Urteil vom Finanzgericht Hamburg (6. Senat) - 6 K 144/15

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die durch den Beklagten festgestellten Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb um Abschreibungen auf zwei Seeschiffe zu reduzieren sind, die die Klägerin im Folgejahr des Wechsels von der Gewinnermittlung nach der Tonnage zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich vorgenommen hat.

2

Die Klägerin ist eine Schiffsfonds-Gesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, die im Jahre 1997 durch das Emissionshaus A mbH & Cie. KG aufgelegt wurde. Gründungskommanditistinnen der Klägerin waren das Emissionshaus A mbH & Cie. KG, die Reederei B GmbH & Cie. KG und die C GmbH & Cie. KG. Die treuhänderische Beteiligung der mit dem Emissionsprospekt geworbenen Anleger erfolgte eingangs über die C GmbH & Cie. KG; später übernahm die D GmbH & Cie. KG die Funktion der Treuhänderin, die ihren Anteil z. T. für eigene Rechnung und z. T. als Treuhandkommanditistin für die nicht im Handelsregister eingetragenen Anleger sowie Verwaltungstreuhänderin für die im Handelsregister eingetragenen Anleger hielt. Im Streitjahr waren ca. 750 Anleger unmittelbar oder mittelbar an der Klägerin beteiligt.

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Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war seit ihrer Gründung der Bau und Betrieb der Containerschiffe MS "XX" und MS "YY", die am ... 1998 bzw. ... 1998 im Schiffsregister eingetragen und sodann durch die als Vertragsreederei eingesetzte E GmbH & Cie. KG in Fahrt gesetzt wurden. Die Anschaffungskosten betrugen für das MS "XX" ... € und für das MS "YY" ... €.

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In dem im Emissionsprospekt dargelegten Betriebskonzept war vorgesehen, die Schiffe nach zwölf Jahren zu veräußern, wobei mit Verkaufserlösen von mindestens 50 bis 60 % der Baupreise kalkuliert wurde (vgl. S. ... des Emissionsprospektes, Akte Allgemeines).

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Der Sachverständige F ermittelte in einem Gutachten vom ... 2005 für das MS "YY" auf den 01.01.2000 eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von insgesamt 20 Jahren und einen Verkehrswert von ... US-$ (vgl. S. ... des Gutachtens, Akte Allgemeines Bl. ...) sowie für das MS "XX" in einem Gutachten vom ... 2005 ebenfalls auf den 01.01.2000 eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von insgesamt 24 Jahren sowie einen Verkehrswert von ... US $ (vgl. S. ... des Gutachtens, Akte Allgemeines Bl. ...). Ferner stellte er für das MS "XX" ein Leerschiffsgewicht von ... t fest und für das MS "YY" von ... t (vgl. S. ... der jeweiligen Gutachten).

6

Die Klägerin ermittelte ihren steuerlichen Gewinn in den Jahren 1997 bis einschließlich 1999 durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Für das MS "XX" nahm sie in 1998 eine degressive Abschreibung in Höhe von ... € vor und für 1999 in Höhe von ... €. Für das MS "YY" beliefen sich die (linearen) Abschreibungen für 1998 auf ... € (für ein halbes Jahr) und für 1999 auf ... €. Ferner wurde eine Sonderabschreibung gemäß § 82f Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) in Höhe von ... € in Anspruch genommen (vgl. Übersichten der Klägerin gemäß Anlagen "Abschreibung eigenständige Steuerbilanz ab 2009" zum Schriftsatz vom 14.06.2016, FGA Anlagenband).

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Für die Zeit ab dem 01.01.2000 optierte die Klägerin zur Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a EStG. Vor dem Hintergrund dieser Optionsausübung stellte der Beklagte gem. § 5a Abs. 4 EStG mit Bescheid vom 14.06.2007 auf den 31.12.1999 unter anderem Unterschiedsbeträge für die Schiffe von insgesamt ... € fest, wovon ... € auf das MS "XX" und ... € auf das "YY" entfielen.

8

Beide Schiffe wurden in den Steuerbilanzen der Klägerin bis 2009 bzw. 2010 unter Zugrundelegung der in der amtlichen AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig "Hochsee-, Küsten- und Binnenschiffahrt" vom 16.09.1992 (BStBl I 1992, 570) für sonstige Seeschiffe vorgegebenen Nutzungsdauer von zwölf Jahren vollständig auf den steuerlichen Schrottwert abgeschrieben; dieser wurde für das MS "XX" mit ... € angesetzt und für das MS "YY" mit ... €. Bei dem MS "YY" wurde der nach § 82f EStDV gebildete Sonderposten von 2003 bis 2010 aufgelöst (wegen des genauen Abschreibungsverlaufs bis einschließlich 2008 wird auf die Aufstellungen der Klägerin gemäß Anlagen "Abschreibung eigenständige Steuerbilanz ab 2009" zum Schriftsatz vom 14.06.2016, FGA Anlagenband, Bezug genommen). Ein Bescheid über die Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15a EStG erging letztmalig zum 31.12.2008.

9

Mit Beginn des Streitjahres 2012 optierte die Klägerin von der Gewinnermittlung nach der Tonnage zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zurück und nahm in ihrer Steuerbilanz auf den 31.12.2011 Teilwertzuschreibungen gem. § 5a Abs. 6 EStG hinsichtlich der beiden Schiffe vor. Die Höhe der Teilwertzuschreibung bestimmte sich dabei auf der Grundlage der mit dem Beklagten getroffenen tatsächlichen Verständigung vom 04.04.2013 über den Teilwert der Schiffe zum 31.12.2011, der für das MS "XX" mit ... € und für das MS "YY" mit ... € vereinbart wurde, so dass sich unter Berücksichtigung der bisher angesetzten Schrottwerte beider Schiffe (... € bzw. ... €) insgesamt eine Teilwertzuschreibung in Höhe von ... € ergab.

10

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr vom 15.06.2014 berechnete die Klägerin ihr steuerliches Jahresergebnis unter Abzug einer Abschreibung für die beiden Schiffe in Höhe von ... €. Dieser Abschreibungsbetrag wurde unter Zugrundelegung einer Restnutzungsdauer von fünf Jahren auf die Summe der auf die beiden Schiffe vorgenommenen Teilwertzuschreibungen in Höhe von ... € kalkuliert.

11

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 11.07.2014 stellte der Beklagte die laufenden Einkünfte der Klägerin unter Außerachtlassung des in der Steuererklärung geltend gemachten Abschreibungsbetrags fest. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass durch die Teilwertaufstockung nach § 5a Abs. 6 EStG kein zusätzliches Abschreibungsvolumen generiert werde.

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Der am 01.08.2014 eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Zwar erließ der Beklagte am 14.08.2014 einen Änderungsbescheid für das Streitjahr, allerdings ohne darin die beantragte Abschreibung in Höhe von ... € zu berücksichtigen. Mit Einspruchsentscheidung vom 05.05.2015 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter Berücksichtigung weiterer Einkünfte aus dem Sonderbereich auf ... € fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG als Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzung (AfA) anzusetzenden ursprünglichen Anschaffungskosten seien bereits vollständig abgeschrieben. Eine zusätzliche oder neue AfA-Bemessungsgrundlage ergebe sich auch nicht aus § 5a Abs. 6 EStG; diese Vorschrift generiere keine noch weitergehende Subventionierung durch Schaffung eines erhöhten bzw. vorgezogenen AfA-Potentials.

13

Hiergegen hat die Klägerin am 04.06.2015 Klage erhoben und zunächst beantragt, die laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter Zugrundelegung einer geschätzten Restnutzungsdauer für die Schiffe von jeweils fünf Jahren um eine AfA in Höhe von ... € zu reduzieren.

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Am 19.11.2015 hat der Beklagte einen geänderten Feststellungsbescheid für 2012 erlassen, der in Bezug auf die hier streitige Frage jedoch keine Änderung enthält (festgestellte laufende Einkünfte der Klägerin: ... €; festgestellter Gesamtgewinn aus Gewerbebetrieb: ... €).

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Im Erörterungstermin am 03.05.2016 haben die Beteiligten eine tatsächliche Verständigung darüber getroffen, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für beide Schiffe 24 Jahre beträgt und im Zeitpunkt des Rückwechsels zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nicht neu zu schätzen ist. Ferner haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2016 darüber verständigt, dass sich der Schrottwert für beide Schiffe zum 31.12.2011 auf 270,00 €/t belief. Der Verständigung lag eine Verfügung der Finanzbehörde Hamburg vom 05.06.2007 zugrunde (Finanzgerichtsakten -FGA- Bl. ...), wonach für Schiffe mit einem Gewicht von mehr als 1.000 t, die nach dem 31.12.2006 angeschafft oder hergestellt wurden, von einem entsprechenden Schrottwert auszugehen sein sollte.

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Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, dass nach ihrer Auffassung die zum 31.12.2011 angesetzten Teilwerte abzüglich der Schrottwerte für die beiden Schiffe einer linearen Abschreibung über die nach der tatsächlichen Verständigung zu Beginn des Streitjahres noch verbleibende Restnutzungsdauer der Schiffe von 10 bzw. 10,5 Jahren unterlägen.

