Urteil vom Finanzgericht Münster - 1 K 3448/17 E
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 17.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.10.2017 wird dahingehend geändert, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb steuerpflichtige Veräußerungsgewinne gemäß § 17 EStG iHv 1.657.916,14 EUR anzusetzen sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 70 % und der Beklagte zu 30 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen für eine Besteuerung des Vermögenszuwachses gemäß § 6 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) vorliegen.
3Der Kläger zog zum 01.03.2014 nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort bezog er eine Eigentumswohnung. Seinen bis dahin bestehenden inländischen Wohnsitz gab der Kläger auf. Zwischen dem 01.03.2014 und dem 31.12.2015 verfügte der Kläger im Inland weder über einen Wohnsitz, noch hatte er dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Zum Zeitpunkt seines Wegzugs war der Kläger an den folgenden Kapitalgesellschaften mit dem Sitz im Inland beteiligt:
4Firma |
Sitz |
Stammeinlage/ Beteiligungsquote |
SLN GmbH |
I |
26.000 EUR/ 100 % |
B GmbH |
I |
38.346,89 EUR/ 75 % |
N GmbH |
O |
25.564,59 EUR/ 100 % |
K GmbH |
I |
25.000 EUR/ 100 % |
J GmbH |
I |
12.500 EUR/ 50 % |
T GmbH |
I |
25.564,59 EUR/ 100 % |
L GmbH |
A |
12.500 EUR/ 50 % |
Bereits am 24.12.2013 hatte der Kläger mit seiner Mutter Frau C L einen Leihvertrag über die Nutzung der dem Kläger gehörenden Liegenschaft A-Str. 87, 00000 I geschlossen. Am 24.02.2014 schloss der Kläger einen weiteren Leihvertrag über die Nutzung der dem Kläger gehörenden Liegenschaft B-Str. 2, 00000 I mit seinen beiden minderjährigen Kindern W L und T L , die bei Abschluss des Leihvertrages von ihrer Mutter Frau M E , ehemals G , der ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers, vertreten wurden.
6Am 04.06.2014 schloss der Kläger mit der T GmbH eine Vereinbarung über die Abfindung einer Pensionszusage durch Einmalzahlung iHv 374.920 EUR.
7Seine Geschäftsanteile an der N GmbH und an der T GmbH veräußerte der Kläger mit notariellem Vertrag vom 20.10.2014 (UR-Nr. 417/2014 des Notars N1 mit dem Amtssitz in I) an Herrn P T mit Wirkung zum 01.01.2014. Für die Beteiligung N GmbH wurde ein Kaufpreis iHv 325.000 EUR und für die Beteiligung an der T GmbH ein Kaufpreis iHv 1.325.000 EUR vereinbart.
8Mit Vertrag vom 29.09.2015 übertrug der Kläger das Grundstück B-Str. 2 in I mit Wirkung zum 31.12.2015 unentgeltlich auf seinen Sohn W L .
9Mit Schreiben vom 29.12.2015 reichte der Kläger seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 ein. Dabei ging er zunächst davon aus, dass er für das Jahr 2014 als beschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 1 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) einzustufen sei. Der Beklagte teilte dem Kläger abweichend davon mit, dass von einer unbeschränkten Steuerpflicht i.S.d. § 1 Abs. 1 S.1 EStG auszugehen sei. Insoweit bestand in der Folge Einigkeit zwischen den Beteiligten. Die fehlenden Anlagen zur Steuererklärung zur unbeschränkten Steuerpflicht wurden vom Kläger mit Schreiben vom 01.06.2016 nachgereicht.
10In der Steuererklärung wurden durch den Kläger erstmalig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Objekt C-Str. 1 in P iHv -2.159 € erklärt. Bei diesem Objekt handelt es sich um ein unbebautes Grundstück, dass im Jahr 2013 erworben und anschließend durch den Kläger mit drei Reihenhäusern bebaut worden war. Die Fertigstellung erfolgte nach Angaben des Klägers am 01.06.2015. Der insoweit erklärte Verlust fiel wegen vorweggenommenen Werbungskosten in Form von Schuldzinsen, Grundbesitzabgaben und Aufwendungen für Zeitungsannoncen an. Seit dem 01.07.2015, 01.08.2015 bzw. 01.09.2015 sind die einzelnen Reihenhäuser vermietet. Der Kläger legte Rechnungsbelege zu den Zeitungsannoncen vor, aus denen ersichtlich war, dass es sich um Anzeigen zur Veräußerung der Häuser handelte (Rubrik „VK RH/DHH").
11Zeitgleich mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2014 zeigte der Kläger mit einem gesonderten Anschreiben vom 29.12.2015 an, dass seine unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes in Deutschland zum 31.12.2013 beendet worden sei. Die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht habe lediglich auf einer vorübergehenden Abwesenheit im Sinne des § 6 Abs. 3 Außensteuergesetz (AStG) beruht. Ab dem 01.01.2016 werde er seinen Wohnsitz wieder nach Deutschland verlegen, weshalb ein fiktiver Gewinn für die Vermögenszuwachsbesteuerung nicht berechnet worden sei.
12Ab dem 01.01.2016 war der Kläger unter der Anschrift B-Str. 2 in I gemeldet.
13Mit notariellen Urkunden vom 10.03.2016 (UR-Nr. 79/2016, Nr. 75/2016, Nr. 80/2016 des Notars N2 mit dem Amtssitz in A) übertrug der Kläger seine Geschäftsanteile an der SLN GmbH, an der B GmbH und an der J GmbH mit Wirkung zum 01.01.2016 unentgeltlich auf seinen Bruder P L . In § 5 der jeweiligen Urkunde war vorgesehen, dass alle Gewinnvorträge aus Vorjahren und der noch zu ermittelnde Gewinn des Jahres 2015 dem Abtretenden zustehen sollten und von diesem entnommen werden konnten.
14Die Gesellschafterversammlung der K GmbH beschloss ausweislich des Handelsregisters (HRB xxxx des Amtsgerichts I) die Auflösung der Gesellschaft, was am 04.01.2016 in das Handelsregister eingetragen wurde. Am 10.03.2016 beschloss die Gesellschafterversammlung ausweislich des Handelsregisters u.a. die Fortsetzung der Gesellschaft und die Änderung der Firma in „G N GmbH“. Einzige Gesellschafterin der G N GmbH ist aktuell ausweislich der beim Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste die S L Stiftung, auf die der Geschäftsanteil des Klägers mit Abtretungsvertrag vom 06.02.2018 (UR-Nr. 84/2018 des Notars N2 mit dem Amtssitz in A) übertragen wurde.
15Gesellschafterin der KI-GmbH ist aktuell ausweislich der beim Handelsregister (HRB xxxxx des Amtsgerichts O) eingereichten Gesellschafterliste neben Herrn O H , Herrn S I und Frau T C ebenfalls die S L Stiftung, auf die der Geschäftsanteil mit Abtretungsvertrag vom 06.02.2018 (UR-Nr. 84/2018 des Notars N2 mit dem Amtssitz in A) übertragen wurde.
16Im Rahmen einer telefonischen Auskunft teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Herr Steuerberater StB dem Beklagten ausweislich eines Telefonvermerks am 10.10.2016 mit, dass sich der Kläger in 2016 so in Deutschland aufhalte, dass er als unbeschränkt steuerpflichtig anzusehen sei, also inklusive Wohnsitzverlegung. In 2016 werde die Abwicklung seines Vermögens betrieben, also die Übertragung von Eigentum, damit der Wohnsitz, so sei es zumindest derzeit geplant, zum 01.01.2017 wieder nach Dubai verlegt werden könne, diesmal dauerhaft.
17Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts bat der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 10.11.2016 zum Erscheinen an Amtsstelle. Dies lehnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 24.11.2016 mit Hinweis darauf ab, dass sich der Kläger im Ausland befinde und lediglich per E-Mail zu erreichen sei. Er verband die Ablehnung mit der Bitte, ihm die entsprechenden Fragen an den Kläger zukommen zu lassen.
18Den anschließend übermittelten Fragenkatalog beantwortete der Kläger am 23.12.2016. Er erklärte, dass die Abmeldung unter Aufgabe des vollständigen Wohnsitzes im Inland zum 01.03.2014 und die Registrierung im Zuzugsstaat der Vereinigten Arabischen Emirate zum 04.03.2014 erfolgt sei. Vom 01.03.2014 bis zum 31.12.2015 habe in Dubai der Mittelpunkt der Lebensinteressen gelegen. Die Wohnung B-Str. 2 in I sei im Zeitraum vom 01.03.2014 bis zum 31.12.2015 im Rahmen eines Leihvertrages unentgeltlich an die Mutter seiner Kinder überlassen worden. In der Zeit vom 03.03.2016 bis Dezember 2016 sei er nach Deutschland zurückgekehrt und unter der Anschrift B-Str. 2, 00000 I in Deutschland wohnhaft, wobei der Wohnsitz/gewöhnliche Aufenthalt im Ausland nicht vollständig aufgegeben worden sei.
