Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 232/16

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTAe) für drei ASi-Module.

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Ein ASi-System (Actuator-Sensor-Interface / Aktor-Sensor-Schnittstellen-System) ist ein standardisiertes Feldbus-System, also ein drahtgebundenes digitales serielles Master-Slave-System zur Kommunikation zwischen mehreren Teilnehmern über einen gemeinsamen Übertragungsweg. Auf der einen Seite eines Feldbus-Systems ist in der Regel ein Automatisierungsgerät angeschlossen (Industrie-PC oder Speicherprogrammierbare Steuerung [SPS]), auf der anderen Seite werden Feldgeräte angebunden. Feldgeräte (Sensoren oder Aktuatoren) sind bspw. Lichtschranken, Tastschalter, Ventile, Schütze, Motoren oder Anzeigen. Es können auch mehrere Feldbus-Systeme hintereinander geschaltet werden.

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Ein ASi-System besteht aus einer Master-Einheit und bis zu 62 Slave-Modulen. Master und Slaves sind mit einem zweiadrigen Flachbandkabel verbunden, das auch die Spannungsversorgung für Feldgeräte mit geringem Strombedarf sichert.

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Als Master eines ASi-Systems fungieren sog. Gateways, die die Daten des ASi-Systems entweder an ein Automatisierungsgerät weiterleiten oder in ein anderes Feldbus-System übertragen. Da die gängigen Automatisierungsgeräte keine ASi-Schnittstelle haben, sondern über Schnittstellen für andere Feldbus-Systeme verfügen, werden ASi-Systeme in der Regel nicht direkt an ein Automatisierungsgerät angeschlossen, sondern ein anderes Feldbus-System zwischengeschaltet.

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Die drei hier in Rede stehenden ASi-Module sind Slaves eines ASi-Systems. Sie bestehen jeweils aus einem ASi-Chip als wesentlichem Halbleiterbaustein, Schnittstellenbausteinen und weiteren Bauelementen in einem Gehäuse mit Abmessungen zwischen 80-100 × 51-99 × 18,7-31 mm. Sie verfügen über Statusanzeigen und verschiedene Ein- und Ausgänge. Den ASi-Modulen ist gemein, dass sie die digitalen Signale der angeschlossenen Feldgeräte in der Weise konvertieren, dass sie in das Kabel des ASi-Systems eingespeist werden können. Gleiches gilt umgekehrt für die Signale, die der Master an die Module sendet. Diese werden in für die Feldgeräte lesbare Signale konvertiert und an diese übertragen. Im Einzelnen geht es um die folgenden Module:
Das ASi-Sicherheitsmodul (Art.-Nr. XX-1) verfügt über zwei Eingänge zum Anschluss von Sensoren. Es dient dem Empfang, der Konvertierung und Sendung von Signalen zwischen Sensoren und übergeordneten Steuerungen bei der Überwachung von Feldbus-Systemen.
Das ASi-Sensor-/Aktuatormodul (Art.-Nr. XX-2), das als Schaltschrankmodul ausgelegt ist, verfügt über ein Bedienelement, eine Adressierbuchse sowie vier steckbare PNP-Eingangsklemmanschlüsse und einen Ausgangsklemmanschluss. Es dient dem Empfang, der Konvertierung und Sendung von Signalen zwischen Sensoren und übergeordneten Steuerungen in Feldbus-Systemen.
Das ASi-Sensor-/Aktuatormodul (Art.-Nr. XX-3) verfügt über eine Adressierbuchse sowie vier PNP-Eingänge und zwei Elektronikausgänge. Es dient dem Empfang, der Konvertierung und Sendung von Signalen zwischen Sensoren, Aktuatoren und übergeordneten Steuerungen in Feldbus-Systemen.

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Die drei ASi-Module wurden mit vZTAen vom 28. Dezember 2010 (YY-a, YY-b, YY-c) jeweils als "Apparat für die Kommunikation in einem drahtgebundene Netzwerk, keine Basisstation, Gerät zum Empfangen, Konvertieren und Senden von Tönen, Bildern oder anderen Daten" in die Unterposition 8517 6200 99 eingereiht.

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Nachdem diese vZTAe aufgrund einer Änderung des TARIC unwirksam geworden waren, reihte der Beklagte auf Antrag der Klägerin mit vZTAen vom 23. Oktober 2014 die drei ASi-Module jeweils als "erkennbares Teil ausschließlich oder hauptsächlich für Steuerungen der Position 8537 bestimmt, anderes als in den Unterpositionen (KN) 8538 1000 bis 8538 9099 95 genannt" in die Unterposition 8538 9099 99 ein (Sensor- und Anschaltmodul (Schaltschrankmodul) (Art.-Nr. XX-2): vZTA YY-d; Sensor-/Anschaltmodul (Art.-Nr. XX-3): vZTA YY-e; Sicherheitsmodul: vZTA YY-f).

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Mit E-Mail vom 29. Oktober 2014 legte die Klägerin Einsprüche gegen die drei vZTAe ein. Die neue Einreihung widerspreche der früheren Einreihung, obwohl sich der Zolltarif nur in der vorletzten Stelle geändert habe.

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Mit Gutachten vom 21. April 2015 nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) ... Stellung: Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1247/2011 sei ein analoges Eingabemodul als Teil einer SPS in die Position 8538 KN eingereiht worden. Dieses Eingabemodul werde als unverzichtbarer Teil einer SPS angesehen. Nach der Einreihungsverordnung seien daher Eingabemodule von SPS nicht als eigenständige Geräte einzureihen, sondern immer als Teile eines Gesamtsystems, nämlich der SPS. Daher könne an der bisherigen Einreihung der Waren als eigenständige Geräte im Sinne der Position 8517 KN nicht mehr festgehalten werden. Die ASi-Module seien im Wesentlichen vergleichbar mit dem Eingabemodul der Einreihungsverordnung. Die Einreihung von Teilen einer SPS müsse nach Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI KN erfolgen. Nach der Anmerkung 2 a) seien Teile, die sich als Waren einer Position des Kapitels 84 oder 85 KN darstellten, dieser Position zuzuweisen. Die Verarbeitung, Konvertierung und Weiterleitung von Sensorsignalen werde nicht von einer solchen Position erfasst. Insbesondere sei es keine Funktion der Position 8517 KN. Dies ergebe sich aus der genannten Einreihungsverordnung. Danach sei die Verarbeitung, Konvertierung und Weiterleitung von Sensorsignalen keine Kommunikation in einem drahtgebundenen Netzwerk im Sinne der Position 8517 KN. Da die Eingabemodule erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich innerhalb einer SPS verwendet würden, seien sie erkennbare Teile einer SPS.