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Der Teilwertansatz gemäß § 5a Abs. 6 EStG in der Bilanz auf den 31.12.2011 für die beiden Schiffe habe zu einer neuen Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Abschreibungen in Höhe der Differenz zwischen Teilwert und Schrottwert der Schiffe geführt. Der Abschreibung sei nunmehr der Teilwert und nicht der sich aus den in den Veranlagungszeiträumen während der Gewinnermittlung nach der Tonnage richtigerweise vorzunehmenden Abschreibungen ergebende Buchwert der Schiffe nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen.

18

Der Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG auf den Teilwert nach § 5a Abs. 6 EStG stehe dabei nicht schon der Wortlaut der Vorschrift entgegen. Dieser stelle zwar nur auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts als Bemessungsgrundlage ab, sei aber vor dem Hintergrund von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, der auch einen "an deren Stelle tretenden Wert" als Bemessungsgrundlage vorsehe, unstreitig unvollständig. Dies werde durch eine Vielzahl von Fällen belegt, in denen die Anschaffungs- und Herstellungskosten durch den Teilwert ersetzt würden, auch wenn dies an keiner Stelle im Gesetz ausdrücklich geregelt sei. So sei der Teilwert als Ersatzbemessungsgrundlage etwa bei Entnahme- und Einlagevorgängen, Betriebseröffnungen und entgeltlichen Betriebserwerben, Überführungen von Wirtschaftsgütern in Mitunternehmerschaften, verdeckten Einlagen in Kapitalgesellschaften sowie beim Wechsel steuerbefreiter Körperschaften in die Steuerpflicht allgemein anerkannt. Den einzigen gesetzlichen Ausnahmefall einer Beschränkung des Abschreibungsvolumens regele § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG.

19

Die Maßgeblichkeit des Teilwertes gelte auch für den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass ein Schiff im Zeitpunkt der Aufstockung nach § 5a Abs. 6 EStG bereits abgeschrieben sei. Die Erzeugung neuen Abschreibungsvolumens setze entgegen der Auffassung des Beklagten nicht immer einen "Anschaffungsvorgang" voraus; dies belege etwa die steuerliche Behandlung von Umwandlungsfällen, etwa einem Formwechsel, die zu neuen Bilanzansätzen und neuem Abschreibungsvolumen führten. Entscheidend sei dabei nur, dass es zuvor zu einer Versteuerung der mit dem Teilwertansatz aufgestockten stillen Reserven komme, was vorliegend aufgrund der Versteuerung des Unterschiedsbetrags gegeben sei. Jedenfalls könne der Antrag auf Rückwechsel zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich vor diesem Hintergrund als fiktive Veräußerung betrachtet werden, mit dem die nach Tonnage besteuerte Gesellschaft beendet werde, so dass ein "Anschaffungsvorgang" vorliege. Insoweit bestehe eine vergleichbare Rechtslage wie im Falle von § 13 Körperschaftsteuergesetz (KStG).

20

Ferner laufe die Heranziehung des Teilwertes als Bemessungsgrundlage für eine erneute Abschreibung nicht der Intention des Gesetzgebers zuwider. Diese bestehe lediglich darin, dass die während der Zeit der Gewinnermittlung nach der Tonnage entstandenen stillen Reserven auch nach dem Rückwechsel der Gewinnermittlungsart unversteuert blieben, was bei Abschreibungen auf den Aufstockungsbetrag über die Totalperiode gewährleistet sei.

21

Darüber hinaus lasse sich die Systematik des Gesetzes für eine Abschreibung des Aufstockungsbetrags anführen, denn nur vor diesem Hintergrund erscheine die Regelung in § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG, wonach für die Anwendung von § 15a EStG der durch Bestandsvergleich ermittelte Gewinn zugrunde zu legen sei, sowie die Verrechnung des vorhandenen Verlustvortrags mit dem Aufstockungsbetrag beim Rückwechsel folgerichtig. Hierdurch werde das Ende der Gewinnermittlung nach der Tonnage einer fiktiven Veräußerung mit Gewinnrealisierung gleichgestellt, so dass konsequenterweise das Jahr des Rückwechsels zu einer fiktiven Anschaffung führen müsse.

22

Weiterhin spreche die Entstehungsgeschichte von § 5a Abs. 4 und 6 EStG für die Abschreibung des Aufstockungsbetrags. Die ursprünglich vom Bundestag beschlossene Fassung habe nämlich eine gewinnmindernde Rücklage in Höhe des festzustellenden Unterschiedsbetrags in Abs. 4 sowie einen Verweis auf § 13 Abs. 2 KStG in Abs. 6 vorgesehen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sei dieser Wortlaut auf Verlangen des Bundesrats korrigiert worden, allerdings nur, um - wie es in der BR-Drucksache 342/98 heiße - die materiell im Wesentlichen den Forderungen des Bundesrats entsprechende Regelung einer systemgerechten Lösung hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses zwischen den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und den speziellen Regelungen der Gewinnermittlung nach der Tonnage sowie den damit verbundenen Wechselmöglichkeiten zuzuführen. Dies werde auch durch die Einzelbegründungen zu § 5a Abs. 4 und 6 EStG belegt, die auf die lediglich technischen Aspekten geschuldete außerbilanzielle Behandlung des Unterschiedsbetrags sowie die materielle Entsprechung der Neufassungen eingingen. Hieraus ergebe sich ohne Weiteres, dass der Wegfall des anfangs vorgesehenen Verweises auf § 13 Abs. 2 KStG nur der außerbilanziellen Behandlung des Unterschiedsbetrags, die sich von der Umsetzungstechnik in § 13 Abs. 2 KStG unterscheide, geschuldet gewesen sei, so dass mangels materiell beabsichtigter Änderungen des Wortlauts die für § 13 Abs. 2 KStG entwickelten Grundsätze heranzuziehen seien.

23

Hinsichtlich der Regelung in § 13 KStG stehe indessen außer Frage, dass der Teilwert die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG bilde. Auch spreche der Umstand, dass beide Fälle den Wechsel aus einer nicht der Besteuerung zugrundeliegenden Gewinnermittlung in eine für die Besteuerung maßgebliche Gewinnermittlung regelten, sowie die teleologische Identität von § 13 Abs. 2 KStG und § 5a Abs. 6 EStG, die beide eine steuerfreie Aufdeckung stiller Reserven gewährleisteten, für eine Gleichbehandlung der Vorschriften.

24

Zudem sei die Versagung der Abschreibung der Teilwertaufstockung nicht mit einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit in Einklang zu bringen, denn im Zeitpunkt des Rückwechsels von der Gewinnermittlung nach der Tonnage zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich habe kein Vorgang, wie etwa eine Veräußerung der Seeschiffe, ein Rechtsträgerwechsel oder ein Umwandlung, stattgefunden, der zu einem Zuwachs an Liquidität und damit einer Steigerung der Leistungsfähigkeit geführt hätte, die eine Besteuerung der stillen Reserven rechtfertigen könnte. Vielmehr werde durch die Anwendung von § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG ein bloßer Buchgewinn der Besteuerung unterworfen. Mit seiner gegenteiligen Argumentation verkenne der Beklagte, dass der Vorteil aus der nachgelagerten Besteuerung der stillen Reserven auf Grundlage von § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG letztlich nur durch Aufgabe einer anderen Begünstigung, nämlich der Sonderabschreibungen nach § 82f EStDV, habe erlangt werden können. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die Teilwertaufstockung zu einer entsprechenden Minderung des verrechenbaren Verlustes führe.

25

Die Nachwirkungen der Gewinnermittlung nach der Tonnage auf die sich anschließende Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich seien begrenzt. Insbesondere finde die von dem Beklagten vertretene Auffassung, wonach die Teilwertaufstockung als "Anhaltewert" bis zu einer nicht absehbaren Veräußerung der Seeschiffe zu behandeln sei, keine gesetzliche Grundlage; es existiere keine gesetzliche Vorschrift, die die Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG auf den Aufstockungsbetrag verbiete. In der Literatur befürworte der überwiegende Teil eine Abschreibung des Aufstockungsbetrags.

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Aufgrund der im Erörterungstermin getroffenen tatsächlichen Verständigung betrage die Gesamtnutzungsdauer jeweils 24 Jahre. Die maßgebliche Restnutzungsdauer belaufe sich somit auf 10 Jahre für das MS "XX" und auf 10,5 Jahre für das MS "YY".

27

In dem Umstand, dass die Beteiligten im Veranlagungsverfahren übereinstimmend von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von nur zwölf Jahren ausgegangen seien, sei in Ermangelung eines entsprechenden Rechtsbindungswillens auf ihrer, der Klägerin, Seite keine tatsächliche Verständigung zu sehen. Bei den amtlichen AfA-Tabellen handele es sich lediglich um norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, die nicht zu einer Selbstbindung der Verwaltung und regelmäßig auch nicht zu einer Bindung der Finanzgerichte führten. Sie, die Klägerin, sei auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich nunmehr auf eine 24-jährige Nutzungsdauer zu berufen. Anderenfalls wäre das Gericht über diesen Weg doch an die in der AfA-Tabelle genannte Nutzungsdauer gebunden, obwohl diese zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führe. Schließlich stelle der Ansatz einer zwölfjährigen Nutzungsdauer auch keine Billigkeitsmaßnahme des Beklagten dar. Eine für eine Vielzahl von Schiffen in einer für die Finanzbehörden verbindlichen Weise festgelegte Nutzungsdauer beinhalte keine Maßnahme zur Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall.