19Der Kläger reichte außerdem eine Kopie seiner „Residence Permit“ (Aufenthaltsgenehmigung) ein, die als Ausstellungsdatum den 03.03.2016 vorsah. In der Aufenthaltserlaubnis wurde in englischer Sprache ausgeführt, dass diese ungültig werde, wenn sich der Träger mehr als sechs Monate außerhalb der Vereinigten Arabischen Emirate aufhalte.
20Mit Schreiben vom 13.02.2017 ergänzte der Kläger seine Ausführungen dahingehend, dass er keinen Schlüssel zu der Wohnung B-Str. 2 in I, die er seinen Kindern überlassen habe, gehabt habe. Die Wohnung sei von seinen Kindern, der Mutter seiner Kinder und deren Lebensgefährten genutzt worden. Er habe sich im Jahr 2016 nur postalisch am B-Str. 2 in I angemeldet. Seit März 2014 habe er bei Besuchen in Deutschland ausschließlich in Hotels gewohnt. Das Leben des Klägers finde in Dubai statt. Er sei Mitglied im Emirates Golf Club und gehe täglich essen, in die Clubs und in die Oper. Auch die medizinische Versorgung finde in Dubai statt. Er bestreite seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen. Der Kläger fügte mehrere Hotelrechnungen des … Hotel I und anderer Hotels für den Zeitraum vom 16.03.2014 bis 10.09.2016 bei. Für das Jahr 2016 ergab sich aus den Rechnungen ein Aufenthalt in Deutschland von insgesamt 41 Tagen.
21Der Beklagte vertrat in der Folge die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 AStG für ein Entfallen der Wegzugsbesteuerung nicht erfüllt seien. Er ermittelte die gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 AStG zu besteuernden fiktiven Veräußerungsgewinne im Sinne des § 17 EStG, wobei er die gemeinen Werte der vom Kläger im Zeitpunkt des Wegzugs gehaltenen GmbH-Beteiligungen nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren gemäß § 199 ff. BewG ermittelte. Im Einzelnen ermittelte der Beklagte die folgenden steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne i.S.d. § 17 EStG:
22Firma |
Anschaffungs-kosten |
Gemeiner Wert |
Fiktiver V-Gewinn (Nach Anwendung § 3 Nr. 40c EStG und § 17 Abs. 3 EStG) |
SLN GmbH |
26.000,00 |
445.966,00 |
251.979,00 |
B GmbH |
38.346,89 |
777.429,75 |
443.449,00 |
K GmbH (nunmehr: G N GmbH) |
25.000,00 |
48.745,00 |
5.187,00 |
J GmbH |
12.500,00 |
605.938,00 |
356.062,00 |
L GmbH |
350.000,00 |
913.140,50 |
337.884,00 |
Wegen der Einzelheiten der Ermittlung der steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne i.S.d. § 17 EStG wird auf die Anlagen zum Bescheid für 2014 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Zinsen zur Einkommensteuer 2014 vom 17.05.2017 verwiesen.
24Bei der Durchführung der Einkommensteuerfestsetzung 2014 wurden diese Gewinne gemäß § 6 Abs. 1 AStG i.V.m. § 3 Nr. 40 EStG der Besteuerung unterworfen. Da der Kläger im Jahr 2014 aus der tatsächlichen Veräußerung seines Anteils an einer weiteren GmbH unstreitig einen steuerpflichtigen Gewinn i.S.d. § 17 EStG erzielt hatte, der sich nach Anwendung des § 3 Nr. 40c) EStG auf 937.041,20 EUR belief, berücksichtigte der Antragsgegner im Steuerbescheid insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb von insgesamt 2.321.602 EUR.
25Außerdem vertrat der Antragsgegner die Auffassung, dass die Vermietungsabsicht für die Objekte in P im Jahr 2014 nicht nachgewiesen sei und berücksichtigte den geltend gemachten Verlust daher nicht.
26Der Einkommensteuerbescheid 2014 erging am 17.05.2017. Mit Schreiben vom 08.06.2017 legte der Kläger Einspruch gegen diesen Steuerbescheid ein. Er machte geltend, dass der Verlust aus dem Objekt in P wie in der Steuerklärung angesetzt zu berücksichtigen sei. Das Objekt sei seit dem Jahr 2015 vermietet und erwirtschafte positive Einkünfte. Damit sei der Nachweis der Vermietungsabsicht im Jahr 2014 erbracht worden. Außerdem führte der Kläger an, dass aufgrund des ab dem Kalenderjahr 2016 bestehenden gewöhnlichen Aufenthalts i.S.d. § 9 AO und der damit einhergehenden unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG die Wegzugsbesteuerung gemäß § 6 Abs. 3 EStG entfallen müsse.
27Im Verlauf des Einspruchsverfahrens nahm der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten Herrn Steuerberater StB vom 29.06.2017 und 07.07.2017 zu seinen Aufenthalten in Deutschland im Jahr 2016 ergänzend Stellung. Er legte dar, dass die Wegzugsbesteuerung für die L GmbH und die G N GmbH noch durchzuführen sei. Sein Rückkehrwille für das Jahr 2016 sei dem Beklagten mit Einreichung der Steuererklärung 2014 mitgeteilt worden. Er habe sich zum 01.01.2016 in Deutschland angemeldet und zum 31.12.2016 wieder abgemeldet. Er habe also seinen Willen bekundet, sich in 2016 in Deutschland aufzuhalten und sich der unbeschränkten Steuerpflicht zu unterwerfen. Der Kläger trug weiter vor, dass er sich ab Januar im Arbeitszimmer des Hauses B-Str. 2 in I und nach Streitigkeiten mit dem Lebensgefährten der Mutter seiner Kinder vom 21.01. bis zum 12.02.2016 im Hotel aufgehalten habe. Ab April bis ca. Ende Juni sei er bei seinem Bruder im Haus B-Str. 1 wohnhaft gewesen. Zwischenzeitliche Übernachtungen im Hotel am 22.04. und 09.05.2016 seien dem Bedürfnis der Zweisamkeit mit seiner Lebensgefährtin geschuldet gewesen. Ab Juli 2016 sei er zu seiner Lebensgefährtin nach E gezogen, wobei man vom 01.10. bis 31.12.2016 eine gemeinsame Wohnung, ebenfalls in E, bezogen habe. Wegen der Entfernung nach E und der zu erledigenden Aufgaben in I habe sich der Kläger zwischenzeitlich auch im Hotel in I aufgehalten. Er sei für das Kalenderjahr 2016 nach Deutschland zurückgekehrt und habe für diese Zeit seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlegt, um seine privaten und geschäftlichen Angelegenheiten zu regeln. Durch seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland sei er ab dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 wieder unbeschränkt steuerpflichtig geworden. Im Schreiben vom 13.02.2017 seien lediglich die Lebensverhältnisse der Jahre 2014 und 2015 beschrieben worden. Der Kläger habe bereits vor Wegzug seine Abwesenheit bis zum 01.01.2016 geplant. Ihm sei bewusst gewesen, dass er durch die Rückkehr und die Übertragung der Kapitalgesellschaftsanteile eine Wegzugsbesteuerung verhindern könne. Dies habe er bewusst wahrgenommen und durchgeführt.
28Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten Herrn Steuerberater StB vom 20.07.2017 trug der Kläger vor, dass allein anhand der sog. objektiven Rückkehr-Theorie zu beurteilen sei, ob die Voraussetzungen für ein Entfallen der Wegzugsbesteuerung gemäß § 6 Abs. 3 AStG erfüllt seien. Es sei ausreichend, dass er tatsächlich innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach Deutschland zurückgekehrt sei und einen inländischen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Der Nachweis des Rückkehrwillens bei Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht im Jahr 2014 sei deshalb entbehrlich. Ergänzend legte der Kläger eine Kopie eines Mietvertrags zwischen ihm und Herrn L K über die Anmietung einer Vier-Zimmer-Wohnung in der D-Str. 101 in 00000 E vor, der ab dem 01.10.2016 gelten sollte und einen Kündigungsverzicht bis zum 01.10.2018 vorsah. Hierzu erläuterte er, dass diese gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin bezogene Wohnung infolge seines Umzugs am 01.08.2017 in das Haus B-Str. 2 in I wieder aufgegeben worden sei.
29Zum 19.12.2016 meldete sich der Kläger aus Deutschland in die Vereinigten Arabischen Emirate ab. Zum 01.08.2017 meldete der Kläger den Rückzug aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Deutschland unter der Anschrift „B-Str. 2“ in I an.
