Urteil vom Finanzgericht Münster - 12 K 689/12 F
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob negative Einkünfte aus Investmentanteilen (Zwischengewinne) im Entstehungsjahr ausgleichs- und abzugsfähig sind oder als Verluste aus einem Steuerstundungsmodell nur mit späteren positiven Einkünften aus demselben Steuerstundungsmodell ausgeglichen werden können.
3Der Kläger wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In 2010 verlegten die Eheleute ihren Wohnsitz von F. (Kreis J.) in die Schweiz. Nach der Wohnsitzverlegung in die Schweiz verfügte der Kläger über Grundvermögen im Zuständigkeitsbereich des beklagten Finanzamtes als wertvollstem Teil seines inländischen Vermögens.
4Der Kläger erwarb am 19. Dezember 2008 über die Y.-AG 10.950 Anteile des von der X.-Gesellschaft mbH (X. mbH) als Kapitalanlagegesellschaft im Oktober 2008 aufgelegten und verwalteten Renten-Fonds (WKN …; ISIN …) --nachfolgend „Rentenfonds“ genannt-- zu einem Kurswert von 109.450.725 EUR. Im Kurswert war ein sog. negativer Zwischengewinn in Höhe von 38.973.652,57 EUR enthalten. Am 29. Dezember 2008 erwarb der Kläger weitere 60 Anteile zum Kurswert von 601.253,40 EUR mit einem darin enthaltenen negativen Zwischengewinn von 213.834,17 EUR.
5Am 30. Dezember 2009 gab der Kläger die insgesamt 11.010 Fondsanteile zurück und erhielt dafür insgesamt 105.790.355,70 EUR; mit der Rückgabe wurde dem Kläger ein Zwischengewinn i. H. v. 594.529,28 EUR zugewiesen. Während der Besitzzeit wurden dem Kläger ausschüttungsgleiche Erträge i. H. v. 40.885.185,05 EUR zugewiesen; hierfür wurde für den Kläger Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag abgeführt.
6Der Rentenfonds war am 17. Oktober 2008 von der X. mbH als offener Publikumsfonds in Gestalt eines gemischten Sondervermögens i. S. v. §§ 83 ff Investmentgesetz (InvG) auf unbestimmte Dauer aufgelegt worden. Das Geschäftsjahr des Rentenfonds lief vom 01.10. bis zum 30.09. des Folgejahres. Der Rentenfonds wurde zunächst als ausschüttender Fonds und ab dem 30.12.2008 als thesaurierender Fonds geführt. Der Rentenfonds führte ein sog. Ertragsausgleichsverfahren durch.
7Die X. mbH erstellte für den Rentenfonds einen sog. Vereinfachten Verkaufsprospekt (Anlage K 5 zum Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012, Bl. 80 GA) sowie einen sog. Ausführlichen Verkaufsprospekt einschließlich Vertragsbedingungen (Anlage K 6, Bl. 80 GA).
8In den Verkaufsprospekten der X. mbH wurde als Anlageziel ein möglichst hoher Wertzuwachs angegeben (Ziff. 6 des Ausführlichen Verkaufsprospektes). Als typischer Anleger des Rentenfonds wurde ein Anleger genannt, der bereits gewisse Erfahrungen mit Finanzmärkten gewonnen hat und der für einen Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren plant (Ziff 11 des Ausführlichen Verkaufsprospektes).
9Die Verkaufsprospekte der X. mbH enthielten weiter Angaben zur Struktur des Sondervermögens und zu den Anlagegrundsätzen. Danach sollte ein sog. „Alpha-Return“ im Vergleich zu gängigen Rentenindices u. a. durch Ausnutzung einer sog. „Zero Bond Arbitrage“ erzielt werden. Insoweit wurde weiter ausgeführt, dass Zinsforderungen (Kupons) von den erworbenen Anleihen getrennt und dann veräußert werden könnten (vgl. Ausführlicher Verkaufsprospekt, Ziff. 6).
10In den steuerlichen Hinweisen des ausführlichen Verkaufsprospekts (Ziff. 21) wurde insoweit zur „Zwischengewinnbesteuerung“ darauf hingewiesen, dass die bei Erwerb gezahlten Zwischengewinne grundsätzlich im Jahr der Zahlung einkommensteuerrechtlich als negative Einnahme abgesetzt werden können. In einem drucktechnisch (Rahmung und Fettformatierung) hervorgehobenen „Hinweis“ wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der Rentenfonds aufgrund der verfolgten Anlagepolitik einen „vergleichsweise hohen Zwischengewinn“ ausweisen könne. Die Geltendmachung des Zwischengewinns werde von der Finanzverwaltung dann nicht anerkannt, wenn aus der Kapitalanlage kein oder ein im Verhältnis zu den erzielten Steuervorteilen nur minimaler wirtschaftlicher Vorteil entstanden sei (Verweis auf BFH-Urteil vom 27. Juli 1999 VIII R 79/98, DStR 1999, 1849 ff.). Dies sei insbesondere bei kurzen Haltefristen problematisch (vgl. Ziff. 21, „Zwischengewinnbesteuerung“, S. 41 f. des ausführlichen Verkaufsprospektes). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Hinweis Bezug genommen.
11Mit Blick auf die Einführung der sog. Abgeltungsteuer wurde in den steuerlichen Hinweisen abstrakt die Rechtslage vor und nach dem 31. Dezember 2008 skizziert. Insoweit wurde für Privatanleger u. a. darauf hingewiesen, dass die Neuregelungen zur Abgeltungsteuer ab dem 1. Januar 2009 in Kraft treten sollten. Insoweit enthielt der ausführliche Verkaufsprospekt den weiteren Hinweis, dass die vom Rentenfonds ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn sowie der Gewinn aus dem An- und Verkauf von Fondsanteilen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen, die grundsätzlich einem Steuerabzug von 25 v. H. (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) mit Abgeltungswirkung unterliegen (S. 44 des Ausführlichen Verkaufsprospektes).
12Für Privatanleger wurde u. a. auch darauf hingewiesen, dass Gewinne aus einer Veräußerung der Investmentanteile außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei seien (Veräußerungsgewinne auf Anlegerebene, S. 38 des Ausführlichen Verkaufsprospektes).
13Wegen des weiteren Inhalts wird auf die beiden Verkaufsprospekte Bezug genommen (Anlagen K 5 und 6 zum Schriftsatz des Klägers vom 2. Mai 2012, Bl. 80 ff. GA).
14Zur Einkommensteuer 2008 erklärte der Kläger mit Anlage KAP Erträge i. H. v. 34.496 EUR und negative Einkünfte aus Investmentanteilen (Zwischengewinne) i. H. v. rund ./. 39.187.487 EUR (Saldo: ./. 39.152.991 EUR).
15Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 05. August 2010 des zum Zeitpunkt zuständigen Finanzamtes J. wurden die Zwischengewinne nicht als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Dies wurde damit begründet, dass sie in Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell stünden und insoweit nur eine Verrechnung mit den im Folgejahr 2009 aus der Beteiligung erzielten Einkünften in Betracht komme (§ 20 Abs. 2 b Satz 2 EStG a.F. i.V.m. § 15 b Abs. 1 und 3 EStG).
16Am 10. Februar 2011 erließ der Beklagte als örtlich zuständig gewordene Finanzbehörde gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau den angegriffenen Feststellungsbescheid, mit dem die im Kj. 2008 angefallenen Zwischengewinne in Höhe von insgesamt 39.187.487 EUR als verbleibender Verlustvortrag nach § 15 b Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus Kapitalvermögen festgestellt wurden; auf den Bescheid wird wegen Einzelheiten Bezug genommen (Bl. 14 der Gerichtsakte (GA)).
17In dem dagegen gerichteten Einspruchsverfahren hob der Beklagte die Feststellung gegenüber der Ehefrau durch Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012 auf und wies den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.
18Mit der dagegen gerichteten Klage wendet sich der Kläger gegen die Feststellung nach § 15b Abs. 4 i. V. m. § 20 Absatz 2b EStG 2008.
19Er ist der Ansicht, dass § 15b EStG verfassungswidrig sei, hilfsweise, dass der angefochtene Feststellungsbescheid nichtig sei sowie höchst hilfsweise, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da die Voraussetzungen nach § 20 Absatz 2b EStG a.F. i.V.m. § 15b EStG 2008 nicht vorlägen.
20§ 20 Absatz 2b EStG a.F. i.V.m. § 15b EStG 2008 verstoße gegen das sog. objektive Nettoprinzip. Der Ausgleich von positiven und negativen Einkünften, die zeitgleich bei verschiedenen, dem § 15b EStG unterworfenen Investitionen entstünden, sei nach § 15b Abs. 1 EStG durch Bildung einer eigenen Verlustverrechnungsschedule ausgeschlossen. Insoweit werde eine Verlustnutzung endgültig ausgeschlossen, wenn sich das unternehmerische Risiko verwirkliche und keine oder nur so geringe positive Einkünfte erzielt würden, so dass die anfänglichen (nur verrechenbaren) Verluste nicht (mehr) vollständig aufgebraucht werden könnten (Verweis auf Naujok, BB 2007, 1365, 1367).
21Der vom Gesetzgeber mit der Einführung des § 15b EStG verfolgte Zweck, betriebswirtschaftlich wenig sinnvolle Investitionen zu verhindern (BTDrs. 16/107 S. 6) werde mangels Zielgenauigkeit nicht erreicht. Die Vorschrift richte sich nicht nur gegen betriebswirtschaftlich sinnlose Investitionen, sondern erfasse sämtliche modellhaften Investitionen und damit auch solche, die der Gesetzgeber als steuerlich förderungswürdig ansehe (Naujok, BB 2007, 1365, 1367).
22Insbesondere habe der Kläger als Fonds-Anleger durch Bezahlung des Zwischengewinns bei Erwerb der streitgegenständlichen Fonds-Anteile eine echte Vermögenseinbuße erlitten.
23§ 20 Abs. 2b EStG a. F. verstoße zudem gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ergäbe sich die Steuerstundung daraus, dass die in 2008 bezahlten Zwischengewinne mit dem Spitzensteuersatz abziehbar seien, während die in 2009 erzielten positiven Einkünfte dem besonderen Tarif des § 32d Absatz 1 EStG unterlägen. Die gegebene Besteuerung sei jedoch nicht Folge eines Steuerstundungsmodells, sondern der gesetzgeberischen Entscheidung für die Abgeltungsteuer.
24Zudem verstoße § 15b EStG wegen der Vielzahl der verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe gegen das Bestimmtheitsgebot. Durch den unbestimmten Gesetzeswortlaut werde der Finanzverwaltung die Möglichkeit einer willkürlichen Gesetzesanwendung im Einzelfall eröffnet.
25Der Feststellungsbescheid sei ferner wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig i. S. v. § 125 EStG. Die Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells seien im Feststellungsverfahren nach § 15b Abs. 4 EStG zu prüfen und das Steuerstundungsmodell müsse im Feststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG bezeichnet und konkretisiert werden. Ein Steuerpflichtiger, der in verschiedene Steuerstundungsmodelle investiert habe, könne anderenfalls nicht erkennen, auf welche Einkunftsquelle sich die Feststellung beziehe. Dies sei im Hinblick auf die Bildung einer auf das einzelne Steuerstundungsmodell bezogenen Verlustverrechnungsschedule bedeutsam.
26Die Nichtigkeit des Feststellungsbescheids folge zudem daraus, dass der Beklagte im finanzgerichtlichen Verfahren erklärt habe, für den Fall der Aufhebung des Feststellungsbescheids nicht mehr an dem festgestellten Zwischengewinn dem Grunde und der Höhe gebunden zu sein und im Zuge einer Änderungsfestsetzung der Einkommensteuer 2008 und 2009 von keinem steuerrechtlich zu berücksichtigenden Zwischengewinn oder allenfalls von einem ganz geringen Zwischengewinn auszugehen.
27Im Übrigen sei der Feststellungsbescheid jedenfalls rechtswidrig. § 15b EStG sei auf die Kapitalanlage des Klägers nicht anwendbar.
28Nach Wortlaut und gesetzgeberischer Konzeption gelte § 15b EStG nicht für Investitionen in einen offenen Fonds. § 15b EStG sei nur auf Anlagekollektive in Gestalt geschlossener Fonds anwendbar (Blümich/Heuermann, EStG, § 15b Rz. 17, unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/107, S. 4, 6).
29Auch liege keine Einzelinvestition im Sinne der Vorschrift vor; eine solche sei nur gegeben, wenn einzelne Wirtschaftsgüter oder Sachgesamtheiten erworben würden und der Verkäufer gesondert zu bezahlende Nebenleistungen übernehme (Verweis auf Schmidt/Seeger, EStG, § 15b Rz. 8;.BMF-Schreiben vom 17. Juli 2007, IV B 2 – S2241 – b/07/0001, Rz. 8, BT-Drs. 16/107, S. 7).
30Dem entspreche die Einfügung von § 8 Abs. 7 InvStG durch das Jahressteuergesetz 2010, durch den erst eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 15b EStG auf Investmentanteile mit konstitutiver Wirkung erfolgt sei; der Vorschrift könne insoweit keine Rückwirkung für das Streitjahr zugesprochen werden.
31Im Übrigen seien die Tatbestandsmerkmale des § 15b EStG nicht erfüllt. Aus der auf Fonds-Ebene verfolgten Anlagestrategie des sog. Bond-Stripping in Verbindung mit dem Ertragsausgleichsverfahren und dem Steuersatzgefälle zwischen den negativen und positiven Einkünften könne nicht auf das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells geschlossen werden.