28

Danach sei der Teilwert des MS "XX" zum 31.12.2011 von ... € abzüglich des bisher angesetzten Schrottwertes von ... € über die Restnutzungsdauer von 10 Jahren abzuschreiben, woraus sich eine AfA für das Streitjahr in Höhe von ... € ergebe. Für das MS "YY" belaufe sich die AfA für das Streitjahr auf die Differenz zwischen dem Teilwert zum 31.12.2011 von ... € und dem bisherigen Schrottwert von ... € (... €), verteilt auf die Restnutzungsdauer von 10,5 Jahren, mithin auf ... €. Insgesamt ergebe sich hieraus eine AfA in Höhe von ... €. Sie, die Klägerin, lege dieser Berechnung nicht den sich aus der tatsächlichen Verständigung in der mündlichen Verhandlung ergebenden Schrottwert von 270,00 €/t zum 31.12.2011 zugrunde, weil sie der Auffassung sei, dass entgegen der Rechtsprechung des BFH an sich überhaupt kein Schrottwert zu berücksichtigen sei und die Schiffe sogar auf einen Erinnerungswert von 1,00 € abgeschrieben werden könnten.

29

Mit Schriftsatz vom 14.06.2016 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass zum 31.12.2011 Ergänzungsbilanzen mit einem Gesamtwert von ... € vorhanden seien. Bei der Aufstockung auf die Teilwerte der Schiffe seien die Ergänzungsbilanzen ebenfalls zu korrigieren, um eine doppelte Abschreibung in Gesamthandsbilanz und Ergänzungsbilanzen zu vermeiden, mit der Folge, dass der laufende Gewinn nicht, wie bisher festgestellt, um Einkünfte aus den Ergänzungsbilanzen von ./. ... € zu mindern sei, sondern lediglich um ./. ... € (auf die Aufstellungen der Klägerin gemäß Anlagen "steuerliche Ergänzungsbilanzen" zum Schriftsatz vom 14.06.2016, FGA Anlagenband, wird insoweit Bezug genommen).

30

Da ein positiver Aufstockungsbetrag nach dem Rückwechsel aus der Gewinnermittlung nach der Tonnage abschreibungsfähig sei, komme es nicht darauf an, in welcher Höhe es ohne diese Aufstockung noch ein AfA-Volumen gegeben hätte. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass sie, die Klägerin, auch ohne die Aufstockung noch eine AfA hätte vornehmen können, weil das ursprüngliche AfA-Volumen bis zum 31.12.2011 nicht vollständig verbraucht worden sei. Denn im Rahmen der sog. Schattengewinnermittlung während des Tonnagezeitraums lägen die Steuerbilanzen der Gewinnermittlung nicht zugrunde mit der Folge, dass die Seeschiffe ab dem 01.01.2000 ausgehend von den damaligen Buchwerten abzüglich der Schrottwerte über die verbleibende Restnutzungsdauer von 22 bzw. 22,5 Jahren linear hätten abgeschrieben werden können. Die sich hieraus ergebenden Buchwerte zum 31.12.2011 lägen über den Teilwerten (vgl. Anlagen "Änderung der Abschreibung ab 2000" zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.06.2016, FGA Anlagenband, auf die Bezug genommen wird). Zwar seien die Restbuchwerte in der bisher eingereichten Steuerbilanz auf den 31.12.2011 niedriger ausgewiesen worden, doch sei insoweit noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, weil die Feststellungserklärung am 12.11.2012 eingereicht worden sei, sodass der Bilanzansatz noch geändert werden könne. Die mit der Klage geltend gemachte Abschreibung resultiere somit vollständig aus noch nicht in Anspruch genommenem "echtem" AfA-Volumen.

31

Wenn man annähme, dass die Steuerbilanzen, die den Feststellungsbescheiden nach § 15a EStG bis einschließlich 2008 zugrunde gelegen hätten, nicht mehr geändert werden könnten und das ursprüngliche AfA-Volumen insoweit verbraucht sei, ergäben sich aus einer linearen Abschreibung auf die Restbuchwerte zum 31.12.2008 abzüglich der Schrottwerte zwar Restbuchwerte zum 31.12.2011, die unterhalb der Teilwerte lägen (in Höhe von ... € für das MS "XX" und in Höhe von ... € für das MS "YY"), aber immer noch über den Schrottwerten, sodass in der geltend gemachten AfA zumindest anteilig in Höhe von ... € für das MS "XX" und in Höhe von ... € für das MS "YY" "echte" AfA aus den historischen Anschaffungskosten enthalten sei (auf die Anlagen "Abschreibung eigenständige Steuerbilanz ab 2009" zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.06.2016, FGA Anlagenband, wird insoweit Bezug genommen).

32

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin Bezug genommen.

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Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 19.11.2015 dahingehend zu ändern, dass die laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € um ... € niedriger auf ... € festgestellt werden.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung trägt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vor:

36

Die Klägerin könne keine weitere AfA beanspruchen, da das AfA-Volumen bereits vollständig verbraucht sei. Zwar belaufe sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der beiden Schiffe entsprechend der tatsächlichen Verständigung auf jeweils 24 Jahre und nicht, wie in der hier maßgeblichen AfA-Tabelle vorgesehen, auf jeweils zwölf Jahre. Mit der Klägerin bestehe Einigkeit darüber, dass die hier maßgebliche AfA-Tabelle keine bindende Billigkeitsregelung beinhalte und auch er, der Beklagte, im Rahmen der jeweiligen Veranlagungen keine konkludenten Billigkeitsentscheidungen getroffen habe. Die in der AfA-Tabelle angegebene Nutzungsdauer von zwölf Jahren stamme aus dem Jahr 1972 und sei nicht als Billigkeitsmaßnahme gedacht gewesen, ebenso wenig die unterlassene Aktualisierung seitdem.

37

Das Gericht werde jedoch zu prüfen haben, ob sich die Klägerin nach dem Grundsatz "venire contra factum proprium" treuwidrig verhalte, wenn sie nunmehr ein restliches AfA-Volumen geltend mache, obwohl die Abschreibung über zwölf Jahre neben der Sonder-AfA einer der Grundpfeiler des von der Klägerin gestalteten Verlustzuweisungsmodells gewesen sei mit dem Ziel, die Schiffe nach zwölf Betriebsjahren mit einem möglichst hohen Veräußerungsgewinn zu verkaufen. Nach zutreffender Ansicht hätten die AfA-Tabellen den Charakter einer Dienstanweisung für die Finanzämter mit einem Angebot der Verwaltung für eine tatsächliche Verständigung im Rahmen einer Schätzung, das der Steuerpflichtige durch die Anwendung des Tabellenwertes annehmen könne, aber nicht müsse.

38

Jedenfalls sei die Nachholung einer bisher angeblich nicht vorgenommenen AfA nicht mittels der von der Klägerin vorgelegten Excel-Tabelle möglich. Nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs sei ein unrichtiger Bilanzansatz in der ersten Schlussbilanz richtigzustellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich sei. Die Klägerin müsse daher nach ihrer eigenen Auffassung geänderte Steuerbilanzen ab dem ersten noch "offenen" Veranlagungszeitraum erstellen und mit Änderungsanträgen - ergänzt um berichtigte Erklärungen, Kapitalkontenentwicklungen o. Ä. - einreichen. Eine Auseinandersetzung der Klägerin mit den Verjährungsvorschriften fehle bisher vollständig.

39

Er, der Beklagte, gehe allerdings davon aus, dass es für die Jahre 2010 und früher keine Änderungsmöglichkeiten mehr gebe, Feststellungsverjährung eingetreten und das AfA-Volumen folglich verbraucht sei. Auch während der Gewinnermittlung nach der Tonnage würden der Feststellung der verrechenbaren Verluste nach § 15a Abs. 4 EStG die in den Steuerbilanzen ermittelten Gewinne zugrunde gelegt. Vor allem aber sei für das Jahr 2010 am 31.12.2015 bereits Feststellungsverjährung eingetreten.

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Bemessungsgrundlage für die AfA auf ein Schiff nach dem Rückwechsel aus der Gewinnermittlung nach der Tonnage sei nicht der nach § 5a Abs. 6 EStG angesetzte Teilwert, sondern nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG die fortgeführten Anschaffungskosten. Die ursprünglichen Anschaffungskosten seien, wie dargelegt, jedoch bereits während der Gewinnermittlung nach der Tonnage vollständig abgeschrieben worden. Neue Aufwendungen oder zusätzliche wirtschaftliche Belastungen hinsichtlich der beiden Schiffe habe es nicht gegeben. Der bloße Wechsel der Gewinnermittlungsart stelle keinen "Anschaffungsvorgang" dar.

41

Das Erfordernis eines "Anschaffungsvorgangs" werde auch nicht durch den Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des BFH vom 20.11.2014 (IV R 1/11, BB 2015, 559, DB 2015, 348) erfolgreich in Frage gestellt, weil aus den Entscheidungsgründen hervorgehe, dass dem Urteil ein entgeltlicher Erwerb eines Mitunternehmeranteils zugrunde liege, der nach ständiger Rechtsprechung als Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern zu werten sei. Auch könne die Klägerin sich nicht auf die Vergleichbarkeit zu einem Formwechsel berufen. § 14 UmwStG ordne an, dass die Kapitalgesellschaft eine Übertragungsbilanz und die Personengesellschaft eine Eröffnungsbilanz aufzustellen habe; diese Situation - Eröffnungsbilanz zu Beginn des Jahres des Rückwechsels - liege im Streitfall allerdings gerade nicht vor. Auch existiere keine Vorschrift, die den Wechsel der Gewinnermittlungsart einem "Anschaffungsvorgang" gleichstelle. Zudem sei keine gesetzliche oder allgemein anerkannte, ungeschriebene Ausnahme von § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG einschlägig, die es gebieten oder erlauben würde, von einer Ersatzbemessungsgrundlage auszugehen.

