 332, BStBl II 2014, 975). Der erkennende Senat schließt sich der vorgenannten Auffassung des BFH hierzu an. Auch wenn vom Stillhalter gezahlte Barausgleiche die erhaltenen Stillhalterprämien übersteigen können und dadurch ein Werbungskostenüberschuss entsteht, führt dies nicht zur Verfassungswidrigkeit. Dem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, rechtzeitig durch Glattstellungsgeschäfte von seiner Verpflichtung als Stillhalter frei zu werden. Die hierfür gezahlten Prämien werden dann von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfasst und steuerlich wirksam.

99

c) Die vom Kläger als Stillhalter gezahlten Barausgleiche sind als Werbungskosten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG anzusehen, deren tatsächlicher Abzug gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG ausgeschlossen ist.

100

Die als Stillhalter gezahlten Barausgleiche stehen in einem unmittelbaren objektiven und subjektiven Veranlassungszusammenhang mit den Stillhalterprämien. Denn die Verpflichtung des Stillhalters, bei Ausübung der Option ggf. den Barausgleich zu zahlen, und die tatsächliche Zahlung des Barausgleiches im Fall der Ausübung der Option sind als wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Die vor Einführung der Abgeltungssteuer von der Rechtsprechung vertretene Trennung zwischen Eröffnungsgeschäft und Basisgeschäft lässt sich nach Einführung der Abgeltungssteuer nicht mehr aufrechterhalten (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657).

101

Dem steht nicht entgegen, dass die Rechtsprechung des BFH nur den Käufer einer Option betraf und nicht den Stillhalter. Denn wirtschaftlich gesehen ist die Verpflichtung des Stillhalters, den Käufer einer Option ggf. bar auszugleichen, als Einheit mit seiner eingegangenen Verpflichtung als Stillhalter zu sehen.

102

Allerdings ist für Werbungskosten, die - wie im Streitfall die als Stillhalter gezahlten Barausgleiche - im Zusammenhang mit Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 EStG stehen, gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG der Abzug ausgeschlossen und nur der Sparer-Pauschbetrag zugelassen.

103

Die Regelung des § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG ist verfassungsgemäß (siehe oben II.3.b]dd]ccc]).

104

d) Die von dem Kläger als Stillhalter gezahlten Barausgleiche sind nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen. Diese Vorschrift erfasst nur den Käufer einer Option, nicht aber den Verkäufer der Option (Stillhalter). Dementsprechend sind die als Stillhalter gezahlten Barausgleiche nicht gemäß § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen, da diese Regelung nur die Ermittlung des Gewinns nach § 20 Abs. 2 EStG betrifft.

105

aa) Die Zahlung eines Barausgleiches durch den Stillhalter ist nicht bei § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG zu erfassen (a. A. Jachmann/Lindenberg, in: Lademann/Söffing, EStG, Stand: Januar 2011, § 20 Rz. 511; Jochum, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: April 2016, § 20 Rz. C/11 12 und D/3 29; Moritz/Strohm, in: Frotscher, EStG, Stand: März 2013, § 20 n. F. Rz. 213 und Rz. 245; Helios/Philipp, FR 2010, 1052, 1055; Aigner/Balbinot, DStR 2015, 198, 203; für § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG analog Haisch/Helios, FR 2011, 88, 90; anders noch Haisch/Krampe, FR 2010, 311, 315; für eine Einbeziehung de lege ferenda Dahm/Hamacher, DStR 2014, 455, 461). Diese Norm ist nur auf den Käufer einer Option, nicht aber auf den Stillhalter anzuwenden (Ratschow, in: Blümich, Stand: August 2015, § 20 EStG Rz. 348; a. A. Helios/Philipp, Betriebs-Berater - BB - 2010, 95, 100).

106

Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.

107

aaa) Der Wortlaut des Tatbestandes des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG stellt zunächst nur auf den Abschluss eines Termingeschäfts und dessen wirtschaftliches Ergebnis ab. Erfasst ist der Gewinn "bei Termingeschäften", wobei zu den Termingeschäften die Optionsgeschäfte gehören (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657 m. w. N.).