32Der Zwischengewinn sei nach § 1 Absatz 4 InvStG das Entgelt für die dem Anleger noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Einnahmen des Investmentvermögens aus sonstigen Kapitalforderungen. Der Zwischengewinn sei von einem Erwerber der Fondsanteile vorab zu bezahlen, um die Fondsanteile überhaupt erwerben zu können. Damit sei der gezahlte Zwischengewinn steuerrechtlich der Investition in einen Fondsanteil zeitlich vorgeschaltet. Der Zwischengewinn werde aus dem Fondsanteilspreis bei Ermittlung eines späteren Veräußerungsgewinns herausgerechnet.
33Der um den gezahlten Zwischengewinn reduzierte Kaufpreis des Fondsanteils repräsentiere den Umfang der Beteiligung des Anlegers an den zukünftigen Erträgen des Investmentvermögens. § 2 Absatz 1 Satz 1 InvStG ordne den Zwischengewinn beim Privatanleger den Einkünften aus Kapitalvermögen zu. Korrespondierend dazu sei der vom Erwerber des Investmentanteils gezahlte Zwischengewinn grundsätzlich beim Privatanleger als negative Einnahme aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, da hierdurch eine Überbesteuerung beim späteren Ertragszufluss vermieden werde (BMF-Schreiben v. 18.September 2009, EStG. I 2009, 931, Tz. 21a).
34Die Ermittlung eines Zwischengewinns und die Durchführung eines Ertragsausgleichsverfahrens seien übliche Vorgänge, die tagtäglich tausendfach in der Fonds-Branche stattfänden und damit nicht geeignet seien, eine besondere Modellhaftigkeit im Sinne eines Steuerstundungsmodells zu begründen.
35Im Ergebnis laufe es im Streitfall darauf hinaus, dass die Finanzverwaltung allein aufgrund der Überschreitung der Nichtaufgriffsgrenze des § 15b Absatz 3 EStG von einem Steuerstundungsmodell ausgehe.
36Es liege kein „vorgefertigtes Konzept“ gemäß § 15b Absatz 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 vor. Sowohl die negativen Einkünfte aus den vom Kläger gezahlten Zwischengewinnen im Streitjahr 2008 als auch die in 2009 erzielten Erträge aus der Rückgabe/Veräußerung der Investmentanteile hätten der tariflichen Einkommensteuer unterlegen. Abschnitt IV. des EStG sei mit dem Wort „Tarif“ überschrieben. In diesem Abschnitt finde sich die Vorschrift des § 32a EStG, die mit dem Wort „Einkommensteuertarif“ betitelt sei. Weiterhin finde sich in diesem Abschnitt auch die Vorschrift des § 32d EStG, die den Titel „Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen“ trage. Es sei terminologisch ausgeschlossen, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009 nicht einem Steuertarif und damit nicht der tariflichen Einkommensteuer unterlägen. Die Finanzverwaltung (BMF) gehe auch ansonsten davon aus, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009 einem gesonderten (linearen) Tarif unterlägen, während im Übrigen der progressive Tarif gelte (vgl. Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2013 vom 5. März 2012, S. 95 als Erläuterung zu einer beabsichtigten Änderung des § 2 Absatz 5 AstG).
37Auch sei dem Kläger nicht aufgrund des vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit der Verlustverrechnung in der Anfangsphase aktiv angeboten worden. In der Präsentation der Y. vom 15. Dezember 2008 sei die Möglichkeit zur Verrechnung von Verlusten mit anderen Einkünften des Klägers nicht angepriesen worden. Allein die Information, dass es zu einem negativen Zwischengewinn auf Ebene des Einzelinvestors kommen könne, führe nicht zu einem Anpreisen bzw. Anbieten einer Verlustnutzungsmöglichkeit. Vielmehr sei hier festzuhalten, dass jenseits der Erfüllung von zivilrechtlichen Aufklärungspflichten (Verweis auf BFH-Beschluss vom 2. August 2007, IX B 92/07, BFH/NV 2007, 2270 zu § 2b EStG a. F.) nicht mit steuerlichen Vorteilen geworben worden sei.
38Da der gezahlte Zwischengewinn der Investition in einen Fondsanteil steuerrechtlich vorgeschaltet sei, könne dieser gar nicht – unabhängig von der wegen § 3 Absatz 4 InvStG bestehenden Unmöglichkeit einer Verlustzurechnung – Gegenstand von Verlusten einer Anfangsphase im Sinne des § 15b Absatz 2 Satz 2 EStG sein. Der Zwischengewinn werde unmittelbar vor Beginn des Fondsinvestments und damit auch vor Beginn einer gedachten Anfangsphase im Sinne des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG gezahlt.
39Bei Einbeziehung des gezahlten Zwischengewinns in die Anfangsphase sei zu berücksichtigen, dass bis zu diesem Zeitpunkt bereits ein positiver Ertrag (Saldo aus gezahltem Zwischengewinn und als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträgen) erzielt worden sei. Wirtschaftlich betrachtet habe sich aus der Anschaffung und Rückgabe der Investmentanteile unter Berücksichtigung der abgeführten Kapitalertragsteuer ein wirtschaftlicher Überschuss i. H. v. rund 6,5 Mio EUR ergeben (vgl. Berechnung Bl. 157 GA) und in Bezug auf die laufenden ausschüttungsgleichen Erträge und Zwischengewinne per Saldo ein Überschuss i. H. v. rund 2,3 Mio EUR (vgl. Berechnung Bl. 157 GA).
40Die steuerlichen Hinweise in den Verkaufsprospekten der X. mbH zum Rentenfonds entsprächen den im Jahr der Auflage vom BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V. (www.bvi.de) empfohlenen Standardformulierungen im Musterprospekt.
41Die Y. als Fondsinitiator habe keine Absicht gehabt, durch den Rentenfonds Verlustzuweisungsmöglichkeiten zu schaffen. Insoweit hat sich der Kläger zuletzt auf das Zeugnis von W. L. und E. S., zu laden über die Y.-AG, G., berufen.
42Die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft hätten --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- mit Schreiben vom 16. April 2007 beim BMF angefragt, ob § 15b EStG i.V.m. § 20 Absatz 2b Satz 2 EStG a.F. überhaupt anwendbar sei, wenn ein Anleger vor Wirksamwerden der Abgeltungssteuer Anteile an einem Investmentvermögen unter Zahlung eines Zwischengewinns erwerbe, während die positiven Kapitalerträge erst nach Wirksamwerden der Abgeltungssteuer zuflössen. Das BMF habe darauf --ebenfalls unstreitig-- mit Schreiben vom 14. Mai 2007 (IV B 8 S 2252/0) festgestellt, dass § 20 Absatz 2b EStG a.F. i. V. m. § 15b EStG nicht anwendbar sei. Dem seien die OFD Magdeburg (Verfügung v. 13. Juni 2008, S 2252 – 104 St 214 V, DStR 2008, 1833; Verfügung v. 22. Dezember 2008, DStR 2009, 532) und OFD Münster (Verfügung v. 7. November 2008, S 2210 – 45 – St 22 – 31, DB 2008, 2681) gefolgt. Angesichts dieser Verlautbarungen der Verwaltung sei mindestens ein gefestigter Vertrauenstatbestand für den Kläger entstanden, der ihm nun nicht einseitig entzogen werden könne. Das Finanzamt J. sei bei Erlass des Vorauszahlungsbescheides vom 16. Januar 2009 (Anlage K8) ebenfalls noch dieser Verwaltungsauffassung gefolgt.
43Der Kläger beantragt,
44den Bescheid vom 10. Februar 2011 über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2008 nach § 15b Abs. 4 EStG in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012 aufzuheben,
45hilfsweise, im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen,
48hilfsweise, im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
49Die Vorschrift sei verfassungsgemäß (Verweis auf Urteil des FG Baden-Württemberg vom 07.07.2011 (3 K 4368/09; EFG 2011 S. 1897, nrkr., Rev. IV R 40/11). § 15b EStG sei insbesondere hinreichend bestimmt. Der Gesetzgeber sei mit der Vorschrift des § 15b EStG einen gesetzestechnisch neuen Weg gegangen, in dem die Rechtsfolge an eine allgemeine, auf Steuerstundung bzw. Steuerersparnis gerichtete Vertragsgestaltung und eine Ertragsprognose (Verlustzusammenballung in der Anfangsphase) als Tatbestandsvoraussetzungen anknüpfe. Diese systemfremde Vorgehensweise sei als Antwort auf die unerschöpfliche Phantasie der auf Steuervermeidung gerichteten Gestaltungen zu verstehen.
50Der Feststellungsbescheid sei auch nicht nichtig. Die unzutreffende Adressierung des Feststellungsbescheides (an die Ehel. T. statt nur an den Kläger) sowie die ungenaue Bezeichnung der Einkunftsquelle seien mit der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2012 korrigiert worden. Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sei der Feststellungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2012.
51§ 15b EStG sei auf den Erwerb von Investmentanteilen anwendbar. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 2b EStG a. F. Mit der Ergänzung des § 8 Abs. 7 InvStG durch das JStG 2010 sei lediglich klargestellt worden, dass § 15b EStG auf Verluste aus der Rückgabe, der Veräußerung oder der Entnahme von Investmentanteilen sinngemäß anzuwenden sei.
52§ 15b EStG erfasse Investitionen in sog. offene Fonds, da die Gesetzesbegründung nur „vorrangig“ und nicht „ausschließlich“ auf geschlossene Fonds abgestellt habe, wie sich zuletzt aus der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 7 InvStG n. F. (BT-Drucks 17/3549) ergebe.
53Eine modellhafte Gestaltung i.S.d. § 15b Abs. 1 EStG ergebe sich insbesondere aus der Präsentation der Y. V. vom 08.09.2008, indem dort von einer hohen Nachsteuerrendite, den Vorteilen des sog. „Grandfathering" im Zuge der Abgeltungssteuer, einem Steuerstundungseffekt durch den Erwerb von Zero-Bonds sowie einer Mindesthaltedauer von 12 Monaten die Rede sei. Nach dem Gesamtbild überwiege bei dem vorliegenden Investment das Element der Steuerersparnis eindeutig dasjenige einer rentablen Vermögensanlage. Bei der Y. handele es sich um einen Berater des Rentenfonds, so dass sich die X. mbH als Kapitalanlagegesellschaft die Angaben in der Powerpointpräsentation der X. mbH zurechnen lassen müsse.
54Durch die Geltendmachung des in 2008 gezahlten Zwischengewinns als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen ergebe sich bei einem Spitzensteuersatz von 45 v. H. eine Steuerminderung i. H. v. 17.634.369 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag i. H. v. 969.890 EUR, insgesamt 18.604.259 EUR. Dem entspreche auch die von der Y. Bank erstellten und der Betriebsprüfung durch E-mail vom 14.04.2010 übersandte vereinfachte „Liqudititätsbetrachtung" (Sonderakte, Bl. 101).
55Bei der Art wie der Rentenfonds einen Ertragsausgleich durchgeführt habe, seien nicht tatsächlich realisierte Erträge aus Kapitalüberlassungen ausgeglichen worden, sondern es seien Erträge aus den Mittelzuflüssen bei der Ausgabe neuer Fondsanteile geschaffen worden. Per 30. September 2009 habe der Rentenfonds insgesamt 27.728 Anteile an Anleger ausgegeben gehabt. In den durch den Ertragsausgleich insgesamt erzeugten Erträgen i. H. v. 100.896.403,78 EUR seien nur tatsächlich realisierte Erträge i. H. v. 727.758,25 € enthalten gewesen (Verweis auf Sonderakte des Beklagten, Anlage 6).
56Der Rentenfonds sei als steueroptimierter Rentenfonds ausgestaltet worden (vgl. Sonderakte, Anlage 1, Bl. 5). Der Einstieg durch den Anteilserwerber habe erst nach Durchführung der Strategie des Bond-Stripping erfolgen sollen, um aufgrund des Ertragsausgleichsverfahrens bei Erwerb von Fondsanteilen einen angefallene Zwischengewinn mit übertragen zu können, was beim Anleger zu einem negativen Zwischengewinn habe führen sollen (vgl. Sonderakte, Anlage 1, Bl. 9). Deshalb sei die Anzahl der anfänglich ausgegeben Fondsanteil auf das Notwendigste begrenzt und der mit diesen 200 Anteilen erzielte Zwischengewinn i. H. v. rund 0,720 Mio. später durch das Ertragsausgleichsverfahren auf über 100.896 Mio. EUR bei über 27.000 Anteilen hochgerechnet worden.
57Die Modellhaftigkeit der Gestaltung des Fonds ergebe sich auch aus § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. Bei der Abgeltungsteuer handele es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um eine „tarifliche Einkommensteuer“ i. S. v. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG. Dies ergebe sich aus § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG, wonach die nach § 20 EStG ermittelten Kapitaleinkünfte den Einkünften i.S.d. § 2 EStG auf Antrag hinzugerechnet und der „tariflichen Einkommensteuer“ unterworfen würden, sofern dies zu einer niedrigeren Steuer führe (sog. Günstigerprüfung). Dass der Rentenfonds darauf angelegt gewesen sei, den Wechsel zur Abgeltungsteuer auszunutzen zeige sich bereits daran, dass der Rentenfonds im Streitjahr 2008 wesentlich besser nachgefragt gewesen sei als in den darauf folgenden Jahren bis zu seiner Auflösung.