30Mit Einspruchsentscheidung vom 19.10.2017 wies der Antragsgegner den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die geltend gemachten Verluste aus der Vermietung seien zutreffend nicht berücksichtigt worden. Nachweise darüber, dass im Jahr 2014 auch Bemühungen stattgefunden hatten, die Grundstücke zu vermieten, seien nicht vorgelegt worden. Aufgrund der Verkaufsaktivitäten des Klägers und des fehlenden Nachweises konkreter Vermietungsbemühungen sei davon auszugehen, dass die Grundstücke im Jahr 2014 in erster Linie hatten verkauft werden sollen. Der Umstand, dass die Objekte ab dem Jahr 2015 doch vermietet worden seien, ändere an dieser Beurteilung nichts. Denn es sei objektiv nicht nachvollziehbar, dass der Entschluss, die Grundstücke doch nicht zu veräußern sondern zu vermieten, vom Kläger bereits im Jahr 2014 getroffen worden sei. Die Vermietungsabsicht für das Jahr 2014 sei daher nicht belegt worden.
31Mit Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes und Verlegung seines Lebensmittelpunktes in die Vereinigten Arabischen Emirate (V.A.E.) nach Dubai zum 01.03.2014 sei ein Besteuerungsvorgang nach § 6 Abs. 1 S. 1 AStG in Verbindung mit § 17 EStG auch ohne Veräußerung der Anteile in Gang gesetzt worden. Die Frage, ob eine nur vorübergehende Abwesenheit vorliege und die Wegzugsbesteuerung deshalb gemäß § 6 Abs. 3 AStG wieder entfalle, sei nach geltender Verwaltungsauffassung allein anhand der subjektiven Theorie zu beurteilen (vgl. Tz. 6.4 des Anwendungserlasses zum AStG (AEAStG), BStBI I 2004, Sondernummer 1/2004, 3). Danach seien bei einer Rückkehr innerhalb von fünf Jahren die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 AStG nur dann erfüllt, wenn bereits im Zeitpunkt des Wegzugs die Rückkehrabsicht bestanden habe. Für die Annahme einer vorübergehenden Abwesenheit habe der Steuerpflichtige daher schon im Zeitpunkt des Wegzugs seinen unbedingten Rückkehrwillen gegenüber der Finanzverwaltung anzuzeigen und glaubhaft zu machen. Eine bloße Absichtsbekundung reiche insoweit nicht aus. Der vom Kläger vertretenen Auffassung, wonach entsprechend der objektiven Theorie die tatsächliche Rückkehr innerhalb von fünf Jahren für die Anwendung des § 6 Abs. 3 AStG ausreiche, könne nicht entsprochen werden. Denn gegen diese Annahme spreche bereits die Formulierung des Gesetzestextes. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 3 S. 1 AStG bewusst die Formulierung aufgenommen, dass es sich um eine Rückkehr nach nur vorübergehender Abwesenheit handeln müsse. Daher verschließe sich die Annahme, dass die Rückkehr innerhalb von fünf Jahren nach dem Wegzug im Rahmen der rein objektiven Theorie bereits als nur vorübergehende Abwesenheit beurteilt werden könne. Denn wenn dieser objektive Geschehensablauf für das Eintreten der Rechtsfolgen des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG ausreichen sollte, hätte der Gesetzgeber die Formulierung im 1. HS auslassen können. Dementsprechend müssten zwingend auch subjektive Momente bei der Beurteilung der vorübergehenden Abwesenheit hinzutreten und die Willensrichtung des Steuerpflichtigen zur Rückkehr bereits bei Wegzug feststehen.
32Zwar gehe die Finanzverwaltung von einer streng subjektiven Beurteilung und somit einer bestehenden und bereits im Zeitpunkt des Wegzugs der Finanzbehörde kundgegebenen Rückkehrabsicht aus. Selbst wenn man die subjektive Theorie nicht in ihrer ganzen Strenge verfolgen würde, müsste der behauptete Rückkehrwille zumindest unter Ausschluss von Widersprüchlichkeiten mit den Gesamtumständen der Sachverhaltsdarstellungen im Einklang stehen. Insbesondere dürfe das Verhalten des Steuerpflichtigen vor oder beim Wegzug nicht gegen die Annahme sprechen, dass nur ein für eine überschaubare Zeitspanne geplanter Auslandsaufenthalt beabsichtigt sei. Dies treffe im vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht zu. So sei dem Beklagten die Rückkehrabsicht des Klägers zum 01.01.2016 erst mit Eingang der Steuererklärung 2014 am 30.12.2015 angezeigt worden. Dass sich der Kläger lediglich in vorübergehender Abwesenheit aus Deutschland befunden hat, sei zudem anhand des zunächst auf unbestimmte Zeit geschlossenen Leihvertrages der Immobilie am „B-Str. 2" und der späteren Schenkung dieses Grundstücks an den minderjährigen Sohn sowie der damit im Zusammenhang stehenden vollständigen Aufgabe des inländischen Wohnsitzes zweifelhaft. Auch das Verlegen des Lebensmittelpunktes in eine eigene Eigentumswohnung in Dubai spreche für eine bereits auf Dauer angelegte und nicht nur vorübergehende Ausreise aus Deutschland. Zudem seien die im Laufe des bisherigen Verfahrens gemachten Ausführungen zum Aufenthalt des Klägers in Deutschland und der Neubegründung eines Wohnsitzes in Deutschland im Jahr 2016 fragwürdig. So stehe die Behauptung des Klägers, dass er mit seiner neuen Lebensgefährtin ab dem 01.10.2016 einen inländischen Wohnsitz nach § 8 AO begründet habe, im Widerspruch zu der melderechtlich nie erfolgten Anmeldung in E, zu der tatsächlich erfolgten melderechtlichen Abmeldung zum 19.12.2016 aus Deutschland in die V.A.E. und auch zu dem erneuten melderechtlichen Rückzug aus den V.A.E. nach Deutschland zum 01.08.2017 unter der Anschrift „B-Str. 2" und nicht unter der Anschrift der neuen Wohnung in E. Nach der subjektiven Theorie habe der Kläger weder zum Zeitpunkt seines Wegzugs seinen unbedingten Rückkehrwillen der Finanzbehörde angezeigt noch spreche der dargelegte Lebenssachverhalt dafür, zweifelsfrei von einer nur vorübergehenden Abwesenheit ausgehen zu können. Die Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG scheide daher aus. Es könne deshalb auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger bei seiner Rückkehr im Jahr 2016 durch die Begründung eines Wohnsitzes nach § 8 AO bzw. gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 9 AO im Inland tatsächlich erneut die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 EStG verwirklicht habe.
33Der Kläger hat am 10.11.2017 Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 erhoben.
34Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger zunächst vor, dass negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv 2.159 EUR anzuerkennen seien. Hierbei handele es sich um Grundbesitzaufwendungen und Aufwendungen für Zeitungsannoncen. Der Kläger sei Eigentümer eines in P belegenen Grundstücks, das mit drei Reihenhäusern bebaut sei. In den Jahren 2015 und 2016 seien hieraus positive Einkünfte erzielt worden.
35Der Kläger trägt weiter vor, dass der Beklagte zu Unrecht Veräußerungsgewinne in Bezug auf die von ihm im Jahr 2014 gehaltenen Kapitalgesellschaftsbeteiligungen erfasst habe. Er habe zum 01.03.2014 vorübergehend seinen Wohnsitz nach Dubai verlegt. Vom 01.03.2014 bis 31.12.2015 habe er weder seinen Wohnsitz, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt und sei nur beschränkt steuerpflichtig gewesen. Infolge des Wegfalls der unbeschränkten Steuerpflicht zum 01.03.2014 sei es gemäß § 6 Abs. 1 AStG zu einer Wegzugsbesteuerung gekommen. Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung 2014 sei dem Beklagten angezeigt worden, dass es sich um eine vorübergehende Abwesenheit handele, da er seit dem 01.01.2016 wieder in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig geworden sei. Die insoweit vom Beklagten für die von ihm bei Wegzug gehaltenen Kapitalgesellschaftsbeteiligungen angesetzten gemeinen Werte seien im Übrigen zu hoch.
36Für die Beurteilung des Entfallens der Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 3 EStG komme es nach Maßgabe der sog. objektiven Theorie allein auf die Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht vor Ablauf von fünf Jahren an. Anders, als der Beklagte meine, könne nicht zusätzlich, wie es die sog. subjektive Theorie verlange, der Nachweis einer Rückkehrabsicht bei Wegzug verlangt werden. Erst Recht müsse diese Absicht nicht bei Wegzug angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Die Ermittlung eines Rückkehrwillens sei außerdem mit ernsthaften Problemen behaftet. Aus § 6 Abs. 3 S. 2 AStG ergebe sich, dass eine Rückkehrabsicht nur bei mehr als fünfjähriger Abwesenheit angezeigt werden müsse.