108

Einen Gewinn bei Termingeschäften durch einen Barausgleich konnte allerdings im Streitfall nur der Käufer der Option und nicht der Kläger als Stillhalter, der für seine Verpflichtung nur die Stillhalterprämie erhielt, erzielen. Denn nach den Kontraktspezifikationen erhielt der Käufer eines Call bzw. Put im Fall der Ausübung der Option einen nur positiven Barausgleich als Differenz zwischen einem Ausübungspreis und dem höheren (Call) bzw. niedrigeren (Put) Schlussabrechnungspreis.

109

Soweit der Stillhalter einen Barausgleich zahlen muss, könnte dieser Barausgleich nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG nur dann als "Gewinn" bei Termingeschäften anzusehen sein, wenn hiervon auch ein negativer Differenzausgleich erfasst sein sollte (so für den Käufer einer Option BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BFHE 239, 95, BStBl II 2013, 231, das ebenfalls zu einem Käufer einer Option erging, und auf das BFH-Urteil vom 13. Februar 2008 IX R 68/07, BFHE 220, 436, BStBl II 2008, 522, das dies in einem obiter dictum für den Stillhalter erwähnt; so auch Moritz/Strohm, Der Betrieb - DB - 2013, 603, 608, von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl. 2016, § 20 Rz. 130; für den Stillhalter; Heuermann, DB 2013, 718).

110

Dem steht jedoch entgegen, dass nach dem weiteren Wortlaut der Norm der Steuerpflichtige durch das Termingeschäft einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Danach müsste auch der Stillhalter einen (negativen) Differenzausgleich, d. h. den Barausgleich, erlangt haben. Den Barausgleich hat der Stillhalter jedoch nicht erlangt, sondern der Stillhalter muss diesen im Gegenteil gerade zahlen, also geben.

111

bbb) Auch wenn der Gesetzgeber mit der Einführung des Systems der Abgeltungssteuer alle Finanzinstrumente einheitlich im Rahmen des § 20 EStG besteuern wollte (BT-Drs. 16/4841, Seite 54), führt dies nicht dazu, den Barausgleich, den der Stillhalter zu zahlen hat, unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG zu subsumieren.

112

Denn die Besteuerung des Stillhalters sollte unter Berücksichtigung von Glattstellungsgeschäften von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfasst werden (BT-Drs. 16/4841, Seite 54), während hingegen die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a. F., die den Erwerb des Rechtes betraf und danach nur für den Käufer einer Option Anwendung fand (BFH-Urteil vom 17.04.2007 IX R 40/06, BFHE 217, 566, BStBl II 2007, 608), lediglich unabhängig von dem Zeitpunkt der Beendigung des Rechtes steuerlich nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG erfasst werden sollte (BT-Drs. 16/4841, Seite 55).

113

Eine einheitliche Besteuerung im Rahmen des § 20 EStG kann auf der Grundlage der Begründung des Gesetzgebers auch dadurch erfolgen, dass der Barausgleich als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG tatsächlich gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG nicht abgezogen werden kann. Dass der Gesetzgeber entgegen der Rechtslage vor Einführung der Abgeltungssteuer den Barausgleich des Stillhalters steuerlich wirksam berücksichtigen wollte, ist danach nicht zwingend anzunehmen (siehe auch II.3.b]dd]aaa]).

114

ccc) Eine Einbeziehung des vom Stillhalter gezahlten Barausgleiches in die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG ist nicht aus systematischen Gründen vorzunehmen.

115

Systematisch werden die Einkünfte des Stillhalters in § 20 Abs. 1 EStG bei den laufenden Erträgen aus Kapitalvermögen erfasst, während hingegen der Käufer einer Option nach dem Wortlaut der Norm und unter Berücksichtigung der Historie unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG fällt. Hieraus folgt zugleich ein systematischer Unterschied bei der Ermittlung der Einkünfte.