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Zu dieser Argumentation nahm die Klägerin mit Schreiben vom 7. August 2015 Stellung: Anders als bei Eingabeeinheiten einer SPS führten die Module keine Umwandlung von analogen in digitale Signale durch. Als Master eines ASi-Systems kämen eine SPS oder ein PC in Betracht. In den meisten ASi-Anwendungen würden jedoch Gateways, die Signale auf ein anderes Bus-System umsetzten, als Master verwendet. Ein ASi-Modul sei auch nicht für den Betrieb eines SPS erforderlich. Viele SPS würden ohne ASi-Module betrieben. Die Module seien keine Teile im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. Danach sei eine Ware nur dann ein Teil, wenn es ein Ganzes gebe, für dessen Funktion dieses Teil unabdingbar sei. Dies wäre nur der Fall, wenn der Master ohne die Module nicht in Betrieb genommen werden könnte. Hierbei reiche es noch nicht einmal aus, dass der Master nicht bestimmungsgemäß verwendet werden könne, sondern das elektrische Funktionieren müsse von dem Modul abhängen. Dies sei nicht der Fall. Die Module würden eingesetzt, um die Anzahl der angeschlossenen externen Geräte zu erhöhen. Wenn es sich bei dem Master um einen PC oder eine SPS handele, benötigten diese weder für ihre elektrische Funktion noch für ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch eines der Module. Die Module seien lediglich vorteilhaft, um die Anzahl der externen Geräte pro Kabeleingang zu erhöhen. Wenn als Master ein Gateway eingesetzt werde, seien die Module erforderlich, da nur über die Module Signale gesendet werden könnten und nur dann eine Verarbeitung der Signale durch das Gateway erfolgen könne. Nach der EuGH-Rechtsprechung reiche dies jedoch ebenfalls nicht aus, um die Module als Teile zu qualifizieren. Teile wären es nur, wenn das Gateway ohne die Module elektrisch nicht funktionieren würde, was hier nicht der Fall sei. Es sei vergleichbar mit einem Drucker, der auch ohne Tinte drucken könne, auch wenn das Resultat nicht verwertbar sei.

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Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1247/2011 sei nicht auf die ASi-Module anwendbar. Die dortigen Module seien nämlich für die Funktion einer SPS zwingend erforderlich. Die Verordnung habe nicht zur Folge, dass die Verarbeitung, Konvertierung und Weiterleitung von Sensorsignalen an sich keine Funktion im Sinne der Position 8517 KN mehr sei. Sie besage vielmehr, dass diese Funktion bei unverzichtbaren Teilen einer Maschine nur einen Zwischenprozess darstelle. Die ASi-Module seien Geräte mit eigener Funktion, die im Senden, Empfangen und Verarbeiten in einem Netzwerk bestehe. Außerdem kommunizierten die Module mit dem Master in einer Weise, dass der Master den Modulen mitteile, wann sie welche Daten erhalten sollten. Selbst wenn man annähme, dass die Module Teile einer Hauptware wären, wären sie nach der Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI KN ebenfalls der Position 8517 KN zuzuweisen.

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Nach der Stellungnahme des BWZ vom 4. Dezember 2015 stellten die ASi-Module die Schnittstelle zwischen den Feldgeräten und einer Steuerung der Position 8537 KN dar. Damit seien sie Teile einer Steuerung. Die Einreihungsverordnung sei "ein Anhaltspunkt" für die Einreihung der ASi-Module, weil die darin eingereihten Module ebenfalls eine Schnittstelle zwischen einer Steuerung und externen Geräten darstellten. Ein Unterschied bestehe darin, dass die ASi-Module nur digitale Signale empfingen, sodass keine Umwandlung von analogen in digitale Signale stattfinde. Es finde jedoch eine Konvertierung der Signale statt, die auch in der Durchführungsverordnung beschrieben werde. Wie die Waren der Durchführungsverordnung dienten die ASi-Module dazu, die von externen Geräten empfangenen Signale zu verarbeiten, zu konvertieren und an die Steuerung zu senden. Die Konvertierung und Übertragung von Sensorsignalen über einen Gateway an eine Steuerung sei keine Funktion der Position 8517 KN. Das Ein- und Ausschalten von externen Geräten bzw. das Übertragen von Schaltimpulsen von mechanischen Schaltern, wie sie die strittigen Module durchführten, sei keine Tätigkeit im Sinne der Position 8517 KN. Die Klägerin verkenne, dass die Position 8537 KN nicht nur SPS erfasse, sondern auch andere Steuerungen (z.B. Türsteuerungen). Die Module seien erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine Steuerung der Position 8537 KN bestimmt. Daher seien sie nach der Anmerkung 2 b) zu Abschnitt XVI KN der Position 8538 KN zuzuweisen.

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Die von der Klägerin benannte vZTA YY-g betreffe ein ASi-Gateway, das eine reine Kommunikationsfunktion ausübe und als Übergang zwischen zwei Feldbus-Systemen genutzt werde. Daher gehöre es in die Position 8517 KN.