42

Dieses Ergebnis entspreche dem Sinn und Zweck von § 5a Abs. 6 EStG. Mit der Teilwertaufstockung solle lediglich gewährleistet werden, dass die während der Gewinnermittlung nach der Tonnage gebildeten stillen Reserven in Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens steuerfrei aufgedeckt und bei einer späteren Realisierung keiner Besteuerung mehr unterworfen würden. Dies sei im vorliegenden Fall durch die Aufdeckung der stillen Reserven in der Bilanz zum 31.12.2011 und die pauschale Besteuerung im Veranlagungszeitraum 2011 gem. § 5a Abs. 1 EStG sichergestellt. Auch trete eine Realisierung im vorstehenden Sinne in der Regel erst bei der Veräußerung des Wirtschaftsguts und nicht durch dessen Abschreibung auf, sodass die Teilwertaufstockung letztlich nur für den Realisationszeitpunkt, also den Zeitpunkt der Veräußerung, von Bedeutung sei und schon vor diesem Hintergrund kein neues Abschreibungsvolumen generieren könne.

43

Die Zugrundlegung der Auffassung der Klägerin führe demgegenüber zu einer weitergehenden Subventionierung von Schiffsgesellschaften, weil hierdurch ggf. fiktive Kosten steuermindernd in Abzug gebracht würden. Diese Bevorzugung von Schiffsgesellschaften gegenüber Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn durchgehend durch Bestandsvergleich nach den §§ 4, 5 EStG ermittelten, sei indessen nicht mehr vom Gesetzeszweck des § 5a Abs. 6 EStG gedeckt.

44

Die Besteuerung der Unterschiedsbeträge diene der Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven aus der Zeit zwischen der Infahrtsetzung der Schiffe und der Optionsausübung hinsichtlich der Gewinnermittlung nach der Tonnage. Die von der Klägerin begehrte Kompensation durch die Abschreibung auf die Teilwerte konterkariere dieses Ziel jedoch. Dies verdeutliche insbesondere der Umstand, dass die Klägerin entsprechend ihrem Fonds-Konzept von Beginn ihrer Geschäftstätigkeit an ihre steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten maximal ausgereizt habe, um einen hohen Verlust für ihre Anleger zu erzielen, was durch die Inanspruchnahme der höchstmöglichen Abschreibungen und der Sonderabschreibungen nach § 82f EStDV sowie durch die Behandlung sämtlicher "Weichkosten" als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben erfolgt sei. Diese Buchverluste, die in der Realität durch den Betrieb der Schiffe gar nicht entstanden seien, würden nunmehr nach ca. 15 Jahren endlich dem Zweck von § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG entsprechend einer Besteuerung zugeführt. Allein durch diese Periodenverschiebung sei die Klägerin bereits erheblich begünstigt.

45

Dem von der Klägerin geltend gemachten Kompensationsbedarf stehe ferner entgegen, dass es neben den Fällen "reiner" Tonnagesteuerfonds ohne festgestellte Unterschiedsbeträge durchaus Fälle gebe, in denen negative Unterschiedsbeträge für Schiffe festgestellt worden seien. Auch gebe es negative Unterschiedsbeträge für andere Wirtschaftsgüter wie etwa Fremdwährungsverbindlichkeiten. Weiter sei zu berücksichtigen, dass entgegen der Behauptung der Klägerin keine vollständige Identität zwischen dem Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG und dem Aufstockungsbetrag bestehe, weil der Teilwert und damit die Höhe der stillen Reserven allgemeinen Wertschwankungen des Marktes unterlägen und damit abhängig vom dem jeweiligen Stichtag seien. Eine detaillierte Erfassung und Fortschreibung dieser Schwankungen habe die Klägerin trotz seiner, des Beklagten, Aufforderung nicht vorgelegt, was darauf schließen lasse, dass dies über einen so langen Zeitraum wohl nicht praktikabel sei. Schließlich hätte ein Musteranleger bei der Klägerin erstmals in 2008 einen positiven Betrag zu versteuern gehabt, auf der anderen Seite aber bis 2010 einen Mittelrückfluss von 116,49 % erhalten, sodass die Besteuerung der Leistungsfähigkeit entspreche.

46

Auch lasse die Klägerin bei der Verfolgung ihres Begehrens außer Acht, dass der Unterschiedsbetrag im Laufe der Jahre bereits durch Veräußerungen von Mitunternehmeranteilen teilweise aufgelöst worden sei, wobei keine Gründe ersichtlich seien, die eine unterschiedliche Behandlung von ausgeschiedenen und noch beteiligten Anteilseignern rechtfertigten.

47

Schließlich widerspricht der Beklagte der von der Klägerin gezogenen Parallele zu § 13 KStG und führt diesbezüglich an, dass der Verweis auf § 13 Abs. 2 KStG bei der Fassung von § 5a EStG bewusst vom Gesetzgeber gemieden worden sei, da keine vergleichbaren Umstände vorlägen; § 13 Abs. 2 KStG basiere auf der Überlegung, dass eine in die Steuerpflicht eintretende Kapitalgesellschaft wie eine Neugründung anzusehen sei, während der Anwendungsbereich von § 5a Abs. 6 EStG durch ein steuerliches Vorleben geprägt sei.

48

Hilfsweise beantrage er, der Beklagte, eine Aussetzung des Verfahrens für den Fall, dass eine in den Vorjahren erforderliche Bilanzberichtigung entscheidungserheblich sein sollte.

49

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten Bezug genommen.

50

Des Weiteren wird Bezug genommen auf den Beiladungsbeschluss vom 19.11.2016 (...) und auf die Sitzungsniederschriften der Erörterungstermine vom 09.10.2015 (...) und vom 03.05.2016 (...) sowie der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016 (...).

51

Dem Senat haben ein Band Akten Allgemeines, Band VII der Bilanz- und Bilanzberichtsakten, Band I der Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuerakten und ein Band Rechtsbehelfsakten vorgelegen (St.-Nr. .../.../...).

Entscheidungsgründe

52

Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet.

53

I. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Feststellungsbeteiligten in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat den Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb zu Unrecht nicht um Abschreibungen auf die beiden Handelsschiffe gemindert.

54

Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die nach § 7 EStG zulässige AfA, anzusetzen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (AfA in gleichen Jahresbeträgen). Die Absetzung bemisst sich nach § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts.

55

1. Die beiden Schiffe der Klägerin sind Wirtschaftsgüter, deren Verwendung oder Nutzung zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt.

56

2. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Schiffe war im Streitjahr noch nicht abgelaufen, sondern erstreckte sich über weitere 10 bzw. 10,5 Jahre.

57

a) Die Nutzungsdauer für die Schiffe ist im Streitfall nicht nach der in der amtlichen AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig "Hochsee-, Küsten- und Binnenschiffahrt" vom 16.09.1992 (BStBl I 1992, 570) für sonstige Seeschiffe angegebene Dauer von zwölf Jahren zu bemessen, sondern entsprechend der zwischen den Beteiligten im Erörterungstermin am 03.05.2016 getroffenen tatsächlichen Verständigung die Dauer von insgesamt 24 Jahren pro Schiff.

58

aa) Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer entspricht der voraussichtlichen Nutzungsdauer und umfasst den Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Verhältnisse seines konkreten Einsatzes seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann.

59

aaa) Maßgebend für die Bestimmung der Nutzungsdauer ist nicht die Dauer der betrieblichen Nutzung durch den einzelnen Steuerpflichtigen, sondern die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung (BFH-Urteile vom 08.04.2008 VIII R 64/06, BFH/NV 2008, 1660; vom 19.11.1997 X R 78/94, BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59).

60

bbb) Die Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Die technische Nutzungsdauer umfasst den Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch verbraucht. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer umfasst den Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut rentabel genutzt werden kann. Ist ein Wirtschaftsgut zwar nicht mehr entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung nutzbar, hat es aber wegen seiner Nutzbarkeit für andere noch einen erheblichen Verkaufswert, ist es auch für den Unternehmer wirtschaftlich noch nicht verbraucht. Entsprechen sich die wirtschaftliche und technische Nutzungsdauer nicht, können sich die Steuerpflichtigen auf die für sie günstigere Alternative berufen (BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 8/10, BFHE 233, 226, BStBl II 2011, 709).

61

ccc) Die Nutzungsdauer ist durch Schätzung zu ermitteln (BFH-Urteil vom 09.12.1999 III R 74/97, BFHE 191, 125, BStBl II 2001, 311). Dabei hat sich diese regelmäßig an den Erfahrungen zu orientieren, die mit Wirtschaftsgütern gleicher oder ähnlicher Art gemacht worden sind (BFH-Urteil vom 08.04.2008 VIII R 64/06, BFH/NV 2008, 1660).