58Ein Vertrauenstatbestand könne aus dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2007 sowie der Verfügung der OFD Münster vom 07. November 2008 nicht hergeleitet werden. Die Schreiben seien nach der Verfügung der OFD Münster vom 13. Juli 2010 auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
59Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der Gerichtsakten zum hiesigen Verfahren und dem beigezogenen Verfahren 12 V 1884/11 E Bezug genommen.
60Der Berichterstatter hat die Sache mit den Beteiligten am 14. April 2015 erörtert. Der Senat hat in der Sache am 18. Juni verhandelt und Herrn T1. S1. als Zeugen vernommen. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
61Entscheidungsgründe:
62Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die gezahlten Zwischengewinne zu Recht als nicht ausgleichsfähige Verluste nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG festgestellt. Bei dem Rentenfonds handelte es sich um ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG.
63- 64
I. Klagegegenstand
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1. Die Klage richtet sich gegen den Feststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid i. S. v. § 182 AO sowohl für den Einkommensteuerbescheid desselben Veranlagungszeitraums (VZ) als auch für den § 15b Abs. 4 EStG-Bescheid des Folgejahres (vgl. FG Münster, Urteil vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; Hallerbach in Hermann/Heuer/Raupach, EStG § 15b Rn 51; Reiß, in Kirchhof, § 15b EStG Rn. 57).
Der Regelungsumfang und die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG umfassen neben der Feststellung des „nicht ausgleichsfähigen Verlustes“ i. S. v. § 15b Absatz 1 EStG dem Grunde und der Höhe nach zudem die Feststellung, dass der Verlust aus der Beteiligung des Klägers an einem Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG resultiert, d. h. die Qualifikation des Rentenfonds als Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008.
68§ 15b Abs. 4 Satz 1 EStG stellt durch die Bezugnahme auf § 15b Abs. 1 EStG auf „Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell“ ab. Ob es sich bei dem fraglichen Modell um ein Steuerstundungsmodell handelt, muss im Feststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG mit Bindungswirkung geregelt werden.
69Der Einkommensteuerbescheid stellt grundsätzlich keine Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung fest; der Regelungsgehalt des Einkommensteuerbescheids, seine Bindungswirkung und formelle Bestandskraft erstrecken sich unmittelbar allein auf die festgesetzte Einkommensteuer dem Grunde und der Höhe nach. Zur Vermeidung widersprüchlicher rechtlicher Wertungen muss daher eine verbindliche Regelung im Feststellungsbescheid i. S. v. § 15b Abs. 4 EStG getroffen werden.
70Handelt es sich bei dem Modell um eine Gesellschaft/Gemeinschaft, an der der Steuerpflichtige als Mitunternehmer beteiligt ist, ist alternativ zwar denkbar, die Feststellung mit Regelungswirkung im Gewinnfeststellungsbescheid zu treffen (für diese Lösung Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Anm. 54); gleiches gilt für den Einkommensteuerbescheid hingegen --wie ausgeführt wurde-- nicht.
71§ 15b Abs. 4 EStG ist der Regelung des § 15a Abs. 4 EStG nachgebildet. Für § 15a EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt, dass der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG Grundlagenbescheid für die einheitliche und gesonderte Feststellung der steuerpflichtigen Einkünfte gemäß §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist und somit Bindungswirkung hinsichtlich der Ausgleichsfähigkeit des Verlustes entfaltet (vgl. BFH-Urteil vom 22.6.2006 IV R 31/05, BStBl II 2007, 687, m.w.N.). Dabei erstreckt sich die Bindungswirkung der Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht nur auf die Feststellung des verrechenbaren Verlustes für das Folgejahr, sondern auch auf den Gewinn bzw. ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust desselben Jahres. Entsprechend umfassen der Regelungsgehalt und die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG nach Ansicht des Senats sowohl bei einem Steuerstundungsmodell in Gestalt einer --im Streitfall nicht gegebenen-- Gesellschaft/Gemeinschaft (geschlossener Fonds) als auch bei --im Streitfall vorliegenden-- Einzelinvestitionen in ein Steuerstundungsmodell die Feststellung, dass der Verlust durch eine Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG veranlasst wurde (ebenso FG Münster, Urteil vom 10. Januar 2013 – 5 K 4513/09 E –, Rn. 67, juris; Beschluss des Senats vom 21. November 2011 Az. 12 V 1884/11 E, nv.).
72- 73
2. Die steuerrechtliche Berücksichtigung des von der X. mbH veröffentlichten Zwischengewinns dem Grunde nach und dessen Berechnung der Höhe nach unterliegt im Streitfall keiner gerichtlichen Überprüfung durch den Senat.
Damit kann und muss dahin stehen, ob der veröffentlichte Zwischengewinn steuerrechtlich berücksichtigt werden durfte und ob insoweit die Vorgaben des BMF (vgl. BMF-Schreiben vom 18. August 2009, BStBl. II. I 2009, 931 Tz. 197 sowie BMF-Schreiben vom 9. März 2010, DStR 2010, 553) zu beachten waren und ggf. zu bejahen waren. Auch kann die von der GKBP vor Erlass des Feststellungsbescheids aufgeworfene Frage, ob der Rentenfonds bei Durchführung des Bond-Stripping der Bundesanleihe zu Recht im Zusammenhang mit der Veräußerung der sog. Zinsstrips von realisierten Kapitalerträgen i. S. v. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2b Satz 1 EStG ausgegangen war oder nicht (vgl. dazu Anlage K19 Klägerschriftsatz vom 01. Juni 2015), im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden.
75Der Kläger begehrt mit der Klage die Überprüfung, ob der dem Grunde und der Höhe nach aus Sicht des Klägers zutreffend festgestellte Zwischengewinn aus einem Steuerstundungsmodell resultiert, was der Kläger verneint. An das Klagebegehren ist der Senat gem. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO insoweit gebunden, als durch den Senat kein höherer negativer Zwischengewinn tenoriert werden könnte.
76Aufgrund des Verbotes der nachteiligen Abänderung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung ("Verböserungsverbot“ oder „reformatio in peius"; vgl. dazu z.B. Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 96 Rz. 5, m.w.N.; vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2003 X R 66/00, BFH/NV 2004, 19) ist der Senat aber auch daran gehindert, die nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG zu treffende Feststellung des Verlustbetrags der Höhe nach zu reduzieren und einen niedrigeren negativen Zwischengewinn oder gar einen Verlust von Null festzustellen, da dies zu einer Verringerung des Verlustverrechnungsvolumens für das Folgejahr 2009 führen würde.
77- 78
II. Formelle Rechtmäßigkeit
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.
80- 81
1. Der Bescheid wurde von dem Beklagten als dem zum Zeitpunkt örtlich zuständigen Finanzamt erlassen.
Für Fälle, in denen das Steuerstundungsmodell eine Gesellschaft/Gemeinschaft ist, regelt § 15b Abs. 4 Satz 4 EStG die örtliche Zuständigkeit. Für Einzelinvestitionen in Investmentfonds enthält § 15b Abs. 4 EStG keine Regelung zur örtlichen Zuständigkeit, so dass die allgemeinen Regelungen der Abgabenordnung (AO) gelten.
83Die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen richtet sich gem. § 19 Abs. 1 AO nach dem Wohnsitz und bei fehlendem Inlandswohnsitz gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 AO nach der Belegenheit des Inlandsvermögens. Zuständig ist danach das Finanzamt, in dessen Bezirk sich das Vermögen des Steuerpflichtigen und, wenn dies für mehrere Finanzämter zutrifft, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens befindet.
84Der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem eine der beiden Finanzbehörden von den den Wechsel begründenden Umständen erfährt (§ 26 Satz 1 AO).
85Im Streitfall führte die Wohnsitzverlegung in die Schweiz im Februar 2010 zu einem Wechsel der Zuständigkeit vom Finanzamt J. zum Beklagten, was zwischen den Beteiligten zuletzt unstreitig ist.
86Das Finanzamt J. als bisher zuständiges Wohnsitzfinanzamt erfuhr aufgrund eines Schreibens der Stadt F. vom Umzug der Eheleute T. in die Schweiz. Dem Finanzamt J. waren nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers im Aussetzungsverfahren betreffend den Einkommensteuerbescheid 2008 (FG Münster, Az. 12 V 1884/11 E) aus anderen vorgelaufenen Verfahren die Werte und die örtliche Belegenheit des nach Übertragungen verbliebenen inländischen Grundvermögens des Klägers bekannt. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der wertvollste Teil des inländischen Vermögens im Bezirk des Beklagten liegt.
87- 88
2. Der Feststellungsbescheid ist auch nicht nichtig i. S. v. §§ 124 Abs. 3, 125 AO.
89- 90
a. Soweit der Feststellungsbescheid einen Bestimmtheitsmangel enthielt, da das Steuerstundungsmodell nicht näher bezeichnet wurde, wurde dieser Mangel jedenfalls mit der Einspruchsentscheidung geheilt. Im Übrigen war auch beim Feststellungsbescheid nach dem Empfängerhorizont aufgrund der Begleitumstände bereits erkennbar, dass der Renten-Fonds als Steuerstundungsmodell und die aus der Investition veranlassten negativen Zwischengewinne Gegenstand der Feststellung waren.
- 90
Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig und unwirksam i. S. v. § 124 Abs. 3 i. V. m. 125 Abs. 1 AO, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird.
92Dem Kläger ist darin beizupflichten, dass der Verlustfeststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG das Steuerstundungsmodell möglichst konkret bezeichnen muss, da die festgestellten Verluste in Folgejahren nur mit Gewinnen aus demselben Steuerstundungsmodell als Einkunftsquelle i. S. v. § 15b Abs. 1 Satz 2 EStG verrechnet werden können (vgl. Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. D2 f). Dies erfordert eine möglichst konkrete Bezeichnung des Steuerstundungsmodells.
93Vorliegend hätte das Steuerstundungsmodell mit dem Zusatz „Anteile am Rentenfonds X.“ und/oder „Wertpapiere mit der ISIN …“ hinreichend konkret bezeichnet werden können, um bereits allein aus dem Inhalt des Feststellungsbescheids heraus auch für jeden Dritten erkennbar werden zu lassen, welche Einkunftsquelle gemeint ist.
94Ein Verwaltungsakt ist jedoch hinreichend bestimmt, wenn etwaige Zweifel durch Auslegung behoben werben können. Zur Auslegung können beigefügte Unterlagen und zeitlich vorhergehende Bescheide (BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120; BFH-Beschluss vom 29.Juni 1988 IV B 70/88, BFH/NV 1989, 613 m.w.N.) sowie andere Umstände herangezogen werden, die vor der Bekanntgabe des Bescheids zu Tage traten. Bei der Auslegung kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen musste. Entscheidend ist, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120; vom 30.September 1988 III R 218/84, BFH/NV 1989, 749; BFH-Beschluss vom 25.August 1981 VII B 3/81, BFHE 134, 97, BStBl II 1982, 34).
95Für den Kläger war aufgrund des der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids vorausgegangenen Schriftverkehrs im Einspruchsverfahren sowie der Erläuterung zum Einkommensteuerbescheid 2008, in welchem auf die „negativen Einnahmen aus den Zwischengewinnen der Rentenfonds X. in Höhe von insgesamt 39.152.991 EUR einerseits sowie auf die Qualifizierung als Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b EStG andererseits hingewiesen worden war, hinreichend erkennbar, dass die Feststellung die bei Erwerb der Investmentanteile gezahlten „Zwischengewinne“ aus dem Rentenfonds betraf. Von Bedeutung ist insoweit auch, dass der Kläger im Jahr 2008 in kein anderes vergleichbares Investmentvermögen investiert hatte, so dass sich die Frage einer notwendigen Abgrenzbarkeit verschiedener „Steuerstundungsmodelle“ im Streitfall nicht stellt.
96- 97
b. Eine Nichtigkeit des Feststellungsbescheids ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht daraus, dass der Beklagte für den Fall der Aufhebung des Feststellungsbescheids eine Überprüfung des festgestellten Zwischengewinns im Rahmen einer Änderungsfestsetzung der ESt 2008 und 2009 angekündigt hat.
Nach der Generalklausel in § 125 Abs. 1 AO ist die Nichtigkeit eines Steuerbescheids von zwei allgemeinen Voraussetzungen abhängig, die kumulativ vorliegen müssen: 1) der Steuerbescheid muss mit einem Mangel behaftet sein, der sich als besonders schwerwiegender Fehler erweist und 2) der Mangel muss bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig sein (vgl. von Wedelstädt in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 115. Lieferung, § 125 AO 1977, Rn. 8). Als Mängel nennt § 125 Abs. 2 AO absolute Nichtigkeitsgründe, die im Streitfall jedoch nicht gegeben sind. Insbesondere kann der vom Kläger erhobene Einwand keinen „Verstoß gegen die guten Sitten“ (§ 125 Abs. 2 Nr. 4 AO) begründen. Ein solcher müsste durch den angefochtenen Feststellungsbescheid i. S. v. § 15b Abs. 4 EStG selbst festzustellen sein. Davon geht jedoch auch der Kläger nicht aus, wenn es ihm darum geht, einen weiteren Streit über die steuerrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit des gezahlten Zwischengewinns als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen bei einer Aufhebung des Feststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG zu vermeiden. Die im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgte Ankündigung, für den Fall der Aufhebung des Feststellungsbescheids und damit der Feststellung des Zwischengewinns dem Grunde und der Höhe nach als Verlust aus einem Steuerstundungsmodell, im Rahmen des rechtlich möglichen und zulässigen eine Änderung bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2008 und 2009 vorzunehmen, tangiert die Wirksamkeit des Feststellungsbescheid i. S. v. § 15b Abs. 4 EStG nicht. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass der Beklagte die Feststellung ohne Rechtsbindungswillen gleichsam nur zum Schein getroffen hat.