116

In § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG werden entgegen der für § 20 Abs. 1 EStG geltenden Systematik Werbungskosten des Stillhalters, die aus Glattstellungsgeschäften resultieren, berücksichtigt (II.3.b]cc]bbb]). Im Übrigen sind Werbungskosten bei Einkünften nach § 20 Abs. 1 EStG, zu denen der Barausgleich des Stillhalters gehört (II.3.c]), nach der gesetzgeberischen Entscheidung gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nicht abziehbar

117

Hingegen gilt für den Gewinn im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG die Sondervorschrift des § 20 Abs. 4 EStG (§ 20 Abs. 4 Satz 1 EStG). Diese enthält mit § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG in Bezug auf die bei einem Termingeschäft angefallenen Aufwendungen eine der Regelung des § 20 Abs. 9 EStG vorgehende Sondervorschrift (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657). Danach ist die Optionsprämie, die der Käufer einer Option an den Stillhalter zu zahlen hat und die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft steht, also grundsätzlich zu Werbungskosten zu zählen ist, im Rahmen des § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen. Die Regelung ist hingegen systematisch nicht für den vom Stillhalter gezahlten Barausgleich einschlägig.

118

ddd) § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG ist nur für den Käufer einer Option anwendbar, auch wenn es teleologisch allein auf das wirtschaftliche Ergebnis eines Termingeschäfts ankommen sollte.

119

(1) Die jüngere Rechtsprechung des BFH zu § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG bezieht sich teleologisch nur auf den Käufer einer Option, da dieser mit dem Erwerb der Option das (bedingte) Recht auf einen Barausgleich erwirbt und damit einen "Vorteil" aus einem Termingeschäft erlangt (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657).

120

Der Erwerb des Rechts ist zur Erfüllung des Tatbestandes des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG weiterhin erforderlich (a. A. Moritz/Strom, DB 2013, 603, 607). Zwar fehlt das Wort "Erwerb" in dem Tatbestand der Norm. Dies erscheint allerdings nur dem Umstand geschuldet, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG a. F. insoweit in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG übernommen wurde, als die Wertzuwächse unabhängig von dem Zeitpunkt der Beendigung des Rechts steuerbar sein sollten (BT-Drs. 16/4841, Seite 55; so auch Haisch, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 2007, 762, 766 und 772, unter Hinweis auf die Übergangsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 3 EStG). Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass die Besteuerung des Stillhalters in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfolgt.

121

(2) Soweit nach Auffassung des BFH § 20 Abs. 2 EStG nicht nur eine positive Differenz, sondern auch eine negative Differenz als Verlust erfassen soll (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657), ist dies nach Auffassung des erkennenden Senates der besonderen Einkünfteermittlungsvorschrift des § 20 Abs. 4 EStG geschuldet.

122

Die im Urteil vom 12. Januar 2016 (IX R 48/14) in Bezug genommene frühere Rechtsprechung des BFH verwies zwar darauf, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a. F. mit dem Barausgleich auch eine negative Differenz erfasse (BFH-Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, BFHE 239, 95, BStBl II 2013, 231, das zu einem Käufer einer Option erging; BFH-Urteil vom 13. Februar 2008 IX R 68/07, BFHE 220, 436, BStBl II 2008, 522, das dies in einem obiter dictum für den Stillhalter erwähnt, da § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a. F. in dem dortigen Streitfall noch nicht anwendbar war).

123

Diese frühere Rechtsprechung ist jedoch für die Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG im Streitfall für den erkennenden Senat angesichts der konkreten Kontraktspezifikationen für Optionen auf den Aktienindex DAX nicht entscheidungserheblich (vgl. auch BMF-Schreiben vom 27.03.2013 IV C 1-S 2256/07/10005:013, BStBl I 2013, 403, zur Nichtanwendung des BFH-Urteils vom 26. September 2012 IX R 50/09 auf § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG).