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Hierzu nahm die Klägerin mit Schreiben vom 25. Februar 2016 Stellung: Anders als der Beklagte meine, seien die ASi-Module keine Schnittstellen zwischen den Feldgeräten und der Steuerung, sondern zwischen den Feldgeräten und dem ASi-System. Die Schnittstelle zwischen dem ASi-System und einer Steuerung sei der Master. Da die Module keine Schnittstellen der Steuerung seien, könnten sie auch keine Teile einer solchen Steuerung (i.S.d. Position 8537 KN) sein. Bei den Waren der Einreihungsverordnung sei ein direkter Anschluss der Feldgeräte an die Steuerung nicht möglich, da die jeweilige Steuerung nur digitale Daten verarbeiten könne. Dies sei bei den hier in Rede stehenden Modulen anders. Die von den Sensoren erhaltenen Daten würden zwar konvertiert, jedoch nicht zu dem Zweck, dass die Steuerung sie verarbeiten könne, sondern damit die Daten durch das ASi-System fließen könnten. Für die Zwecke der Kommunikationen des Sensors mit der Steuerung sei diese Konvertierung sogar schädlich, da die Steuerung die von den Modulen konvertierten Daten erst nach Rückkonvertierung, die im Master erfolge, verarbeiten könne. Die hier in Rede stehenden Module wären damit für eine Steuerung nicht nur nicht unverzichtbar, sie würden auch dafür sorgen, dass eine Steuerung die Daten des Feldgeräts ohne eine weitere ASi-Systemschnittstelle nicht verwerten könnte.

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Die Klägerin verstehe nicht, warum die Konvertierung und Übertragung von Sensorsignalen über ein Gateway an eine Steuerung keine Funktion im Sinne der Position 8517 KN sein solle, obwohl der Beklagte einen ASi-Master in die Position 8517 KN eingereiht habe. Sowohl das Gateway als auch die Module seien Schnittstellen, die die empfangenen Daten konvertierten. Die Module konvertierten die Daten auf "ASi-Basis", die Gateways konvertierten ASi-Daten, so dass sie von einem anderen Feldbus-System gelesen werden könnten. Außerdem habe der Beklagte mit der vZTA YY-h (...) einen Slave eines Profibus-Systems in die Position 8517 KN eingereiht.

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Mit Schreiben vom 9. Mai 2016 führte das BWZ ergänzend aus: Die Module seien an eine SPS über einen Master angebunden. Sie lieferten einen "Funktionsbeitrag in der Gesamtheit des Steuerungssystems". Insofern stellten sie eine unabdingbare Komponente des ASi-Systems dar und hätten somit Teilecharakter. Dementsprechend seien sie Teile einer Steuerung. Die Funktionen des Übertragens von Schaltimpulsen von und zu den Feldgeräten sowie die Datenbündelung für die angeschlossene SPS zeigten, dass die Module unverzichtbare Bestandteile der SPS seien. Ein Unterschied zwischen analogen und digitalen Modulen sei nicht erkennbar. Die vZTA YY-h, die die Klägerin genannt habe, stehe der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen, weil das darin beschriebene Modul nicht unmittelbar an Feldgeräte angeschlossen werde.

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Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 erwiderte die Klägerin, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die Ware der vZTA YY-h anders funktionieren solle als die ASi-Module. Die Beschreibung des Moduls als Profibus-Slave und Interface-Modul lasse annehmen, dass dieses Produkt von seiner Funktionsweise mit den ASi-Modulen übereinstimme. Bei einem Interface-Modul werde auf der einen Seite ein Feldbus-System angeschlossen und auf der anderen Seite ein Feldgerät. Ansonsten würde das Gerät keinen Sinn ergeben. Ob der Slave an ein Profibus- oder ein ASi-System angeschlossen werde, sei unerheblich, da beides Feldbus-Systeme seien.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 13. September 2016, zugestellt am 16. September 2016, wies der Beklagte die Einsprüche unter Bezugnahme auf die Ausführungen des BWZ als unbegründet zurück.

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Mit der am 17. Oktober 2016 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beruft sich auf ihren bisherigen Vortrag und führt zusammenfassend insbesondere aus: Die Module seien keine Teile von Steuerschränken, Schalttafeln oder SPS im Sinne der Position 8537 KN. Nach der Definition des EuGH wären die Module nur Teile, wenn das mechanische und elektrische Funktionieren eines Geräts der Position 8537 KN von den Modulen abhänge. Nicht ausreichend sei, dass das Gerät ohne die Module nicht bestimmungsgemäß gebraucht werden könne, sondern das Gerät dürfe überhaupt weder mechanisch noch elektronisch funktionieren. Steuerungsgeräte der Position 8537 KN hätten eine bestimmte Anzahl von Ein- und Ausgängen, über die sie mit externen Geräten verbunden werden könnten. Mit diesen Ein- und Ausgängen könne ein solches Gerät nicht nur mechanisch und elektronisch funktionieren, sondern auch bestimmungsgemäß verwendet werden. Durch ein ASi-System werde lediglich die Anzahl der anschließbaren Geräte erhöht. Es funktioniere ähnlich wie ein Mehrfachstecker, der es dem Benutzer ermögliche, an eine Stromversorgung mehrere Geräte anzuschließen. Die ASi-Module seien ein Bestandteil eines solchen ASi-Systems. Ohne die anderen Bestandteile des Systems könnten sie nicht an Geräte der Position 8537 KN angeschlossen werden. Selbst wenn dieser Anschluss mechanisch möglich wäre, bliebe er ohne Funktion. Eine Einreihung in die Position 8538 KN sei auch nicht über die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1247/2011 möglich. Die Ware der Verordnung werde direkt (und wohl ausschließlich) an eine SPS angeschlossen und empfange analoge, d. h. von der SPS nicht lesbare Signale von externen Geräten, konvertiere sie in digitale Signale und leite sie an die SPS weiter. Die ASi-Module dagegen ermöglichten es einer SPS nicht, mit einem externen Gerät zu kommunizieren. Sie seien insoweit keine Schnittstellen zwischen einem externen Gerät und einer SPS. Die Signale der ASi-Module seien für eine SPS nicht lesbar. Eine Schnittstellenfunktion erfüllten die Module lediglich zwischen den externen Geräten und der ASi-"Datenautobahn". Damit die von den ASi-Modulen konvertierten Signale für eine SPS lesbar seien, müssten sie von einem Master erneut konvertiert werden.