99- 100
III. Materielle Rechtmäßigkeit
- 102
1. Überschusserzielungsabsicht
§ 15b EStG setzt voraus, dass aus dem Steuerstundungsmodell überhaupt steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden (Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Anm. 5; Heuermann, in Blümich, § 15b EStG Rn. 14; Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. A 14 m. w. N.).
104Bei den Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG) ist eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung nur dann gegeben und wird der Tatbestand der Einkunftserzielung nur dann erfüllt, wenn die Absicht besteht, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766, unter C. IV. 3. c (2) der Entscheidungsgründe; BFH-Urteile vom 23. März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463, und vom 27. März 1996 I R 87/95, BFHE 180, 332, BStBl II 1996, 473, 474, betreffend Einkünfte aus Kapitalvermögen; vom 27. Juli 1999 – VIII R 36/98 –, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769). Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist jede Kapitalanlage gesondert zu beurteilen (BFH-Urteil vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, 936). Es ist nicht auf das Ergebnis der Vermögensnutzung eines oder weniger Jahre, sondern auf das positive Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung abzustellen (BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766; in BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463). Die Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten sowie der Veräußerungspreis und die Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen, wenn sie der nichtsteuerbaren Vermögensebene zuzuordnen sind (BFH-Urteil vom 27. Juli 1999 VIII R 36/98, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769, Rn. 13).
105Danach war im Streitfall eine Überschusserzielungsabsicht zu bejahen. Der Kläger hat über die Haltezeit von über einem Jahr als Anleger, der Anteile an einem inländischen Sondervermögen i. S. v. § 2 Abs. 1 InvG gehalten hat, (unstreitig) einen Überschuss erzielt (vgl. Berechnungen des Beklagten (Bl. 130 f. GA) und des Klägers (Bl. 155 GA).
106Bei dem strittigen Rentenfonds handelt es sich um ein inländisches Sondervermögen i. S. v. §§ 2 Abs. 2, 30 f. InvG, auf welches gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 InvStG die Regelungen des InvStG Anwendung finden. Die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern, da sie unter keine der dort genannten Ausnahmen fallen.
107Die ausschüttungsgleichen Erträge gelten mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt worden sind, als dem Kläger zugeflossen, § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG. Der Zwischengewinn gilt als in den Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung des Investmentanteils enthalten, § 2 Abs. 1 Satz 3 InvStG.
108Der Gewinn/Verlust aus der Rückgabe der Investmentanteile nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist selbst war nicht steuerbar (Vermögensebene), da es sich um vor dem 31. Dezember 2008 erworbene sog. Alt-Investmentanteile i. S. v. §§ 18 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. §§ 8 Abs. 5 Satz 1 InvStG bzw. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG i. V. m. § 52a Abs. 10 Satz 1 EStG 2007 handelte, welche nach der Altregelung des. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a. F. nach Ablauf der einjährigen Sperrfrist (vorbehaltlich des Zwischengewinns) steuerfrei veräußert werden konnten (vgl. dazu u. a. Bäuml, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 18 InvStG Rn. 2). Der bei Veräußerung bzw. Rückgabe der Investmentanteile vom Privatanleger vereinnahmte Zwischengewinn hingegen führt mangels Steuerbefreiung im InvStG zu einem steuerpflichtigen Kapitalertrag i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 InvStG (vgl. Berger, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 9 Rn. 36).
109Dem Kläger sind aus seinen Rentenfondanteilen über die Haltezeit in 2008 und 2009 danach insgesamt folgende steuerbare negative und positive Erträge zuzurechnen, die saldiert zu einem Überschuss i. H. v. rund 2,3 Mio EUR führen:
110bezahlter Zwischengewinn bei Erwerb 2008: ./. 39.187.486,74 EUR
111ausschüttungsgleiche Erträge 2009: + 40.885.185,05 EUR
112Zwischengewinn Rückgabe Investmentanteile 2009: + 594.529,00 EUR
113Saldo: + 2.292.227,31 EUR
114- 115
2. Anwendung der §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG ohne Verweisung im InvStG
Das Fehlen einer Verweisung im InvStG auf §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG für die Besteuerung des gezahlten Zwischengewinns steht deren Anwendung nicht entgegen.
117Zwar geht das InvStG, welches im Zuge des InvestmentmodernisierungsG vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 03, 2676) eingeführt wurde, als spezielles Gesetz etwaigen abweichenden Regelungen im EStG, KStG oder GewStG grundsätzlich vor und verdrängt diese. Insoweit finden Vorschriften zur Besteuerung des Investmentanlegers nach dem EStG oder KStG grundsätzlich nur Anwendung, wenn und soweit auf diese im InvStG verwiesen wird. Da das InvStG die Besteuerung des Investmentanlegers jedoch nicht abschließend in sämtlichen Bereichen regelt, finden die Regelungen im EStG und KStG nach allgemeiner Ansicht insoweit ergänzend Anwendung (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12 unter 2 a) der Entscheidungsgründe, Jurisdokumentation; Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 25 ff m. w. N.; Wenzel, in Blümich, § 2 InvStG Rn. 1 m. w. N.).
118Eine Verweisung auf § 15b EStG im InvStG für die Besteuerung des gezahlten Zwischengewinns (negativer Zwischengewinn) fehlt. Lediglich für die Schlussbesteuerung wurde mit § 8 Abs. 7 InvStG durch das JStG 2010 eine Verweisung auf § 15b EStG eingeführt, welche nach der Gesetzesbegründung „klarstellenden Charakter“ haben soll. Die Verweisung kann eine entsprechende Anwendung von § 15b EStG für das Streitjahr nicht rechtfertigen. Dies bereits aufgrund des Umstandes, dass § 8 Abs. 7 InvStG nicht den Erwerb von Investmentanteilen und die in diesem Zusammenhang gezahlten negativen Zwischengewinne regelt, sondern etwaige Verluste bei der Veräußerung des Investmentanteils oder im Zusammenhang mit Teilwertabschreibungen.
119In der Literatur wird vertreten, dass eine Anwendung des § 15b EStG auf „Steuerstundungsmodelle“ in Gestalt eines Investmentfonds bis zum Inkrafttreten des § 8 Abs. 7 InvStG am 14. Dezember 2010 ausschied. Insoweit wird auf den Grundsatz verwiesen, dass die Anwendung „allgemeiner Normen des Steuerrechts“ auf Investmentfonds ohne entsprechende Ermächtigung im InvStG grundsätzlich ausscheide (so Hammer, in Blümich, § 8 InvStG Rn. 17 m. w. N. unter Verweis auf Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 25).
120Von einer Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG geht dagegen ohne Problematisierung ein Teil der Literatur aus (so Jansen/Lübbehüsen, FR 2011, 512 unter Verweis auf Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 1 Rn. 397; Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732 ff.; Kretzschmann, FR 2011, 62, 66 m. w. N.).
121Für eine Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 ohne ausdrücklichen Verweis im InvStG spricht im Ergebnis, dass es beim negativen Zwischengewinn der Sache nach um einen Teil der Anschaffungskosten des Investmentanteils geht, der auf Fondsebene als Ertrag behandelt wird, beim Anleger jedoch einen Aufwand im Zusammenhang mit dem Erwerb darstellt, der als negative Einnahme aus Kapitalvermögen qualifiziert wird.
122Eine Anwendung des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 ohne Verweisung im InvStG ist insoweit dadurch gerechtfertigt, dass das InvStG die Zwischengewinnbesteuerung bei privaten Anlegern von Investmentanteilen mit §§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 1 Satz 1 und 5 InvStG eröffnet und dass für die steuerliche Berücksichtigung etwaiger Aufwandsposten auf der Ebene des Anlegers auch im Übrigen grundsätzlich die Regelungen des EStG anzuwenden sind, ohne dass es insoweit einer ausdrücklichen Verweisung im InvStG bedürfte (ebenso FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12 unter 2 a) der Entscheidungsgründe, Jurisdokumentation; dazu Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 31 ff, 34 m. w. N.). Ein Zwischengewinn unterliegt beim Privatanleger nach §§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 1 Satz 1 und 5 InvStG der Besteuerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 2 Rn. 10 m. w. N.). Die Berücksichtigung des gezahlten Zwischengewinns als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen ist gleichsam als Kehrseite zur Besteuerung des dem Privatanleger als ausschüttungsgleicher Ertrag zugerechneten Zwischengewinns zu sehen und soll im Ergebnis eine Überbesteuerung beim Privatanleger vermeiden (vgl. u. a. BMF-Schreiben vom 18. August 2009, BStBl. II. I 2009, 931 Tz. 21a). Durch § 2 Abs. 5 InvStG 2010 wurde insoweit „klargestellt“, dass ein negativer Zwischengewinn nur berücksichtigt wird, wenn der Investmentfonds einen Ertragsausgleich durchführt. Für die Berücksichtigung steuermindernder Abzugsposten nach dem InvStG gilt, dass das InvStG nur den Abzug von Kosten des Investmentvermögens (sog. 1. Stufe / Ebene Investmentvermögen) regelt, nicht hingegen die Berücksichtigung von Betriebsausgaben/ Werbungskosten auf der Anlagerebene (2. Stufe). Für die dem Investmentanleger selbst entstehenden Kosten/Aufwendungen (2. Stufe) gelten die allg. Grundsätze und Regelungen des EStG bzw. KStG (vgl. Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 34 m. w. N.).
123- 124
3. Kein entgegenstehender Vertrauensschutz aufgrund BFM-Schreiben und OFD-Verfügungen
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass nach dem bis zum Erwerb der Investmentanteile veröffentlichten BMF-Schreiben und den OFD-Verfügungen eine Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. ausgeschlossen war, soweit der Erwerb von Investmentanteilen --wie im Streitfall-- mit Eigenmitteln finanziert wurde, oder dass dem Erlass des Feststellungsbescheids insoweit der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung entgegen stand.
126Weder das Schreiben des BMF vom 16. April 2007 (Az. IV B 8 – S 2252/0, Dok 2007/0211677) noch die OFD-Verfügungen aus 2008 (z. B. OFD Magdeburg vom 22. Dezember 2008, S 2252-104-St 214, Juris; OFD Münster vom 07. November 2008, 2008-11-07 S 2210-45-St 22-31, Juris), nach deren Wortlaut der Streitfall nicht unter §§ 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 zu erfassen sein sollte, entfalten Bindungswirkung für die gerichtliche Überprüfung und begründen auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers bzw. eine Selbstbindung der Finanzverwaltung.
127- 128
a. Verwaltungsvorschriften, zu denen auch Gesetzesanwendungsvorschriften –wie norminterpretierende BMF-Schreiben, OFD-Verfügungen oder sonstige Anordnungen– zählen, entfalten Bindungswirkung grundsätzlich nur für die nachgeordneten Behörden und Bediensteten. Sie binden grundsätzlich weder die Steuerpflichtigen noch die Gerichte und begründen insbesondere keine Rechte und Pflichten für die Steuerpflichtigen (vgl. Englisch, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. § 5 Rz. 28 ff.; Seer, in Tipke/Lang, a. a. O., § 21 Rz. 12 f., 36).
Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht lediglich ausnahmsweise in dem Bereich der ihr vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung) und der Typisierung oder Pauschalierung (BFH-Urteile vom 16. Dezember 2014 X R 29/13, Juris; vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754, und vom 7. Dezember 2005 I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097). Um einen solchen Fall handelt es sich bei der Frage nach der Auslegung des § 15b i. V. m. 20 Abs. 2b EStG a. F. indes nicht.
130- 131
b. Die Regelung des § 176 Abs. 2 AO, welche auch bei rechtswidrigen BMF-Schreiben oder OFD-Verfügungen einen Vertrauenstatbestand enthält, greift im Streitfall nicht. Danach darf bei der Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.
Im Streitfall handelt es sich nicht um einen Änderungsbescheid, sondern um einen Erstbescheid, der zu einem Zeitpunkt erging, als die für den Kläger günstigen OFD-Verfügungen durch die OFD-Verfügungen vom 13. Juli 2010 bereits überholt waren.
133- 134
c. Der Vorschrift des § 176 Abs. 2 AO liegt auch kein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke eines durch BMF-Schreiben oder OFD-Verfügungen begründeten allgemeinen Vertrauensschutzes zu Grunde.
Grundgedanke der Vorschrift ist der Vertrauensschutz des Adressaten eines Steuerbescheids (vgl. BTDrucks VI/1982, a.a.O., Abs.1 Satz 1 der Begründung; Tipke/Kruse, a.a.O., § 176 AO 1977 Tz.7; Urteil des BFH vom 7.Juni 1984 IV R 180/81, BFHE 141, 451, BStBl II 1984, 780), der auf einer dem Steuerpflichtigen günstigen allgemeinen Verwaltungsanweisung beruht. Der Steuerpflichtige soll darauf vertrauen können, dass es im Falle einer späteren Änderung dieses Bescheids ohne jede Ausnahme bei der Rechtsauslegung im Sinne der allgemeinen Verwaltungsanweisung verbleibt und dass dies selbst dann gelten soll, wenn in der Zwischenzeit ein oberstgerichtliches Urteil ergangen ist, dem eine dem Steuerpflichtigen ungünstigere Rechtsauslegung zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 28. September 1987 VIII R 154/86, BFHE 151, 107, BStBl. II. 1988, 40). Ausweislich der Gesetzesbegründung (a.a.O.) sollen die Steuerpflichtigen "praktisch so gestellt" werden, "als sei die frühere Steuerfestsetzung unabänderlich, soweit sie auf der früheren Rechtsauffassung beruht". In derartigen Fällen hat sich ein Vertrauenstatbestand durch einen erlassenen Bescheid konkretisiert. Anknüpfungspunkt ist nicht allein ein BMF-Schreiben oder eine OFD-Verfügung, sondern der Steuerbescheid. In anderen Fällen wird in der Rechtsprechung ein Vertrauenstatbestand diskutiert, wenn sich dieser auf ein konkretes Verhalten der Steuerbehörde (Auskunft, Zusage, etc.) stützen kann, nicht hingegen, wenn Grundlage eine OFD-Verfügung oder ein BMF-Schreiben sein soll.
136- 137
4. Steuerstundungsmodell i. S. v. §§ 15b Abs. 2 i. V. m. 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008
Der Beklagte hat die vom Kläger gezahlten Zwischengewinne zutreffend als Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell (§ 15b Abs. 1 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG 2008) festgestellt.
139Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch nach § 15b Abs. 1 Satz 2 EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Der nach § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15b Abs. 4 Satz 1 EStG).
140§ 15b EStG ist durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22. Dezember 2005 (BGBl I 2005, 3683, BStBl I 2006, 80) in das Gesetz gelangt.
141Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (BT-Drs. 16/107, S. 4) sollte die Attraktivität sog. Steuerstundungsmodelle eingeschränkt werden, indem die Verluste nur noch mit späteren positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden dürfen (vgl. Gesetzesbegründung, Allgemeiner Teil, BTDrucks 16/107, S. 4).
142§ 15b EStG war gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG a. F. auf Anteile des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebs sinngemäß anwendbar. Seit dem JStG 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 2878) ist § 15b EStG aufgrund der Rechtsgrundverweisung in § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG a. F. (jetzt § 20 Abs. 7 Satz 1 EStG) auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen anwendbar.
143Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln (BFH, Urteil vom 06. Februar 2014 – IV R 59/10 –, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 15).
144- 145
a. Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG
Was ein „Steuerstundungsmodell“ ist, definiert das Gesetz für die Einkünfte aus Kapitalvermögen in § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 (§ 20 Abs. 7 Satz 2 EStG n. F.).
147Danach zeichnet sich ein Steuerstundungsmodell durch eine modellhafte Gestaltung aus, die dem Steuerpflichtigen steuerliche Vorteile durch Zuweisung negativer Einkünfte bieten soll.
148- 149
aa. Modellhafte Gestaltung
Die nach § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG geforderte „modellhafte Gestaltung“ wird in Satz 2 weitergehend dahin definiert, dass ihre Grundlage ein „vorgefertigtes Konzept“ sein muss. Da weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung diesen Passus definieren, ist sein Bedeutungsgehalt durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465).
151Nach der bisherigen Rechtsprechung setzt dies eine umfassende und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichtete Investitionskonzeption voraus, welche vor der eigentlichen Investitionsentscheidung des Steuerpflichtigen durch den oder die Initiatoren (Konzeptersteller) festgelegt worden sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465; Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 15b Rz 38; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 30).
152Typisch, jedoch nicht zwingend wird ein solches vorgefertigtes Konzept durch einen Anlegerprospekt oder eine vergleichbare Form (Katalog, Verkaufsunterlagen oder Beratungsbögen) verkörpert (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6 f.).
153Das vorgefertigte Konzept wendet sich an einen nicht näher bestimmten Interessentenkreis oder ist zumindest zur wiederholten Verwendung bestimmt (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465). Dem Bewerben und Vermarkten eines derartigen Konzepts kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465).
154Erforderlich ist, dass der Konzeptersteller eine vom Steuerpflichtigen verschiedene Person ist. Dies ist daraus zu folgern, dass dem Steuerpflichtigen nach § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG die Möglichkeit „geboten“ werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Insoweit kommt der Passivität des Steuerpflichtigen bei der Entwicklung des Konzeptes eine entscheidende Bedeutung zu. Nimmt der Steuerpflichtige (Anleger) entscheidenden Einfluss auf einzelne Leistungen oder Zusatzleistungen und deren Ausgestaltung --sei es von Beginn an oder unter Abänderung des zunächst vorgefertigten Konzeptes-- und bestimmt er damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, so handelt es sich nicht mehr um ein vorgefertigtes Konzept (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465 unter Verweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 17. Juli 2007 IV B 2 -S 2241- b/07/0001, 2007/0299270, BStBl I 2007, 542 Tz 10).
155Nach diesen Maßstäben stellt der von der Kapitalanlagegesellschaft (X. mbH) erstellte vereinfachte und der ausführliche Verkaufsprospekt (Anlage K6 zum Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012) in Verbindung mit den zu Grunde liegenden Vertragsbedingungen das „vorgefertigtes Konzept“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG dar.
156Ein Kauf oder Verkauf von Anteilen an dem Rentenfonds erfolgte auf der Grundlage der Bestimmungen und Hinweise im gültigen ausführlichen und vereinfachten Verkaufsprospektes der X. mbH ergänzt durch die Allgemeinen und Besonderen Vertragsbedingungen (vgl. Innenseite des Umschlags des Ausführlichen Verkaufsprospekts, Anlage K 6 Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012, Bl. 80 GA).
157Im Vereinfachten und Ausführlichen Verkaufsprospekt waren die Grundzüge der Investitionskonzeption des Rentenfonds durch Angabe des Anlageziels und der Anlageinstrumente im Einzelnen abstrakt dargestellt.
158Daneben enthielt der Ausführliche Verkaufsprospekt u. a. abstrakte Angaben zur steuerlichen Behandlung eines von einem Steuerinländer gezahlten negativen Zwischengewinns vor und nach Einführung der sog. Abgeltungsteuer.
159Der Rentenfonds war als offener Publikumsfonds für eine unbestimmte Anzahl von Anlegern aufgelegt und nicht individuell für Kläger konzipiert worden. Dies hat der Zeuge S1. in seiner Aussage bestätigt und ist zwischen den Beteiligten auch unstrittig.
160Konzeptersteller i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 ist die X. mbH als die den Rentenfonds auflegende und verwaltende Kapitalanlagegesellschaft.
161Der Umstand, dass die Idee für die Auflage des Rentenfonds nach Aussage des Zeugen S1. von der Y.-AG (Ziff. 3 „Beratungsgesellschaft“ des Ausführlichen Verkaufsprospektes, dort S. 5) als sog. „Anlageberater“ entwickelt worden und an die X. mbH herangetragen worden war, führt nicht dazu, die Y.-AG als Konzeptersteller i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG zu qualifizieren.
162Allein die Kapitalanlagegesellschaft hat für das von ihr verwaltete Sondervermögen gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 InvG die wesentlichen Anlegerinformationen und einen Verkaufsprospekt mit den Vertragsbedingungen zu erstellen und dem Publikum zugänglich zu machen. Der von der Kapitalanlagegesellschaft erstellte Verkaufsprospekt muss die Angaben enthalten, die erforderlich sind, damit sich die Anleger über die ihnen angebotene Anlage und insbesondere über die damit verbundenen Risiken ein begründetes Urteil bilden können. Der Verkaufsprospekt muss neben einer eindeutigen und leicht verständlichen Erläuterung des Risikoprofils des Sondervermögens u. a. Kurzangaben über die für die Anleger bedeutsamen Steuervorschriften einschließlich der Angabe, ob ausgeschüttete Erträge des Sondervermögens einem Quellensteuerabzug unterliegen, enthalten (§ 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 INvG).
163Die Kapitalanlagegesellschaft und nicht die Beratungsgesellschaft trifft im Außenverhältnis nach § 9 Abs. 1 Satz 1 INvG die rechtliche Verpflichtung das Sondervermögen (Rentenfonds) für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu verwalten. Dabei handelt sie unabhängig von der Depotbank und ausschließlich im Interesse der Anleger. Bei der Verwaltung des Fondsvermögens werden die Anlageentscheidungen von der Kapitalanlagegesellschaft getroffen. Soweit die Y.-AG nach der Zeugenaussage die Fondsmanager der X. mbH laufend beraten hat, ergibt sich auch daraus nicht, dass die Y. Deutschland damit als Konzeptersteller i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG qualifiziert werden kann, da die Verwaltung gleichwohl im Außenverhältnis der X. mbH oblag.
164Das Investitionskonzept war mit Auflegung des Fonds am 17. Oktober 2008 auch vor der Investitionsentscheidung des Klägers im Dezember 2008 festgelegt worden.
165- 166
ab. Erwerb von Investmentanteilen als Einzelinvestition i. S. v. § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG 2008
Der Erwerb von Investmentanteilen ist vom sachlichen Anwendungsbereich des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. im Rahmen der Fallgruppe „Einzelinvestition“ umfasst.
168§ 15b EStG findet nach der Gesetzesbegründung auf Beteiligungen an einer Gesellschaft oder Gemeinschaft sowie auf „modellhafte Anlage- und Investitionstätigkeiten einzelner Anleger“ Anwendung (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6 f.). Im Rahmen der Auslegung des § 15b Abs. 2 EStG muss sich eine modellhafte Gestaltung einer der beiden in der Gesetzesbegründung angesprochenen Fallgruppen zuordnen lassen. Der Erwerb eines Anteils an einem Investmentvermögen, welches als offener Fonds i. S. d. InvG/InvStG strukturiert ist, kann nur unter die Fallgruppe „Einzelinvestition“ subsumiert werden, nicht dagegen als Beteiligung an einer Gesellschaft/Gemeinschaft (geschlossener Fonds) qualifiziert werden.
169- 170
ba. Unter die Fallgruppe „geschlossene Fonds“ können allein „Fonds in Form von Personengesellschaften“ erfasst werden (vgl. Gesetzesbegründung, A. Problem und Ziel, BTDrucks 16/107, S. 1; Allgemeiner Teil, S. 4). Die Gesetzesbegründung nennt beispielhaft „Medienfonds, Schiffsbeteiligungen, New Energy Fonds, Leasingfonds, Wertpapierhandelsfonds und Videogamefonds“ (BT-Drs. 16/107, S. 4). Die Beratungen im Finanzausschuss (BT-Drs 16/254, S. 5 und 6) bestätigen, dass der Gesetzgeber als Steuerstundungsmodell geschlossenen Fonds im Blick hatte, nicht dagegen offene Fonds in Gestalt eines Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz und deren Anleger. Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 20 Abs. 2b EStG i. d. F. des JSTG 2007 ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber die Beteiligung an einem offenen Fonds mit der Fallgruppe Fondsbeteiligung erfassen wollte. Erstmals im Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2010, mit dem § 8 Abs. 7 InvStG n. F. eingefügt wurde, wies der Gesetzgeber in der Begründung darauf hin (BT-Drs. 17/3549, S. 30), dass auch ein Investmentvermögen ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b EStG darstelle, wenn die in § 15b EStG genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Mit der „Änderung“ durch Einfügung des § 8 Abs. 7 InvStG sollte nach der Begründung „gesetzlich klargestellt“ werden, dass auch Verluste, die durch Rückgabe oder Veräußerung von Investmentanteilen sowie Teilwertabschreibungen bei Investmentanteilen beim Anleger entstünden, von § 15b EStG erfasst würden. Allerdings betrifft § 8 Abs. 7 InvStG nur die Schlussbesteuerung des Investmentanteilinhabers und nicht die Besteuerung bei Erwerb des Investmentanteils.
Die Beteiligung eines Anlegers an einem Sondervermögen i. S. d. InvG/InvStG durch Erwerb eines Investmentanteils -- hier: Anteil am Renten-Fonds -- kann auch deshalb nicht der Fallgruppe „Beteiligung an einer Gesellschaft/Gemeinschaft“ zugeordnet werden, weil das Investmentvermögen im Gegensatz zur Personengesellschaft selbst Subjekt der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer ist und daher grundsätzlich ertrag-steuerlich vom Einzelanleger getrennt zu betrachten ist (sog. Trennungsprinzip). Dagegen ist die Personen(handels)gesellschaft nicht selbst Subjekt der Einkommen-/Körperschaftsteuer, sondern deren Gesellschafter/Mitunternehmer.
172- 173
bb. Die Beteiligung an einem Investmentvermögen i. S. d. InvG/InvStG durch Erwerb eines Investmentanteils kann allenfalls unter die Fallgruppe „Einzelinvestition“ im Sinne der Gesetzesbegründung gefasst werden. § 15b EStG galt von Beginn an auch für Einzelinvestitionen. Dies ergibt sich bereits aus der Regelung der sog. Nichtaufgriffsgrenze in § 15b Abs. 3 EStG, welche den „Einzelinvestor“ nennt. Auch die Gesetzesbegründung zu § 15b EStG (BT-DRs. 16/107, S. 6) geht von modellhaften Anlage- und Investitionstätigkeiten einzelner Steuerpflichtiger außerhalb einer Gesellschaft oder Gemeinschaft aus, welche bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 15b EStG den Verlustabzugsbeschränkungen für Steuerstundungsmodelle unterliegen.
Eine Anwendung des § 15b EStG auf Einzelinvestitionen in Investmentvermögen kommt im Streitjahr 2008 aufgrund der erweiterten sinngemäßen Anwendung des § 15b EStG auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen durch § 20 Abs. 2b EStG i. d. F. des JStG 2007 (heute: § 20 Abs. 7 EStG) in Betracht.