62

ddd) Als Hilfsmittel für die Schätzung der Nutzungsdauer hat das Bundesministerium der Finanzen unter Beteiligung der Fachverbände der Wirtschaft AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter und für verschiedene Wirtschaftszweige herausgegeben. Sie berücksichtigen sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer und haben zunächst die Vermutung der Richtigkeit für sich, sind aber für die Gerichte nicht bindend (BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 8/10, BFHE 233, 226, BStBl II 2011, 709; BFH-Beschluss vom 04.07.2002 IV B 44/02, BFH/NV 2002, 1559). Gleichwohl sind die AfA-Tabellen von den Steuergerichten unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung und im Hinblick auf das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu beachten. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Anwendung der AfA-Tabelle im Regelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 8/10, BFHE 233, 226, BStBl II 2011, 709).

63

bb) Im Streitfall entfaltet die AfA-Tabelle schon deshalb keine Bindungswirkung für das Gericht, weil die Beteiligten sich in Abweichung von der dort angegebenen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von Seeschiffen bzgl. der Handelsschiffe der Klägerin auf eine höhere individuelle Nutzungsdauer verständigt haben. Diese tatsächliche Verständigung ist auch wirksam, denn sie führt nicht zu einem unangemessenen Ergebnis. Unangemessen kurz ist vielmehr die in der AfA-Tabelle geregelte Nutzungsdauer für Seeschiffe.

64

aaa) Die in der AfA-Tabelle vorgegebene zwölfjährige Nutzungsdauer gilt für diese Schiffstypen, soweit sie nach dem 31.12.1972 angeschafft oder hergestellt worden sind (AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig "Hochsee-, Küsten- und Binnenschiffahrt" vom 01.01.1989, S 1551, juris). Die Festlegung basiert auf einer einvernehmlichen Regelung vom Bundesminister der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder aus dem Jahr 1972.

65

Ebenso wie der BFH (vgl. Urteil vom 14.04.2011 IV R 8/10, BFHE 233, 226, BStBl II 2011, 709, für Doppelhüllentanker) hat der erkennende Senat Zweifel, ob eine Schätzung der Nutzungsdauer, die sich auf Erkenntnisse aus dem Jahr 1972 stützt, eine realitätsgerechte Beurteilung der Nutzungsdauer für Ende der 90iger Jahre hergestellte Containerfrachtschiffe darstellen kann. Es ist nämlich nicht ersichtlich, inwieweit bei den nunmehr gültigen AfA-Tabellen die technische Entwicklung im Schiffsbau über diesen langen Zeitraum berücksichtigt worden ist.

66

bbb) Hinzu kommt, dass der Sachverständige F in seinen Gutachten aus dem Jahr 2007 die (wirtschaftliche) Nutzungsdauer des MS "XX" mit 24 Jahren und des MS "YY" mit 22 Jahren beurteilt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in dem von ihr verantworteten Emissionsprospekt für die seinerzeit geplante Veräußerung nach zwölf Jahren aufgrund der damaligen Marktlage mit Veräußerungserlösen von 50 bis 60 % der Anschaffungskosten gerechnet.

67

ccc) Schließlich ist dem Senat aus zahlreichen weiteren Verfahren bekannt, dass Containerschiffe nicht bereits nach zwölf Jahren nur noch einen Schrottwert haben, sondern in aller Regel deutlich über 20 Jahre genutzt werden können und werden. Die von den Beteiligten übereinstimmend vorgenommene Schätzung einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 24 Jahren pro Schiff ist somit angemessen.

68

b) In dem Umstand, dass die Feststellungen ab 1998 auf einer entsprechend der AfA-Tabelle mit nur zwölf Jahren angesetzten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer berechneten AfA basierten, liegt keine bindende tatsächliche Verständigung. Abgesehen davon, dass es hierfür am beiderseitigen Rechtsbindungswillen gefehlt hätte, wäre die Verständigung durch die neue und abweichende tatsächliche Verständigung im Erörterungstermin jedenfalls einvernehmlich geändert worden. Im Übrigen würde auch eine wirksame tatsächliche Verständigung über eine ursprünglich zwölfjährige Nutzungsdauer an dem Erfordernis, für die Zeit ab dem Streitjahr eine Restnutzungsdauer zu schätzen, und der Wirksamkeit der hierüber getroffenen Verständigung nichts ändern.

69

c) In Übereinstimmung mit den Beteiligten ist in dem vorherigen Ansatz einer zwölfjährigen Nutzungsdauer keine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 Abgabenordnung (AO) zu sehen. Die Voraussetzungen für eine derartige Billigkeitsmaßnahme lagen nicht vor, weil die Annahme einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Nutzungsdauer von mehr als zwölf Jahren nicht sachlich unbillig wäre und eine persönliche Unbilligkeit in Bezug auf die Klägerin bzw. die Feststellungsbeteiligten ebenso wenig gegeben war. Anhaltspunkte dafür, dass das BMF in der AfA-Tabelle oder der Beklagte bei Erlass der Feststellungsbescheide dennoch den Willen gehabt hätten, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, sind nicht ersichtlich.

70

d) Schließlich ist die Klägerin nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich auf die längere, 24-jährige Nutzungsdauer zu berufen. Eine derartige Bindung erwächst nicht daraus, dass die Klägerin die AfA zunächst wie bei einer zwölfjährigen Nutzungsdauer berechnete und erklärte und der Beklagte dem gefolgt ist. Da es sich insoweit nur um eine Schätzung handeln konnte und nicht um die Ausübung eines Wahlrechts, wäre der Beklagte nicht gehindert gewesen, diese Erklärung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. BFH-Urteil vom 08.04.2008 VIII R 64/06, BFH/NV 2008, 1660, für die Annahme einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von acht Jahren für Pkw in Abweichung von der in der AfA-Tabelle vorgesehenen vierjährigen Nutzungsdauer). Und auch insoweit gilt, dass ab dem Streitjahr in jedem Fall eine Restnutzungsdauer geschätzt werden müsste.

71

3. Bemessungsgrundlage für die Abschreibung ist der Teilwert der Schiffe abzüglich des jeweiligen Schrottwertes.

72

a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die AfA von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Wirtschaftsguts vorzunehmen (§ 255 Abs. 1 und 2 Handelsgesetzbuch -HGB-). Bei Wirtschaftsgütern, die - wie Schiffe - aus einem wertvollen Material bestehen, dessen Wert im Vergleich zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten erheblich ins Gewicht fällt, entspricht die Bemessungsgrundlage und damit auch das Abschreibungsvolumen nicht den Anschaffungskosten, sondern ergibt sich demgegenüber aus dem Differenzbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Schrottwert (BFH-Beschluss vom 07.12.1967, GrS 1/67, BFHE 91, 93, BStBl II 1968, 268).

73

b) Im Streitfall bemisst sich die AfA jedoch nicht nach der Differenz zwischen den Anschaffungskosten der Schiffe abzüglich der ursprünglichen Schrottwerte, verteilt auf die Nutzungsdauer von 24 Jahren, sondern nach der Differenz zwischen ihren Teilwerten zum 31.12.2011 abzüglich der Schrottwerte zum 31.12.2011, über die die Beteiligten sich verständigt haben, verteilt auf die im Streitjahr verbleibende Restnutzungsdauer von 10 Jahren (für das MS "XX") und 10,5 Jahren (für das MS "YY").

74

aa) Ausgangspunkt für die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die AfA ist der in der Steuerbilanz der Klägerin auf den 31.12.2011 ausgewiesene Teilwert.

75

aaa) Nach § 5a Abs. 6 EStG ist in der Bilanz zum Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem letztmalig die Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a Abs. 1 EStG angewendet wird, für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Teilwert anzusetzen. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Bewertungsvorschrift, die unter Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes den handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften und auch den steuerlichen Regelungen der §§ 6 ff. EStG aufgrund ihrer systematischen Stellung und ihrem Zweck vorgeht.

76

bbb) In der Literatur ist umstritten, wie im Anschluss an den in § 5a Abs. 6 EStG vorgeschriebenen Teilwertansatz in den Folgejahren, in denen der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird, in Bezug auf die AfA auf das betreffende Wirtschaftsgut zu verfahren ist.

77

(1) Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass der nach § 5a Abs. 6 EStG anzusetzende Teilwert vermindert um den Schrottwert die Grundlage für die Bemessung von Absetzungen in den Folgejahren bildet (Voß in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5a EStG Rz. 100; Dißars in Frotscher/Geurts, EStG, § 5a Rz. 79; derselbe, FR 2016, 395; Dißars/Kahl-Hinsch, DStR 2013, 2092; Ebbinghaus/d'Avoine/Hinz, BB 2014, 1436, 1439; Jacobs, DB 2014, 863, 865; Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 5a EStG Rz. 110; Dahm in Lademann, EStG, § 5a Rz 146; Seeger in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 5a Rz. 19). Zur Begründung wird angeführt, dass die gegenteilige Auffassung systemfremd sei (Dahm in Lademann, EStG, § 5a Rz. 146) und ggf. zur Nachholung der steuerrechtlich im Tonnagegewinnermittlungszeitraum nicht zu erfassenden stillen Reserven führe (Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 5a EStG Rz. 110). Zudem sei bei Teilwerten, die unterhalb der Buchwerte lägen, zu befürchten, dass die Bemessung der Abschreibungen nach den ursprünglichen Anschaffungskosten zu Werten unterhalb des Schrottwerts oder gar negativen Buchwerten führe (Jacobs, DB 2014, 863, 865). Die Abschreibung der Teilwertaufstockung solle auch nach der Intention des Gesetzgebers kompensierend zur Auflösung des Unterschiedsbetrags wirken (Dißars in Frotscher/Geurts, EStG, § 5a Rz. 79; Dißars/Kahl-Hinsch, DStR 2013, 2092). Hierdurch erhalte der Steuerpflichtige - entgegen anderer Behauptungen - keinen ungerechtfertigten künstlichen Vorteil (Ebbinghaus/d'Avoine/Hinz, BB 2014, 1436, 1439). Vielmehr solle der Wechsel der Gewinnermittlungsart als fiktive Anschaffung verstanden werden; dies ergebe sich aus dem Vergleich sowohl mit § 13 Abs. 2 KStG, für den in der Literatur praktisch Einigkeit hinsichtlich der Bemessung der Abschreibungen nach dem Teilwert bestehe, als auch mit Fallgestaltungen im Umwandlungssteuerrecht. Schließlich spreche der Umstand, dass der Veräußerungsgewinn, soweit er auf natürliche Personen entfalle, nicht der Gewerbesteuer unterliege, gegen ein "Einfrieren" des Aufstockungsbetrages im Wege eines Anhaltewertes bis zur Veräußerung des Schiffes (Dißars, FR 2016, 395).