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Die ASi-Module seien als Waren mit eigener Funktion in die Position 8517 KN einzureihen. Sie empfingen Daten in Form von Signalen, konvertierten diese und leiteten sie durch das ASi-System an einen Master. Dabei bündelten die Module die Daten mehrerer Sender, um die Anzahl der externen Geräte pro Kabeleingang zu erhöhen. Außerdem kommunizierten die Module mit dem Master in der Weise, dass der Master den Modulen mitteile, wann er welche Daten erhalten möchte.

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Die Einreihung in die Position 8517 KN sei weder durch die Anmerkung 1 zu Abschnitt XVI KN noch durch die Anmerkung 1 zu Kapitel 85 KN ausgeschlossen. Eine Ausweisung aus der Position 8517 KN erfolge auch nicht über die Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI KN, da die Module - wie dargelegt - gerade keine Teile von Waren anderer Position seien. Selbst wenn man annähme, dass die Module Teile eines Masters wären, wären sie ebenfalls in die Unterposition 8517 6200 90 einzureihen. Nach der Anmerkung 2 a) zu Abschnitt XVI KN sei ein Teil, das selbst eine Ware einer Position der Kapitel 84 oder 85 KN darstelle, dieser Position zuzuweisen. Da die Module - wie dargelegt - für sich betrachtet der Position 8517 KN zuzuweisen seien, würden sie nach der Anmerkung 2 a) zu Abschnitt XVI KN in dieser Position verbleiben. Zum selben Ergebnis käme man nach der Anmerkung 2 b) zu Abschnitt XVI KN, weil auch ein Master der Position 8517 KN zuzuweisen sei.

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Der Beklagte behaupte in der Klagerwiderung, dass die Waren der Verordnung über ein Feldbus-System an die SPS angeschlossen seien. Davon sei in der Einreihungsverordnung jedoch überhaupt nicht die Rede. Es scheine, als solle zwanghaft eine Vergleichbarkeit der Waren der Verordnung mit den ASi-Modulen hergestellt werden. Da dem Beklagten klar geworden sei, dass ein ASi-Modul weder mechanisch noch elektrisch erforderlich sei, um eine SPS zu betreiben, kreiere er willkürlich eine individuell konfigurierte SPS in Verbindung mit einem ASi-System. Dies bedeute, dass jede im Einzelfall vorgenommene technische Konfiguration in ihrer Gesamtheit eine Hauptware nach der Teiledefinition des EuGH wäre. Dies sei vergleichbar mit der Behauptung, dass ein PC, der mit einem Drucker verbunden sei, eine einzige Hauptware ergebe, wobei der Drucker ein unverzichtbares Teil für die Funktion des PC wäre. Bei einem Heimkino wären alle frei zusammengestellten Komponenten zusammen eine Hauptware, für deren Funktion jede Komponente ein unverzichtbarer Teil wäre. Die Auswahl des Beklagten (SPS einerseits und ASi-System anderseits) sei willkürlich. Es handele sich hierbei offensichtlich um zwei verschiedene Systeme. Auch nach der Systematik der KN müsse jede Ware eigenständig tarifiert werden; dies gebiete der Grundsatz der primären Zweckbestimmung. Es sei völlig unverständlich, dass der Beklagte für die Zwecke seiner Argumente willkürlich eine SPS mit einem ASi-System koppele, obwohl ein ASi-System auch mit einem zweiten ASi-System oder einem anderen Feldbus-System oder anderen Komponenten betrieben werden könne.

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Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der vZTAe YY-d bis YY-f vom 23. Oktober 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2016 (xxx-1, xxx-2, xxx-3) zu verpflichten, ihr drei neue vZTAe zu erteilen, mit der das ASi-Sicherheitsmodul (Art.-Nr. XX-1), das ASi-Sensor- und Anschaltmodul (Schaltschrankmodul) (Art.-Nr. XX-2 und das Sensor- und Anschaltmodul (Art.-Nr. XX-3) in die Unterposition 8517 6200 KN eingereiht werden.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

25

Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus:
Anders als die Klägerin meine, seien die ASi-Module Teile einer Steuerung der Position 8537 KN. Man verwende sie, wenn mehrere Feldgeräte an eine Steuerung angeschlossen werden sollten. Ein Steuerungssystem der Position 8537 KN umfasse auch bei Verwendung eines ASi-Systems alle Komponenten, die zur Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe von Steuerungssignalen erforderlich seien. Nach dieser Definition einer Steuerung sei die Hauptware demnach nicht in der Lage, mechanisch und elektrisch zu funktionieren bzw. bestimmungsgemäß verwendet zu werden, wenn die strittigen Module nicht vorhanden seien. Eine Steuerung, die ein ASi-System verwende, sei zwingend auf Nutzung entsprechender Ein- und Ausgabemodule angewiesen und somit auch auf einen Master für dieses System.

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Bei der Entscheidung haben die Sachakten des Beklagten (...) vorgelegen, auf die - neben dem Protokoll des Erörterungstermins vom 5. Juni 2019 - ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

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I. Im Einverständnis der Beteiligten (...) ergeht die Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 90 Abs. 2 FGO) und durch den Berichterstatter anstelle des Senats (§ 79a Abs. 3, 4 FGO).

II.

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Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

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1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere wurde die einmonatige Klagefrist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 FGO, die mit Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beginnt, eingehalten. Die Klagefrist für die am 16. September 2016 zugestellte Einspruchsentscheidung lief erst mit Ende des 17. Oktobers 2016 - den Tag der Klageerhebung - ab, weil der 16. Oktober 2016 ein Sonntag war.