37Auch auf der Grundlage der subjektiven Theorie sei im Übrigen eine nur vorübergehende Abwesenheit zu bejahen. Die Wohnung in Dubai sei bereits lange vor dem Wegzug erworben worden. Es sei für ihn auch jederzeit möglich gewesen, wieder einen Wohnsitz in Deutschland zu begründen. Er sei, so der Kläger weiter, im Jahr 2014 nach Dubai gegangen, um dort eine Geschäftsidee im Bereich „…“ umzusetzen. Er sei damals mit einem Partner auf dem … Markt im Gespräch gewesen, der den Bereich Akquise habe übernehmen wollen. Er selbst habe die Softwarelösung liefern, sich aber nicht mehr aktiv in das Unternehmen einbringen wollen. Der … Partner habe den … Markt erschließen sollen und mittelfristig habe man auch an den asiatischen Markt gedacht. Diese Idee habe sich dann zerschlagen, weil sein potentieller Geschäftspartner seine Idee „geklaut“ und selbst umgesetzt habe. Er habe dann in den Jahren 2014 und 2015 weitere Geschäftsideen verfolgt, aber gemerkt, dass diese ohne einen erheblichen eigenen Einsatz sich nicht hätten umsetzen lassen und dazu sei er nicht mehr bereit gewesen. Die Entwicklungsarbeit für eine dieser Geschäftsideen im …bereich hätte außerdem wiederum in Deutschland erfolgen müssen. Er sei nicht nach Dubai gegangen, um dort zu bleiben, es sei nie geplant gewesen, dauerhaft in Dubai zu leben. Dies schon deshalb nicht, weil seine Kinder in Deutschland geblieben seien und diese für ihn höchste Priorität hätten. Seine beiden Kinder, Zwillinge, seien im Jahr 2007 geboren worden. Gleichwohl habe er aber versucht, in den Jahren 2014 und 2015 durch entsprechende Hotelaufenthalte und einen Aufenthalt in Deutschland unter 183 Tagen nicht wieder einen inländischen Wohnsitz zu begründen. In den Jahren 2014 und 2015 hätten die Aufenthalte in Deutschland einerseits geschäftlichen Zwecken gedient, andererseits aber natürlich auch dazu, seine Kinder zu sehen. In Dubai habe es sich geschäftlich nicht so entwickelt, wie er gehofft hatte. Ab Anfang 2016 habe sich dann für ihn die Gelegenheit ergeben, wieder in die Wohnung B-Str. 2 in I einzuziehen. Er habe dann auch von der Mutter seiner Kinder wieder einen Schlüssel bekommen.
38Seine Wohnung in Dubai halte er immer noch als Kapitalanlage. Die Wohnung befinde sich in einem Hotelkomplex und sei grundsätzlich zur Vermietung bestimmt. Er selbst habe nur die Möglichkeit, diese außerhalb der Saison ein bis zwei Monate zu nutzen. Deshalb habe er sich auch parallel in Dubai ein kleines Einzimmerappartement genommen, das er nach wie vor unterhalte. Dieses habe er angemietet. Sein Appartement in dem Hotelkomplex sei einerseits zu groß für ihn alleine, andererseits aber auch zu teuer im Unterhalt, um dieses nicht zu vermieten.
39Im Jahr 2016 sei er auch zurückgekommen, um seine Vermögensnachfolge endgültig zu regeln. Soweit sich aus den Akten der Eindruck ergebe, dass er im Jahr 2016 zurückgekommen sei, um seinen endgültigen Wegzug nach Dubai vorzubereiten, sei dies nicht zutreffend.
40Er habe im Jahr 2016 deshalb öfter im Hotel übernachtet, weil sowohl die Mutter seiner Kinder als auch er und seine neue Lebensgefährtin ein Bedürfnis nach Privatsphäre gehabt hätten und das Zusammenleben in der Wohnung B-Str. 2 sich nicht immer harmonisch gestaltet habe. Zum 01.01.2016 habe er dann mit seiner Lebensgefährtin eine Wohnung in E angemietet, die nicht möbliert gewesen sei, er habe hier auch neue Möbel angeschafft. In dieser Wohnung hätten er und seine Lebensgefährtin bis August oder September 2017 gewohnt, dann sei seine Lebensgefährtin in E in eine andere Wohnung und er in die Wohnung B-Str. 2 zurückgezogen. Er habe damals einige Scherereien wegen der vorzeitigen Aufhebung des Mietvertrages mit dem Vermieter gehabt. Zwischendurch halte er sich aber immer noch in Dubai auf. Er habe auch nach wie vor ein Visum für die Vereinigten Arabischen Emirate. In den Jahren 2016 und 2017 habe er sich außerdem in E in ärztlicher Behandlung wegen schwerer Durchblutungsstörungen (Schaufensterkrankheit) befunden.
41Mittlerweile sei die Mutter seiner Kinder mit den Kindern nach M verzogen. Ab dem 01.01.2018 habe er die Wohnung B-Str. 2 vermietet und sei jetzt zu seiner Mutter gezogen, der es gesundheitlich nicht gut gehe. Die Anschrift laute A-Str. 87 in I. Die Wohnung in Dubai gehöre ihm nach wie vor, diese sei vermietet. Er habe nicht vorgehabt, dauerhaft nach Dubai zu verziehen, schon wegen seiner Kinder nicht.
42Er habe, so der Kläger weiter, im Jahr 2016 seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in Dubai, sondern im Inland gehabt. Von den 366 Tagen des Jahres 2016 habe er 100 Tage in Dubai verbracht. Im Jahr 2017 habe sich der Kläger nur noch 79 Tage in Dubai aufgehalten. In beiden Jahren sei er nur zu Erholungszwecken nach Dubai geflogen. Für das Jahr 2018 ergebe sich kein anderes Bild. Hierzu verweist der Kläger auf eine Aufstellung seiner Anwesenheitstage in Dubai und die Flugdaten der Fluggesellschaft Emirates (Bl. 215 ff. GA). Aus diesen ergibt sich, dass sich der Kläger in den Jahren 2016 und 2017 u.a. zu folgenden Zeiten in Dubai aufgehalten hat:
4322.05.-04.06. |
Dubai |
04.06.-11.09. |
E |
11.09.-24.09. |
Dubai |
24.09.-14.11. |
E |
14.11.-28.11. |
Dubai |
28.11.-27.12. |
E |
27.12.16-08.01.17 |
Dubai |
08.01.-31-01. |
E |
31.01.-11.02. |
Dubai |
11.02.-14.03. |
E |
14.03.-24.03. |
Dubai |
24.03.-12.05. |
E |
12.05.-26.05. |
Dubai |
26.05.-07.09. |
E |
07.09.-19.09. |
Dubai |
19.09.-14.10. |
E |
14.10.-22.10. |
Dubai |
22.10.-18.11. |
E |
18.11.-28.11. |
Dubai |
28.11.-31.12. |
E |
Ab dem 01.10.2016 habe er aufgrund der Anmietung der Wohnung in E auch seinen Wohnsitz wieder in Deutschland gehabt.
45Mit Schriftsatz vom 02.10.2019 trägt der Kläger zusammenfassend vor, dass er dabei bleibe, dass der Einkommensteuerbescheid 2014 aufzuheben sei. Er sei im Jahr 2016 nach Deutschland zurückgekehrt und habe damit innerhalb von fünf Jahren seine unbeschränkte Steuerpflicht im Inland wieder begründet, so dass gemäß § 6 Abs. 3 AStG keine Besteuerung des Vermögenszuwachses eintrete. Dabei habe der Kläger, anders als vom Beklagten gefordert, nicht schon im Jahr 2014 seine Rückkehrabsicht verbindlich anzeigen müssen. Es reiche vielmehr der objektive Umstand seiner Rückkehr aus. Selbst wenn man eine vermittelnde Ansicht vertrete, lägen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 AStG vor. Anhand verschiedener Umstände ließe sich nachweisen, dass der Kläger schon im Jahr 2014 die feste Absicht gehabt habe, die Bundesrepublik Deutschland zum damaligen Zeitpunkt nicht dauerhaft zu verlassen. Er sei in den Jahren 2014 und 2015 in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Zum 31.12.2013 habe er seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben, was er dem Beklagten nicht ausdrücklich mitgeteilt habe. Die erneute unbeschränkte Steuerpflicht und auch die beabsichtigte Rückkehr zum Jahr 2016 sei dem Beklagten mit Schreiben des Steuerberaters StB vom 16.12.2015 mitgeteilt worden. Ab dem 01.01.2016 sei der Kläger wieder unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Hierbei habe er bis zum 30.09.2016 zwar keinen Wohnsitz, aber seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt. Ab dem 01.10.2016 habe er dann auch einen Wohnsitz in der Wohnung in der E-Str. 101 in E begründet. Hierzu werde auf den Mietvertrag vom 08.09.2016 sowie auf die vorgelegte Liste von Flugbewegungen zwischen Dubai und E verwiesen. Für einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland ab dem 01.01.2016 spreche außerdem, dass der Leihvertrag bzgl. des Hauses B-Str. 2 zum 31.12. wegen der beabsichtigten Eigennutzung beendet wurde und die Schlüssel des Hauses dem Kläger von dessen früherer Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder, Frau M E , dauerhaft überlassen worden waren. Frau M E habe zu dieser Zeit ebenfalls noch mit den gemeinsamen Kindern in dem Haus B-Str. 2 in I gewohnt. Die gesamten Einrichtungsgegenstände in diesem Haus gehörten dem Kläger. Dieser habe im Jahr 2016 seine beiden Kinder fast täglich zur Schule gebracht. Die seltenen Hotelaufenthalte des Jahres 2016 seien darauf zurückzuführen, dass der Kläger sich auch außerhalb des Hauses mit anderen Personen treffen wollte.