124

Der Käufer einer Option kann im Fall der Ausübung der Option nur einen für ihn positiven Barausgleich erhalten. Das maximale Risiko des Käufers einer Option besteht darin, dass der Kontrakt wertlos verfällt und der Käufer die Optionsprämie zu zahlen hatte. Einen "Verlust" erleidet der Käufer einer Option danach maximal in Höhe der Optionsprämie, wenn er die Option nicht ausübt bzw. erleidet der Käufer einer Option einen geringeren "Verlust" als die gezahlte Optionsprämie, wenn der Kurs des Basiswertes niedriger (Call) bzw. höher (Put) ist als die Summe (Call) bzw. Differenz (Put) von Ausübungspreis und Optionsprämie. Der "Verlust" des Käufers bei dem Optionsgeschäft beruht dann darauf, dass die Optionsprämie bei ihm gemäß § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657; a. A. Heuermann, DB 2013, 718, 719 zur verfassungsgeleiteten, teleologischen Auslegung, die zu einer Steuerbarkeit des hypothetischen Falles führe, bei dem der Käufer der Option einen negativen Barausgleich zahlen müsse).

125

Im Übrigen ordnete der BFH auch in seinem Urteil vom 26. September 2012 (IX R 50/09, BFHE 239, 95, BStBl II 2013, 231) die vom Käufer einer Option gezahlte Optionsprämie bei diesem als Werbungskosten ein, die nunmehr im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG für die Einkünfte aus Termingeschäften im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657).

126

Für den Fall des Stillhalters erwähnt der BFH in seinem Urteil vom 13. Februar 2008 (IX R 68/07, BFHE 220, 436, BStBl II 2008, 522) lediglich in seinem obiter dictum, dass eine negative Differenz (Verlust) zu erfassen sei, wobei er dies ebenfalls den Werbungskosten zuordnet.

127

(3) Auch wenn der BFH die früher vertretene Trennung zwischen Eröffnungsgeschäft und Basisgeschäft im Rahmen der Abgeltungssteuer nicht mehr aufrechterhält (BFH-Urteil vom 12. Januar 2016, IX R 48/14, BFH/NV 2016, 657), führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

128

Zwar wurde mit Einführung der Abgeltungssteuer für die betroffenen Einkünfte die Unterscheidung zwischen steuerbaren Erträgen und der nicht steuerbaren Vermögensebene aufgegeben (anders ggf. BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Tz. 34). Allerdings folgt nach Auffassung des erkennenden Senats daraus nur, dass der gezahlte Barausgleich im Rahmen des § 20 EStG grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen ist. Der früher infolge der Trennung zwischen Eröffnungsgeschäft und Basisgeschäft fehlende Zusammenhang zwischen der Stillhalterprämie und dem gezahlten Barausgleich des Stillhalters ist infolge der Betrachtung als wirtschaftlicher Einheit nunmehr gegeben. Ein tatsächlicher Abzug scheidet jedoch wegen der Regelung des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG aus (II.3.c]).

129

(4) Schließlich ist es nicht geboten, die steuerliche Behandlung des Käufers einer Option mit der des Verkäufers einer Option korrespondieren zu lassen. Es handelt sich um verschiedene Steuersubjekte, die nach der gesetzgeberischen Entscheidung verschiedenen steuerlichen Regelungen unterworfen werden.

130

bb) Der vom Kläger als Stillhalter gezahlte Barausgleich ist nicht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG zu berücksichtigen. Danach gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments. Der Kläger hat jedoch als Stillhalter, der den Barausgleich zahlen musste, keine Option veräußert. Vielmehr hat er seine Position als Stillhalter gerade bis zur Ausübung der Option durch den Käufer gehalten.

131

4. Die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 sind insoweit unter Beachtung des im gerichtlichen Verfahren bestehenden Verböserungsverbotes zu ändern, als die Einkünfte aus den als Stillhalter getätigten Optionsgeschäften auf die Euro-Bund-Futures in den Jahren 2010 und 2011 nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG in der erklärten Höhe zu erfassen sind.

132

a) Die als Stillhalter vorgenommenen Optionen auf Euro-Bund-Futures (...) sind nicht anders zu behandeln als die als Stillhalter vorgenommenen Optionen auf den Aktienindex DAX. Danach sind die als Stillhalter eingenommenen Prämien sowie die Prämien aus den Glattstellungsgeschäften nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu erfassen.