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2. Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung der drei vZTAe mit dem begehrten Inhalt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO), weil sie einen Anspruch auf die Erteilung von drei vZTAen hat, mit der die drei ASi-Module jeweils in die Unterposition 8517 6200 von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif vom 23. Juli 1987 (ABl. L 256, 1; Kombinierte Nomenklatur - KN) in der bei Erlass der vZTAe gültigen Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 (ABl. L 290, 1), die bis heute unverändert geblieben ist (siehe Durchführungsverordnung (EU) 2018/1602, ABl. L 273, 1), eingereiht werden.

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Dabei kann dahinstehen, ob sich die Erteilung der vZTAe noch nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG L 302, 1; Zollkodex - ZK) richtet oder Art. 33 Abs. 1 der am 1. Mai 2016 vollständig in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269, 1, berichtigt durch ABl. 2016 L 267, 2; Unionszollkodex - UZK) anzuwenden ist. Bei den Vorschriften ist gemein, dass die Zollbehörden auf Antrag vZTAe erteilen.

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Vorliegend hätte der Beklagte drei vZTAe erteilen müssen, mit denen die ASi-Module jeweils in die Unterposition 8517 6200 KN eingereiht werden. Die ASi-Module sind nicht im Wege der - vorrangig zu prüfenden - entsprechenden Anwendung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1247/2011 vom 29. November 2011 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 319, 34) in die Unterposition 8538 9099 KN einzureihen (dazu a). Losgelöst von dieser Verordnung ergibt die Anwendung der KN, dass die ASi-Module in die Unterposition 8517 6200 KN einzureihen sind (dazu b).

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a) Der Einreihung der ASi-Module in die Position 8517 KN steht nicht die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1247/2011 im Wege, mit der zwei Module mit Digital-Analog-Wandler zum Anschluss an eine SPS (im Folgenden: Waren der Verordnung) als Teile einer Steuerung in die Unterposition 8538 9099 KN eingereiht worden sind.

34

Zwar gilt die Einreihungsverordnung aus dem Jahr 2011 zeitlich für die streitgegenständlichen vZTAe aus dem Jahr 2014. Sachlich ist die Verordnung auf die ASi-Module jedoch nicht entsprechend anwendbar. Dies ergibt sich aus Folgendem: Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des EuGH, dass angesichts des Normcharakters von Tarifierungsverordnungen diese nicht nur auf identische, sondern auch auf solche Produkte anzuwenden sind, die denjenigen entsprechen, die von der Tarifierungsverordnung erfasst werden (EuGH, Urteil vom 2. Mai 2019, C-268/18, Onlineshop, Rn. 40; Urteil vom 22. März 2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, Rn. 37; Urteil vom 22. September 2016, Kawasaki Motors Europe, C-91/15, Rn. 39; Urteil vom 13. Juli 20[0]6, Anagram International, C-14/05, Rn. 32; Urteil vom 4. März 20[0]4, Krings, C-130/02, Rn. 35). Die Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung einer Einreihungsverordnung ist, dass sich die einzureihende und die in der Einreihungsverordnung bezeichnete Ware einander hinreichend ähnlich sind (EuGH, Urteil vom 2. Mai 2019, C-268/18, Onlineshop, Rn. 42; Urteil vom 22. März 2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, Rn. 38; Urteil vom 19. Februar 2009, Kamino International Logistics, C-376/07, Rn. 67). Insoweit ist auch die Begründung der Verordnung zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 2. Mai 2019, C-268/18, Onlineshop, Rn. 42; Urteil vom 22. März 2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, Rn. 38; Urteil vom 13. Juli 2006, Anagram International, C-14/05, Rn. 34; Urteil vom 4. März 2015, Oliver Medical, C-547/13, Rn. 58).

35

Bei Anwendung dieser Grundsätze sind sich die ASi-Module und die Waren der Verordnung in einreihungsrelevanter Hinsicht nicht hinreichend ähnlich. Es bestehen vielmehr gravierende Unterschiede. Die ASi-Module sind keine Schnittstellen zu einer SPS (dazu aa) und auch nicht unverzichtbar für den Betrieb einer solchen Steuerung (dazu bb). Im Übrigen verstößt die vom Beklagten vorgenommene Gesamtschau von ASi-System und Steuerung gegen das Prinzip der primären Zweckbestimmung (dazu cc). Im Einzelnen:

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aa) Die Waren der Verordnung werden als "Schnittstelle[n] zwischen externen Geräten und einer numerischen Steuerung der Position 8537" beschrieben (Begründung, jeweils 2. und 4. Absatz). Diese Beschreibung trifft auf die ASi-Module in zweifacher Hinsicht nicht zu: Wie die Klägerin zuletzt im Erörterungstermin dargelegt hat, werden die ASi-Module immer zusammen mit einem ASi-Gateway verwendet, das als Master in einem Master-Slave-System fungiert, bei der die ASi-Module die Funktion der Slaves haben. Erst über ein solches ASi-Gateway könnte ein ASi-Modul an (irgend)ein Automatisierungsgerät (nicht zwingend eine numerische Steuerung) angeschlossen werden. Doch auch dies geschieht nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin nicht. Da die gängigen Automatisierungsgeräte nicht über eine ASi-Schnittstelle verfügen, wird zwischen das ASi-System und das Automatisierungsgerät regelmäßig ein anderes gängiges Feldbus-System geschaltet, für das die gängigen Automatisierungsgeräte Schnittstellen haben. Tatsächlich werden die ASi-Module also nicht direkt an eine SPS angeschlossen. Täte man dies, wären die beiden Geräte nicht in der Lage, Daten auszutauschen, da die ASi-Module Daten nur im ASi-Standard vom ASi-Master empfangen und an diesen senden können. Erst der ASi-Master konvertiert die Daten, die das ASi-Modul von einem Feldgerät empfangen hat, um sie für externe Geräte (Automatisierungsgerät oder anderes Bus-System) lesbar zu machen. Da eine SPS und ein ASi-Modul Daten nie direkt austauschen könnten, kann das ASi-Modul keine Schnittstelle zu einer SPS sein.

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Dies ist auch ein tarifierungsrechtlich relevanter Unterschied, weil aus der Schnittstelleneigenschaft gefolgert wird, dass die Waren der Verordnung tarifrechtlich das Schicksal der Ware teilen, für das sie Schnittstelle sind. Weil die Waren der Verordnung Schnittstellen zu einer numerischen Steuerung (SPS) sind - und nicht etwa Schnittstellen zu einem Industrie-PC -, sei die Einreihung in die Position 8471 ausgeschlossen.

38

bb) Auf dieser Charakterisierung der Waren der Verordnung als Schnittstellen zu eine SPS aufbauend, beschreibt die Verordnung als entscheidenden Punkt für die Einreihung dieser Waren als Teile einer Steuerung der Position 8537 KN, dass sie unverzichtbar für den Betrieb einer SPS seien (siehe jeweils den 6. Absatz der Begründung), wobei vorausgesetzt wird, dass sie dazu bestimmt seien, an eine SPS angeschlossen zu werden. Auch im Hinblick auf diese Eigenschaften besteht keine hinreichende Ähnlichkeit zwischen den Waren der Verordnung und den ASi-Modulen. Die ASi-Module sind nicht dazu bestimmt, an eine SPS angeschlossen zu werden (dazu (1)). Selbst wenn sie es wären, wären sie nicht "unverzichtbar" für den Betrieb einer solchen SPS (dazu (2)).

39

(1) Wie dargelegt, sind die ASi-Module weder direkt noch indirekt dazu bestimmt, an eine SPS angeschlossen zu werden. Der direkte Anschluss ist - wie dargelegt - mangels Kommunikationsfähigkeit der beiden Komponenten technisch unmöglich. Der indirekte Anschluss der ASi-Module an eine SPS (vermittelt über einen ASi-Master und ein weiteres Feldbus-System) ist nur eine von verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der ASi-Module. Sie könnten ebenso indirekt an einen Industrie-PC angeschlossen werden. Dies stellt einen bedeutenden tarifierungsrechtlich relevanten Unterschied dar, weil die Einreihungsverordnung gerade auf die enge Beziehung der Waren der Verordnung zu einer SPS abstellt (negativ durch Abgrenzung zur Position 8471 KN und positiv durch Einreihung als Teil einer Steuerung der Position 8537 KN).

40

(2) Die ASi-Module sind auch nicht "unverzichtbar für den Betrieb der SPS der Position 8537" (Begründung, jeweils 6. Absatz). Diese Unverzichtbarkeit ist nach der Verordnung entscheidend für die Einreihung als für Geräte der Position 8537 bestimmtes Teil. Da die Einreihungsverordnung ihrerseits mit dem Sekundärrecht im Einklang stehen muss, muss der Begriff der Unverzichtbarkeit in der Verordnung so interpretiert werden, wie er auch in der KN begriffen wird. Da in der Einreihungsverordnung die Unverzichtbarkeit der dort behandelten Module die Eigenschaft als Teil einer Steuerung begründet, muss "unverzichtbar" als "unabdingbar" im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zum Teilebegriff verstanden werden. Denn nur wenn die Einreihungsverordnung den Teilebegriff des EuGH verwendet, stünde sie im Einklang mit der KN.

41

Nach der Rechtsprechung des EuGH zu den Kapiteln 84 und 85 des Abschnitts XVI und zu Kapitel 90 des Abschnitts XVIII der KN setzt der Teilebegriff voraus, dass es ein Ganzes gibt, für dessen Funktionieren diese Teile unabdingbar sind. Für die Einstufung einer Ware als "Teil" im Sinne der genannten Kapitel reicht es nicht aus nachzuweisen, dass die Maschine oder das Gerät ohne diese Ware nicht ihrer Bestimmung gemäß verwendet werden kann. Zudem muss festgestellt werden, dass das mechanische oder elektrische Funktionieren der Maschine, des Apparats oder des Geräts von dieser Ware abhängt (zuletzt EuGH, Urteil vom 15. Mai 2019, KORADO, C-306/18, Rn. 43; Urteil vom 8. Dezember 2016, Lemnis Lighting BV, C-600/15, Rn. 48; Urteil vom 12. Dezember 2013, HARK, C-450/12, Rn. 36; BFH, Urteil vom 23. Oktober 2018, VII R 19/17, ZfZ 2019, 86, Rn. 13). Der Beklagte geht damit ersichtlich von einer falschen rechtlichen Prämisse aus, wenn er es für die Teileeigenschaft der ASi-Module ausreichen lässt, dass sie einen "Funktionsbeitrag in der Gesamtheit des Steuerungssystems" (...) liefern.

42

Im Sinne dieser Rechtsprechung sind die ASi-Module nicht unverzichtbar bzw. unabdingbar für den Betrieb einer SPS. Eine SPS ist ein Gerät, das zur Steuerung oder Regelung einer Maschine oder Anlage eingesetzt und auf digitaler Basis programmiert wird (https://de.wikipedia.org/wiki/Speicherprogrammierbare_Steuerung). Da keines der ASi-Module direkt an eine SPS angeschlossen werden kann (siehe oben), sind sie für das elektrische Funktionieren einer SPS irrelevant. Die ASi-Module erfüllen auch keine Funktion bei der Erzeugung von Steuer- oder Regelungsbefehlen durch eine SPS. Es wäre technisch möglich, digitale Feldgeräte - nur sie können an die ASi-Module angeschlossen werden - direkt an eine SPS anzuschließen. ASi-Module werden nur deshalb verwendet, um möglichst effizient eine Vielzahl von Feldgeräten an ein Automatisierungsgerät anzubinden. Wie oben dargelegt, können die ASi-Module allein nicht mit dem Automatisierungsgerät kommunizieren. Sie konvertieren nämlich die vom Feldgerät empfangenen Daten in den ASi-Standard, der von einem Automatisierungsgerät nicht lesbar ist. Diese Daten müssen vor der Übertragung an das Automatisierungsgerät zunächst von einem Master in eine für dieses lesbare Form gebracht werden. Während also eine SPS Steuerbefehle generiert, dient ein ASi-Modul der Konvertierung und Weiterleitung von (anderweitig generierten) Daten.