46Der Kläger trägt weiter vor, er habe nicht die Absicht gehabt, Deutschland dauerhaft zu verlassen und sei nur vorübergehend nach Dubai übergesiedelt. Sowohl mit Frau M E als auch mit seinem Bruder Herrn P L habe er ausführlich über seine Rückkehrabsicht gesprochen. Er habe sicherstellen wollen, dass er auch während der Aufenthalte in Dubai Kontakt zu seinen Kindern halte und auch mit Frau M E abgesprochen, wann und wie oft er seine Kinder in den Jahren 2014 und 2015 besuchen werde. Sowohl Frau M E , die in M wohnhaft sei, als auch sein Bruder, der auf … wohnhaft sei, könnten bestätigen, dass von Beginn an keine dauerhafte Auswanderung, sondern eine Rückkehr für das Jahr 2016 geplant gewesen sei.
47Ein Freund des Klägers, Herr B I , habe selbst einige Jahre in Dubai gelebt. Mit diesem habe sich der Kläger häufiger zu seinem geplanten Aufenthalt in Dubai und dessen Dauer ausgetauscht. Auch mit Herrn F K , der Geschäftsführer der SLD in I gewesen sei, habe sich der Kläger bzgl. seines Aufenthalts in Dubai abgestimmt. Dessen Geschäftsführertätigkeit sei in allen Jahren in enger Abstimmung mit dem Kläger erfolgt. Beide Herren könnten bestätigen, dass der Kläger nicht die Absicht gehabt habe, Deutschland dauerhaft zu verlassen.
48Im Übrigen verweist der Kläger auf seine Schriftsätze vom 16.12.2015 und 04.12.2017.
49Der Kläger beantragt,
50den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 17.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.10.2017 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung um 972 EUR niedriger und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 627.552 EUR niedriger angesetzt werden,
51hilfsweise,
52die Revision zuzulassen.
53Der Beklagte beantragt,
54die Klage abzuweisen,
55hilfsweise,
56die Revision zuzulassen.
57Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 19.10.2017. Ergänzend trägt der Beklagte vor, dass weder ein Wohnsitz, noch ein gewöhnlicher Aufenthalt des Klägers im Inland nachgewiesen sei. Es sei auch nach wie vor nicht nachgewiesen, dass der Kläger am 01.03.2014 den Willen gehabt habe, nach Deutschland zurückzukehren. Es sei für die Frage, ob ein Fall des § 6 Abs. 3 AStG vorliege, im Ergebnis auch nicht relevant, ob der Kläger nach Deutschland zurückgekehrt sei oder nicht, denn er habe die Absicht, innerhalb von fünf Jahren zurückzukehren, nicht vor seinem Wegzug angezeigt. Aus einem Telefonvermerk vom 10.10.2016 ergebe sich ferner, dass der Klägervertreter geäußert habe, dass der Kläger in 2016 nur vorübergehend wieder in Deutschland sei und plane, seinen Wohnsitz zum 01.01.2017 nach Dubai zu verlegen. Dazu habe der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins ausgeführt, dass er nicht die Absicht gehabt habe, dauerhaft nach Dubai zu verziehen. Tatsächlich habe der Klägervertreter in seinem Schreiben vom 07.07.2017 diese Aussage aber noch einmal wiederholt, denn dort führe er aus, dass „die Wegzugsbesteuerung für die L GmbH und die G N GmbH per 31.12.2016 noch durchzuführen" sei. Damit sei noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass eine konkrete Absicht bestanden habe, den Wohnsitz endgültig in das Ausland zu verlegen. Diese Aussage decke sich im Übrigen mit der Tatsache, dass der Kläger sich zum 19.12.2016 wieder nach Dubai abgemeldet habe.
58Am 17.04.2018 und am 18.06.2019 haben Erörterungstermine vor der Berichterstatterin stattgefunden. Im Rahmen des Erörterungstermins vom 18.06.2019 haben sich die Beteiligten auf eine Wertermittlung für die Beteiligungen des Klägers verständigt, aus der sich nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens ein ggfs. steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn i.H.v. insgesamt 1.657.916,14 EUR ergibt. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
59Beteiligung |
Gewinn |
Nach TEV |
B GmbH |
193.858,55 EUR |
116.315,13 EUR |
L GmbH |
542.277,89 EUR |
325.366,73 EUR |
J GmbH |
402.759,10 EUR |
241.655,46 EUR |
G N GmbH |
23.745,00 EUR |
14.247,00 EUR |
SLN GmbH |
38.817,70 EUR |
23.290,62 EUR |
Tatsächliche Veräußerung |
--- |
937.041,20 EUR |
Summe |
1.657.916,14 EUR |
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Protokolle vom 17.04.2018 und vom 18.06.2019 Bezug genommen.
61Der Senat hat am 31.10.2019 mündlich verhandelt und die Herren B I und F K als Zeugen gehört. Wegen der Einzelheiten der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
62Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Verfahrensakte verwiesen.
63Entscheidungsgründe
64I. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 17.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.10.2017 ist insofern rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), als der Beklagte bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb steuerpflichtige Veräußerungsgewinne gemäß § 6 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) iVm § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) iHv mehr als 1.657.916,14 EUR angesetzt hat. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
651. Der Beklagte hat die vom Kläger erklärten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt C-Str. 1 in P iHv -2.159 EUR zutreffend nicht berücksichtigt. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger bei Tätigung der Aufwendungen in Form von Schuldzinsen, Grundbesitzabgaben und Aufwendungen für Zeitungsannoncen hinsichtlich dieses Objekts die Absicht hatte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermietung Einkünfte nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12, BFHE 239, 453, BStBl II 2013, 279, m.w.N.). Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit von Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast (BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BStBl II 2003, 580; BFH-Urteil vom 09. Juli 2013 – IX R 21/12 –, BFH/NV 2013, 778). Im Streitfall hat der Kläger keine Vermietungsbemühungen nachgewiesen. Er hatte nach Aktenlage vielmehr die Absicht, die Reihenhäuser zu veräußern. Aus den vorgelegten Rechnungsbelegen zu den Zeitungsannoncen ist ersichtlich, dass es sich um Anzeigen zur Veräußerung der Häuser handelte (Rubrik „VK RH/DHH"). Der Umstand, dass die einzelnen Reihenhäuser seit dem 01.07.2015, 01.08.2015 bzw. 01.09.2015 vermietet wurden, führt nicht dazu, dass eine Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers im Jahr 2014 zu bejahen wäre. Bei der Absicht, ein Haus oder eine Wohnung zu veräußern, fehlt es an der Einkünfteerzielungsabsicht auch dann, wenn der Verkauf später nicht vollzogen wird (BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 – IX R 56/01 –, BFH/NV 2005, 37; Schmidt/Kulosa, § 21 EStG, Rn. 129).
662. Der Beklagte hat bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb dem Grunde nach zutreffend steuerpflichtige Veräußerungsgewinne gemäß § 6 Abs. 1 AStG iVm § 17 EStG infolge des Wegzugs des Klägers nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten angesetzt. Der Höhe nach sind die Veräußerungsgewinne auf 1.657.916,14 EUR zu beschränken.
67a) Europarechtlichen Bedenken bzgl. der Anwendung des § 6 AStG bestehen im Streitfall nicht. Im Verhältnis zu Drittstaaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten sind die Regelungen der Wegzugsbesteuerung an der durch Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit zu messen (vgl. nur Häck in: F/W/B/S, § 6 AStG Anm. 166 und Blümich/Pohl, § 6 AStG, Rn. 83). Durch Art. 63 Abs. 1 AEUV wird der freie Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern umgesetzt. Zu diesem Zweck bestimmt er im Rahmen der Bestimmungen des mit „Der Kapital- und Zahlungsverkehr“ überschriebenen Kapitels des AEUV, dass „alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten“ sind. Der Begriff des Kapitalverkehrs ist weder in den Gemeinschaftsverträgen noch im sekundären Gemeinschaftsrecht definiert (BFH-Beschluss vom 7. Juli 2014 X B 135/13, BFH/NV 2014, 1542). Da Art. 63 Abs. 1 AEUV im Wesentlichen Art. 1 der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrags (ABl. Nr. L 178 vom 8. Juli 1988, Seite 5) entspricht, behält die Nomenklatur für den Kapitalverkehr im Anhang zu dieser Richtlinie den Hinweischarakter für die Definition des Begriffs des Kapitalverkehrs, wobei die in ihr enthaltene Aufzählung gemäß ihrer Einleitung nicht erschöpfend ist (vgl. EuGH-Urteil vom 21. Mai 2015 C-560/13, EU:C:2015:347, „Wagner-Raith“, IStR 2015, 516, m.w.N.). Aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH (zuletzt EuGH-Urteil vom 26. Mai 2016 C-48/15, EU:C:2016:356, „NN (L)“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2016, 552, m.w.N.) ergibt sich hierzu, dass zu den Maßnahmen, die durch Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten sind, solche gehören, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Mitgliedstaaten abzuhalten.