175Entgegen einer im Schrifttum und der vom Kläger vertretenen Ansicht setzt § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. bei Einzelinvestitionen nicht voraus, dass dem Anleger ein Bündel von Haupt- und Nebenleistungen angeboten wird, aus deren modellhaftem Zusammenspiel sich eine Steuerstundung ergibt.
176Nach der Gesetzesbegründung ist ein Bündel aus Haupt- und Nebenleistungen lediglich ein „charakteristisches“ Indiz für eine modellhafte Gestaltung (BT-DRs. 16/107, S. 7). Die Bundesregierung -- auf welche der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Gesetzesentwurf zurückgeht (vgl. im Einzelnen bei Naujok, BB 2007, 1365 f.) --, stellte im Finanzausschuss klar, dass nicht jede Betätigung, die verlustbehaftet sei, eine modellhafte Gestaltung i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG darstelle und dass nicht jedes Modell konzeptionell auf eine Verlusterzielung ausgerichtet sei: „Eine modellhafte Gestaltung setze ein vorgefertigtes Konzept, Vertrieb mittels Prospekt, Bündelung von Verträgen und/oder Leistungen (Beratung, Vermittlung von Finanzierungen, Garantieleistungen), das auf die Erzielung steuerlicher Vorteile gerichtet sei, voraus“ (vgl. BT-Drs. 16/254, S. 5). Im Weiteren wurden insoweit beispielhaft folgende Fälle, die nicht in den Anwendungsbereich des § 15b EStG fallen sollten, genannt:
177- 178
„normale“ unternehmerische Tätigkeit (z. B. eines Existenzgründers) mit Anlaufverlusten;
- 179
Venture Capital und Private Equitiy Fonds (Gesellschaften, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht): das Fondskonzept ziele darauf ab, Beteiligungen zu erwerben und nach Erreichen der Börsenreife gewinnbringend zu veräußern; der steuerliche Vorteil für den Anleger bestehe darin, dass der Veräußerungsgewinn bei Veräußerung nach der Spekulationsfrist von einem Jahr (§ 23 EStG a. F. ) meist steuerfrei sei;
- 180
Erwerb eines Vermietungsobjektes vom Bauträger: der Erwerbsvorgang habe nur dann modellhaften Charakter, wenn der Bauträger neben dem Verkauf und ggf. der Sanierung noch weitere Leistungen gegen Entgelt erbringe (z. B. Mietgarantien, Übernahme der Finanzierung, rechtliche Beratung).
Das BMF hat zur Abgrenzung nicht erfasster „Alltagssachverhalte“ -- wie die „normale“ unternehmerische Tätigkeit oder der Erwerb einer Vermietungsimmobilie vom Bau-träger -- von Steuerstundungsmodellen i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG beim Erwerb eines Vermietungsobjekts von einem Bauträger im Einklang mit der Gesetzesbegründung ebenfalls das Vorliegen eines Bündels von Haupt-, Zusatz- oder Nebenleistungen verlangt (vgl. BMF-Schreiben vom 17. Juli 2007, BStBl. I 2007, 542, Tz. 8).
182Ein Teil der Literatur verlangt bei den sog. Bauträgergestaltungen ebenfalls das Vorliegen eines Leistungsbündels (Heuermann, in Blümich, § 15b Rn. 19 zur Erzielung einer praktischen Konkordanz zwischen Lenkungsnormen/Fördernormen (z. B. § 7 i EStG) und § 15b EStG).
183Unter Verweis darauf wird in der Literatur teilweise auch bei Einzelinvestitionen in Investmentvermögen ein Leistungsbündel für eine Anwendung des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. (Abs. 7 n. F.) vorausgesetzt (vgl. Kretzmann, FR 2011, 62, 67 unter Verweis auf Heuermann; vgl. Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732, 1734 unter Berufung auf das Anwendungsschreiben des BMF zu § 15b EStG).
184Dagegen lehnt ein Teil der Literatur das Erfordernis eines Leistungsbündels wegen der Konturlosigkeit dieses Merkmals als Abgrenzungskriterium generell bzw. für Einzelinvestitionen in Investmentvermögen ab (vgl. Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. B 10 und B15; Jansen/Lübbehüsen, FR 2011, 512, 516).
185Der Senat folgt für die Einzelinvestition in Investmentfonds im Ergebnis der letztgenannten Ansicht. Der Versuch der Abgrenzung der von § 15b EStG zu erfassenden Sachverhalte von den „normalen“ unternehmerischen Betätigungen oder von „Alltagssachverhalten“ im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, in denen kein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b EStG vorliegen soll, anhand des Leistungsbündels überzeugt nicht. Das im Zusammenhang mit Bauträgergestaltungen angeführte Leistungsbündel dient im Ergebnis dazu, den „Alltagssachverhalt“ eines Erwerbs einer zu vermietenden Immobilie von Steuerstundungsmodellen abzugrenzen, in denen ein für den Immobilienerwerb atypisches Leistungspaket zu einer erhöhten Steuerstundung führt. Insoweit muss bei jeder Abgrenzung eine Wertung erfolgen, bis zu welchem Grad die Haupt- und Nebenleistungen als Leistungsbündel noch als typisch angesehen werden können und ab welchem Umfang sie als (atypisches) Steuerstundungsmodell angesehen werden sollen (vgl. u. a. Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b EStG Anm. B 28 m. w. N.). Insoweit überzeugt es jedoch nicht, wenn in dem BMF-Schreiben per se bei einer weiteren Nebenleistung von einem Steuerstundungsmodell ausgegangen wird, ohne eine wertende Betrachtung im Einzelfall vorzunehmen. Als Beispiel kann die Übernahme der Verwaltung des vom Bauträger erworbenen Vermietungsobjektes angeführt werden, welche bei fremdvermieteten Objekten nicht untypisch ist und zu einem grundsätzlich steuerrechtlich anzuerkennenden (weiteren) Aufwand führt (vgl. Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. B 29).
186Soweit in der Literatur für Einzelinvestitionen in Investmentvermögen unter Verweis auf das vorgenannte BMF-Schreiben ebenfalls generell ein Leistungsbündel gefordert wird, wird übersehen, dass das BMF dies nur für Bauträgerfälle fordert, während für die übrigen Fallgestaltungen von einem Indiz für die Modellhaftigkeit i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG die Rede ist (vgl. BMF-Schreiben vom 17. Juli 2007, BStBl. I 2007, 542, Tz. 8 und 9).
187Auch in den nachfolgenden OFD-Verfügungen zur Anwendung von § 15b EStG auf Einzelinvestitionen in Investmentvermögen wird kein Leistungsbündel gefordert. Vielmehr ging die Finanzverwaltung zunächst davon aus, dass der Erwerb von Investmentanteilen nicht in den Anwendungsbereich des § 15b EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG fällt, wenn der Erwerb mit Eigenmitteln finanziert wurde (OFD Münster vom 7. November 2008 (Az 2008-11-07 S 2210-45-St 22-31, Juris) und gleichlautender Verfügungen der OFD Magdeburg vom 13. Juni 2008 (DStR 2008, 1833; OFD Rheinland vom 7. November 2008, EStG-Kartei NW § 20 EStG F. 3 NR. 806). Erst vor dem Hintergrund, dass in den Jahren 2007 und 2008 nach den Feststellungen der Finanzverwaltung bei Erwerb von Investmentanteilen Zwischengewinne von bis zu 50 v. H. des Kaufpreises – im Streitfall rund 36 v. H. – gezahlt und als negative Kapitaleinkünfte geltend gemacht wurden, während die steuerpflichtigen Erträge ab 2009 nur der Abgeltungsteuer (Steuersatz 25 v. H.) unterlagen, wollte die Finanzverwaltung die Erwerbe als Einzelinvestitionen von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG erfasst sehen, wenn der gezahlte Zwischengewinn die Nichtaufgriffsgrenze nach § 15b Abs. 3 EStG von 10 v. H. übersteigt (vgl. OFD Münster Verfügung vom 13. Juli 2010 (Az 2010-07-13 S 2210-45-St 22-31, Juris). Insoweit sah die Finanzverwaltung einen Zwischengewinn von über 10 v. H. der Gesamtanschaffungskosten des Investmentanteils als eine untypische Gestaltung an.
188Für die Auslegung ist im Ergebnis von der Gesetzesbegründung auszugehen, welche für Einzelinvestitionen kein Bündel von Haupt- und Nebenleistungen als gleichsam ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal fordert, sondern diesem Merkmal allenfalls indizielle Bedeutung zumisst (ebenso Reiß, in Kirchhof, § 15b EStG Rn. 42a; Intemann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 634 „Leistungsbündel“ m. w. N.; wohl auch FG Niedersachsen, Urteil vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 und FG Baden-Württemberg).
189Nach diesen Maßstäben ist der Erwerb der Rentenfondsanteile durch den Kläger im Jahr 2008 von § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG unter der Fallgruppe „Einzelinvestition“ erfasst. Der Streitfall zeigt, dass bei Investmentvermögen die Möglichkeit besteht, die Höhe der Steuerstundung durch einen bei Erwerb zugewiesenen Zwischengewinn durch eine entsprechende Anlagepolitik der Höhe nach zu steuern, ohne dass insoweit eine Bündelung von Haupt- und Nebenleistungen relevant wäre. Der veröffentlichte Zwischengewinn für die beiden strittigen Erwerbsvorgänge betrug rund 36 v. H. des Kaufpreises der Investmentanteile des Klägers und geht nach der Aussage des Zeugen S1. und den entsprechenden Feststellungen der GKBP C. (vgl. Vermerk der GKBP C., graue Sonderakte) im Wesentlichen auf das kurz nach Auflage des Fonds durchgeführte Bond-Stripping der erworbenen 30-jährigen Bundesanleihe zurück. Insoweit hat der Zeuge S1. auch bestätigt, dass der steuerliche Hinweis auf S. 42 f. des Ausführlichen Verkaufsprospekts, dass der Rentenfonds „aufgrund der vorgesehenen Anlagepolitik … einen vergleichsweise hohen Zwischengewinn ausweisen“ könne, wegen des Bonds-Stripping aufgenommen wurde.
190- 191
ac. Zielrichtung des „Steuerstundungsmodells“
Eine Abgrenzung der nicht erfassten modellhaften Gestaltungen von den erfassten „Steuerstundungsmodellen“ erfolgt nach § 15b Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 2 im Kern dadurch, dass ein Steuerstundungsmodell nur dann vorliegt, wenn durch das vorgefertigte Konzept die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste zu erzielen.
193- 194
ba. Nach der Rechtsprechung des BFH reicht es insoweit nicht, wenn die modellhafte Gestaltung auf irgendwie geartete steuerliche Vorteile ausgerichtet ist; vielmehr muss sie darauf gerichtet sein, die Erzielung negativer Einkünfte zu ermöglichen, ohne dass dies allerdings im Vordergrund stehen müsste; der wirtschaftliche Erfolg des Konzeptes muss auf entsprechenden steuerlichen Vorteilen aufbauen (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24).
Dem entspricht die Abgrenzung erfasster Steuerstundungsmodelle von nicht erfassten Venture Capital und Private Equity Fonds durch den Gesetzgeber, die damit begründet wird, dass Letztere „nicht primär“ auf eine Verlustzuweisung angelegt seien, sondern auf den Erwerb, das Halten und die (steuerfreie) gewinnbringende Veräußerung der Anteile. Insoweit sah der Gesetzgeber eine steuerfreie Veräußerung nach Ablauf der sog. Spekulationsfrist (§ 23 EStG) --sog. Grandfathering-- als unschädlich an. Insoweit muss eine Verlustzuweisung nach dem Konzept zwar nicht im Vordergrund stehen, sie darf aber auch nicht ein nur nachrangiges Ziel des Konzeptes sein.
196Die Entstehung des Verlustes muss Bestandteil des vorgefertigten Konzeptes, d. h. darin angelegt sein. Werden lediglich steuerlich günstige Regelungen in Anspruch genommen, ohne dass diese Teil des Konzeptes sind, liegt kein Steuerstundungsmodell vor. Werden Verluste im Konzept benannt oder dem Steuerpflichtigen in Aussicht gestellt, spricht dies für eine entsprechende Zielsetzung des Konzeptes (vgl. Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Rn. 32).
197Nach der Rechtsprechung des BFH ist es aber grundsätzlich nicht erforderlich, dass der Anbieter im Rahmen des Konzeptvertriebs mit den entsprechenden Steuervorteilen positiv wirbt (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24); d. h. ein Modell kann auch dann ein Steuerstundungsmodell sein, wenn die Steuerstundung nicht besonders deutlich angepriesen und gegenüber den übrigen Anlagezielen hervorgehoben wird.
198In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass jede durch ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG erzielte Steuerstundung auf eine Inanspruchnahme entsprechender gesetzlicher Regelungen zurückgeht und insoweit gleichsam als im Steuergesetz bereits abstrakt angelegt charakterisiert werden muss. Insoweit aber kann einer Anwendung des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass ein vorgefertigtes Konzept nur das im Steuergesetz angelegte Steuerstundungspotential (bestmöglich) ausnutzt.
199- 200
bb. Maßgeblich für die Zielrichtung der modellhaften Gestaltung --wie sich aus dem Passus "erzielt werden sollen" ergibt-- sind nicht die tatsächlich erzielten, sondern die nach dem Konzept geplanten negativen Einkünfte. Für die Beurteilung der Zielrichtung ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht auf die Perspektive des Anlegers (Steuerpflichtiger), sondern allein auf die Perspektive des Modellanbieters abzustellen. Insoweit setzt § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das vorgefertigte Konzept selbst überhaupt kennt bzw. dass dieses überhaupt Auslöser für seine Investitionsentscheidung gewesen ist (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24).