133

Nach den Kontraktspezifikationen der Eurex Deutschland für Optionskontrakte auf Fixed Income Futures-Kontrakte (also auf die hier in Rede stehenden Euro-Bund-Futures) erhält der Stillhalter ebenfalls eine Optionsprämie (vergleiche Kontraktspezifikationen für Futures-Kontrakte und Optionskontrakte an der Eurex Deutschland und der Eurex C, Ziff. 2.1.1. und Ziff. 2.3.4). Die Ergebnisse der Glattstellungsgeschäfte, die zur Befreiung des Klägers von seiner Position als Stillhalter führten, sind gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu berücksichtigen.

134

b) Hinsichtlich der geltend gemachten Beträge besteht kein Streit zwischen den Beteiligten.

135

Anders als der Beklagte meint, sind im Jahr 2011 die insgesamt erzielten negativen Einkünfte aus den Geschäften als Stillhalter von Optionen auf Euro-Bund-Futures als Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu erfassen.

136

Dem Wortlaut der Norm lässt sich eine Beschränkung der Minderung der Stillhalterprämien um die Prämien aus Glattstellungsgeschäften lediglich bis auf den Betrag der erzielten Stillhalterprämien nicht entnehmen. Auch wenn nach der Gesetzesbegründung nur der beim Stillhalter nach Abschluss eines Glattstellungsgeschäfts verbliebene Vermögenszuwachs der Besteuerung unterworfen werden sollte (BT-Drs. 16/4841 S. 54), entspricht es doch der hier hinsichtlich der Glattstellungsprämien gewollten Verwirklichung des Nettoprinzips, einen negativen Saldo der Stillhalter- und Glattstellungsprämien als Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu erfassen (Buge, in Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: Januar 2014, § 20 EStG Rz. 401; von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl. 2016, § 20 Rz. 116; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 20 Rz. 120).

137

Für die Berücksichtigung eines negativen Saldos spricht auch, dass der unbeschränkt steuerpflichtige Kläger anderenfalls im Hinblick auf diese Einkünfte von einer möglichen Verlustverrechnung mit anderen Kapitaleinkünften gemäß § 20 Abs. 6 EStG ausgeschlossen wäre. Denn die B ist nicht gemäß § 43a Abs. 3 Satz 3 EStG verpflichtet, nicht ausgeglichene Verluste auf das nächste Kalenderjahr innerhalb eines bei ihr geführten sogenannten "Verlustverrechnungstopfs" im Sinne des § 43a Abs. 3 Satz 2 EStG zu übertragen. Sie ist keine "auszahlende Stelle" im Sinne des § 43a Abs. 3 EStG, da sie die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchstabe a EStG nicht erfüllt. Die B ist kein inländisches Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift.

138

c) Demnach sind für das Jahr 2010 die Stillhalterprämien um 15.976 Euro auf insgesamt 97.253 Euro zu erhöhen und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um den entsprechenden Betrag auf 16.021 Euro zu vermindern. Für das Jahr 2011 sind die Stillhalterprämien um 43.256 Euro auf -28.406 Euro zu vermindern und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auf -93.792 Euro zu erhöhen.

139

Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen, wobei die Einkommensteuer 2010 wegen des im gerichtlichen Verfahren bestehenden Verböserungsverbots auf 30.387 Euro festzusetzen ist. Unberührt bleibt hiervon die Erfassung der jeweiligen Besteuerungsgrundlagen in der vorgenannten Höhe in den Einkommensteuerbescheiden, auch wenn die Besteuerungsgrundlagen eine Quasi-Bindungswirkung für die Verlustfeststellung entfalten.

140

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 155, 151 Abs. 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

141

Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 1 FGO zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des Barausgleichs des Stillhalters im Rahmen der Abgeltungssteuer bzw. gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf das gegen das Urteil des Niedersächsischen FG vom 28.08.2013 (Az.: 2 K 35/13) anhängige Revisionsverfahren zu dem Az. VIII R 55/13, insbesondere wegen der Einkünfteermittlung, die im Hinblick auf die Zuordnung zu § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG oder zu § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG unterschiedlich ist, zuzulassen.

142

Des Weiteren ist die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 Alternative  1 FGO zuzulassen, da noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob Prämien aus Glattstellungsgeschäften zu negativen Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG führen können.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen