Urteil vom Finanzgericht Köln - 15 K 2605/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist die ertrag- und umsatzsteuerliche Behandlung einer umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahme i.H.v. 527.800 € (455.000 € zzgl. 72.800 € Umsatzsteuer) streitig.
3Der Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt und erzielt daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
4In der Zeit von 2004-2006 vertrat der Kläger Frau A in einer Vaterschaftsangelegenheit. Zwischen dem Kläger und seiner Mandantin wurden sowohl am 06.09.2004 als auch am 07.11.2005 ein Mandatsübernahmevertrag geschlossen, worin ein Stundenlohn und ein Erfolgshonorar vereinbart wurde, sowie das Recht des Klägers, Geld aus dem Rechtsstreit für die Mandantin entgegenzunehmen, davon sein Honorar abzuziehen und unverzüglich an die Mandantin auszuzahlen. Im Vertrag aus 2004 wurde die Geltung französischen Rechts vereinbart (vgl. Protokoll zur öffentlichen Sitzung des Landgerichts B vom 05.11.2009 Az. 1 S. 3f.). Nach einem gerichtlichen Vergleich nahm der Kläger für seine Mandantin im Januar 2006 einen Geldbetrag i.H.v. 1.500.000 € entgegen. Das Geld ging am 13.01.2006 auf ein Geschäftskonto des Klägers ein, welches nicht als Anderkonto oder Fremdgeldkonto geführt wurde. Er verbuchte das Geld mit dem Buchungstext „108/4 Zahlung Dritter FG“. Am gleichen Tag (13.01.2006) erteilte der Kläger seiner Mandantin eine Rechnung über 527.800 €. Den (rechnerischen Differenz-) Betrag von 972.200 € zahlte er an seine Mandantin aus und verbuchte ihn mit dem Text „108/4 Auszahlung FG“. Den Rechnungsbetrag verbuchte er als Erlös und deklarierte ihn in seiner Umsatzsteuervoranmeldung als umsatzsteuerpflichtigen Umsatz. Am 19.01.2006 überwies er ihn auf ein verzinsliches, betriebliches Festgeldkonto (Buchungstext: „Geldtransit auf 1007“). Am 10.11.2006 verbuchte der Kläger eine Privatentnahme in Höhe von 480.000 €.
5Im Laufe des Streitjahres kam es zwischen dem Kläger und seiner Mandantin zu einem Streit über die Abrechnung des Mandatsverhältnisses. Der Kläger berief sich auf die Vereinbarung eines Erfolgshonorars i.H.v. 527.800 € (455.000 € zzgl. 72.800 € Umsatzsteuer). Die Mandantin bestritt die Forderung. Sie erhob im Dezember 2008 Klage beim Landgericht B (Az. 1), nachdem sie den Kläger bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 15.05.2008 zur Auszahlung des Betrags aufgefordert hatte. Im Klageverfahren bestritt die Mandantin die Wirksamkeit der vom Kläger geltend gemachten Aufrechnung mit der Begründung, die Honorarvereinbarung sei unwirksam. Sodann machte der Kläger die Einnahmen in der Buchführung rückgängig und verbuchte den Betrag als Fremdgeld. Dementsprechend gab der Kläger den Betrag in der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2006, die er im September 2008 beim Beklagten einreichte, nicht mehr als Erlös an. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht B am 5.11.2009 schloss der Kläger mit seiner Mandantin einen Vergleich, nach dem die Geltung deutschen Rechts vereinbart wurde. In dem Vergleich heißt es:
6„Die Parteien sind sich darüber einig, dass wechselseitig keinerlei Ansprüche mehr aus dem beendeten Mandatsverhältnis bestehen und dass dies auch das Verhältnis des Beklagten zu den Abkömmlingen der Klägerin betrifft.“
7Da der Vergleich von der Zustimmung der streitverkündeten Abkömmlinge der Mandantin des Klägers abhängig gemacht wurde, stellte das Landgericht mit Beschluss vom 23.2.2010 fest, dass die Streitverkündeten dem Streit beigetreten sind und dem Vergleich zugestimmt haben.
8Nach einer Betriebsprüfung bei dem Kläger vertrat der Prüfer die Ansicht, der Gewinn sei im Streitjahr um 527.800 € zu erhöhen. Dieser Rechtsansicht folgend erließ der Beklagte am 23.1.2012 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2006, in dem er den Gewinn aus selbständiger Arbeit mit 667.840,74 € feststellte. Dementsprechend erließ er am 30.1.2012 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2006 und setzte darin die Umsatzsteuer auf 140.230,72 € fest.
9Hiergegen legte der Kläger Einsprüche ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20.7.2012 als unbegründet zurückwies.
10Mit der am 23.8.2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass ihm im Streitjahr keine Betriebseinnahme zugeflossen sei. Insbesondere fehle es an einer wirksamen Aufrechnung. Es habe bereits keine Aufrechnungslage bestanden. Erst durch den vor dem Landgericht B am 5. November 2009 protokollierten Vergleich sei die Aufrechnungslage begründet und das Mandatsverhältnis abgerechnet worden. Somit könne dem Kläger auch erst zu diesem Zeitpunkt eine Betriebseinnahme zugeflossen sein. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht B sei durch die eindeutige Rechtswahl zu Gunsten deutschen Rechts zwischen dem Kläger und seiner Mandantin geklärt worden, dass deutsches Recht zur Anwendung komme. Zuvor habe es wegen der widerstreitenden Honorarvereinbarungen aus 2004 und 2005 keine klare Rechtslage gegeben. Denn wäre französisches Recht zur Anwendung gekommen, hätten weder ein Erfolgshonorar abgerechnet noch die gesetzlichen Gebühren nach Erfolg von der Mandantin verlangt werden können. Die gesetzlichen Gebühren in Höhe von etwa 500.000 € hätten erst nach der Bestimmung des anzuwendenden Rechts in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht B gefordert werden können. Auch der Bundesfinanzhof habe zu einem ähnlichen Fall entschieden, dass vereinnahmte Fremdgelder erst im Fall der abredewidrigen Verwendung für eigene Zwecke die Einnahmen des Rechtsanwalts aus selbstständiger Arbeit erhöhen (BFH-Beschluss vom 17.10.2012 VIII S 16/12, BFH NV 2013, 32). Aus diesem Beschluss sei erkennbar, dass die Verklammerung erst durch die abredewidrige Verwendung durchbrochen werde. Für den Streitfall folge daraus, dass der Kläger die Fremdgelder der Mandantin bis zum Abschluss des Honorarrechtsstreites zur Sicherheit einbehalten habe.
11Der Kläger beantragt,
12den Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 23.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.07.2012 dahingehend abzuändern, dass im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit die Betriebseinnahmen um 527.800 € vermindert werden und
13den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 30.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.07.2012 dahingehend abzuändern, dass die Bemessungsgrundlage der zu 16 % steuerpflichtigen Umsätze um 455.000 € und die Umsatzsteuer um 72.800 € vermindert werden.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Der Beklagte vertieft sein Vorbringen aus der Einspruchsentscheidung und weist darauf hin, dass der Kläger seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und daher Betriebseinnahmen anzusetzen seien, sobald sie ihm zugeflossen seien. Unter Zufluss sei die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu verstehen, die für das vereinnahmte Honorar gerade im Streitjahr 2006 gegeben sei. Deswegen komme es auch nicht auf die Wirksamkeit der Aufrechnung des Klägers gegenüber seiner damaligen Mandantin an, so dass sämtliche Ausführungen des Klägers insoweit fehl gingen. Ein Zufluss könne nur dann nicht angenommen werden, wenn es sich um einen sog. durchlaufenden Posten handeln würde. Hierunter sei ein einheitlicher Vorgang von Vereinnahmung und Verausgabung zu verstehen, der gewinnneutral sein müsse. Damit sei entscheidend, ob der Steuerpflichtige den Betrag als Fremdgeld vereinnahmt und diesen als solchen an den Dritten ausgekehrt habe. Dies sei jedoch für den streitgegenständlichen Betrag nicht der Fall, wenn der Kläger diesen nicht als Fremdgeld, sondern für eigene Rechnung eingezogen habe. Aus diesem Grund habe der Kläger den Betrag auf seinem Umsatzerlöskonto und folgerichtig als Betriebseinnahme erfasst. Für die steuerrechtliche Bewertung könne es jedoch keinen Unterschied machen, ob die Zahlung seitens der Mandantschaft selbst veranlasst oder der Rechtsanwalt Fremdgeld des ursprünglichen Prozessgegners seiner Mandantin auf sein eigenes Erlöskonto verbucht habe. Im Gegensatz dazu habe der Kläger den Betrag i.H.v. 972.200 € zeitnah nach der Buchung auf dem Erlöskonto an seine Mandantin ausgekehrt. Hierdurch habe er seinen Willen nach außen manifestiert, das Fremdgeld in dieser Höhe als durchlaufenden Posten zu behandeln.
17Entscheidungsgründe
18Die Klage ist unbegründet.
19Sowohl der angefochtene Gewinnfeststellungs- als auch der Umsatzsteuerbescheid sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Zu Recht hat der Beklagte den Betrag von 455.000 € zzgl. 72.200 € Umsatzsteuer im Streitjahr als Betriebseinnahme erfasst und entsprechend die Bemessungsgrundlage für umsatzsteuerpflichtige Umsätze erhöht.
20I.
211. Der Kläger ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (sog. Einnahmenüberschussrechnung). Dabei liegt eine Betriebseinnahme bei Zugängen von Wirtschaftsgütern vor, die durch den Betrieb veranlasst sind. Der Besteuerungszeitpunkt richtet sich im Rahmen von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG in der Regel nach dem Zufluss, also der Erlangung der tatsächlichen Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut. Das "Behaltendürfen" des Zugeflossenen ist nicht Merkmal des Zuflusses i.S. des § 11 EStG. Die Verfügungsmacht muss nicht endgültig erlangt sein (vgl. BFH-Urteile vom 25.10.1994 VIII R 79/91; BFHE 175, 439, BStBl II 1995, 121 und 13.10.1989 III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287 jeweils m.w.N.). Stellt sich später heraus, dass der Empfänger den ihm zunächst zugegangenen Wert nicht endgültig behalten darf, sondern in einem späteren Veranlagungszeitraum zurückgewähren muss, so ist dieser Vorgang einkommensteuerrechtlich nach § 11 EStG erst in dem späteren Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 29.04.1982 IV R 95/79, BFHE 136, 94, BStBl II 1982, 593).
22Allerdings scheiden gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten). Entscheidend ist, dass bei einem durchlaufenden Posten die Einnahme und die Ausgabe zu einem einheitlichen Vorgang verklammert werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1975 IV R 12/72 BFHE 118, 307, BStBl II 1976, 370 unter 2.; BFH-Beschluss vom 17.10.2012 VIII S 16/12, BFH/NV 2013, 32 unter II.2.b.aa.). Erst diese innere Verbindung wandelt eine Betriebseinnahme und eine Betriebsausgabe in einen durchlaufenden Posten um.
232. Im Streitfall fehlt es an dieser Verklammerung zwischen der Einnahme im Streitjahr und der Ausgabe durch Aufrechnung im Jahr 2009. Zwar hat der Kläger den Betrag von insgesamt 1.500.000 €, und somit auch den streitgegenständlichen Teilbetrag in Höhe von 527.800 €, zunächst im Namen seiner Mandantin und für deren Rechnung vereinnahmt. Aus diesem Grund hat er das Geld zunächst auch als Zahlung eines Dritten und somit als Fremdgeld verbucht. Jedoch hat der Kläger die innere Verbindung zwischen der Einnahme und der Ausgabe bereits vor dem Vergleich vor dem Landgericht B durchbrochen.
24Denn spätestens nachdem er am 13.01.2006 die Rechnung an seine Mandantin gestellt und den Restbetrag des verwahrten Geldes in Höhe von 972.200 € an sie ausgekehrt hat, hat er seinen Fremdbesitzerwillen für den streitgegenständlichen Betrag aufgegeben und das Geld für eigene Zwecke verwendet. Spätestens indem der Kläger den Betrag von 527.800 € von seinem betrieblichen Girokonto auf ein verzinsliches, betriebliches Festgeldkonto transferiert hat, hat er auf das Fremdgeld zugegriffen und es für eigene betriebliche Zwecke verwendet. Er hat das Geld in der Absicht transferiert, für sich Zinseinnahmen zu generieren. Damit hat er allein im eigenbetrieblichen Interesse gehandelt und einen Fremdbesitzerwillen aufgegeben. Etwaige Zinseinnahmen hat der Kläger nicht an seine Mandantin ausgekehrt. Maßgebend ist, dass der Kläger das Geld nicht mehr im fremden Namen und auf fremde Rechnung verwahrt, sondern auf eigene Rechnung und im eigenen Namen vereinnahmt hat (vgl. zum unberechtigten Zugriff BFH-Beschluss vom 17.10.2012 VIII S 16/12, BFH/NV 2013, 32; Urteil des FG des Saarlandes vom 29.02.2012 1 K 1342/09, EFG 2012, 1328, Rev. VIII R 19/12). Der Senat kann dem Vortrag des Klägers nicht folgen, dass er das Geld lediglich zur Sicherheit im Namen und auf Rechnung seiner Mandantin einbehalten hat. Vielmehr hat der Kläger das Geld zur Abgeltung seiner eigenen – aus seiner Sicht berechtigten Honorarforderung – einbehalten und verzinslich angelegt. Durch die Rechnungsstellung und die spätere Prozessführung dokumentierte der Kläger, dass er von einem eigenen Anspruch auf das Geld durchgängig ausging.
25Da der Kläger die Betriebseinnahme bereits im Januar 2006 erzielt hat, ist es aus der Sicht des Senats nicht entscheidungserheblich, dass der Kläger im November des Streitjahres einen Betrag von 480.000 € als Privatentnahme verbucht hat. Aus der Sicht des Senats hat der Kläger damit eigenbetriebliches Geld für private Zwecke entnommen. Auf die höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage, ob eine Entnahme unmittelbar aus dem Fremdbetriebsvermögen, welches bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen ist, möglich ist (s. hierzu ausführlich BFH-Beschluss vom 17.10.2012 VIII S 16/12, BFH/NV 2013, 32 unter II.2.b.cc.(2)), kommt es im Streitfall somit nicht an.
26Auch die Frage, ob bereits jede verspätete und damit pflichtwidrige Auszahlung von Mandantengeldern bereits zu Betriebseinnahmen führt, woran der Bundesfinanzhof auch aus der Sicht des Senats berechtigte Zweifel geäußert hat (vgl. BFH-Beschluss vom 17.10.2012 VIII S 16/12, BFH/NV 2013, 32 unter II.1.b.bb.(1)), kann hier ebenfalls offen bleiben. Denn der Kläger hat bewusst mit Eigenbesitzwillen auf das Mandantengeld zugegriffen und es für sich verwendet, indem er es zur Erzielung von betrieblichen Zinseinnahmen auf ein Festgeldkonto angelegt hat.
27Im Ergebnis ist das Geld im Januar 2006 als Betriebseinnahme beim Kläger zu erfassen, so wie der Kläger es auch richtigerweise zunächst selbst in der Umsatzsteuervoranmeldung erklärt hat.
283. Diese Betriebseinnahme hat sich während des Zivilrechtsstreits nicht in einen durchlaufenden Posten „zurückgewandelt“, denn es fehlt an einem einheitlichen ununterbrochenen, also durchgängigen Fremdbesitzerwillen von der Vereinnahmung des Wirtschaftsgut im Streitjahr bis hin zu dessen Verausgabung durch Aufrechnung nach Abschluss des Vergleichs. Vielmehr ging der Kläger bis zum Abschluss des Zivilprozesses davon aus, dass der Geldbetrag im Wert seinem Honoraranspruch gegenüber seiner Mandantin entspricht, so wie es sich letztlich nach dem Vergleich auch bestätigt hat.
294. Soweit der Kläger der Ansicht ist, dass die Aufrechnung zivilrechtlich im Streitjahr unwirksam gewesen ist, da keine Aufrechnungslage mangels Honoraranspruchs bestanden habe, kommt es darauf nach Ansicht des Senats nicht an. Denn der Zufluss der Betriebseinnahme ist nach den zuvor dargelegten Gründen nicht erst durch die mit der Aufrechnungserklärung bewirkte Leistung erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 19.04.1977 VIII R 119/75, BFHE 122, 111, BStBl II 1977, 601; vom 21.09.1982 VIII R 140/79, BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289, 292), sondern durch den Zugriff des Klägers auf das Geld seiner Mandantin mit Fremdbesitzerwillen.
30II.
311. Die Umsatzsteuer ist mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar 2006 gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1a Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) entstanden, da der Kläger im Januar 2006 das Entgelt für seine Beratungsleistungen in Höhe von 455.000 € vereinnahmt hat. Die Vereinnahmung des Entgelts setzt die wirtschaftliche Verfügungsmacht des Unternehmers voraus. Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Dabei gehört zum Entgelt auch alles, was ein Dritter dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG). Lediglich Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), gehören gemäß § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG nicht zum Entgelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, setzt die Annahme eines durchlaufenden Postens voraus, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen zwei Beteiligten bestehen, in die der Unternehmer nur als vermittelnde Person, wie eine Zahlstelle, zwischengeschaltet ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 01.09.2010 V R 32/09, BFHE 231, 315, BStBl II 2011, 300, unter II.3.b.dd. m.w.N.).
322. Insoweit geltend die Ausführungen zum durchlaufenden Posten bei der ertragsteuerlichen Behandlung entsprechend. Der Kläger hat sich durch den Zugriff auf den streitgegenständlichen Betrag und Überweisung auf sein verzinsliches Festgeldkonto gerade nicht wie eine Zahlstelle für die Leistungsempfängerin – seine Mandantin – verhalten, sondern mit Eigenbesitzwillen gehandelt.
333. Der Steuersatz beträgt im Streitjahr 16 % (§ 12 Abs. 1 UStG), so dass eine Umsatzsteuer in Höhe von 72.800 € entstanden ist.
34III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
35IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO ersichtlich ist.
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Referenzen
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