- 202
bc. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall allein auf die Perspektive der X. mbH als Kapitalanlagegesellschaft abzustellen, die den Rentenfonds aufgelegt und verwaltet hat. Nicht relevant ist hingegen die Perspektive der den Rentenfonds „vertreibenden“ Banken. Aus etwaigen Vertriebsunterlagen von Banken lässt sich allenfalls ableiten, wie der Inhalt des Verkaufsprospektes im Geschäftsverkehr verstanden wurde.
Der Inhalt des Präsentationspapiers der Y. V., die die Rentenfondsanteile an den Kläger vertrieben hat, und die zwischen den Beteiligten zunächst strittige Frage, welche Version des Y.-Papiers dem Kläger vor Erwerb der Investmentanteile vorgelegen hat, ist danach nicht streitentscheidend.
204Nach den Gesamtumständen ist auf der Grundlage des Ausführlichen Verkaufsprospektes festzustellen, dass die X. mbH potentiellen Anlegern mit dem Rentenfonds u. a. die Möglichkeit einer vergleichsweise hohen Steuerstundung bieten wollte, die zwar nicht im Vordergrund der Anlagestrategie stand, aber jedenfalls auch keine nur nachrangige Wirkung der Anlagestrategie des Rentenfonds war.
205- 206
bd. Nach dem Verkaufsprospekt der X. mbH war Anlageziel ein möglichst hoher Wertzuwachs im Sondervermögen. Ein vergleichsweise hoher Gewinn (Alpha-Return) des Rentenfonds im Vergleich zu anderen Rentenfonds sollte durch das sog. Bonds-Stripping erzielt werden. Dies hat der Zeuge S1. in seiner Vernehmung bestätigt.
(1) Die steuerlichen Hinweise des ausführlichen Verkaufsprospektes (Stand: Oktober 2008, S. 41 f.) sprechen im Zusammenhang mit der „Zwischengewinnbesteuerung“ an, dass die „vorgesehene Anlagepolitik“ zu „vergleichsweise hohen Zwischengewinnen“ führen könne. Dieser Hinweis entsprach nach der Aussage des Zeugen S1. nicht den im Übrigen für den Verkaufsprospekt verwendeten Standardformulierungen des Branchenverbands BVI und wurde von der X. mbH als Warnhinweis für Anleger gesondert aufgenommen.
208(2) Die im Verkaufsprospekt angesprochene Anlagestrategie wurde kurz nach Auflage des Rentenfonds (17. Oktober 2008) noch im Oktober 2008 durchgeführt, indem der Rentenfonds mit den ihm zu Beginn zugeflossenen Mitteln aus der Ausgabe von 200 Anteilen am 21. Oktober 2008 eine Bundesanleihe (ISIN …) mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer Verzinsung von 4,25 v. H. erwarb und am 30. Oktober 2008 das sog. Bonds-Stripping durchführte, indem die Kapital- und die 30 Zinsansprüche (Laufzeiten 1 bis 30 Jahre) getrennt wurden. Danach lagen ein sog. Kapitalstrip (Mantel) und 30 Zinsstrips mit jeweils eigener Wertpapierkennummer vor. Noch vor Veräußerung der Strips ermittelte der Rentenfonds am 30. Oktober 2008 aus dem Vorgang „unrealisierte Erfolge Renten Inl. (FI)“ i. H. v. 733.124,31 EUR und unter Berücksichtigung weiterer Ertrags- und Aufwandposten einen Zwischengewinn i. H. v. 718.797,46 EUR; bei den bis dahin ausgegebenen 200 Anteilen ergab sich ein Zwischengewinn pro Anteil i. H. v. 3.593,97 EUR (vgl. Vermerk der GKBP C., Bl. 5 der Sonderakte). Bis dahin hatte der Rentenfonds als Zwischengewinne „Nullwerte“ ausgewiesen (vgl. Anlage K 3 zum Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012, dort Seite 2 von 6). Am 11. November 2008 veräußerte der Rentenfonds die 30 Zinsstrips und den Kapitalstrip und ermittelte für die Zinsstrips einen Veräußerungsgewinn i. H. v. 717.758,25 EUR und für den Kapitalstrip einen Veräußerungsverlust i. H. v. 683.688,75 EUR. Auf der Grundlage des Erlöses aus der Veräußerung der Zinstrips wurde per 11. November 2008 ein Zwischengewinn pro Anteil von 3.638,79 EUR ermittelt. Am 24. November 2008 wurden 101 neue Anteile ausgegeben. Ausgehend von einem Zwischengewinn pro Anteil i. H. v. 3.638,79 EUR wurde von den vereinnahmten Kaufpreisen ein Betrag von 367.517,92 EUR (3.638,79 EUR Zwischengewinn pro Anteil x 101 Anteile) als Ertrag des Rentenfonds behandelt, so dass sich die steuerpflichtigen Einnahmen auf 1.095.276,17 EUR (717.758,25 EUR + 367.517,92 EUR) bei 301 ausgegebenen Anteilen erhöhte (Zwischengewinn: 3.638,79 EUR pro Anteil). Entsprechend wurde in der Folgezeit bei weiteren Anteilsausgaben verfahren. Bei Erwerb der Investmentanteile durch den Kläger am 19. Dezember 2008 ergab sich ein Zwischengewinn i. H. v. 3.559,23 EUR pro Anteil.
209Der tatsächliche Geschehensablauf deutet darauf hin, dass das Bonds-Stripping ein elementarer Bestandteil der gesamten Anlagestrategie war, welcher einerseits zu einem besonders hohen Ertrag auf Fondsebene führte und andererseits bei sämtlichen Anlegern nach Durchführung der Strategie zu einem vergleichsweise hohen negativen Zwischengewinn.
210Der Hinweis auf die vom Rentenfonds zu erzielende „Zero Bond Arbitrage“ bei den allgemeinen Anlagezielen und die steuerlichen Hinweise zur Zwischengewinnbesteuerung im Ausführlichen Verkaufsprospekt, sprechen dafür, dass den Anlegern durch das Anlagekonzept im Rahmen einer steueroptimierten Renditegestaltung u. a. ermöglicht werden sollte, einen „vergleichsweise hohen Zwischengewinn“ als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen abzusetzen. Insoweit wird in den Prospekten der Sache nach zutreffend darauf hingewiesen, dass gezahlte Zwischengewinne als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen werden können.
211(3) Soweit der Kläger unter Verweis auf den Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 („… geboten werden soll …“) einwendet, der Konzeptersteller müsse die Absicht haben, Verlustzuweisungsmöglichkeiten zu schaffen, und dass der Zeuge S1. dies in seiner Vernehmung verneint habe, kann der Senat dem nicht folgen.
212Von einer Vernehmung der durch den Kläger als Zeugen benannten Mitarbeiter der Y. (W. L. und E. S.) musste der Senat absehen, da die etwaige Sichtweise und Zielsetzung der Y. bzw. deren Mitarbeiter für den Streitfall nicht relevant ist, da es allein auf die Sichtweise und Zielsetzung der X. mbH als Kapitalanlagegesellschaft ankommt. Insoweit konnte der unter Beweis gestellte Vortrag des Klägers hierzu, dass die Y. mit dem Rentenfonds keine Verlustzuweisungsmöglichkeiten habe schaffen wollen, als wahr unterstellt werden.
213Eine Zielsetzung der X. mbH i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG ergibt sich aus dem insoweit vom Zeugen S1. bestätigten und im Ausführlichen Verkaufsprospekt wiedergegebenen Konzept des thesaurierenden Rentenfonds, einen besonders hohen Ertrag durch ein Bond-Stripping zu generieren und ein Ertragsausgleichsverfahren durchzuführen, in dessen Folge der durch das Bonds-Stripping generierte Ertrag für Neuanleger zu einem entsprechend hohen Zwischengewinn bei Erwerb von Rentenfondsanteilen nach Durchführung des Bonds-Stripping führt.
214Im Kontext war die Zeugenaussage dahin zu verstehen, dass eine tatsächlich bewirkte Steuerstundung einzelner konkreter Anleger für die X. mbH keine Bedeutung hatte und damit nicht beabsichtigt war, da die X. mbH insoweit keinerlei Leistungspflichten gegenüber einzelnen Anlegern traf. Damit hat der Zeuge aber nicht die sich aus dem Konzept abstrakt ergebende Möglichkeit zum Abzug des Zwischengewinns als negative Einkünfte in 2008 mit dem vollen Steuersatz und die Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge in 2009 mit dem Abgeltungssteuersatz bestritten. Diese steuerlichen Folgen waren im Konzept des Rentenfonds zwingend abstrakt angelegt und müssen damit als vom Willen der X. mbH als Konzeptersteller umfasst angesehen werden; die Steuerstundungseffekte stellten sich gleichsam als notwendige Folge der verfolgten Anlagestrategie des Bonds-Stripping verbunden mit dem durchgeführten Ertragsausgleichsverfahren dar.
215(4) Neben der Möglichkeit zum Abzug vergleichsweise hoher Zwischengewinne bot das Konzept im ersten Geschäftsjahr 2008/2009 bei Erwerb bis zum 31. Dezember 2008 die Möglichkeit aus dem Übergang vom linear-progressiven Tarif i. S. v. § 32a Satz 2 EStG, dem der gezahlte Zwischengewinn (negative Einkünfte) unterlag, zum gesonderten Steuertarif für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 32 d EStG i. H. v. 25 v. H. zu profitieren, dem die zum Schluss des ersten Geschäftsjahrs 2008/2009 (30. September 2009) im VZ 2009 zuzurechnenden ausschüttungsgleichen Erträge unterlagen. Damit zielte der Rentenfonds auf einen von § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. erfassten modellhaften Einmaleffekt.
216Der ausführliche Verkaufsprospekt enthält insoweit die steuerlichen Hinweise, dass der gezahlte Zwischengewinn als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen abgesetzt werden kann und dass die ausgeschütteten bzw. ausschüttungsgleichen Erträge sowie die dem Anleger zugewiesenen Zwischengewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig sind, wobei die Rechtslage bis 31. Dezember 2008 und ab 01. Januar 2009 (Abgeltungsteuer) dargestellt und auf den besonderen Steuersatz i. H. v. 25 v. H. mit Abgeltungswirkung für Kapitaleinkünfte hingewiesen wird.
217(5) Insoweit konnte ein potentieller Anleger als Adressat des Verkaufsprospektes erkennen, dass es möglich ist, einen gezahlten, nach dem Prospekt „vergleichsweise hohen Zwischengewinn“ in 2008 nach dem progressiv-linearen Steuertarif abzuziehen und einen in 2009 bezogenen Ertrag aus dem Investmentanteil der Abgeltungsteuer zu unterwerfen. Der Rentenfonds hatte als typischen Anleger eine Person mit gewissen Erfahrungen mit Finanzmärkten im Blick (vgl. Ziff. 11 „Profil des typischen Anlegers des ausführlichen Verkaufsprospektes). Insoweit ist vom Verständnishorizont eines erfahrenen --ggf. zudem fachkundig beratenen-- Anlegers auszugehen.
218Der Rentenfonds war derart steueroptimiert konzipiert, dass er im Jahr seiner Auflage insbesondere für in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige, finanzstarke Anleger interessant war, welche das sich ergebende Steuergefälle zwischen dem linear-progressiven Tarif mit einem Spitzensteuersatz von 42 v. H. bei einem zu versteuernden Einkommen (zvE) bis 250.00 EUR und 45 v. H. ab einem zvE 250.001 EUR (§ 32a Abs. 1 EStG 2008) und dem definitiven Abgeltungssteuersatz von 25 v. H. ausnutzen konnten.
219(6) Einer Anwendung des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 steht nicht entgegen, dass das vorgenannte Konzept nicht alleiniges und Hauptziel des Rentenfonds war, da der Fonds auf unbestimmte Dauer aufgelegt worden war und sich an Anleger mit einem Anlagehorizont von fünf Jahren richten sollte. Die Ermöglichung der Erzielung negativer Einkünfte muss gerade nicht im Vordergrund des Konzeptes stehen (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24).
220(7) Nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte des § 15b EStG ist auch keine Gewichtung des Steuervorteils beim Einzelinvestor zum steuerbaren Ertrag vorzunehmen oder festzustellen, ob der Steuervorteil konzeptbedingt überwog. Soweit der IV. Senat des BFH voraussetzt, dass „der wirtschaftliche Erfolg auf entsprechenden Steuervorteilen aufbaut“ (BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl. II. 2014, 465, unter II. 1 b) bb) (2)), verlangt der BFH nicht, dass ein wirtschaftlicher Erfolg ausschließlich unter Berücksichtigung des Steuervorteils darstellbar ist; anders gewendet scheidet eine Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG nicht aus, wenn sich eine wirtschaftliche Rendite auch ohne die modellhafte Steuerstundung ergibt.
221(8) Soweit eine Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. von der Rechtsprechung der FG zu thesaurierenden luxemburgischen Investmentfonds (FG Niedersachsen Urteil vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev VIII R 46/14); FG Baden-Württemberg Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14)) abgelehnt wurde, weichen die dortigen Sachverhalte in entscheidenden Punkten vom Streitfall ab. Insbesondere machten die Verkaufsprospekte der luxemburgigschen Fonds keine Angaben zum deutschen Steuerrecht und richteten sich nicht vornehmlich an in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Anleger, wie der Rentenfonds. Der Zeuge S1. hat in seiner Aussage bestätigt, dass der Rentenfonds vornehmlich für Steuerinländer als Anleger aufgelegt worden war und daneben ggf. noch für Anleger aus dem deutschsprachigen Ausland.