78

(2) Andere Stimmen im Schrifttum (Weiland in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 5a Rz. 257 f.; Gosch in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 5a Rz. 21; Heinrichs/Kuntschik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5a EStG Anm. H 4) und die Finanzverwaltung (Erlass der Finanzbehörde Hamburg vom 21.08.2013, Fach-Info 6/2013, 52-O 1000-003/12, unter Nr. 4) befürworten demgegenüber die Fortsetzung der planmäßigen Abschreibungen auf die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zu einem aus dem Aufstockungsbetrag und dem Schrottwert gebildeten "Anhaltewert". Der Zuschreibungsbetrag soll sich danach erst bei Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen gewinnmindernd auswirken. Zur Begründung wird angeführt, dass die Vorschrift keine weitergehende Subventionierung durch Schaffung zusätzlichen Abschreibungsvolumens beabsichtige.

79

(3) Während die erstgenannte Auffassung den nach § 5a Abs. 6 EStG angesetzten Teilwert abzüglich des Schrottwertes mithin als neuen AfA-Bemessungsgrundlage ansieht und dieses AfA-Volumen auf eine ggf. zu schätzende Restnutzungsdauer verteilt, verschiebt die zweite Auffassung die Auswirkung der Vorschrift auf den Zeitpunkt, in dem das Schiff das Betriebsvermögen verlässt, indem bei der Berechnung des - bei natürlichen Personen nach § 7 Satz 2 GewStG nicht der Gewerbesteuer unterliegenden - Veräußerungsgewinns der sog. Anhaltewert mindernd berücksichtigt wird.

80

ccc) Der Senat folgt, v. a. aus systematischen Gründen, der zuerst genannten Auffassung:

81

(1) § 5a Abs. 6 EStG ist nach dem Wortlaut der Regelung eine reine Bewertungsvorschrift und enthält keine Regelung der Frage, ob der anzusetzende Teilwert abzuschreiben ist. Wenn der Gesetzgeber allerdings gewollt hätte, dass sich der Aufstockungsbetrag erst bei der Veräußerung des Wirtschaftsgutes und nur auf das Veräußerungsergebnis auswirkt, hätte es nahe gelegen, anstelle der Bewertung dieses Wirtschaftsgutes mit dem Teilwert in der Steuerbilanz zum Ende des Tonnagezeitraums eine der Feststellung des Unterschiedsbetrages gemäß § 5a Abs. 4 EStG ähnliche Verfahrensweise außerhalb der Steuerbilanz zu wählen.

82

(2)  Die Anwendung der Auslegung nach der Entstehungsgeschichte spricht nicht eindeutig für die Abschreibungsmöglichkeit des Aufstockungsbetrags.

83

Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf sollte zu Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem die Gewinnermittlung nach der Tonnage nicht mehr angewendet wird, § 13 Abs. 2 KStG entsprechend anzuwenden, d. h. eine Anfangsbilanz zu erstellen sein (BT-Drs. 13/10271, S. 5). Demgegenüber wurde bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses (BR-Drs. 342/98, S. 8; BT-Drs. 13/10710, S. 4) die aufgrund der entsprechenden Empfehlung des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 13/10875, S. 2) später Gesetz gewordene Fassung des § 5a Abs. 6 EStG vorgeschlagen mit der Begründung, die vorgeschlagene Neufassung stimme materiell-rechtlich mit der bisher vorgesehenen Regelung überein, werde jedoch an die Systematik der nach den allgemeinen Vorschriften fortzuführenden Steuerbilanzen angepasst. Der Gesetzgeber hat somit für die Zeit ab dem Rückwechsel zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Erstellung einer Anfangsbilanz wegen der im Wege der sog. Schattenveranlagung während der Gewinnermittlung nach der Tonnage weiter zu führenden Steuerbilanzen nicht erforderlich ist.

84

Die Klägerin kann sich nicht auf die ursprünglich geplante Fassung berufen, weil diese nicht Gesetz geworden ist; andererseits folgt aus dem Weglassen des Verweises auch nicht das Gegenteil.

85

(3) Der Sinn und Zweck des Teilwertansatzes nach § 5a Abs. 6 EStG besteht darin sicherzustellen, dass die stillen Reserven, die sich während des Zeitraums der Gewinnermittlung nach der Tonnage gebildet haben, durch die pauschale Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG abgegolten und nicht einer späteren Besteuerung unterworfen werden (Dahm in Lademann, EStG, § 5a Rz. 145; Voß in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5a EStG Rz. 100; Dißars in Frotscher, EStG, § 5a Rz. 78a). Die Vorschrift dient damit in korrespondierender Weise zu § 5a Abs. 4 EStG der Zuordnung von stillen Reserven zu den Perioden der unterschiedlichen Gewinnermittlung: Während die stillen Reserven, die sich in der Zeit vor der Gewinnermittlung nach der Tonnage gebildet haben, durch die Feststellung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG "eingefroren" und später nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften versteuert werden sollen (Satz 3 der Vorschrift), sollen die sich während des Tonnagezeitraums bildenden stillen Reserven im letzten Jahr der Gewinnermittlung nach der Tonnage erfasst und von der Tonnagesteuer abgegolten werden. Ist der Teilwert des Wirtschaftsgutes im fraglichen Zeitpunkt niedriger als der Buchwert, haben sich also stille Lasten gebildet, sollen diese den später durch Bestandsvergleich ermittelten Gewinn der Gesellschaft umgekehrt nicht mindern (ähnlich Hofmeister in Blümich, EStG, § 5a Rz. 110). Dieser Telos der Regelung wird nach beiden Literaturauffassungen erreicht und gibt daher keinen eindeutigen Aufschluss über die Frage, wie die Abschreibung zu bemessen ist.

86

(4) Für die Abschreibung auf den Teilwert sprechen aber systematische Erwägungen.

87

Zwar nimmt § 5a Abs. 6 EStG keinen ausdrücklichen Bezug auf einen der vorherigen Absätze in § 5a EStG. § 5a Abs. 6 EStG kann nicht als Kompensation zu § 5a Abs. 4 EStG betrachtet werden. Insbesondere soll die Versteuerung des Unterschiedsbetrags nicht durch eine zusätzliche AfA des Teilwerts gem. § 5a Abs. 6 EStG kompensiert werden. Ein solcher Zusammenhang scheitert bereits daran, dass ein Unterschiedsbetrag überhaupt nur so lange entstehen konnte, wie nicht bereits im Erstjahr die Option zur Gewinnermittlung nach der Tonnage ausgeübt werden musste. D. h. eine solche Verknüpfung wäre nur denkbar für alte Streitjahre, in denen nicht sofort zur Tonnage optiert werden musste. Die Gesetzesfassung lässt aber keinen Raum für eine zeitliche Differenzierung. Entscheidend gegen eine zwingende Verknüpfung von § 5a Abs. 6 EStG und § 5a Abs. 4 EStG spricht, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen der Versteuerung des Unterschiedsbetrages gerade eine Versteuerung der in dem Unterschiedsbetrag festgestellten stillen Reserven erreichen wollte. Auch lässt eine Argumentation, die einen Zusammenhang von § 5a Abs. 6 EStG und § 5a Abs. 4 EStG sieht, außer Acht, dass der Unterschiedsbetrag im Laufe der Jahre bereits durch Veräußerungen von Mitunternehmeranteilen teilweise aufgelöst worden sein kann, wobei keine Gründe ersichtlich sind, die eine unterschiedliche Behandlung von ausgeschiedenen und noch beteiligten Anteilseignern rechtfertigen.