68Hierzu gehört die bloße Verlegung eines Wohnsitzes von einem Staat in den anderen wie im Streitfall nicht. Eine Wohnsitzverlegung ist keine Kapitalbewegung im Sinne der Kapitalverkehrsfreiheit, denn für sich genommen umfasst die Wohnsitzverlegung keine finanziellen Transaktionen oder die Übertragung von Eigentum und weist auch keine anderen Merkmale einer Bewegung von Kapital auf (EuGH-Urteil vom 23. Februar 2006 C-513/03, EU:C:2006:131, „van Hilten - van der Heijden“, BFH/NV 2006, Beilage 3, 229). Eine nationale Regelung, deren Wirkung darin besteht, einen Staatsangehörigen von der Verlegung seines Wohnsitz in einen anderen Staat abzuhalten und somit sein Freizügigkeitsrecht zu beeinträchtigen, kann deshalb keine Beschränkung des Kapitalverkehrs im Sinne der durch Art. 65 Abs. 1 AEUV gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit sein (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Februar 2006 – C-513/03 , EU:C:2006:131, „van Hilten - van der Heijden“, BFH/NV 2006, Beilage 3, 229; auch FG Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss v. 14.06.2017, 2 K 2413/15, EFG 2018, 18 (nachfolgend EuGH Rs. C-581/17 v. 26.02.2019, DStR 19, 326 „Wächtler“, der einen Verstoß gegen das Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz v. 21.6.99 (ABl EG 2002 Nr. L 114, 6, BGBl II 01, 811) moniert))).
69b) Dem Grunde nach hat der Beklagte zutreffend Veräußerungsgewinne gemäß § 17 EStG im Hinblick auf die Beteiligungen des Klägers an der SLN GmbH, der B GmbH, der G N GmbH, der J GmbH und der L GmbH erfasst.
70aa) Nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Veräußerungsgewinn ist dabei grundsätzlich der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG).
71Eine Veräußerung von Anteilen i.S. des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG hat im Streitfall nicht stattgefunden. Jedoch bestimmt § 6 Abs. 1 S. 1 AStG, dass bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet, auf Anteile i.S. des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht § 17 EStG auch ohne Veräußerung anzuwenden ist, wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. An Stelle des Veräußerungspreises (§ 17 Abs. 2 EStG) tritt bei Anwendbarkeit des § 6 AStG der gemeine Wert der Anteile in dem nach § 6 Abs. 1 S. 1 oder 2 AStG maßgebenden Zeitpunkt (§ 6 Abs. 1 S. 4 AStG).
72Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 AStG liegen im Hinblick auf den Kläger vor. Der Kläger war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wegzug in die Vereinigten Arabischen Emirate am Kapital der genannten Gesellschaften unmittelbar zu mindestens 1 % beteiligt. Vor dem Wegzug war er, was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist, für mindestens zehn Jahre im Inland unbeschränkt steuerpflichtig. Die Aufgabe des inländischen Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers im März 2014, die zwischen den Beteiligten auch unstreitig sind, hat zur Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG geführt.
73bb) Die Wegzugsbesteuerung ist auch nicht aufgrund einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Klägers gemäß § 6 Abs. 3 AStG entfallen. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 AStG sind im Streitfall nicht erfüllt.
74(1) Beruht die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auf vorübergehender Abwesenheit und wird der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig, so entfällt der Steueranspruch nach § 6 Abs. 1 AStG, soweit die Kapitalgesellschaftsanteile in der Zwischenzeit nicht veräußert und die Tatbestände des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 oder 3 AStG nicht erfüllt worden sind und der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nicht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als in einem ausländischen Staat ansässig gilt.
75(2) § 6 Abs. 3 AStG setzt zunächst voraus, dass der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. Hiervon ist zumindest die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 EStG infolge von Wohnsitznahme oder Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts erfasst (Häck in: F/W/B/S § 6 Rz. 443). Im Streitfall hat der Kläger im Jahr 2016 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet.
76(a) Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand gemäß § 9 der Abgabenordnung (AO) dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist gemäß § 9 S. 2 AO stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen. Ob mehrere kurze Aufenthalte oder kurzfristige Unterbrechungen eines gesamten Aufenthalts vorliegen, ist nach den erkennbaren Plänen und Absichten des Steuerpflichtigen und dem Zweck des Aufenthalts zu entscheiden. Wenn für diese auf die objektive Dauer des Aufenthalts bezogene Frist des § 9 S. 2 AO kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben (§ 9 S. 2 Halbs. 2 AO), ist für eine Abgrenzung erheblich, ob der Aufenthalt trotz der Unterbrechung nach den objektiven Umständen (z.B. der Fortdauer des Anlasses für den Aufenthalt) noch als zusammenhängend angesehen werden kann. Dabei stehen bspw. übliche Familienheimfahrten und urlaubsbedingte Abwesenheitszeiten einem zusammenhängenden Aufenthalt nicht entgegen (BFH, Urteil vom 4. Juni 1975 I R 250/73, BStBl II 1975, 708; BFH, Urteil vom 22. Juni 2011 – I R 26/10 –, BFH/NV 2011, 2001).
77Der Kläger hat sich ab dem 04.06.2016 zeitlich zusammenhängend über sechs Monate im Inland aufgehalten. Dies folgt zunächst aus den vom Kläger vorgelegten Flugdaten des Jahres 2016 und 2017. Ab dem 04.06.2016 hat sich der Kläger jeweils nicht länger als zwei Wochen in Dubai aufgehalten (bspw. Aufenthalte vom 11.09.-24.09.2016, 14.11.-28.11.2016 und 27.12.2016-08.01.2017). Die Aufenthalte in Dubai in den Jahren 2016 und 2017 sind ab dem 04.06.2016 als kurzfristige Unterbrechungen eines einheitlichen Aufenthalts im Inland anzusehen. Schon aufgrund ihrer Dauer hatten sie jeweils Urlaubscharakter. Auch der Anlass für den Inlandsaufenthalt des Klägers bestand im Jahr 2016 fort. Nach dem unbestrittenen Klägervortrag hat sich dieser im Inland aufgehalten, um seine Vermögensangelegenheiten zu regeln und Zeit mit seinen Kindern zu vorbringen. Vor diesem Hintergrund hatte der Aufenthalt im Inland keinen reinen Besuchscharakter. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinem, vom Beklagten nicht bestrittenen, Vortrag die ihm gehörende Eigentumswohnung in Dubai zwischenzeitlich vermietet hatte. Im Inland standen ihm Möglichkeiten zur Übernachtung in dem ehemals ihm gehörenden Haus B-Str. 2 in I und im leihweise an seine Mutter überlassenen Haus A-Str. 87 in I sowie zur Übernachtung im Hotel offen. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger in den Zeiträumen, in denen er sich ausweislich der von ihm vorgelegten Flugdaten nicht in Dubai aufgehalten hat, nicht zumindest überwiegend im Inland aufgehalten haben könnte, bestehen nach Aktenlage nicht. Auch der Beklagte hat solche Umstände nicht vorgetragen.
78(b) Da im Jahr 2016 ein gewöhnlicher Aufenthalt des Klägers im Inland zu bejahen ist, kann offen bleiben, ob der Kläger durch Anmietung einer Wohnung in E auch einen inländischen Wohnsitz iSv § 8 AO begründet hat.
79(3) Die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers beruhte allerdings nicht auf vorübergehender Abwesenheit. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht ,dass er bei seinem Wegzug in die Vereinigten Arabischen Emirate die Absicht hatte, nach Deutschland zurückzukehren, also im Inland wieder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Wohnsitz zu begründen und damit wieder unbeschränkt steuerpflichtig zu werden.
80(a) § 6 Abs. 3 S. 1 AStG macht den Wegfall der Wegzugsbesteuerung davon abhängig, dass die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auf „vorübergehender Abwesenheit“ beruht. Welche inhaltliche Bedeutung diesem Tatbestandsmerkmal zukommt, ist umstritten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung und Teilen des Schrifttums soll hierunter im Sinne einer „subjektiven Theorie“ der bei Wegzug bestehende Wille des Steuerpflichtigen zur Rückkehr und damit der Wille, wieder unbeschränkt steuerpflichtig zu werden, zu verstehen sein (BMF BStBl. I 2004, Sondernummer 1, 3, Tz. 6.4.1; Lademann/Gropp, § 6 AStG, Rn. 66; Hellwig, DStZ/A 1976, S. 4). Begründet wird diese Auffassung insbesondere damit, dass andernfalls der erste Satzteil des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG entbehrlich wäre und auch § 6 Abs. 3 S. 2 AStG in Fällen von mehr als fünfjähriger Abwesenheit eine „fortbestehende“ Rückkehrabsicht verlangt. Im Schrifttum wird demgegenüber teilweise nach Maßgabe einer „objektiven Theorie“ die Auffassung vertreten, dass die fristgemäße Rückkehr des Steuerpflichtigen für das Entfallen der Wegzugsbesteuerung zumindest in den Fällen ausreicht, in denen die Rückkehr innerhalb von fünf Jahren (und nicht, wie in den von § 6 Abs. 3 S. 2 AStG geregelten Fällen, innerhalb von zehn Jahren) erfolgt (so Häck in: FWBS, § 6 AStG, Rn. 442; Blümich/Pohl, AStG § 6 Rn. 73; Hecht in: Fuhrmann, AStG, § 6, Rn. 39; Kraft, § 6 AStG, Rn. 435; Weber-Grellet, DStR 2007, Beihefter zu Heft 39, 43). Die Formulierung „vorübergehende Abwesenheit“ soll danach bloßer Ausdruck des gesetzgeberischen Motivs für das Entfallen der Wegzugsbesteuerung und materiell bedeutungslos sein. Begründet wird diese Sichtweise auch mit Praktikabilitätserwägungen und den Schwierigkeiten bei der Feststellung der Absichten des Steuerpflichtigen.