222- 223
be. Vorliegen eines vorgefertigten Konzeptes gem. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG
Im Streitfall ist das Vorliegen eines vorgefertigten Konzeptes i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG auch gem. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. für Erwerbe von Rentenfondsanteile in 2008 anzunehmen, da die positiven Einkünfte aus dem thesaurierenden Rentenfonds konzeptbedingt erst in 2009 zuflossen und nicht der tariflichen Einkommensteuer, sondern der Abgeltungsteuer unterlagen.
225Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs 16/2712) verhält sich zu § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG nicht. Der Wortlaut der Regelung „tarifliche Einkommensteuer“ spricht in Zusammenschau mit den Regelungen in § 32a Satz 1 und 2 EStG („Die tarifliche Einkommensteuer …“ (S 1) … „beträgt“ (S. 2)) sowie § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG („Auf Antrag des Steuerpflichtigen“ Anwendung der „tariflichen Einkommensteuer“ anstelle der Regelungen in § 32d Abs. 1 bis 5 zur Abgeltungsteuer auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen) dafür, dass der Gesetzgeber unter „tariflicher Einkommensteuer“ den linear-progressiven Tarif i. S. v. § 32a Satz 2 EStG und nicht auch den gesonderten Steuertarif für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 32 d EStG verstanden hat. Davon geht zutreffend auch die herrschende Literatur aus (vgl. Intemann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 Anm. 645 m. w. N.; von Beckerath, in Kirchhoff, § 20 EStG Rn. 179 m. w. N.; Weber-Grellet, in Schmidt, § 20 Rn. 193).
226§ 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. (entsprechend § 20 Abs. 7 Satz 2 EStG n. F.) enthält entgegen der Ansicht der OFD Münster (Schreiben vom 07. November 2008 S 2210-45-St 22-31 (Juris) unter Ziff 2.2 Absätze 2 und 3) keine Rechtsfolgenverweisung auf § 15b EStG. Vielmehr handelt es sich bei § 20 Abs. 2b Satz 1 um eine Rechtsgrundverweisung auf § 15b EStG, welche eine „sinngemäße“ Anwendung des für Einkünfte aus Gewerbebetrieb konzipierten Paragraphen auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen anordnet. Insoweit müssen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG geprüft werden. Für diese Prüfung bestimmt § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG, dass ein „vorgefertigtes Konzept“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG vorliegt, wenn die aus dem Steuerstundungsmodell erzielten positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen (vgl. Intemann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 Anm. 645; Jochum, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 EStG Anm. I 28 m. w. N.; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev. VIII R 57/14)). Das vorgefertigte Konzept liegt damit vor, wenn der im Konzept angelegte steuerliche Vorteil in der Ausnutzung einer Steuersatzspreizung durch Verlagerung von Erträgen in einen VZ mit einem niedrigeren Steuersatz liegt (vgl. Jochum, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 EStG Anm. I 28 m. w. N.).
227Im Streitfall greift § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG, da der bei Erwerb vor dem 1. Januar 2009 gezahlte Zwischengewinn in 2008 dem linear-progressiven Steuertarif unterlag, während die positiven ausschüttungsgleichen Erträge, welche dem Kläger als Anleger erstmals im VZ 2009 zuzurechnen waren, der Abgeltungsteuer unterlagen.
228- 229
bf. Zwischengewinne als „negative Einkünfte“ i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F.
Soweit in der Literatur vereinzelt abgelehnt wurde, gezahlte Zwischengewinne als „negative Einkünfte“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG, die zu „Verlusten“ i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG führen, zu qualifizieren, steht dies in Widerspruch zu § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG.
231Zwar ist den Vertretern dieser Ansicht und dem Kläger zuzugeben, dass gezahlte Zwischengewinne nicht dem Zweck dienen sollen, einen wirtschaftlich unangemessenen Steuervorteil zu erzielen (Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732, 1733). Vielmehr soll durch die Zwischengewinne der anteilige Anspruch auf die während der Haltedauer des Vorbesitzers erwirtschafteten Erträge abgegolten werden. Der gezahlte Zwischengewinn stellt als Teil des Kaufpreises auch einen echten Aufwand dar und kann nicht mit dem sich durch Sonderabschreibungsregelungen ergebenden steuerrechtlichen Aufwand gleichgesetzt werden, dem kein echter wirtschaftlicher Aufwand entspricht (so kritisch Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732, 1733). Gleichwohl stellen die Zwischengewinne ertragsteuerlich negative Einkünfte aus Kapitalvermögen dar und führen im Jahr der Zahlung zu einer Steuerminderung.
232Nach § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG ist es „ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen“. Die herrschende Literatur und Rechtsprechung gehen insoweit zutreffend davon aus, dass nicht nur die negativen Einkünfte i. S. d. EStG, sondern alle negativen Ergebnisse, die in die steuerliche Gewinnermittlung einfließen, zu berücksichtigen sind, soweit sie nach dem Konzept geplant sind (vgl. nur Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Rn. 32 m. w. N.).
233Insoweit müssen auch gezahlte Zwischengewinne in den sachlichen Anwendungsbereich des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. einbezogen werden. § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG gibt einen sehr weitgefassten Begriff der „negativen Einkünfte“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 vor, der eine einschränkende Auslegung insoweit ausschließt.
234- 235
ad. Anfangsphase der Investition
Einer Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem konzeptbedingten Steuerstundungseffekt aus dem Übergang zur Abgeltungsteuer um einen „Einmaleffekt“ (so FG Niedersachsen vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev VIII R 46/14) und FG Baden-Württemberg vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14)) handelte, der nur bei einer Investition bis zum 31. Dezember 2008 eintrat.
237Die Anfangsphase der Investition ist ein Zeitraum, in dem nach dem zugrunde liegenden Konzept nicht nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6; BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24). Da es nach § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG auf die Prognose des Konzepterstellers ankommt, ist allein die planmäßige Verlustphase und nicht die tatsächliche Verlustphase maßgeblich.
238Nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG und der Gesetzesbegründung ist nicht erforderlich, dass die Verluste nach dem Konzept in einer mindestens zwei VZ umfassenden Phase entstehen. Vielmehr genügt es, wenn nach dem Konzept in einem VZ ein mit übrigen Einkünften verrechenbarer Verlust entstehen soll (dagegen FG Niedersachsen vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev VIII R 46/14) und FG Baden-Württemberg vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14)). Dies muss jedenfalls im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 15b EStG auf Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgrund der Rechtsgrundverweisung in § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG a. F. (jetzt: Abs. 7 Satz 1) gelten. Anderenfalls liefe die Regelung des § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG im Wesentlichen leer, da diese regelmäßig nur Einmaleffekte aufgrund eines vorgefertigten Konzeptes erfassen soll, die sich aus der Ausnutzung einer Steuersatzspreizung durch Übergang zu einem günstigeren Steuertarif ergeben.
239- 240
ae. Verrechnungsmöglichkeit mit „übrigen Einkünften“
Aus dem Blickwinkel des Konzepterstellers muss die Verrechnungsmöglichkeit mit „übrigen Einkünften“ außerhalb des Steuerstundungsmodells bestehen. Ob solche „übrigen Einkünfte“ tatsächlich vorhanden sind, ist nicht relevant, da dies dem Konzeptersteller regelmäßig nicht bekannt sein kann (vgl. dazu Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. B 5).
242Im Streitfall hätten die von einem Privatanleger im Streitjahr 2008 erzielten positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Einkünfte einer anderen Einkunftsart mit den negativen Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich noch verrechnet werden können. Die Beschränkung auf eine Verlustverrechnung innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen durch § 20 Abs. 6 EStG n. F. griff erstmals ab dem VZ 2009.
243- 244
af. Nichtaufgriffsgrenze nach § 15b Abs. 3 EStG
Auch ist die sog. Nichtaufgriffsgrenze im Streitfall überschritten. Die gezahlten Zwischengewinne betrugen in der Summe 39.187.486 EUR bei einem Gesamtkaufpreis von 110.051.978 EUR; dies entsprach einem Anteil von rund 36 v. H.
246Nach § 15b Abs. 3 EStG darf die Summe der prognostizierten Verluste im Verhältnis zur Höhe des eingesetzten Eigenkapitals in der Anfangsphase 10 v. H. nicht übersteigen. Damit wird im Ergebnis auch bei einer Eigenkapitalfinanzierung ein Abzug von im Jahr 2008 gezahlten Zwischengewinnen als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen nur dann zugelassen, wenn deren Höhe im Verhältnis zum Erwerbspreis das übliche Zinsniveau i. S. v. § 15b Abs. 3 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG von 10 v. H. nicht übersteigt.
247Der dem Kläger zuzurechnende „Verlust“ aus dem Erwerb der Rentenfondsanteile in 2008 war aufgrund der durch die X. mbH täglich veröffentlichen Zwischengewinne pro Anteil nicht nur prognostizierbar, sondern konkret berechenbar.
248- 249
IV. § 15b EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. verfassungsgemäß
§ 15b EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 unterliegt keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (ebenso FG Niedersachsen vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev. VIII R 46/14) und FG Baden-Württemberg vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14); vgl. auch Urteil des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014).
251- 252
1. Bestimmtheitsgebot
Der BFH und die herrschende Lehre gehen von einer hinreichenden Bestimmtheit aus. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe sind klarer formuliert als diejenigen des § 2b EStG a.F. und einer Auslegung zugänglich (ebenso Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7. Juli 2011 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897; Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510; Urteil des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; Blümich/Heuermann, § 15b EStG Rz 1; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 10; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 15b Rz 17; Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15b Rz A 58 ff.; anderer Ansicht etwa Schmidt/ Seeger, a.a.O., § 15b Rz 3 f., m.w.N.; offengelassen im BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1437). Die Regelung ist zwar zweifelsohne auslegungsbedürftig und nicht ohne weiteres auf den „ersten Blick“ handhabbar, da mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe verwandt werden. Allerdings führt ein vergleichsweise hoher Auslegungsaufwand nicht per se dazu, eine Vorschrift mit dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit zu belegen (vgl. BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl. II. 2014, 465; FG Baden-Württemberg Urteil vom 7. Juli 2011 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897; Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510; Urteil des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; Blümich/Heuermann, § 15b EStG Rz 1; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 10; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 15b Rz 17; Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15b Rz A 58 ff.; anderer Ansicht etwa Schmidt/ Seeger, a.a.O., § 15b Rz 3 f., m.w.N).
254- 255
2. Objektives Nettoprinzip/Leistungsfähigkeitsprinzip
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Verlustausgleichsbeschränkungen, soweit die Verlustverrechnung nicht versagt, sondern lediglich zeitlich gestreckt wird. Es genügt, wenn – wie im Streitfall – die Verluste überhaupt, und sei es auch in einem anderen Veranlagungszeitraum, steuerlich berücksichtigt werden (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 14.7.2006 2 BvR 375/00, BFH/NV 2007, Beilage 4, 235; vgl. auch Nachweise bei Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. A 60).
257Ein verfassungsrechtlich bedenklicher definitiver Untergang von Verlusten ist in Fällen des § 15b EStG bei planmäßigem Verlauf grundsätzlich nicht zu befürchten. Wäre nach dem Beteiligungskonzept damit zu rechnen, dass in den Folgejahren keine die Verluste der Anfangsphase überkompensierenden Gewinne entstehen, fehlte die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht des Anlegers insgesamt und die Verluste wären allein aus diesem Grund (Liebhaberei) und nicht aufgrund § 15b EStG nicht ausgleichsfähig (vgl. dazu auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7.7.2011 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897, Gliederungspunkt II. 2. d.)
258Im Streitfall wurden die gezahlten Zwischengewinne mit den dem Kläger im VZ 2009 zugewiesenen Kapitalerträgen aus dem Rentenfonds verrechnet und wirkten sich insoweit in vollem Umfang steuermindernd aus.
259- 260
3. Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung
Soweit in der Literatur ein Widerspruch zu steuerlichen Lenkungsnormen – etwa Sonderabschreibungsregelungen – und ein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (Art. 3 As. 1 GG) diskutiert wird (vgl. u. a. Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. A 62; Naujoks, BB 2007, 1365 ff.), ist ein solcher nach Auffassung des Senats nicht gegeben.
262Ein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung könnte allenfalls dann vorliegen, wenn Steuerbegünstigungsvorschriften wie z.B. die §§ 7g und 7h EStG durch die gegen Steuerstundungsmodelle gerichtete Regelung des § 15b EStG faktisch gegenstandslos würden.
263Dies ist indes grundsätzlich nicht der Fall, da die --im Streitfall nicht relevanten-- §§ 7g und 7h EStG außerhalb des eng umgrenzten Bereichs der sog. Steuerstundungsmodelle auch nach Einführung des § 15b EStG uneingeschränkt Anwendung finden (FG Münster, Urteil vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014).
264Für die strittige Investition in den Rentenfonds konterkariert § 15b EStG auch keine Lenkungsnorm, die einen Anreiz für Investitionen in Rentenfonds geben sollte; eine derartige Lenkungsnorm existiert nicht.
265- 266
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
- 268
VI. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung des FG Niedersachsen und des FG Baden-Württemberg zuzulassen.
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