88

Demgegenüber für eine Abschreibung des Teilwertes (abzüglich des Schrottwertes) sprechen folgende Gründe:

89

(a) Nach dem Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG  ist  die AfA vorzunehmen, so dass nach allgemeiner Auffassung eine Pflicht zur Vornahme der Normal-AfA besteht. Dabei sind die Absetzungen so zu bemessen, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts bis auf einen Erinnerungswert von 1 DM (bzw. heute: 1 €) verteilt sind (BFH-Beschluss vom 07.12.1967 GrS 1/67, BFHE 91, 93, BStBl II 1968, 268). Von diesem Grundsatz ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn erfahrungsgemäß auch  nach  Beendigung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts ein im Verhältnis zu den Anschaffungs-  oder Herstellungskosten beträchtlicher Restwert bestehen bleibt. Nur in diesen Fällen ist die Bemessungsgrundlage für die AfA um einen solchen Restwert zu mindern (BFH-Urteil vom 08.04.2008 VIII R 64/06, BFH/NV 2008, 1660; vgl. BFH-Beschluss vom 07.12.1967, GrS 1/67, BFHE 91, 93, BStBl II 1968, 268, für den Schrottwert von Schiffen; s. auch FG Hamburg, Urteil vom 26.10.1999 VII 303/98, DStRE 2000, 787). Die Abschreibung nur bis auf einen aus einer vorherigen Teilwertaufstockung resultierenden "Anhaltewert" ist dem Steuer- und Bilanzrecht hingegen fremd.

90

(b) Sowohl bei einer Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als auch bei einer Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG bzw. einer Zuschreibung nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG ist in der Folge jeweils der Teilwert die Bemessungsgrundlage für die weitere Abschreibung, die nach einer ggf. neu zu schätzenden Restnutzungsdauer vorzunehmen ist (Kulosa in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 7 Rz. 83, § 6 Rz. 371).

91

(c) Vor allem spricht in systematischer Hinsicht aber Folgendes gegen die Beibehaltung des bisherigen Abschreibungsverlaufes bis zu einem Anhaltewert: Liegt der Teilwert unterhalb des bisherigen Buchwertes, liegen in dem betreffenden Wirtschaftsgut stille Lasten, die in entsprechend umgekehrter Auslegung nach dem Sinn und Zweck des § 5a Abs. 6 EStG den Gewinn nicht mindern dürfen (s. oben (3)). Nach der zuletzt genannten Auffassung, der zufolge die Wirkung des § 5a Abs. 6 EStG erst im Zeitpunkt der Veräußerung eintreten soll, müsste in einem derartigen Fall ein negativer "Anhaltewert" gebildet werden, der vom Schrottwert abzuziehen wäre. Hierdurch ergäbe sich im Zeitpunkt der Veräußerung nicht nur ein unter dem Schrottwert liegender Buchwert, sondern es wäre sogar ein negativer Buchwert denkbar (ebenso Jacobs, DB 2014, 863, 865). Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 5a Abs. 6 EStG einen derartigen Verstoß gegen die allgemeinen Bewertungsvorschriften hätte regeln wollen.

92

ddd) Die Abschreibung auf den Teilwert führt nicht zu einer nicht gerechtfertigten, weiteren Subventionierung der Schiffsgesellschaften und zu einer "doppelten" oder "fiktiven" AfA.

93

(1) Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass eine AfA nicht mehr möglich ist, wenn das AfA-Volumen bereits vollständig verbraucht wurde (Kulosa in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 7 Rz. 92). Eine "doppelte" AfA ist daher grundsätzlich ausgeschlossen (zu einem Ausnahmefall s. BFH-Urteil vom 09.03.2016 X R 46/14, DStR 2016, 1014). Zu einer derartigen "doppelten" oder "fiktiven" AfA nach Verbrauch der ursprünglichen Anschaffungskosten kommt es im Streitfall bei einer Abschreibung auf den Teilwert jedoch nicht.

94

(2) Das gilt von vornherein für den Fall, dass der vorherige Buchwert über dem Teilwert liegt und es zu einer Teilwertabstockung kommt.

95

(3) Aber auch bei einer Teilwertaufstockung bezieht sich die künftige AfA in zeitlicher Hinsicht auf die Abnutzung des Schiffes ab dem Zeitpunkt des Rückwechsels aus der Gewinnermittlung nach der Tonnage bis zum Ablauf der restlichen Nutzungsdauer. Auf diese Zeit wird das durch die Teilwertaufstockung neu geschaffene AfA-Volumen, der Unterschied zwischen dem Teil- und dem Schrottwert, verteilt. Das Schiff, das im Zeitpunkt des Rückwechsels aus der Gewinnermittlung nach der Tonnage einen bestimmten Teilwert hat, aber noch weiter genutzt werden kann, unterliegt einer tatsächlichen Abnutzung, die durch die Abschreibung abgebildet wird.

96

(4) Demgegenüber betrifft die AfA während der Gewinnermittlung nach der Tonnage einen anderen Zeitraum und wirkt sich darüber hinaus nicht auf den nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelten Gewinn aus, sodass nicht "doppelt" abgeschrieben wird. Soweit nach § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG für die Anwendung des § 15a EStG der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn zugrunde zu legen ist, die in den Steuerbilanzen während des Tonnagezeitraums vorgenommene AfA sich also auf die Feststellung des verrechenbaren Verlustes auswirkt, wird diese Auswirkung durch die Teilwertaufstockung nach § 5a Abs. 6 EStG in der letzten Steuerbilanz des Tonnagezeitraums, die dem zu erlassenden Bescheid nach § 15a EStG wiederum zugrunde liegt, wieder revidiert. Die in dem Wirtschaftsgut liegenden stillen Reserven werden insoweit erfolgswirksam aufgedeckt und stehen als neues AfA-Volumen zur Verfügung.

97

(5) Schließlich unterliegen die stillen Reserven, die sich nach der Rückoption aufgrund der Abschreibung vom Teilwert möglicherweise bilden, der Besteuerung, wenn das Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen verlässt. Eine Subventionierung der Schiffsgesellschaften ist hierin nicht zu sehen.

98

bb) Wie dargelegt (s. oben unter a. und b. aa. ccc. (4) (a)), werden Seeschiffe nach der Rechtsprechung des BFH nicht bis auf einen Erinnerungswert von 1,00 € abgeschrieben, sondern auf den am Ende der Nutzungsdauer verbleibenden Restwert (vgl. ebenso für den Schlachtwert von Milchkühen BFH-Urteil vom 04.06.1992 IV R 101/90, BFHE 169, 397, BStBl II 1993, 276). In Anbetracht des Umstandes, dass Seeschiffe am Ende ihrer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer häufig noch Schrottwerte in siebenstelliger Höhe haben, wie der Streitfall zeigt, hielte der erkennende Senat einen Bilanzansatz in Höhe lediglich eines Erinnerungswertes für unangemessen und sieht daher keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des BFH abzuweichen.

99

4. Die Abschreibung ist folglich nach allgemeinen Grundsätzen ausgehend vom Teilwert in der letzten während der Gewinnermittlung nach der Tonnage erstellten Schlussbilanz als dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG an die Stelle der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten tretenden Wert vorzunehmen, abzüglich des Schrottwertes. Da die AfA für die Zeit ab dem 01.01.2012 unter Zugrundelegung des Teilwertes zum 31.12.2011 und der ab diesem Zeitpunkt zu schätzenden Restnutzungsdauer neu zu berechnen ist, ist für die Ermittlung des AfA-Betrages nach Auffassung des Senats auch der Schrottwert zum 31.12.2011 anzusetzen und nicht der Schrottwert, der bei Anschaffung der Schiffe ermittelt wurde.

100

a) Der Teilwert des MS "XX" zum 31.12.2011 beträgt ... €. Der Schrottwert des Schiffes zum 31.12.2011 beläuft sich unter Zugrundelegung des in der tatsächlichen Verständigung einvernehmlich bestimmten Preises pro Tonne von 270,00 € bei einem Leergewicht von ... t auf ... €. Danach ergibt sich ein AfA-Volumen von insgesamt ... € und bei einer Restnutzungsdauer von zehn Jahren eine jährliche AfA in Höhe von ... €.

101

b) Der Teilwert des MS "YY" zum 31.12.2011 beträgt ... € und der Schrottwert ... € (270,00 €/t x ... t). Das AfA-Volumen beläuft sich somit auf insgesamt ... €, sodass sich bei einer Restnutzungsdauer von 10,5 Jahren eine jährliche AfA in Höhe von ... € ergibt.

102

c) Insgesamt beträgt die AfA im Streitjahr somit ... €.

103

5. Über die Auswirkung dieser Abschreibung auf die bisher in den Ergänzungsbilanzen vorgenommenen Abschreibungen hat der Senat nicht zu befinden.

104

a) Bei den Einkünften aus Ergänzungsbilanzen handelt es sich um eine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage, die grundsätzlich einem eigenen prozessualen Schicksal unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 09.02.2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764). Mit der Klage hat die Klägerin eine Minderung der Einkünfte aus der Gesamthandsbilanz um die AfA begehrt und damit allein die Feststellung der laufenden Einkünfte angegriffen sowie des Gesamtgewinns insoweit, als die laufenden Einkünfte hierin Eingang fanden.

105

b) Zwar erstreckt sich die Anfechtung einer Besteuerungsgrundlage auch auf andere Besteuerungsgrundlagen, wenn sie hierauf zwangsläufig Auswirkungen hat, wenn die andere Besteuerungsgrundlage materiell-rechtlich also ebenfalls betroffenen ist; insoweit wird der Feststellungsbescheid nicht teilweise bestandskräftig (vgl. BFH-Urteile vom 28.06.2006 XI R 31/05, BFHE 214, 302, BStBl II 2007, 378; vom 08.06.2000 IV R 65/99, BFHE 192, 207, BStBl II 2001, 89, für die Erfassung laufender Einkünfte anstelle eines dem Grunde nach angefochtenen Aufgabegewinns).