81(b) Nach Auffassung des Senats ist für das Entfallen der Wegzugsbesteuerung gemäß § 6 Abs. 3 AStG neben der tatsächlichen Rückkehr in Form der (Wieder-) Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht auch zu verlangen, dass bereits bei Wegzug der Wille des Steuerpflichtigen zur (Wieder-)Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht innerhalb eines Zeitraums von längstens fünf Jahren bestand. § 6 Abs. 3 AStG gilt nicht für gescheiterte oder „abgebrochene“ Auswanderungen und ist keine „Reparaturvorschrift“ für steuerlich „missglückte“ Wegzüge.
82Für diese „subjektive“ Betrachtungsweise spricht zunächst der Wortlaut des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG, der mit dem Merkmal der „vorübergehenden Abwesenheit“ ein weiteres Tatbestandsmerkmal neben dem der (Wieder-) Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht enthält. Die Formulierung „beruhen“ weist dabei im Sinne einer Motivlage auf einen bereits bei Wegzug gefassten Entschluss zur Rückkehr hin (so auch Hellwig, DStZ/A 1976, S. 4).
83In gesetzessystematischer Hinsicht spricht § 6 Abs. 3 S. 2 AStG für die Maßgeblichkeit eines subjektiven Elements in Form des Rückkehrwillens. Gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 AStG kann das zuständige Finanzamt die Frist zur Rückkehr um höchstens fünf Jahre verlängern, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass berufliche Gründe für seine Abwesenheit maßgebend sind und seine Absicht zur Rückkehr unverändert fortbesteht. Aus dem Erfordernis, eine „fortbestehende“ Absicht zur Rückkehr glaubhaft zu machen, wenn eine Verlängerung der Rückkehrfrist verlangt wird, folgt, dass eine solche Absicht des Steuerpflichtigen bereits bei Wegzug bestanden haben muss.
84Auch die Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG spricht dafür, dass dem Tatbestandsmerkmal der „vorübergehenden Abwesenheit“ nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine eigenständige Bedeutung zukommen soll. Das Tatbestandsmerkmal der „vorübergehenden Abwesenheit“ findet sich bereits in § 6 Abs. 4 AStG in der Gesetzesfassung vom 08.09.1972 (Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) v. 08.09.1972, BGBl. I 1972, 1713). Im Rahmen der letzten Änderung der § 6 Abs. 1 bis 4 AStG durch das SEStEG v. 07.12.2006 (BGBl. I 2006, 2782) fand sich im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25.09.2006 (BT-Drucks. 16/2710) für § 6 Abs. 3 AStG zunächst die Formulierung, dass der Steueranspruch nach § 6 Abs. 1 AStG entfallen solle, „Soweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile wieder begründet wird“. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde das Tatbestandsmerkmal der „vorübergehenden Abwesenheit“ nach Stellungnahme des Bundesrates v. 22.09.2006 (BR-Drucks. 542/06) und auf Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v. 08.11.2006 (BT-Drucks. 16/3315) wieder in § 6 Abs. 3 EStG aufgenommen (Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages v. 09.11.2006, BR-Drucks. 836/06). Begründet wurde dies damit, dass der Steueranspruch nur dann entfallen solle, wenn der Steuerpflichtige nach beruflich bedingter vorübergehender Abwesenheit innerhalb von fünf Jahren wieder unbeschränkt steuerpflichtig werde (vgl. BR-Drucks. 542/06 und Bericht des Finanzausschusses v. 09.11.2006, BT-Drucks. 16/336). Hieraus wird deutlich, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers dem Tatbestandsmerkmal „vorübergehende Abwesenheit“ nicht nur eine eigenständige Bedeutung neben dem der (Wieder-)Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht zukommen sollte, sondern die Rückkehr auch auf einer bestimmten subjektiven Motivlage beruhen sollte – auch wenn die „beruflichen Gründe“ nicht ausdrücklich Eingang in den Gesetzestext gefunden haben.
85Den Vertretern der objektiven Theorie ist dabei zuzugeben, dass es für die Wahrung der Interessen des Fiskus ausreichend wäre, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht wieder begründet und die wesentliche Kapitalgesellschaftsbeteiligung wieder steuerverstrickt wird. Die Motivlage des Steuerpflichtigen für Wegzug und Rückzug macht hierfür keinen Unterschied. Diese Überlegung ändert allerdings nichts daran, dass der Gesetzgeber das zusätzliche Tatbestandsmerkmal der „vorübergehenden Abwesenheit“ in § 6 Abs. 3 S. 1 AStG bewusst aufgenommen hat.
86Der Senat verkennt dabei nicht, dass es erhebliche Schwierigkeiten bedeuten kann, einen bei Wegzug bestehenden Rückkehrwillen festzustellen. Dem ist dadurch zu begegnen, dass die Anforderungen an den Nachweis nicht überspannt werden (so auch Hellwig, DStZ/A 1976, S. 4) und dieser Nachweis auch bei Rückkehr noch geführt werden kann. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Steuerpflichtige daher gerade nicht verpflichtet, bereits im Zeitpunkt des Wegzugs dem Finanzamt gegenüber seine Rückkehrabsicht zu erklären und glaubhaft zu machen (so auch Häck in: FWBS, § 6 AStG, Rn. 442 und Hellwig, DStZ/A 1976, S. 4). Nach Tz. 6.4.1 des BMF-Schreibens vom 14. Mai 2004 (BStBl. I Sondernummer 1/2004, 3) ist nach „den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen“, ob im Zeitpunkt des Wegzugs eine Rückkehrabsicht bestand. Insoweit sollen „bloße Absichtserklärungen“ nicht ausreichen. Dem BMF-Schreiben lässt sich weder die Anforderung entnehmen, dass die Rückkehrabsicht bereits bei Wegzug gegenüber dem Finanzamt darzulegen und glaubhaft zu machen wäre, noch nachvollziehbare Gründe, die für eine derartige Gesetzesauslegung des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG sprechen würden.
87(c) Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er bei seinem Wegzug in die Vereinigten Arabischen Emirate den Willen hatte, nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne von nicht mehr als fünf Jahren nach Deutschland zurückzukehren und wieder unbeschränkt steuerpflichtig zu werden.
88Die positive Feststellung eines bei Wegzug bereits bestehenden Rückkehrwillens ist erforderlich. Eine dahingehende gesetzliche Vermutung, dass bei einer Rückkehr innerhalb von fünf Jahren von einer Rückkehrabsicht auszugehen ist, kann dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG nicht entnommen werden (aA Häck in: FWBS, § 6 AStG, Rn. 442; Blümich/Pohl, § 6 AStG, Rn. 73). Andererseits dürfen die Anforderungen, wie dargestellt, nicht überspannt werden. § 6 Abs. 3 S. 2 AStG verlangt bei einer mehr als fünf Jahre andauernden Abwesenheit nur ein Glaubhaftmachen der fortbestehenden Rückkehrabsicht durch den Steuerpflichtigen. Es ist nach Auffassung des Senats auch in den Fällen des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG für den Fünfjahreszeitraum sachgerecht, nur eine Glaubhaftmachung der Rückkehrabsicht und nicht einen Vollnachweis zu verlangen (so auch Hecht in: Fuhrmann, AStG, § 6, Rn. 39). Danach ist es aber zumindest erforderlich, dass der Steuerpflichtige substantiiert Tatsachen darlegt und glaubhaft macht, nach denen das Bestehen einer Rückkehrabsicht bei Wegzug als überwiegend wahrscheinlich anzusehen ist (vgl. zum Beweismaß Häck in: FWBS, § 6 AStG, Rn. 467; Hecht in: Fuhrmann, AStG, § 6, Rn. 40). Der behauptete Rückkehrwille darf nicht in Widerspruch zu den Gesamtumständen des Einzelfalles stehen (so auch Hellwig, DStZ/A 1976, S. 4). Dabei ist insbesondere das Verhalten des Steuerpflichtigen vor und bei Wegzug von Bedeutung. Dieses muss die Annahme rechtfertigen, dass nur ein zeitlich begrenzter Auslandsaufenthalt und eine Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht beabsichtigt war (so auch Hellwig, DStZ/A 1976, S. 4).