43

Dass dies auch tarifrechtlich unterschiedliche Funktionen sind, hat der Beklagte, bevor er durch ein aus Sicht des Berichterstatters rechtsfehlerhaftes Verständnis der Einreihungsverordnung bei der Anwendung der Position 8517 KN beeinflusst wurde, bereits anerkannt. Mit der vZTA YY-h vom 17. Juli 2014 hat er einen Profibus-Slave - also ein Empfangs- oder Sendemodul eines anderen Feldbus-Systems - als Gerät zum Empfangen, Konvertieren und Senden von Tönen, Bildern oder anderen Daten in die von der Klägerin begehrte Unterposition 8517 6200 KN eingereiht. Dieses Gerät ist von seiner Funktion mit den ASi-Modulen vergleichbar. Die Behauptung des Beklagten, dass das in der vZTA beschriebene Modul nicht unmittelbar an Feldgeräte angeschlossen werden könne, wird nicht begründet und ist nach der Warenbeschreibung für den Berichterstatter auch nicht schlüssig. Dort steht nämlich ausdrücklich, dass es "... zur Spannungsversorgung der angeschlossenen Komponenten" eingesetzt wird.

44

Mit der vZTA YY-g vom 24. April 2014 hat er einem Gateway eines ASi-Systems der Klägerin dieselbe Unterposition zugewiesen.

45

Anders als bei den Waren der Verordnung, kann man die Unverzichtbarkeit der ASi-Module für eine SPS (oder einen Industrie-PC) auch nicht damit begründen, dass sie Schnittstellen zwischen analogen Feldgeräten und einer numerischen Steuerung der Position 8537 KN seien. Die Feldgeräte, die an die ASi-Module angeschlossen werden, könnten auch direkt an eine SPS angeschlossen werden. Eine Analog-Digital-Umwandlung ist nicht erforderlich. Die Zwischenschaltung eines ASi-Moduls ist sogar hinderlich für die Fähigkeit einer SPS, die Daten eines Feldgeräts zu lesen. Da - wie bereits oben dargelegt - ein ASi-System einen eigenen Übertragungsstandard verwendet, müssen die vom ASi-Modul empfangenen Daten zunächst von einem Master in einer Weise konvertiert werden, dass eine SPS sie lesen könnte. Die anderslautenden Ausführungen des Beklagten überzeugen nicht. Er hat sich nämlich darauf beschränkt zu behaupten, dass die ASi-Module Schnittstellen zwischen einer SPS und einem Feldgerät seien, ohne sich mit den dargelegten Argumenten, die bereits die Klägerin schriftsätzlich vorgebracht hat, auseinanderzusetzen.

46

Letztlich ist es für den Berichterstatter nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte trotz der beschriebenen gravierenden Unterschiede zwischen den Waren der Verordnung und den ASi-Modulen die Einreihungsverordnung auf den vorliegenden Fall für entsprechend anwendbar hält. Insbesondere ist er trotz wiederholter Hinweise der Klägerin und auch des Berichterstatters nicht auf den Einwand eingegangen, dass man die ASi-Module - anders als die Waren der Verordnung und vermittelt über ein anderes Feldbus-System - auch an einen Industrie-PC anschließen kann und daher nach der Logik der Einreihungsverordnung eine Einreihung als Teil einer Ware der Position 8471 KN in Betracht zu ziehen wäre. Der Beklagte scheint der Änderungsverordnung den allgemeinen Tarifierungsgrundsatz zu entnehmen, dass Module eines Feldbus-Systems tarifrechtlich nicht dem Feldbus-System zuzuordnen seien, sondern zu einer Steuerung gehörten, an die sie angeschlossen werden könnten. Diese Position überzeugt jedoch nicht. Denn wie wiederholt dargelegt, können die ASi-Module - anders als die Waren der Verordnung - vermittelt über ein anderes Feldbus-System auch an einen Industrie-PC angeschlossen werden, der tarifrechtlich keine Steuerung im Sinne der Position 8537 KN ist. Die entsprechende Anwendung der Änderungsverordnung würde dazu führen, dass eine Ware nach einer von zahlreichen möglichen Verwendungen eingereiht werden würde, ohne dass die Wareneigenschaften auch nur einen Hinweis auf die tarifrechtliche Relevanz genau dieser Verwendungsmöglichkeit böten. Dies ist tarifrechtlich nicht zulässig. Der Verwendungszweck einer Ware kann nämlich nur dann ein objektives Tarifierungskriterium sein, wenn er der Ware innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilt. Als insoweit relevante Aspekte sind sowohl die Verwendung, die der Hersteller für die Ware vorgesehen hat, als auch die Art und Weise und der Ort der Verwendung dieser Ware zu prüfen (siehe zuletzt EuGH, Urteil vom 2. Mai 2019, Onlineshop, C-268/18, Rn. 29 m.w.N.). Die ASi-Module sind dazu bestimmt, an einen ASi-Master angeschlossen zu werden, um ein ASi-System zu bilden. Dieses ASi-System kann - wie dargelegt - universell verwendet werden. Für eine Verwendung nur im Zusammenhang mit einer SPS sprechen weder die objektiven Wareneigenschaften noch sieht der Hersteller diese vor. Der Ansicht des Beklagten, dass die ASi-Module "erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine Steuerung der Position 8537 bestimmt" seien (...), fehlt daher die tatsächliche Grundlage.