106

Da die Ergänzungsbilanzen im Hinblick auf die geänderte Nutzungsdauer der Schiffe und das durch den Teilwertansatz und den Ansatz anderer Schrottwerte geänderte AfA-Volumen individuell angepasst werden müssen, geht der Senat nicht von einer vergleichbaren zwangsläufigen Auswirkung der angefochtenen Besteuerungsgrundlage auf die Einkünfte aus den Ergänzungsbilanzen aus und stellt diese Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO dem Beklagten anheim (vgl. BFH-Urteile vom 28.06.2006 XI R 31/05, BFHE 214, 302, BStBl II 2007, 378; vom 08.06.2000 IV R 65/99, BFHE 192, 207, BStBl II 2001, 89).

107

6. Der Senat weist abschließend darauf hin, dass der Klage ggf. auch dann ganz oder zum Teil stattzugeben wäre, wenn man der Verwaltungsauffassung folgte und die bisherige AfA auf die historischen Anschaffungskosten berücksichtigte.

108

Zwar hat die Klägerin die beiden Schiffe in den Steuerbilanzen im Streitfall während des Tonnagezeitraums, nämlich bis zum 31.12.2009 bzw. 31.12.2010, unter Zugrundelegung der - unzutreffend kurzen - zwölfjährigen Nutzungsdauer auf den jeweiligen Schrottwert abgeschrieben. Nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs im Rahmen der AfA-Berechnung bindend zu berücksichtigen sind jedoch nur die Abschreibungen in den Bilanzen bis zum 31.12.1999 oder allenfalls bis zum 31.12.2008.

109

a) aa) Ein Bilanzierungsfehler des Steuerpflichtigen ist grundsätzlich bei der Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung für den Veranlagungszeitraum zu berichtigen, in dem der Fehler erstmals aufgetreten ist und steuerliche Auswirkungen hat. Liegt die fehlerhafte Bilanz einem Steuer- oder Feststellungsbescheid zugrunde, der aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann, so ist der Bilanzansatz in der letzten Schlussbilanz, die einer bestandskräftigen und nicht mehr änderbaren Veranlagung zugrunde gelegen hat, nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs unverändert in die Anfangsbilanz des ersten verfahrensrechtlich offenen Jahres zu übernehmen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB; BFH-Urteil vom 29.07.2015 X R 37/13, BFH/NV 2016, 537). Der unrichtige Bilanzansatz ist dann in der Schlussbilanz richtigzustellen, die der ersten Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung zugrunde liegt, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich ist (BFH-Urteile vom 29.07.2015 X R 37/13, BFH/NV 2016, 536; vom 05.06.2014 IV R 29/11, BFH/NV 2014, 1538). Dieser Grundsatz wurde mittlerweile durch § 4 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2007 (vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878) mit Wirkung ab dem 01.01.2007 kodifiziert.

110

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH ist es zweifelhaft, ob der formelle Bilanzenzusammenhang Anwendung finden kann, wenn ein Feststellungsbescheid nicht auf einer steuerlichen Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG beruht (im BFH-Urteil vom 20.08.2014 I R 60/13, BFH/NV 2015, 148, für die Feststellung des Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG 2002).

111

cc) Die Korrektur ist nach dem sog. Stornierungsgedanken dann erfolgswirksam vorzunehmen, wenn auch der Bilanzierungsfehler den Gewinn oder Verlust beeinflusst hat (BFH-Urteile vom 25.06.2014 I R 29/13, BFH/NV 2015, 27; vom 30.01.2013 I R 54/11, BFHE 240, 246, BStBl II 2013, 1048), ansonsten gewinnneutral. Eine "steuerliche Auswirkung" in diesem Sinne ist aufgrund eines Bilanzierungsfehlers z. B. dann nicht eingetreten, wenn die festgesetzte Steuer unabhängig von dem Bilanzierungsfehler in Folge von Verlusten 0 € betragen hat; in diesem Fall kann der fehlerhafte Bilanzansatz unter Durchbrechung des formellen Bilanzenzusammenhangs rückwirkend an der Fehlerquelle oder in der Anfangsbilanz des ersten noch änderbaren Veranlagungszeitraums gewinnneutral durch den richtigen ersetzt werden (BFH-Urteil vom 16.12.2014 VIII R 45/12, BFHE 249, 83, BStBl II 2015, 759; Heinicke in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz. 691, 711).

112

dd) Zwar sind die Steuerbilanzen sowie die Sonder- und Ergänzungsbilanzen auch während der Besteuerung nach § 5a Abs. 1 EStG fortzuführen und beim Finanzamt einzureichen (BMF-Schreiben vom 12.06.2002, BStBl I 2002, 614, Tz. 36), doch sind diese sog. Schattenbilanzen für die Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG nicht maßgeblich (BT-Drs. 13/10710, 4). Bilanzierungsfehler wirken sich daher während des Tonnagezeitraums nicht unmittelbar auf die Steuerfestsetzung aus. Etwas anderes gilt indes insoweit, als nach § 5a Abs. 5 Satz 4 EStG für die Anwendung des § 15a EStG der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn zugrunde zu legen ist.

113

ee) Hat ein Steuerpflichtiger eine überhöhte AfA vorgenommen und lässt sich dieser Fehler wegen des Bilanzenzusammenhangs nicht rückwirkend korrigieren, ist der AfA-Satz ab dem ersten offenen Veranlagungszeitraum herabzusetzen. Die AfA ist vom Restbuchwert als neuer Bemessungsgrundlage vorzunehmen, der bei beweglichen Wirtschaftsgütern auf die unveränderte Nutzungsdauer zu verteilen ist (Heinicke in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz. 738).

114

b) aa) Die von der Klägerin für die Feststellungszeiträume vor der Gewinnermittlung nach der Tonnage, d. h. für 1998 und 1999, erstellten Steuerbilanzen lagen bestandskräftigen und nicht mehr änderbaren Feststellungen zugrunde, sodass die AfA frühestens ab 2000 an die längere Nutzungsdauer angepasst werden kann.

115

bb) Da bis einschließlich 2008 Feststellungsbescheide nach § 15a EStG ergangen sind, die auf der sog. Schattengewinnermittlung in den eingereichten Steuerbilanzen basierten, könnte der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs dazu führen, dass die AfA erst ab 2009 zu korrigieren und der Restbuchwert ab diesem Feststellungszeitraum auf die Restnutzungsdauer zu verteilen ist. Dagegen und für eine Korrektur bereits ab 2000 könnte jedoch sprechen, dass die verrechenbaren Verluste in gesonderten, hier nicht streitgegenständlichen Feststellungsbescheiden festgestellt werden. Der Senat kann diese Frage offen lassen, weil er ohnehin die Abschreibung auf den nach § 5a Abs. 6 EStG angesetzten Teilwert befürwortet.

116

aaa) Im ersten Fall wären die Restbuchwerte der Schiffe zum 31.12.1999 (in Höhe von ... € für das MS "XX" und von ... € für das MS "YY") abzüglich der seinerzeit ermittelten und bei der ursprünglichen AfA-Berechnung angesetzten Schrottwerte auf die jeweilige Restnutzungsdauer von 22 bzw. 22,5 Jahren zu verteilen, wodurch sich eine jährliche AfA von insgesamt ... € ergäbe, die über dem mit der Klage begehrten Betrag läge. Auf die Berechnung der Klägerin wird insoweit verwiesen (Anlagen "Änderung Abschreibung ab 2000" zum Schriftsatz vom 14.06.2016, FGA Anlagenband).

117

bbb) Im zweiten Fall wären die Restbuchwerte der Schiffe zum 31.12.2008 (in Höhe von ... € für das MS "XX" und von ... € für das MS "YY") abzüglich der Schrottwerte auf die jeweilige Restnutzungsdauer von 13 bzw. 13,5 Jahren abzuschreiben, woraus sich eine AfA von insgesamt ... € ergäbe, um die die laufenden Einkünfte der Klägerin im Streitjahr zu mindern wären. Auf die Anlagen "Abschreibung eigenständige Steuerbilanz ab 2009" zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.06.2016 (FGA Anlagenband) wird insoweit Bezug genommen. Ob die ursprünglich ermittelten und angesetzten Schrottwerte für die AfA-Berechnung ab 2009 ebenfalls noch zutreffend waren und anzusetzen wären, kann der Senat ebenfalls offen lassen.

118

II. 1. Die Voraussetzungen für die vom Beklagten hilfsweise beantragte Aussetzung der Verhandlung nach § 74 FGO liegen nicht vor. Abgesehen davon, dass die Klägerin bisher keine Anträge auf Änderung der Feststellungen für die Vorjahre aufgrund geänderter Bilanzen gestellt hat, über die der Beklagte zu befinden hätte, wären diese Feststellungen für den hiesigen Rechtsstreit auch nicht vorgreiflich. Die Entscheidung des Senats basiert allein auf den nach Grund und Höhe unstreitig zutreffenden und nicht mehr zu ändernden Bilanzansätzen für die Schiffe zum 31.12.2011 in Höhe ihrer Teilwerte.

119

2. Die Kostenentscheidung beruht - unter Berücksichtigung des von der Klägerin zunächst angekündigten Antrags - auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 135 Abs. 3, § 139 Abs. 4 FGO; die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

120

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708, 711 Zivilprozessordnung.

121

4. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Es ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob der nach § 5a Abs. 6 EStG angesetzte Teilwert eines Schiffes nach einem Rückwechsel aus der Tonnagegewinnermittlung der Grundlage für die weitere Abschreibung ist.

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