89Im Streitfall ist es nach den vom Kläger vorgetragenen und nach Aktenlage erkennbaren Umständen nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger bei seinem Wegzug nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten bereits den Willen hatte, nach Deutschland zurückzukehren.
90Der Kläger hat bei seinem Wegzug nach Dubai keine eigene Wohnmöglichkeit in Deutschland beibehalten. Bei dem Haus B-Str. 2 in I handelte es sich auch nicht (mehr) um die Familienwohnung des Klägers, sondern dieses war mit allen Schlüsseln leihweise an seine Kinder und die Kindsmutter überlassen und im September 2015 auf seinen Sohn W L übertragen worden. Auch in beruflicher Hinsicht war der Kläger nicht mehr mit Deutschland verbunden. Eine Pensionszusage der T GmbH wurde aufgrund vertraglicher Vereinbarung vom 04.06.2014 durch Einmalzahlung iHv 374.920 EUR abgefunden. Seine Geschäftsanteile an der N GmbH und an der T GmbH hatte der Kläger am 20.10.2014 veräußert.
91Der Prozessbevollmächtigte des Klägers Herr Steuerberater StB hat außerdem im Oktober 2016 erklärt, dass der klägerische Aufenthalt im Inland im Jahr 2016 der Abwicklung des Vermögens gedient habe und der Wohnsitz im Jahr 2017 wieder dauerhaft nach Dubai verlegt werden solle. Dies spricht dafür, dass der Kläger nicht die Absicht hatte, nur vorübergehend in Dubai zu bleiben, sondern einen ursprünglich beabsichtigten dauerhaften Wegzug nur für Zwecke der Regelung seiner Vermögensangelegenheiten unterbrochen hat.
92Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er für die Umsetzung einer Geschäftsidee im Bereich „…“ nach Dubai gegangen sei und dabei auch die Erschließung des … und asiatischen Marktes angedacht gewesen sei, spricht dies ebenfalls nicht für einen bei Wegzug bestehenden Rückkehrwillen des Klägers. Es handelte sich dabei nicht um einen kurzfristen Projektauftrag, sondern um eine längerfristig umzusetzende Geschäftsidee. Der Umstand, dass sich die Pläne des Klägers zerschlagen hatten und der Kläger eine neue Geschäftsidee nur in Deutschland hätte umsetzen können, lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eine bei Wegzug bestehende Rückkehrabsicht zu. Die vom Kläger geschilderten beruflichen Umstände sprechen vielmehr dafür, dass ein endgültiger Wegzug beabsichtigt war, der Auslandsaufenthalt aber (auch) deshalb abgebrochen wurde, weil sich die geschäftlichen Ideen nicht wie geplant in Dubai umsetzen ließen.
93Aus der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder des Klägers in Deutschland lebten, ergibt sich ebenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger bei Wegzug den Willen hatte, nach Deutschland zurückzukehren. Auch während der Jahre 2014 und 2015 hat der Kläger seine Kinder in Deutschland besucht. Diese hatten umgekehrt die Möglichkeit, ihren Vater in Dubai zu besuchen.
94Auch die Zeugenaussagen der Herren B I und F K lassen es nicht als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass der Kläger bei Wegzug bereits eine Rückkehrabsicht hatte.
95Die Aussage des Zeugen B I war insoweit unergiebig. Der Zeuge B I hat nach seinem Bekunden mit dem Kläger über das Leben in Dubai und die dortigen steuerlichen Rahmenbedingungen im Allgemeinen, nicht aber konkret über Anlass und Umstände eines Wechsels des Klägers nach Dubai gesprochen. Der Zeuge konnte sich auch nicht daran erinnern, ob im Zusammenhang mit den Gesprächen über einen Wegzug nach Dubai auch über die Kinder des Klägers gesprochen wurde. Die Angabe des Zeugen B I, dass er nicht das Gefühl gehabt habe, dass eine komplette Verlegung des Lebensmittelpunktes in Rede gestanden habe, lässt keine konkreten Rückschlüsse auf die Pläne und Vorstellungen des Klägers als innere Tatsachen bei dessen Wegzug nach Dubai zu.
96Der Zeuge F K hat bekundet, dass er Ende des Jahres 2013 mit dem Kläger ein Gespräch geführt habe, um die Modalitäten von dessen Wohnsitzwechsel zu besprechen. Im Rahmen dieses Gesprächs habe der Kläger ihm versichert, dass er nach seinem Wegzug ins Ausland immer wieder zwischendurch zurückkehren werde und dann, wenn seine Kinder größer seien, auch endgültig zurückkehren werde. Im Rahmen dieses Gesprächs habe der Zeuge dem Kläger erklärt, dass er mit dem Gedanken spiele, aus der Firma des Klägers auszuscheiden, wenn dieser weggehe. Seine Pläne für einen etwaigen beruflichen Wechsel aus der Unternehmensgruppe des Klägers habe er zurückgestellt, da der Kläger die Firma in die Hände seiner früheren Lebensgefährtin gegeben und ihm versichert habe, dass sich durch den Wechsel der Geschäftsführung für den Zeugen nichts ändern werde. Der Kläger sei auch nach seinem Wegzug immer wieder in Deutschland gewesen, während dieser Anwesenheitszeiten seien auch Gespräche zwischen ihnen geführt worden. Seine Kinder seien dem Kläger immer sehr wichtig gewesen. Er sei zwar mit dem Kläger nicht persönlich befreundet, habe mit diesem aber beruflich in engem Kontakt gestanden. Konkret sei über die Dauer des Zeitraumes seines Wegzuges nach Dubai nie gesprochen worden. Für den Zeugen sei aber immer klar gewesen, dass der Kläger seine beiden Kinder liebe und sein Wegzug nicht für immer sein werde. Aus der Sicht des Zeugen habe der Wegzug nicht sehr lange dauern sollen. Auch diese Aussage lässt keine konkreten Rückschlüsse auf die Pläne und Vorstellungen des Klägers bei dessen Wegzug nach Dubai zu. Der Zeuge F K war mit dem Kläger beruflich und nicht privat verbunden. Seine Gespräche mit dem Kläger anlässlich des geplanten Wegzugs waren durch die Sorgen des Zeugen um seine eigene berufliche Zukunft motiviert. Seine Angaben zu den persönlichen Vorstellungen und Motiven des Klägers anlässlich des Wegzugs und zur Dauer des Wegzugs des Klägers können daher nur als Mutmaßungen anzusehen sein. Die von dem Zeugen beschriebene enge persönliche Bindung des Klägers an seine Kinder stellt der Senat in keiner Weise in Frage; diese lässt es aber, wie dargestellt, nicht als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass der Kläger bei seinem Wegzug die Absicht zur (Wieder-)Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland hatte.
97Weitere Unterlagen, Verträge oder sonstigen Dokumente, die für eine Rückkehrabsicht des Klägers bei Wegzug sprechen könnten, hat der Kläger nicht vorgelegt, solche finden sich auch nicht in den Akten.
98b) Bei der Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns tritt gemäß § 6 Abs. 1 S. 4 AStG an die Stelle des Veräußerungspreises der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht. Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 18.06.2019 auf eine Wertermittlung für die gemeinen Werte der Beteiligungen des Klägers verständigt. Danach ergeben sich in Summe Veräußerungsgewinne iHv 1.201.458,20 EUR. Nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gemäß §§ 3 Nr. 40 c), 3c Abs. 2 EStG verbleibt ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn iHv 720.874,90 EUR. In Summe mit dem Ergebnis aus der im Jahr 2014 erfolgten Anteilsveräußerung ergeben sich steuerpflichtige Veräußerungsgewinne iHv insgesamt 1.657.916,14 EUR.
99II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
100III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
101IV. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Fragen, ob Voraussetzung für einen Wegfall der Besteuerung des Vermögenszuwachses gemäß § 6 Abs. 3 AStG das Bestehen eines Rückkehrwillens ist und welche Anforderungen an dessen Nachweis zu stellen sind, sind von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich nicht entschieden.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 2002 IX R 47/99 1x (nicht zugeordnet)
- AStG § 6 Besteuerung des Vermögenszuwachses 56x
- FGO § 115 1x
- BewG § 199 Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens 1x
- FGO § 136 1x
- 2014 X B 135/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 8 AO 3x (nicht zugeordnet)
- 1975 I R 250/73 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Bundesfinanzhof (9. Senat) - IX R 21/12 1x
- 2012 IX R 14/12 1x (nicht zugeordnet)
- § 9 S. 2 AO 2x (nicht zugeordnet)
- I R 26/10 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 17 Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften 12x
- Entscheidung vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 2 K 2413/15 1x
- EStG § 21 1x
- IX R 56/01 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 1 Steuerpflicht 6x
- § 9 AO 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 3 2x
- EStG § 6 Bewertung 3x