47

cc) Im Übrigen verstößt die Gesamtschau von ASi-System und Steuerung gegen das Prinzip der primären Zweckbestimmung. Dieser Grundsatz besagt, dass es für die Einreihung von Teilen allgemein darauf ankommt, für welche Maschine oder für welches Gerät das zu tarifierende Teil unmittelbar bestimmt ist und Verwendung findet. Es spielt für die Einreihung in den Zolltarif keine Rolle, in welche größere Einheit eine solche Maschine oder ein solches Gerät (wiederum) eingebaut oder mit welcher größeren Einheit es verbunden wird. Hauptware eines Teils ist grundsätzlich immer die tariflich nächsthöhere Ware (BFH, Urteil vom 3. Dezember 1985, VII R 14/81, juris, Rn. 13; FG München, Urteil vom 8. Dezember 2005, 14 K 1649/05, juris, Rn. 28; FG Hamburg, Beschluss vom 30. Oktober 2018, 4 V 27/18, juris, Rn. 23).

48

Sofern es sich bei den ASi-Modulen nicht um Waren mit eigener Funktion handelt (siehe unten), wäre die "nächsthöhere" Ware der ASi-Master, mit dem zusammen sie ein ASi-System bilden. Diese zwei Hauptkomponenten eines ASi-Systems wurden vom Beklagten in die Position 8517 KN eingereiht (siehe oben), während eine Steuerung oder ein Industrie-PC, an die ein ASi-System angeschlossen werden kann, der Positionen 8537 bzw. 8471 KN zuzuordnen wären. Auch diesen gedanklichen Bruch in seiner Argumentation hat der Beklagte nicht aufgelöst.

49

b) Ist nach alledem die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1247/2011 unberücksichtigt zu lassen, sind die drei ASi-Module in die Unterposition 8517 6200 KN einzureihen.

50

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der KN festgelegt sind (EuGH, Urteil vom 20. November 2014, Rohm Semiconductor, C-666/13, Rn. 24; Urteil vom 17. Juli 2014, Sysmex, C-480/13, Rn. 29 m.w.N.; BFH, Beschluss vom 28. April 2014, VII R 48/13, juris, Rn. 29). Darüber hinaus sind insbesondere die Erläuterungen zur KN ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (EuGH, Urteil vom 9. Juni 2016, MIS, C-288/15, Rn. 23; Beschluss vom 19. Januar 2005, SmithKline Beecham, C-206/03, Rn. 26; Urteil vom 20. November 2014, Rohm Semiconductor, C-666/13, Rn. 25; Urteil vom 17. Juli 2014, Sysmex, C-480/13, Rn. 30 m.w.N.; BFH, Urteil vom 4. November 2003, VII R 58/02, juris, Rn. 9; Urteil vom 30. Juli 2003, VII R 40/01, juris, Rn. 12). Auch der Verwendungszweck der Ware kann unter bestimmten Voraussetzungen für die Tarifierung relevant sein (siehe oben).

51

Bei Anwendung dieser Grundsätze erfüllen die drei ASi-Module die Voraussetzungen der Unterposition 8517 6200 KN als "Geräte zum Empfangen, Konvertieren und Senden oder Regenerieren von Tönen, Bildern oder anderen Daten, einschließlich Geräte für die Vermittlung (switching) und Wegewahl (routing)". Die Module empfangen, konvertieren und senden Daten von einem Feldgerät bzw. einem ASi-Master. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den ASi-Modulen um Geräte mit eigener Funktion im Sinne der Position 8517 KN handelt oder ob sie - da die Anmerkung 2 a) zur Abschnitt XVI KN nicht anwendbar ist - nach der Anmerkung 2 b) zu Abschnitt XVI KN als Teil, das erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschine bestimmt ist, nämlich als Teil eines ASi-Masters der Unterposition 8517 6200 KN, dieser Unterposition zuzuweisen ist.

52

c) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der drei vZTAe mit einer Einreihung der ASi-Module in die Unterposition 8517 6200 KN ab dem 23. Oktober 2014. Die Verpflichtung zum Erlass einer neuen vZTA muss sich in zeitlicher Hinsicht auf den Tag der Erteilung der ursprünglichen vZTA beziehen. Anders kann kein effektiver Rechtsschutz gewährt werden. Die Zollbehörden könnten durch eine falsche Einreihungsentscheidung für die Dauer des Gerichtsverfahrens verhindern, dass sich der Wirtschaftsbeteiligte auf die richtige Zolltarifposition berufen kann. Die Klägerin ist daher so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn der Beklagte sich von Anfang an rechtmäßig verhalten hätte (so bereits FG Hamburg, Urteil vom 24. November 2017, 4 K 52/15, juris, Rn. 22).

53

Die Dauer der Gültigkeit richtet sich nach Art. 12 Abs. 4 S. 1 ZK (sechs Jahre ab Erteilung) und nicht nach Art. 33 Abs. 3 UZK (drei Jahre ab Wirksamkeit). Die zeitliche Bindungswirkung einer behördlichen Entscheidung ist ein materiell-rechtlicher Gesichtspunkt. Materiell-rechtliche Vorschriften werden im Allgemeinen so ausgelegt, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte nur gelten, wenn aus ihrem Wortlaut, ihrer Zielsetzung oder ihrem Aufbau eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist (EuGH, Urteil vom 12. November 1981, Salumi, verb. Rs. 212-217/80, Rn. 9 f.). Eine derartige Ausnahme ergibt sich aus dem UZK nicht (FG Hamburg, Urteil vom 24. November 2017, 4 K 52/15, juris, Rn. 23). Die streitgegenständlichen vZTAe wurden vor Inkrafttreten des UZK erteilt und waren - wenn auch mit anderem Inhalt - am 1. Mai 2016 bereits in Kraft. Eine solche "alte" vZTA bleibt - wie sich aus Art. 252 Satz 2 UZK-DelVO ergibt - für den in ihr genannten Zeitraum gültig, auch wenn das Gericht - wie hier - ihren Inhalt ändert. In Art. 252 Satz 2 UZK-DelVO ist (lediglich) angeordnet, dass bestehende vZTAe - anders als vorher - auch für die Inhaber verbindlich sind. Die abgeänderten vZTAe sind mithin vom 23. Oktober 2014 an für sechs Jahre gültig.

III.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 151 Abs. 3, 155 S. 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

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